Ja, ja, linksextremistische Gewalt auf dem Vormarsch

Geschrieben von:

Die Vorstellung des Verfassungschutzberichtes 2009 heute durch Innenminister Thomas de Maizière in Berlin führte zumindest beim Radio-Sender NDR-Info zwischenzeitlich zu der Topmeldung, dass es einen besorgniseregenden Anstieg linksextremistischer Gewalt geben würde. Zu gern hätte man aber erfahren, was unter dem Begriff linksextremistische Gewalt eigentlich zu verstehen sei. Grundsätzlich wäre dann auch der Vizepräsident des Bundestages Wolfgang Thierse ein linker Extremist, weil er kürzlich gegen einen Aufmarsch von Neozazis in seinem Berliner Wahlkreis zusammen mit anderen Abgeordneten friedlich protestierte. Per Sitzblockade zwang man die NPD-Demostraten erfolgreich zur Umkehr.

Nach diesem Zwischenfall gab es harsche Kritik an Thierse. Der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Konrad Freiberg, ließ sich sogar wie folgt zitieren:

„Ich finde das Verhalten von Wolfgang Thierse empörend. Es ist unerträglich, wenn Vertreter von Verfassungsorganen aus billigem Populismus gegen Recht und Gesetz verstoßen.“

Und der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Rainer Wendt, legte noch einen drauf mit der Bemerkung, Thierse müsse zurücktreten, weil er werktags mit Fahrer und Chauffeur auf Staatsmann mache und am Wochenende als Salon-Revoluzzer auf der Fahrbahn sitze, um die Polizeikräfte zu behindern. Im Grunde seien dann also alle Demonstranten, die gegen Neonazis protestieren und mit friedlicher Blockade dafür sorgen wollen, dass Vertreter einer Partei, die die politisch Verantwortlichen längst hätten verbieten lassen können, wenn sie nicht selbst für ein Scheitern des Verbotsverfahrens gesorgt hätten, nicht durch Stadtteile und Orte marschieren können, um ihre verfassungsfeindliche Hetze zu verbreiten.

Vielleicht wertete de Maizière die Tatsache, dass die rechtsradikalen Organisationen an Mitgliedern verlieren würden deshalb ja so positiv, weil er genau weiß, dass seine V-Leute nicht darunter sind.

Und dann hört man immer wieder von vermehrt brennenden Autos, die einen Anstieg linker Gewalt belegen würden. So als ob ein brennendes Auto per se als ein Akt linker Gewalt betrachtet werden müsse. Klare Angaben dazu gibt es jedenfalls nicht. Fest steht aber, dass die meisten brennenden Autos mit politisch motivierten Aktionen rein gar nichts zu tun haben, sondern eher in die Bereiche Versicherungsbetrug, Eifersucht und Trunkenheit gehören, also in ein klassisch konservativ bürgerliches Umfeld einsortiert werden müssten. :DD

Für die Statistik des Verfassungsschutzberichts gilt im Prinzip dasselbe wie für die Arbeitslosenzahlen. Es kommt immer darauf an, wie und welche Fälle man zählt und was man eigentlich damit bezwecken will. Soziale Unruhen werden mit Blick auf die Politik der kleinen und großen Schwachsinnskoalition immer wahrscheinlicher. Darauf wollen sich die aristokratisch, klerikalen Verbündeten in der Regierung einstellen und sich rechtzeitig des uneingeschränkten Gewaltmonopols versichern, wenn es bald darum gehen wird, die sozialen Einschnitte notfalls auch mit Gewalt durchzusetzen. An Polizisten wie Wendt und Freiberg scheint der Krieg im Innern jedenfalls nicht zu scheitern…

9

Der zynische Krieg auf den Finanzmärkten

Geschrieben von:

Die Rating Agentur Moody’s hat griechische Staatsanleihen von A3 auf Ba1 herabgestuft. Mit anderen Worten von investmentwürdig unter der Bedingung, die wirtschaftliche Gesamtlage zu beachten, zu nicht als Investment geeignet, weil die wirtschaftliche Gesamtlage bedenklich ist. Damit stuft die Rating Agentur Moody’s griechische Anleihen auf Ramschniveau ein oder wie der Fachmann sagt, junk!.

Die Begründung für diesen Schritt ist natürlich bemerkenswert:

Moody’s begründet die Herabstufung vor allem mit Risiken des drastischen Spar- und Restrukturierungsprogramms der griechischen Regierung. Zwar habe der gigantische Rettungsschirm von Europäischer Union (EU) und Internationalem Währungsfonds (IWF) jegliche Risiken in der kurzen Frist beseitigt. Allerdings seien die gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen des Programms substantiell und nur mit einer geringeren Bonitätsnote zu vereinbaren. Risiken sieht die Agentur vor allem beim Wirtschaftswachstum.

Quelle: Spiegel Online

D.h., den Analysten ist vollkommen klar, dass ein Sparprogramm, das einseitig auf die Reduzierung von Schulden ausgelegt ist, nie und nimmer zu einer Gesundung der wirtschaftlichen Gesamtlage beitragen kann. So ein Sparprogramm sei substantiell, greife also die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit an und damit mindern sich auch die Aussichten auf wirtschaftliches Wachstum. Und ohne Wachstum gibt es keinen Schuldenabbau. Das hätte man bei den Spiegel Leuten noch dazu sagen müssen, sonst kapieren die das nämlich nicht.

