Zur allabendlichen Traumtänzerei

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Eine wesentliche Erkenntnis des russischen Überfalls auf die Ukraine scheint hierzulande zu sein, dass sich der Grundsatz Wandel durch Handel nicht bewährt habe und man so schnell wie möglich so eine Art Isolation des größten Landes der Erde organisieren müsse, flankiert durch eine massive Aufrüstung, bei der nicht ganz klar ist, was mit ihr eigentlich bezweckt werden soll. Hier kommt eine atemberaubende Traumtänzerei zum Vorschein, die da in Talkshows und Sondersendungen Abend für Abend verbreitet wird. Bei der Frage der Substitution wird es dann auch scheinheilig und lächerlich.

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It’s the economy, stupid!

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Da es in der Geopolitik immer um Interessen geht, ist die propagierte Einheit des Westens, über die seit Ausbruch des Krieges in der Ukraine geredet und berichtet wird, reines Wunschdenken. In Wirklichkeit läuft es darauf hinaus, dass Europa und insbesondere Deutschland den Preis für den Konflikt zahlen wird. Ein Teil des Establishments scheint das sogar zu begrüßen. Frieren für die Freiheit, nennt sich das dann.

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Asymmetrische Haushaltsführung

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Dieser Angriffskrieg ist ein Verbrechen und er muss sofort beendet werden. Die russische Führung denkt aber nicht ans Aufhören, sondern setzt ihre Offensive unter Inkaufnahme zahlreicher Opfer weiter fort. Zeichen der Deeskalation sind bislang nicht zu erkennen. Eher das Gegenteil ist der Fall, was den Konflikt und das Leid der Menschen verlängert. Die rollenden Panzer haben nun auch in der deutschen Innenpolitik eine bemerkenswerte Dynamik ausgelöst.

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Kurz notiert: Null Fortschritt

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Null Fortschritt, lautet das Urteil der EU-Staats- und Regierungschefs, wenn sie auf den Konflikt in der Ukraine schauen. Die Sanktionen gegen Russland, von denen keiner genau sagen kann, was sie eigentlich bisher gebracht haben, werden daher ein weiteres Mal verlängert. Das war es aber auch schon, worauf sich die EU-Gipfel-Teilnehmer bisher verständigt haben. Null Fortschritt eben.

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Ukraine hätte Luftraum sperren müssen

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Es ist eine BUK Rakete sowjetischer Bauart gewesen, die den Flug MH17 am 17. Juli 2014 über der Ostukraine zum Absturz brachte. Allerdings bleibt weiter unklar, wer geschossen hat und warum. Diese Frage wird vermutlich noch sehr lange Gegenstand von Untersuchungen einer Joint Commission sein, die sich mit der Schuldfrage befasst. Im Statement des Vorsitzenden des niederländischen Sicherheitsrates (Dutch Safety Board), Tjibbe Joustra, war aber neben der Klärung des Waffensystems noch eine weitere Feststellung wichtig. Die Ukraine hätte den Luftraum sperren müssen.

