Griechenland: Beruhigungspille für die Öffentlichkeit

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Die gestrigen Meldungen aus Brüssel waren vor allem mit Formulierungen gekennzeichnet, die beruhigend wirken sollten. Im Kern hat man aber gesagt, dass alle EU-Partner, Griechenland im Notfall finanziell unterstützen werden. So will das Mister Schäuble aber hierzulande nicht verstanden wissen und glaubt immer noch, die deutsche Öffentlichkeit für dumm verkaufen zu können. Im Bundestag sprach er heute von teils fälschlichen und verfälschenden Nachrichten aus Brüssel.
Quelle: Focus

Er beharrt auf der manipulierenden Feststellung, dass gestern nur über sog. technische Voraussetzungen gesprochen wurde, wie, im Falle eines Hilfegesuchs aus Griechenland, die Eurogruppe reagieren könne. Natürlich sei dieses Szenario rein hypothetisch und keinesfalls wahrscheinlich. Hinter ihm stand auch Finanzstaatssekretär Steffen Kampeter (CDU), der sagte:

„Ich glaube, es ist ein Missverständnis, wenn man sagt, gestern Abend ist eine Hilfszusage für Griechenland beschlossen worden.“ Es sei lediglich eine technische Abwicklung vorbereitet worden für einen Fall, den keiner will. „Griechenland hat keine Unterstützung erbeten. Aber es wäre unsinnig gewesen, wenn man diesen Fall technisch ausgeschlossen hätte“, sagte Kampeter dem Nachrichtensender N24.

Die sprichwörtliche Verarschung der Öffentlichkeit geht also weiter. Jean-Claude Juncker sagte ja noch etwas klarer:

„The member states of the euro area will take co-ordinated action, if such action turns out to be necessary … We still think it won’t be necessary.“

Quelle: Financial Times

Mit anderen Worten, da gibt es einen Plan, der die Billigung aller Teilnehmer fand, der bei Bedarf dann auch umgesetzt würde. Da kann man meiner Meinung nach nichts missverstehen. Weiter hieß es:

Mr Juncker, who chairs the eurogroup, said the plan could involve bilateral loans to Greece from other eurozone governments, led by Germany and France.

Mit anderen Worten, die beiden Hauptgläubiger Deutschland und Frankreich „könnten“ oder sind vielmehr in der Pflicht, ihren Beitrag zu leisten und Griechenland finanziell unter die Arme zu greifen. Und der eurogroup-chairman muss es ja schließlich wissen. Aber, auf die öffentliche Meinung in good old Germany muss man Rücksicht nehmen, denn…

In addition, public opinion in Germany, the eurozone’s largest economy, is hostile to the idea of using taxpayers’ money to assist in a bail-out.

Deshalb muss der Dr. Opfer-Schäuble den Deutschen auch etwas vormachen, damit die ja nicht merken, was da eigentlich in Wirklichkeit abgeht. Im Grunde hängt die Inanspruchnahme der bereits „technisch vorbereiteten“ finanziellen Hilfe davon ab, ob Griechenland seinen Zahlungsverpflichtungen im April und Mai nachkommen können wird. Zumindest sagt das der Chefvolkswirt von Goldman Sachs in Europa, Erik Nielsen. Und der muss es ja schließlich am besten wissen.

„Our long-held view that Greece will receive bilateral help from the other eurozone governments, if the Greeks cannot finance themselves through the April-May payment humps, seems practically confirmed.“

Quelle: Financial Times

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TV-Tipp: Neues aus der Anstalt – Folge 33

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Beinahe hätte ich es vergessen, weil ich noch immer über das amtliche Regierungstheater staune. Heute Abend sollten sie aber auf keinen Fall „Neues aus der Anstalt“ im ZDF verpassen. Wie immer um 22:15 Uhr live und direkt nach dem heute-journal. Gäste diesmal Olaf Schubert, Jochen Malmsheimer und Arnulf Rating.
Quelle: ZDF

Schicksalswahl und Schuldenwahn sind Krankheitsbilder, die nur mit Satire therapierbar sind.

So heißt es in der Ankündigung. Also wird es wohl um die NRW-Wahl-2010, um die Finanzkrise (hoffentlich auch mit einem thematischen Schwenk nach Griechenland) und die Gesundheitspolitik des Philipp R. gehen. Wir dürfen gespannt sein.