Im Grunde zeigt sich an der Begründung dieser Rating Agentur die gesamte Dummheit der Berliner Regierung und der in Teilen gleichgeschalteten Öffentlichkeit. Man spannt einen gigantischen Rettungsschirm auf, um die heimischen Gläubiger zu schützen und gleichzeitig merken diese Deppen nicht, dass die von Amerika dominierten Rating Agenturen darüber bestimmen, wer ein verlässlicher Schuldner ist und wer nicht.

Kann es vielleicht sein, dass die jüngste Herabstufung griechischer Staatsanleihen eine Retourkutsche der Amerikaner darstellt, die von Europa und insbes. Deutschland mehr Konsum fordern, damit die gigantischen Konjunkturprogramme nicht einfach so verpuffen? Welchen Sinn hätte denn der Verweis auf die wirtschaftliche Gesamtlage sonst? Aus kurzfristiger Analystendenke ist das doch grotesk. Es scheint also, dass ein weiteres Kapitel im virtuellen Wirtschaftskrieg aufgeschlagen wurde, genau so, wie es Oberstleutnant Sanftleben prognostiziert hat.

Vor ein paar Wochen war der amerikanische Finanzminister Tim Geithner in Berlin und verlangte von Schäuble, die deutsche Konjunktur nicht kaputt zu sparen, sondern mehr Geld auszugeben, um das zarte Wirtschaftswachstum anzukurbeln. Gleichzeitig kritisierten die Amerikaner Deutschland für dessen Alleingang bei der Finanzmarktregulierung und speziell bei dem Verbot ungedeckter Leerverkäufe. Die Deutschen zeigten sich aber uneinsichtig und beschlossen letzte Woche eines der größten Sparprogramme in ihrer Geschichte. Nun reagieren die Amerikaner. Sie torpedieren das europäische Rettungspaket. Und Merkels zweite Regierung bekommt wieder eine teure Quittung präsentiert.

Erinnern sie sich noch an den Spaßvogel Steinbrück, dem man auch jeden Satz aufschreiben musste, wie der ehem. Wirtschaftsminister Michel Glos nach seinem Rücktritt jammernd zu Protokoll gab? Steinbrück stellte sich im September 2008 hin und wetterte gegen die Amerikaner im deutschen Bundestag. Er sagte, dass die Finanzkrise ein rein amerikanisches Problem sei und Deutschland nicht beträfe. Eine Woche später ließen die Amerikaner dann mit Lehman Brothers genau jene Wall-Street-Großbank pleite gehen, bei der vor allem deutsche Kunden angeblich sichere Einlagen hatten.

Die anhaltende deutsche Beschränktheit in wirtschafts- und finanzpolitischen Fragen führt letztlich dazu, dass auf den Finanzmärkten die ganz großen virtuellen Massenvernichtungswaffen aufgefahren werden, die am Ende nicht nur virtuellen Schaden anrichten, sondern ganz konkret ganze Volkswirtschaften zerstören. Die USA werden es nämlich nicht hinnehmen, dass der Euroraum und besonders Deutschland ihre Wirtschaft in den Abgrund zieht. Das Spiel ist mies von allen Seiten. Nur wenn ich mir die deutsche Borniertheit anschaue, die vom amerikanischen Nobelpreisträger Paul Krugman nur mit den Worten „Verrückte an der Macht“, siehe Telepolis (Madmen in Authority, NY-Times Blog) kommentiert wird, dann wird auch klar, dass die Kanzlerin darum bettelt, vom Sockel geschossen zu werden.

Wie sie sich dann aber immer noch hinstellen kann und der deutschen Öffentlichkeit erklären möchte, sie wolle doch nur das Vertrauen der Finanzmärkte zurückgewinnen, kann mit rationalen Gründen nicht mehr erfasst werden.

PS: Vielleicht kann man es doch erklären. Mit neuer deutscher Großmannsucht? Dabei wird nur die Schlagkraft des taumelnden Riesen Amerika permanent unterschätzt.

5

Halbzeit

Geschrieben von:

Es ist Halbzeit, das heute-journal läuft. Und ich weiß zu schätzen, was Dieter Hildebrandt im Interview mit der Süddeutschen vom 07.06.2010 meinte:

„Der ist schön. Ich nenne dieses Studio, das sie ihm gebaut haben, das Kleber-Stadion. Je kleiner die Nachrichten, umso größer wird das Studio. Ich denke mir, wo sind die 3000 Leute, die vor ihm sitzen, just in diesem Moment. Und knurrig, aber lächelnd teilt der Kleber uns mit: gar nichts. Und das in einem riesigen Studio. Es ist inzwischen so, wenn meine Frau sagt: ‚Komm, heute journal‘ – und wenn ich mich dann nicht beeile, ist es schon zu Ende. Alle Sendungen haben Überlänge, nur die Nachrichten werden ständig gekürzt.“

Heute war zwar Marietta Slomka dran, aber die präsentierten Nachrichten waren trotz der obligatorischen Halbzeitkürze das Allerletzte. Der Anschlag auf die Bundeswehr eine Randnotiz. Der Streit in der Koalition nicht mehr als eine zusammenhanglose Vorführung. Aufklärung keine. Und am Ende wirbt Marietta Slomka für einen von ihr gestalteten Film über Afrika. Achja, und am Anfang gab es viel Sendezeit für das Fanfest in Berlin, über das man wirklich nicht viel Neues berichten konnte, außer dass die Vuvuzelas offiziell verbannt wurden.

Oh je. Béla Rethy, einer der schlechtesten Kommentatoren nach dem schlimmen Tiefflieger Heribert Faßbender, nannte es in seinem Kommentar sogar den Vuvuzela-Terror, der in Durban nicht so schlimm sei wie in anderen Stadien. Dieser verbale Ausfall wäre allemal eine Meldung wert gewesen.