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Kurz notiert

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  • Keine Einigung in Brüssel: Die EU-Innenminister haben sich in Brüssel nicht auf eine Quote zur Verteilung von Flüchtlingen einigen können. Bundesinnenminister de Maizière beklagt mangelnde Solidarität bei den europäischen Partnern, hält aber gleichsam am unsolidarischen Dublin III Verfahren fest. Am 8. Oktober startet der nächste Versuch. Derweil hat Ungarn die Grenze zu Serbien geschlossen. Beide Länder weisen sich nun gegenseitig die Verantwortung bei der Aufnahme von Flüchtlingen zu.
  • Merkel bittet zum Gespräch: Die Bundeskanzlerin trifft heute die Ministerpräsidenten der Länder. Diese fordern mehr Unterstützung vom Bund. Unterdessen macht Bundesfinanzminister Schäuble ernst und plant laut Bild-Zeitung ein Sparpaket quer durch alle Ressorts, um Geld für die Flüchtlingshilfe bereitstellen zu können. Das dürfte den rechten Bewegungen um CSU, AfD und x-ida neuen Auftrieb geben. Da hilft auch keine Task-Force gegen Hassparolen bei Facebook mehr.
  • Frankreich will Luftangriffe in Syrien fliegen: Der sozialistische Präsident Hollande will ebenfalls ernst machen und nach den Aufklärungsflügen seiner Kampfjets letzte Woche nun auch gezielt Stellungen des IS bombardieren. In deutschen Leitkommentaren werden allerdings nur Putins Absichten in Syrien als sicherheitspolitische Herausforderung kritisiert.
  • Die Ukraine bittet um Waffen aus dem Westen: Präsident Poroschenko meint, es müsse mehr Unterstützung geben, und zwar nicht nur mit Worten. So kurz steht es in der Zeitung. Einen Kommentar dazu gibt es aber nicht. Nur soviel. Verteidigungsministerin von der Leyen lässt zurzeit die Cyber-Kompetenzen ihrer Truppe erkunden. Vielleicht kann man Kiew ja einen „Trojaner“ zur Verfügung stellen.
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Wer ist „Wir“ Herr Ischinger?

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Der Leiter der Münchener Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger, hat sich gestern in den Tagesthemen zu Wort gemeldet und einen erstaunlichen Plan verkündet, bei dem ich mich frage, was diesen Mann eigentlichen als gefragten Experten auszeichnet. Er sprach von einer langfristigen wirtschaftlichen Hilfe für die Ukraine, damit sich auch die militärische Lage stabilisiere. Aus verhandlungstaktischer Sicht sei es klug die Option möglicher Waffenlieferungen nicht vom Tisch zu wischen. Ischinger begründet das dann so:

„Wir alle wollen keine Waffenlieferungen des Westens, weil wir die Eskalationswirkung fürchten. Wir wollen doch eigentlich eine doppelte Nulllösung. Genau wie vor 30 Jahren, als es noch die Sowjetunion gab. Wir wollen, dass Russland aufhört, Waffen zu liefern , was es seit einem Jahr tut. Und im Gegenzug sind wir natürlich dann auch bereit, auf solche Maßnahmen unsererseits zu verzichten. Aber dazu hilft es vielleicht schon, wenn dieses Thema auf der Tagesordnung bleibt und den Gegner, sag ich jetzt mal, die Separatisten im Unklaren darüber lässt, ob es vielleicht zu solchen Lieferungen eines Tages kommen könnte. Das führt vielleicht dort auch zu einer gewissen Zurückhaltung.“

Ich fasse das mal zusammen: „Wir“ (wer ist das eigentlich) drohen mit Waffenlieferungen, die „wir“ (wer ist das eigentlich) natürlich nicht vornehmen werden, weil „wir“ (wer ist das eigentlich) eine Eskalation vermeiden wollen. Dann verkünden „wir“ (wer ist das eigentlich) diesen Plan im Ersten Deutschen Fernsehen und hoffen, dass der „Gegner“ (wer ist das eigentlich) nichts mitbekommt. Ich muss schon sagen, das „wir“ (wer ist das eigentlich) ziemlich blöde sein muss, wenn es glaubt, das wäre eine vernünftige Strategie.

Im übrigen hält der EU Botschafter der Ukraine in Brüssel, Konstantin Jelissejew, eine EU-Militäroperation im Donbass, wie sie Präsident Poroschenko gestern forderte, für eine „innovative Idee“. Da fällt mir jetzt nichts mehr ein, aber vielleicht dem „wir“ (wer ist das eigentlich).

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Merkel und das Recht des Stärkeren

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Die Neujahrsansprache der Kanzlerin kursiert wie gewohnt auszugsweise bereits vorab in den Medien. Die Nachrichtensendungen dudeln Bruchstücke der Rede rauf und runter. Merkel hat diesmal keine frohen Botschaften, wie es scheint. Sie zeigt sich vielmehr überrascht.