4

Der Grußonkel mit dem Sparbuch tritt endlich zurück!

Geschrieben von:

Ich mache keinen Hehl aus der Tatsache, dass ich es sehr begrüße, dass mit Horst Köhler zum ersten Mal in der Geschichte der inzwischen zur Bananenrepublik verkommenen BRD, ein Bundespräsident von seinem Amt zurücktritt. Hurra!!!

Und wieder behält Georg Schramm recht, der in der letzten Folge „Neues aus der Anstalt“ über eine Fahndungsliste sprach, von der man schon einige Pappnasen hat streichen können. Zum demolierten Bild des Bundespräsidenten meinte er spontan wie richtig:

„Den kriegen wir auch noch!“

Schramm zu Köhler

Und nun ist es genau so gekommen. Die Republik fliegt in dieser Woche auseinander. Davon bin fast überzeugt. Seehofer stellte am Wochenende die Koalitionsfrage, sollte die Regierung über allgemeine Steuererhöhungen am Ende dieser Woche entscheiden und der Westerwelle sichert sich vorsorglich in NRW eine neue Machtperspektive mit SPD und Grünen. Die Regierung ist am Ende. Gescheitert an allem. Selbst die Bildzeitung entzieht der Kanzlerin das Vertrauen. Friedes Tintenknechte arbeiten bereits gegen Merkel.

Wann tritt auch sie zurück?

Laut Verfassung muss nun innerhalb von 30 Tagen ein neuer Bundespräsident gewählt werden. Wer soll das machen? Lena Meyer-Landrut? Im Grunde geht nur ein Kompromiss zwischen Union und SPD, da es wohl ausgeschlossen scheint, dass sich die streitenden Parteien CDU, CSU und FDP auf einen Kandidaten einigen, während sie sich bei der Frage um die richtige Krisenbewältigungsstrategie selbst zerfleischen.

Horst Köhler ist schon ein selten dämliches Exemplar Mensch. Jetzt tritt er zum zweiten Mal der amtierenden Regierung, die ihn als ihr Symbol ins Amt gehievt hatte, gehörig in den Arsch. Auch dafür müssen wir alle dem gelernten Sparkassendirektor dankbar sein. Er hat die Kriegspolitik der Bundesregierung aus dem Reich der Sprechblasen zurück auf den Boden der harten Realität geholt, unfreiwillig wohlgemerkt, und nun sorgt er mit seinem Rücktritt dafür, dass Deutschland ohne gewählten Grußonkel dasteht.

Was für ein Drama.

5

Und nun zu Horst Köhler und seiner Kabarett-Nummer

Geschrieben von:

Ich habe mit diesem Beitrag extra gewartet bis die Medien das Thema um den Köhlerschen Kriegsbegriff aufgreifen. Sie hätten es nämlich nicht getan, weil der entsprechende Abschnitt aus dem Interview mit dem Deutschlandfunk entfernt wurde. Keine Sau hätte im Nachhinein mitbekommen, was Köhler in Afghanistan gesagt hat, wenn nicht die Blogger aufgepasst hätten.

„Und aus meiner Einschätzung ist es wirklich so, wir kämpfen dort auch für unsere Sicherheit in Deutschland. Wir kämpfen dort im Bündnis mit Alliierten auf der Basis eines Mandats der Vereinten Nationen. Alles das heißt, wir haben Verantwortung. Ich finde es in Ordnung, wenn in Deutschland darüber immer wieder auch skeptisch mit Fragezeichen diskutiert wird.

Meine Einschätzung ist aber, dass insgesamt wir auf dem Wege sind doch auch in der Breite der Gesellschaft zu verstehen, dass ein Land unserer Größe mit dieser Außenhandelsorientierung und damit auch Außenhandelsabhängigkeit auch wissen muss, dass im Zweifel, im Notfall, auch militärischer Einsatz notwendig ist, um unsere Interessen zu wahren, zum Beispiel freie Handelswege, zum Beispiel ganze regionale Instabilitäten zu verhindern die mit Sicherheit dann auch auf unsere Chancen zurückschlagen, negativ durch Handel, Arbeitsplätze und Einkommen. Alles das soll diskutiert werden, und ich glaube, wir sind auch einem nicht so schlechten Weg.

Die gespielte Aufregung um diese Perspektive kann ich nun aber nicht verstehen. Köhler antwortet doch nur auf die Frage, die Angela Merkel in ihrer ersten Regierungserklärung vor dem Bundestag am 10. November 2009 aufwarf.

„Mehr noch: Wir alle müssen verstehen, dass es um weit mehr geht als nur um die Bewältigung der Folgen der Krise in unserer eigenen Volkswirtschaft. Nein, die Karten werden weltweit neu gemischt. Das und nichts anderes ist die Dimension der Krise. Weltweit werden die Karten neu gemischt. Da gibt es eben keine angestammten Marktanteile und Positionen. Wer wird sich den Zugriff auf Rohstoffe und Energiequellen sichern? Wer lockt Investitionen aus anderen Teilen der Welt an? Welches Land wird zum Anziehungspunkt für die klügsten und kreativsten Köpfe?“

Quelle: Deutscher Bundestag

Im Grunde geht es um die aktuell gültige NATO-Doktrin, wonach der Schutz von Rohstoff- und Energiequellen innerhalb eines Militärbündisses, dessen Mitglied Deutschland ist, explizit festgeschrieben wurde. Volker Pispers antwortete darauf einmal sehr treffend, dass es offenbar nicht mehr ausreiche, nur die eigenen Rohstoffe und Energiequellen zu sichern, sondern auch jene, die uns gar nicht gehören. Man könnte Frau Merkel in diesem Punkt auch so verstehen, als wollte sie sagen, dass wir uns künftig auf eine dauerhaft kolonialistisch anmutende Außenpolitik einstellen sollten. Und Horst Köhler hat das eben nur bestätigt. Dumm wie er halt ist.

Und wie immer, wenn man aus dem Sprechblasenbetrieb in den Modus klarer Worte wechselt, fällt das Dementi im Anschluss schwer. Horst Köhler will nun allen erzählen, dass er Afghanistan gar nicht gemeint habe. Stimmt, er war ja auch gar nicht in Afghanistan, sondern bei Fürst Gutti in Oberfranken. Blöder geht’s natürlich nicht. Trotzdem müssen wir dem wandelnden Verfassungsbruch Köhler dankbar sein, dass er unbeabsichtigt seiner parlamentarischen Lügentruppe mit Anlauf in den Arsch getreten hat. Die stehen nun ziemlich dämlich da.

Christian Pfeiffer würde an dieser Stelle wahrscheinlich sagen, dass Horst Köhler ein Linker sei und seine Kernaussage in seiner jüngsten Studie entsprechend korrigieren:

Von

„Immer jünger, immer betrunkener, und wenn es sich um politische Dinge handelt, dann immer linker.“

auf

„Immer älter, immer dementer, und wenn es sich um politische Dinge handelt, dann immer linker oder vielleicht doch blöder.“

:>> :>> :>>

4

Zum Iran-Problem

Geschrieben von:

Die fünf UN-Vetomächte einschließlich Deutschlands wollen eine neue Resolution mit schärferen Sanktionen gegen den Iran beschließen. Noch immer geht es um das Atomprogramm, bei dem der Westen unterstellt, das Land am persischen Golf würde an einer Atombombe basteln. Zu Beginn der Woche hatte es ja eine Einigung auf Betreiben der Vermittlerstaaten Brasilien und Türkei gegeben, wonach der Iran nunmehr bereit sei, Uran im Ausland anreichern zu lassen.

Die Einigung, mit der der Iran nur einer Forderung der „Sechsergruppe“ nachkommt, stieß bei eben diesen auf Skepsis und führte in der Folge zu dem neuen Entwurf für eine UN-Resolution. Es wird behauptet, dass der Iran in der Zeit bis zu dem Abkommen mit Brasilien und der Türkei, weiterhin Uran hat anreichern können. Wenn der Iran nun also anbietet, 1200 Kilo seines Uranbestands in der Türkei zwischenzulagern, wie ursprünglich im Oktober 2009 von den USA & Co. gefordert, dann entspräche diese Menge heute nicht mehr drei Viertel des Gesamtbestandes, sondern sei gemessen daran kleiner geworden. Der Iran spiele also auf Zeit und verfüge dennoch über so viel Uran, um eine Bombe zu bauen, glaubt der Westen.

So in etwa stellt sich die Faktenlage dar. Ich lasse jetzt mal außer acht, dass der Iran auch berechtigte Befürchtungen hat, dass sich der Westen nicht an seinen Teil der Abmachung halten könnte, und den Iran um die ins Ausland abgegebene Menge Uran letztlich auch bescheißen könnte. Das der Iran sich auch absichern will, ist doch verständlich, wenn man davon ausgeht, dass die keine Bombe bauen wollen, sondern das teure Zeug für die zivile Nutzung aufbereiten wollen, um am allgemeinen Fortschritt zu partizipieren.

Doch das glaubt keiner im Westen. So eine Figur wie Ahmadinedschad kann ja nur die Bombe wollen. Das ist doch klar. Dafür braucht es auch keine Beweise. Es gibt sie ja in Wirklichkeit auch nicht. Ganz offiziell bestätigt von der CIA. Ich erinnere noch einmal an den Jahresbericht (vom 2. Februar 2010) des US-Geheimdienstkoordinators Dennis C. Blair zur Bedrohungslage. Darin steht zum Atomprogramm des Iran:

Second, Iran has been constructing—in secret until last September—a second uranium enrichment plant deep under a mountain near the city of Qom. It is unclear to us whether Iran’s motivations for building this facility go beyond its publicly claimed intent to preserve enrichment know-how if attacked, but the existence of the facility and some of its design features raise our concerns. The facility is too small to produce regular fuel reloads for civilian nuclear power plants, but is large enough for weapons purposes if Iran opts configure it for highly enriched uranium production.

Quelle: Annual Threat Assessment

Auf diese Analyse stützt sich die gesamte Skepsis der Sechsergruppe. Dabei steht da ganz deutlich, dass die Amerikaner überhaupt nichts wissen, sondern lediglich aus der Größe einer Anlage folgern, dass der Iran waffenfähiges Uran theoretisch anreichern könnte. Diese Erkenntnisse hatte man aber schon im Jahr 2007. Zu diesem Zeitpunkt wurde aber festgestellt, das der Iran sein Streben nach der Atombombe bereits im Jahr 2003 eingestellt habe (Siehe hier im Blog).

Ich kann daher nicht verstehen, mit welchem Schaum vor dem Mund einige Medien schon wieder kommentieren. Bei Springers Welt heißt es zum Beispiel.

Das richtige Signal

Am Tag nach dem Abkommen zwischen der Türkei, Brasilien und Iran zur Anreicherung einer begrenzten Menge von Uran im Ausland haben die UN-Vetomächte eine angemessene Antwort gegeben: Sie haben sich auf neue Sanktionen gegen Teheran geeinigt, weil der Dreierdeal nichts ändert an den Verstößen Teherans gegen den Atomwaffensperrvertrag.