So habe sie sich vor zwölf Monaten nicht vorstellen können, wie das Jahr 2014 verlaufen würde. Damals an Silvester 2013 suchte sie noch beschwingt nach guten Vorsätzen. Sie entschied sich für den Klassiker und nahm sich vor, mehr an die frische Luft zu kommen. Ob sie den guten Vorsatz eingehalten hat, wissen wir nicht. Geholfen hat es aber nichts.

Denn 2014 war rückblickend das Jahr, in dem sie und wir alle in lange nicht gekannter Härte erfahren hätten, was es bedeutet, „wenn Grundlagen unserer europäischen Friedensordnung infrage gestellt werden.“ Wer glaubt, die Kanzlerin zeige hier Einsicht, weil sie beim Spaziergang draußen ihr Hirn hat durchlüften lassen, sieht sich aber getäuscht.

Intervention ist nicht gleich Intervention

Die Regierungschefin meint ja nicht ihre Haltung gegenüber souveränen Staaten der Eurozone wie Frankreich oder Griechenland, die keinesfalls von einem harten aus Brüssel und Berlin vorgegebenen Einsparkurs abweichen dürfen, sondern Russland, das sich in noch nicht dagewesener Art und Weise über Völkerrecht hinweggesetzt habe.

Merkel wolle in Europa ein angebliches Recht des Stärkeren nicht akzeptieren. Zur europäischen Friedensordnung gehöre nun einmal die freie Selbstbestimmung der Völker und natürlich die Umsetzung der Agenda 2010. Ökonomische Anpassungsprozesse seien schließlich etwas ganz anderes, als der politische Anschluss einer Halbinsel im Schwarzen Meer.

Als die Franzosen neulich ankündigten, die europäisch vorgegebene Defizitgrenze im Staatshaushalt auch im nächsten Jahr nicht einhalten zu können, forderte Merkels Finanzminister öffentlich mehr Macht gegen Etatsünder. Die EU-Kommission solle aus Sicht Wolfgang Schäubles zügig das Recht bekommen, die Haushalte einzelner Euro-Staaten wegen zu hoher Neuverschuldung abzulehnen. Wörtlich sagte er: „Der Währungskommissar soll ein Vetorecht gegen Haushalte bekommen, die gegen die Stabilitätskriterien verstoßen.“

Deutschland fordert damit ein politisches Interventionsrecht. Doch was sagt das Völkerrecht dazu? In Artikel 2 Ziff. 7 der UN-Charta steht: „Aus dieser Charta kann eine Befugnis der Vereinten Nationen zum Eingreifen in Angelegenheiten, die ihrem Wesen nach zur inneren Zuständigkeit eines Staates gehören, oder eine Verpflichtung der Mitglieder, solche Angelegenheiten einer Regelung auf Grund dieser Charta zu unterwerfen, nicht abgeleitet werden.“

Heißt: Die Einmischung in die inneren Angelegenheiten eines Staates ist grundsätzlich verboten. Jedes Land hat das Recht nach seiner Façon selig zu werden. Merkel sieht das innerhalb der Eurozone aber etwas anders, da hier Hilfen verteilt würden, die man doch an Bedingungen knüpfen müsse. Erst Solidität dann Solidarität, lautet schließlich ein Eintrag im Logbuch der Finanzkrise.

Angebliche Rechte gibt es nicht

Wenn allerdings Russland auf die Bezahlung von offenen Gasrechnungen besteht und Rabatte streicht, ist das natürlich Machtmissbrauch. Andersherum: Wenn deutsche Politiker und der IWF den Griechen für den Fall eines Wahlsieges von Tsipras drohen, die Gewährung von Krediten einzustellen, ist das weder Machtmissbrauch noch unvernünftig und schon gar nicht die Inanspruchnahme eines angeblichen Rechts des Stärkeren.

Es ist tatsächlich: Das Wörtchen „angeblich“ kann die Kanzlerin getrost streichen. Stärke zeigen, Druck und Drohkulissen aufbauen sowie Grenzen aufzeigen, das gehörte in diesem Jahr zum wechselseitigen Spiel aller Beteiligten. Wie sollen die Sanktionen gegen Russland auch sonst zu verstehen sein? Wollen Europa und Amerika etwa nicht Stärke demonstrieren und Macht ausüben, um so dem Sanktionierten Schaden zuzufügen?