Brasilien und die Türkei hatten versucht, die Weltgemeinschaft vorzuführen. Deshalb ist es gut, dass die Vetomächte im UN-Sicherheitsrat nun so schnell und unmissverständich klar machen, dass das Problem des iranischen Atomprogramms mit dem Deal von Teheran in keiner Weise gelöst ist.“

Die Vermutung wird einfach zur Tatsache gemacht und damit Sanktionen gerechtfertigt. Eigentlich müsste Springers Welt jetzt nach dem Ahmadinedschad des deutschen Mittelstands, Guido Westerwelle, rufen. Schließlich ist der Außenminister und als einer bekannt, der die Sanktionsrhetorik nach innen wie nach außen beherrscht. Hier ein Phantombild.

Extremist-Westerwelle

0

Erster Kommentar zur NRW-Wahl

Geschrieben von:

Was für ein blödes Wahlergebnis. Ich muss jetzt mal wieder Wählerbeschimpfung betreiben und mit den Worten von Urban Priol sagen, jeder wüsste inzwischen, dass er verarscht werde, sage sich aber, es sei halt so. Und so sieht das Wahlergebnis dann auch aus. Die wichtigste Botschaft lautet nämlich nicht, dass Schwarz-Gelb abgewählt wurde oder es möglicherweise für Rot-Grün reicht. Die wichtigste Nachricht ist, dass noch einmal weniger Menschen zur Wahl gegangen sind, als vor fünf Jahren. Die Wahlbeteiligung lag bei 59 Prozent (minus vier Prozent)! Das ist eine Katastrophe!!!

Zweitens: Ich verstehe nicht, warum die Wähler, die sich entschieden haben, nun doch wählen zu gehen, die Grünen mit über 12 Prozent der abgegebenen Stimmen beschenkten. Was soll das? Der Deutsche ist und bleibt dumm. Welche Regierung soll denn nun gebildet werden? Und was viel wichtiger ist, was soll sich mit dieser ändern? CDU, SPD, FDP und Grüne sind doch eine ganz große Konsenssoßenpartei und dieses Wahlergebnis wird nun dazu beitragen, dass das im Bund eindrucksvoll bestätigt wird. Jetzt geht die Kasperveranstaltung um Detailfragen von unsinnigen Reformen auf Bundesebene wieder los. Etwas weniger Westerwelle, dafür mehr Künast und Steinmeier. Ganz toll. Denn das heißt auch weiterhin Krieg, wirtschaftsfreundliche Banken- und Versicherungspolitik und Sozialstaatsabbau.

10

Deutschland zerstört Europa

Geschrieben von:

Die neueste Mitteilung aus dem Führerbunker, äh Kanzleramt, lautet, die Chefin verbitte sich Kritik aus dem Ausland.

Quelle: Spiegel-Online

Die Bundesregierung weist in der Griechenland-Krise Kritik aus dem Ausland zurück. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) habe von Anfang an mit den Euro-Partnern ein klares Vorgehen abgesteckt, sagte Vize-Regierungssprecherin Sabine Heimbach. Die Vorwürfe gingen in eine falsche Richtung.

Die Bundesregierung habe stets deutlich gemacht, dass die Euro-Gruppe im Notfall geschlossen und koordiniert handeln werde, sagte Heimbach.

Das ist wirklich lustig. Bis jetzt ist die Frau Merkel die einzige, die sich der Geschlossenheit verweigert, aus wahltaktischen Überlegungen heraus oder weil sie einfach nicht weiß, was sie machen soll. Berater Josef Ackermann scheint wohl keine große Hilfe zu sein. Was für ein Eiertanz. Im übrigen mosert nicht nur das Ausland, sondern auch der potenzielle Koalitionspartner, die Grünen. Nur zur Erinnerung. Merkels Regierung hat dem Nothilfepaket für Griechenland in Brüssel zugestimmt, falls Athen formell um Hilfe ersuchen würde. Das war ein zähes Ringen bis dahin. Wahrscheinlich hatte die Merkel nicht damit gerechnet, dass die stolzen Griechen tatsächlich einen Bettelbrief schreiben würden.

Nun ist es aber passiert und jeder konnte sich das denken. Worauf sollten sich die Spekulanten an den Märkten auch verlassen können? An dem steigenden Kurs für griechische Staatsanleihen konnte man sehr schön die sinkende Glaubwürdigkeit der Kanzlerin ablesen. Die Märkte wissen selber nicht, was Sache ist und gehen daher weiterhin davon aus, dass Griechenland pleite geht. Deshalb will man einerseits Verluste minimieren oder Gewinne maximieren, bevor alles zusammenbricht. Das Verhalten der Spekulanten zeigt sehr deutlich, dass man vom Crash her denkt. Sie glauben schon längst nicht mehr an die Europäische Union und daran, dass diese Gemeinschaft politisch wie wirtschaftlich überleben wird. Sie erkennen in Merkels Verhalten, das von einer hetzenden Presse flankiert wird, die schon an die braune Zeit des „Völkischen Beobachters“ erinnert, die billigende Inkaufnahme des europäischen Zerfalls. Deshalb ist Portugal bereits ins Visier genommen worden, um dort auch noch einmal richtig abkassieren zu können.

Doch was sagt der Chefvolkswirt der Europäischen Zentralbank (EZB), Jürgen Stark zum Fall Portugal?

Die Situation beider Länder sei nicht miteinander vergleichbar, erklärte Stark am Rande einer Konferenz. „Es geht darum, Griechenland wirklich als einen Einzelfall zu sehen“, sagte Stark zu Journalisten. „Ich sehe hier keine Verbindung zwischen Portugal und Griechenland“, betonte er. Nach wie vor gebe es „deutliche Unterschiede“, und diese Unterschiede müssten unterstrichen werden.

Quelle: Dow Jones Deutschland

Aha. Wen will Herr Stark damit beeindrucken? Die unregulierten Finanzmärkte, denen es inzwischen wurscht ist, was die politisch Verantwortlichen sagen? Vor allem möchte ich die Unterschiede einmal klar benannt haben. Auch in Portugal gehen die Menschen auf die Straße und wehren sich gegen die ihnen aufgezwungenen Sparmaßnahmen. Allein im April gab es 28 Streiks und 19 Demonstrationen. Die EZB/Frau Merkel glauben doch nicht im ernst, dass sich rigorose Sparmaßnahmen in Griechenland und Portugal gegen den Willen der Bevölkerung durchsetzen lassen. Das geht vielleicht bei uns dummen Deutschen, die immer noch so doof sind, sich für Herrenmenschen halten zu müssen, aber nicht erkennen, wie sie schon wieder manipuliert, verführt und gegen andere Menschen aufgestachelt werden, anstatt sich endlich gegen die eigene korrumpierte politische Führung zu wenden.

Ein Bild versteht der Deutsche, der auch leidenschaftlicher Bildleser ist und sich gern dem dort abgedruckten Rassismus anschließt, einfach nicht. Der Karikaturist Klaus Stuttmann zeigt ihnen welches:

Klaus Stuttmann
Quelle: Klaus Stuttmann

Eine schöne Bemerkung las ich vorhin bei Egon W. Kreutzers Kurzkommentar zum Griechenland-Desaster.

„Die Märkte“ ruinieren Griechenland und Europa und die ganze Welt, solange man ihnen nachgibt.

Es läge in der Hand des Bundestages, „die Märkte“ in die Schranken zu weisen. Es läge in der Hand des Bundestages, unser Land aus den Fangarmen der Kraken zu befreien. Es läge in der Hand der Volksvertreter, die Hoheit über unsere Währung wieder selbst zu übernehmen, statt einer Handvoll skrupelloser Spekulanten, die sich „die Märkte“ nennen lassen, die Hoheit über ganz Europa einzuräumen.“

Doch wie man aus dem Führerbunker vernehmen konnte, sollen „die Märkte“ weitgehend verschont bleiben. Die Banken sollen nicht zur Finanzierung des Rettungspakets für Griechenland herangezogen werden. Da sei die Kanzlerin ganz nah bei Schäuble, wie es heißt. Apropos, wo ist der eigentlich? Schon mit einem Rad im Jenseits? Dieser soll, einigen Gerüchten zufolge, gesundheitlich arg angeschlagen sein. Aber Spaß beiseite, ich meinte politisches Jenseits. Denn denselben Gerüchten zufolge, soll bereits Roland Koch als Nachfolger bereitstehen. Der wäre auch für den Westerwelle und seine Dummschwätzer erträglicher. Mit dem Schäuble können die Liberalen nicht. Das hat die Vergangenheit gezeigt.

Uns fragt ja keiner. Oder besser gesagt, wenn wir gefragt werden, sind wir auch noch so blöd und wählen diese Spinner, weil sie stabile Verhältnisse versprechen. Denn nichts hat der Deutsche lieber, als stabile Verhältnisse. Da kann die ganze Welt zusammenbrechen und Panzer vor der Tür stehen, solange es stabile Verhältnisse in Deutschland gibt, und eine dumme Sau, die es in irgendeinem Sportpalast in die johlende Menge schreit und eine dumme Presse, die es verbreitet, ist für den Deutschen alles gut.

Als Freigeist zu Guttenberg in Ingolstadt, anlässlich der Trauerfeier für die zuletzt getöteten Bundewehrsoldaten, kackdreist von weiteren Opfern sprach, die man künftig hinnehmen müsse und das nicht nur in Afghanistan, glaubte ich an eine Monty Python Nummer. Aber der meint das ernst. Und wenn ich dann aber das lese, wird mir schlecht.

Strittig ist zwischen Regierungsparteien und Opposition, ob Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg, CSU, diese Woche vor dem Kundus-Untersuchungsausschuss einen guten Auftritt hingelegt hat. An anderer Stelle indes ist ihm dies unstrittig geglückt: im geräumigen Lift des Reichstags. Darin drängten sich bereits rund 20 SPD-Damen, so um die sechzig Jahre jung, bei einem Bundestagbesuch, als plötzlich sich noch zu Guttenberg hineinquetschte. Da jubelten die Genossinnen glücklich los, strahlten ihn an, drängelten sich an ihn, rissen die Foto-Handys aus ihren Taschen und knipsten wie wild Erinnerungsfotos mit dem Mann, der eindeutig ihr Traumpolitiker zu sein schien. Sein CSU-Parteibuch störte offenbar keine einzige der Genossinnen. Die CDU-Abgeordnete Ingrid Fischbach, ebenfalls im Lift, zog danach den einzig richtigen Schluss: „Die politische Konkurrenz muss endlich einsehen, dass unser Verteidigungsminister über alle ideologischen Gräben hinweg fasziniert. Sein Sympathiefaktor bei Frauen liegt parteiübergreifend bei 101 Prozent.“

Quelle: Hans Peter Schütz (Stern)
__________________________________________

An alle entschlossenen und unentschlossenen oder gar nicht Wähler folgender Gedanke:

Es ist nicht gesagt, dass es besser wird, wenn es anders wird.
Wenn es aber besser werden soll, muss es anders werden.