Welchen guten Vorsatz hatte Frau Merkel vor einem Jahr tatsächlich? Das umstrittene Assoziierungsabkommen zwischen der Europäischen Union und der Ukraine lag zu diesem Zeitpunkt schon auf dem Tisch. Der damalige ukrainische Präsident Janukowytsch hatte seine Unterschrift aber verweigert, nachdem klar war, das die EU unter Ausschluss Russlands eine Entscheidung verlangte. Entweder Russland oder die EU.

Das Recht des Stärkeren setzte sich dann auch bei den Protesten auf dem Maidan durch, als Schüsse fielen. Das Recht des Stärkeren setzte sich weiterhin durch als ein Gewerkschaftshaus in Odessa brannte und Menschen dort brutal ermordet wurden. Und nicht zuletzt akzeptiert die Kanzlerin offenbar auch das Recht des Stärkeren, das die Ukraine im Kampf gegen das eigene Volk unter dem Deckmantel einer Anti-Terror-Operation tagtäglich zum Ausdruck bringt.

Merkel stellt sogar weitere Finanzhilfen in Aussicht, jammert aber gleichzeitig über zunehmende Krisenherde auf der Welt. So viele Flüchtlinge wie in diesem Jahr hätte es seit 1945 nicht mehr gegeben. Dabei scheinen viele Menschen gerade vor den Waffen zu fliehen, die deutsche Rüstungskonzerne mit Erlaubnis der Bundesregierung in Krisenregionen verkauft haben.

Wirr ist das Volk dank Merkel

Viele Menschen sterben auch bei der Flucht übers Mittelmeer. Für sie scheint sich die deutsche Bundeskanzlerin aber weiterhin nicht zu interessieren. Stattdessen seziert sie den Spruch „Wir sind das Volk“, den die Pegida-Aktivisten jeden Montag in die kollektive geistige Umnachtung brüllen. Merkel warnt das Volk. Folgt denen nicht. Sie hätten Vorurteile, Kälte und Hass in ihren Herzen, so die Kanzlerin gewohnt unbestimmt mahnend.

Dabei wollen die Demonstranten nur wieder Dazugehören. Sie leben doch das Vorurteil, das Merkel ein paar Zeilen später predigt. Zusammenhalt. Deutschlandfahnen wehen, wie beim Sieg der Nationalmannschaft. Nicht Wir, sondern Wirr ist das Volk. Ach wäre doch nur jedes Jahr Fußballweltmeisterschaft. Die Sache mit dem Fremdenhass wäre wohl beherrschbar.

Stattdessen ist jedes Jahr Neujahrsansprache mit der Botschaft: „Uns geht es doch gut.“ Die Pegida-Idioten glauben natürlich nicht daran. Sie sagen: „Bis hierhin und nicht weiter“, haben aber die bloß behauptete politische Alternativlosigkeit der Kanzlerin längst akzeptiert. Sie glauben in irriger Art und Weise daran, dass sich ihre schlechten Lebensbedingungen, die ja politisch veranlasst sind, dadurch stabilisieren ließen, indem sie den Zuzug von jenen verhindern, die nach schlechter deutscher Tradition nicht dazugehören sollen.

Das sich solche Bewegungen über Fremdenfeindlichkeit identifizieren, ist als Mechanismus nicht neu. Das Besondere ist eigentlich, das diese Menschen dank Merkels Schlafwagenregierungen grundsätzlich nicht mehr an eine Verbesserung ihrer Lebensbedingungen glauben. Sie wollen daher verhindern, im Armenhaus noch weiter abzurutschen und wenden ihren Frust gegen diejenigen, die sich noch weniger wehren können als sie.

Um es kurz zu machen: Sie fordern ihr Recht des Stärkeren ein. Weil sie es so gelernt haben von der großen Mutti, die in diesem Jahr politisch eigentlich nichts verändern, sondern nur mal häufiger vor die Tür gehen wollte, um nach frischer Luft zu schnappen.


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