Georg Christoph Lichtenberg
(1742-1799)

Quelle: auch bei Egon W. Kreutzer (s.o.)

1

Kurz zum FDP-Parteitag

Geschrieben von:

Bei dem schönen Wetter sollte man sich die gute Laune nicht verderben lassen, auch nicht durch den Schreihals Guido Westerwelle, der gestern noch in seiner Funktion als Außenminister vor den Särgen toter deutscher Soldaten stand und schweigend trauerte, sich aber vor den Kameras der Bild-Zeitung dazu hinreißen ließ, eine Hinterbliebene in die Arme zu schließen. Heute hat er den Schalter wieder umgelegt und ist zum ersten Volksverhetzer im Lande mutiert. Mit Sätzen wie…

„Die Bürger dürfen nicht den Eindruck bekommen, es ist für alles Geld da: für die Banken ist Geld da, für die Automobilindustrie ist Geld da, für die europäische Solidarität ist Geld da, aber für eine Entlastung der Mittelschicht ist kein Geld da.

Wir wollten im Herbst nicht regieren, damit es einen Regierungswechsel gibt, wir wollten regieren, damit es einen Politikwechsel gibt. Das macht nicht immer beliebt.

Wir sind denen zu erfolgreich geworden.

Das hat unser Land nicht verdient, dass 20 Jahre danach Sozialisten und Kommunisten wieder etwas zu sagen kriegen.“

…spulte er als FDP-Bundesvorsitzender sein altbekanntes Programm herunter. Er vergaß nur zu erwähnen, dass für Hoteliers und reiche Erben auch Geld dagewesen war. Ich weiß, für Westerwelle zählen wohlhabende Erben und die Mövenpicks und Co. auch zur Mittelschicht. Die Kritiker der FDP würden ja immer vergessen, dass nur der Steuern zahle, der auch Geld habe.

Was Westerwelle damit meint, hatte Hermann Otto Solms kürzlich im ZDF-Morgenmagazin präzisiert. Er antwortete auf die Frage, was er davon halte, dass mehr als die Hälfte der Bevölkerung Steuersenkungen derzeit nicht für sinnvoll hielten, so:

„Mehr als die Hälfte der Bevölkerung zahlt keine Steuern!“

Das ist natürlich gelogen und der Versuch eine volksverhetzende Demagogie zu platzieren. Egon W. Kreutzer findet diesbezüglich die richtigen Worte:

„Das ist glatt und elend gelogen!

Wer konsumiert, zahlt Steuern. Kindern wird das Taschengeld besteuert und Rentnern die Rente, Hartz-IV-Empfängern wird der Regelsatz besteuert und Arbeitslosen das Arbeitslosengeld.

Wer im Monat 350 Euro zum Leben hat, und davon 60% für Lebensmittel und andere Waren mit ermäßigtem Steuersatz ausgibt, zahlt dem Finanzminister jeden Monat 36 Euro an Mehrwertsteuer zurück. Ein Tank voll Benzin und eine Stange Zigaretten dazu – und der Fiskus kassiert noch einmal 50 Euro ab.

Dass der finanzpolitische Sprecher der FDP-Fraktion im Bundestag so tut, als habe er keine Ahnung, wer in Deutschland in Wahrheit den Löwenanteil der Steuern zahlt, ist mehr als nur peinlich.

Und wenn er sich darauf hinausreden wollte, er habe natürlich nur von der Lohn- und Einkommensteuer gesprochen, und wer die nicht zahlt, habe in der Diskussion um die Senkung des Einkommensteuertarifs nicht mitzureden, dann vergisst er, dass die Konsumsteuerzahler letztlich für das aufkommen müssen, was den Einkommensteuerzahlern erlassen wird.

Und wenn er sich darauf hinausreden wollte, dass die Steuersenkung ja gerade denen zugute kommen, die wenig verdienen, dann lügt er schon wieder.

Steuersenkungen in der Progressionszone kommen allen zugute, deren Einkommen die entsprechende Höhe erreicht und natürlich auch allen, deren Einkommen darüber liegt!
Und wenn Steuerfreibeträgte erhöht werden, dann haben die mit den niedrigen Einkommen nichts oder wenig davon, während die mit den höchsten Einkommen am stärksten entlastet werden, weil der Freibetrag nämlich immer „von oben“ wirkt, also da, wo die höheren Steuersätze zum Ansatz kommen.

Lasst euch bloß nicht für dumm verkaufen!“

Dem ist nichts hinzuzufügen.

4

Griechenland: Merkels dummes Geschwätz

Geschrieben von:

Gestern hockte die Kanzlerin noch im Berliner Friedrichstadtpalast bei der Verleihung des deutschen Filmpreises und langweilte den Saal mit einer blassen Rede über die Bedeutung des deutschen Films.

Das wirkt ein bissel befremdlich zwischen dem Griechenland-Desaster gestern und der heute wieder stattfindenden öffentlichen Imagepolitur vor Särgen deutscher Soldaten in Ingolstadt. Zwischen der Finanzhölle Euro-Zone und der Kriegshölle Afghanistan stand sozusagen ein Kessel Buntes zur Entspannung auf dem Programm.

Doch Merkel hat scheinbar alles im Griff. Zu den Griechenland-Hilfen, die sie erst noch an Bedingungen knüpfen wollte, sagte sie nun, dass die rund 8 Mrd. Euro, die Deutschland beisteuern müsste, den Steuerzahler keinen Cent kosten würden, weil das Geld nicht aus dem Haushalt kommen würde, sondern von der KfW. Der Staat bürge lediglich für einen Ausfall der Tilgungsraten.

Das soll nun beruhigen? Dieser Spruch galt doch auch schon bei den Banken. Es seien ja nur Garantien, keine direkten Hilfen. Aber genau das ist falsch. Die insgesamt rund 45 Mrd. Euro, die Griechenland bei EU und IWF/EZB abrufen will, landen doch direkt in den Taschen der Gläubiger und Aktionäre. Dieses Geld geht nicht in die Wirtschaft, so dass man einen konjunkturbedingten Rückfluss der Mittel in Form einer Nachfragebelebung feststellen würde. Nein. Die Milliarden verschwinden ziemlich rasch auf den noch immer deregulierten Finanzmärkten. Unwiederbringlich. Egon W. Kreutzer schreibt dazu:

„8,4 Milliarden für Griechenland verschlingt der unersättliche Moloch „Internationale Finanzwirtschaft“ mühelos,

und nach einem kurzen wohligen Rülpser, schreit er nach mehr…“

Am Ende müssen die Bürgschaften eingelöst werden, weil der Schuldner auch in Zukunft über keine realwirtschaftlichen Mittel mehr verfügen wird, um seine Verbindlichkeiten bedienen zu können. Spätestens wenn sämtliches öffentliches Eigentum verscherbelt und privatisiert ist, ist Schluss. Doch soweit wird es wahrscheinlich nicht kommen. Die griechische Protestbewegung ist nicht zu unterschätzen.

Deutschland betreibt Konkursverschleppung, auch um den Preis der eigenen Bonität. Und das nur, um die Kreditgeber von ihrem eingegangenen Risiko zu befreien. Das wird nämlich immer wieder vergessen, wenn vorurteilsbehaftet über griechische Parties und arbeitsfaule Menschen schwadroniert wird. Zu einem Kredit gehören immer zwei. Einer, der bereit ist, sich zu verschulden und einer, der bereit ist, ein Risiko einzugehen.

In Wirklichkeit teilt sich der Risikonehmer sogar noch einmal auf in den Risikonehmer und den Risikoversicherer. Denn hier liegt die eigentliche Geldquelle des gesamten Geschäfts, im Handel mit CDS (Credit Default Swaps), also jenen Papieren, die Kreditausfälle versichern sollen. Auf den Wert dieser Papiere wird nun gewettet. Denn wenn ein Spekulant der Ansicht ist, dass sich die Bonität des Referenzschuldners verschlechtern wird, wird er viele dieser Papiere kaufen, um bei einer tatsächlichen Verschlechterung der Bonität des Referenzschuldners die Gewinne aus steigenden CDS-Prämien realisieren zu können.

Und wer entscheidet über die Bonität ganzer Staaten? Ratingagenturen, die nirgendwo auf der Welt einer staatlichen Kontrolle unterliegen. Die Banken gewinnen auch immer, weil sie erstens selber wetten und zweitens Gebühren für den Abschluss von CDS kassieren. Es ist einfach töricht zu glauben, dass der Steuerzahler von dieser verantwortungslosen und kriminellen Zockerei verschont bliebe. Die aktuelle Finanzkrise hat doch eindrucksvoll gezeigt, mit welcher Arroganz Banken und Versicherer ihre herben Verluste sozialisieren durften und jetzt schon wieder Rekordgewinne melden, ohne dass auch nur ein einziger Versuch unternommen wurde, dieser Bedienungsmentalität endlich einen Riegel vorzuschieben.

Staatssekretär und 1. Brandstifter im Gewandt des Feuerwehrmannes Jörg Asmussen weilt derzeit in Washington beim G-20-Treffen der Finanzminister und bedauert die unterschiedlichen Meinungen innerhalb der Staatengemeinschaft, die eine Regulierung der Finanzmärkte immer schwieriger machen würden. Von dieser korrupten politischen Führung kann man kein entschiedenes Vorgehen erwarten und schon gar nicht den einzigen vernünftigen Vorschlag, nämlich das Finanzkasino endlich zu schließen.

Dazu ein Zitat von Heiner Flassbeck aus dessen aktuellen Buch „Gescheitert“

„Würden alle Spekulanten mit dem geliehenen Geld lediglich ins Spielkasino gehen, wäre der Spuk schnell zu Ende, weil man innerhalb weniger Stunden feststellen würde, dass dort systematisch mit noch so viel Geld keine gewaltige Rendite zu erzielen ist. Die extrem einfallslose Methode, die Renditen zu hebeln, funktioniert für das gesamte globale Finanzsystem nur, wenn alle Spieler bestimmte Objekte finden, bei denen sie sich mit einer gewissen Plausibilität für eine Weile einreden können, sie würden überdurchschnittlich hohe Renditen bei geringem Risiko bieten.“

Das Platzen einer so entstehenden Blase ist immer vorprogrammiert und auch immer wieder passiert. Asienkrise Ende der Neunziger, die Lateinamerikakrise zu Beginn des neuen Jahrtausends und nun die Weltwirtschaftskrise, die auch hierzulande vorübergehend zu einem Ende der öffentlichen Schläfrigkeit und Wahrnehmungsstörung führte. Doch inzwischen pennen die meisten wieder oder sind berauscht von Aufschwungsphantasien oder von dem Schmerz des Steuersenkungsfetischismus.

2
Seite 21 von 28 «...101920212223...»