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Kritik an Deutschlands "Geschäftsmodell"

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Das ist ja mal sehr interessant. Nun meldet sich der große Nachbar Frankreich endlich mal zu Wort und beklagt die deutschen Exportüberschüsse, die in der europäischen Gemeinschaft mehr schädlich als nützlich sind und sofort formiert sich hierzulande die gesamte Presse, Wirtschaftsvertreter und Politik, um dem alten „Erzfeind“ die Krallen zu zeigen. Man müsse sich schließlich nicht dafür entschuldigen, dass man seine Hausaufgaben gemacht hätte. Und schon gar nicht müsse man sich von EU-Staaten, die ihre Hausaufgaben nicht gemacht hätten, etwas vorwerfen lassen. Schließlich sei Deutschland der größte Beitragszahler der Europäischen Union.

Das ist natürlich ein Argument. Zieht man mal die Gelder ab, die auch Deutschland aus dem EU-Topf erhält, überweisen wir jährlich rund 9 Mrd Euro nach Brüssel. Zum Vergleich, der Handelsbilanzüberschuss Deutschlands wuchs bis zum Jahr 2007 auf rund 195 Mrd Euro an. Im Jahr 2008 waren es noch etwa 176 Mrd und im Krisenjahr 2009 immerhin noch 136 Mrd Euro. Im Januar 2010 beläuft sich der Überschuss auf 8,71 Mrd Euro. Mit anderen Worten: In der EU sind wir zwar ein sog. Nettozahler, aber volkswirtschaftlich betrachtet sind wir ein großer globaler Gläubiger.

Und Frankreich ist bilanztechnisch unser Schuldner wie im Übrigen der gesamte südeuropäische Raum auch. D.h. wir exportieren in diese Länder mehr als wir aus diesen importieren. Wenn jetzt also die französische Wirtschaftsministerin Christine Lagarde sagt, dass Deutschland seine Handelsbilanz ausgleichen müsse, mit anderen Worten, mehr aus den Schuldner-Ländern importieren sollte, dann wäre das ein Beitrag zur Stabilität des Euroraums und jener Länder, die hoch verschuldet sind. Deutschland müsste dazu aber die eigene Binnenkaufkraft stärken und das heißt wiederum höhere Löhne und höhere Sozialleistungen zulassen statt ständig dem Kürzungsdogma oder unverdächtig formuliert, der moderaten Lohnentwicklung, zu folgen.

An diesem Vorschlag ist nichts Falsches und zwar aus einem ganz wichtigen Grund. Wegen John Maynard Keynes. Im letzten Jahr noch gefeiert, in 2010 wird er schon wieder verdammt. Eine Volkswirtschaft kann sich nicht auf Dauer von der globalen Wirtschaft abkoppeln und so tun, als gäbe es auf der anderen Seite keine Bilanz, die negativ ausfällt. Während Deutschland seine Exporterfolge feiert und am liebsten dahin zurück möchte, muss einer positiven Bilanz immer auch eine entprechend negative gegenüberstehen. D.h. damit Deutschland überhaupt Exporterfolge vorweisen kann, bedarf es eines Schuldners, der bereit ist, über seine Verhältnisse zu leben. Deutschlands Überschüsse müssen also in den Handelsbilanzen der Partner-Staaten als Defizite wieder auftauchen.

Doch was passiert, wenn der Schuldner zahlungsunfähig wird bzw. an den Rand der Zahlungsunfähigkeit gerät? Wie muss der Gläubiger dann reagieren? Mit Beschimpfungen und wilden Sparvorschlägen, die die Rückzahlungsfähigkeit des Schuldners weiter verschlechtern?

Nein, aber genau das tut Deutschland mit seinen Schuldnern in Südeuropa, aber auch mit Frankreich. Statt auf einen Ausgleich zu setzen, um die Rückzahlungsfähigkeit zu wahren, schwadronieren die hiesigen Hausaufgabenweltmeister davon, dass die anderen gefälligst für ihre Finanzprobleme selber geradestehen und sich vielleicht am Welt- und Europameister ein Beispiel nehmen sollten. Dann hätten wir mehr solide Gläubiger und weniger schlechte Schuldner, so die deutsche Logik. Aber wer nimmt dann am Ende die Kredite der Gläubiger?

„Der Mond? Der Mars? Oder doch wieder die Amerikaner?“

Das fragt Heiner Flassbeck in seinem Buch „Gescheitert“. Deutschland selber wolle nichts an seinem Geschäftmodell der ständigen Verbesserung der Wettbewerbsposition ändern. Das bedeutet aber ganz zwangsläufig, dass Schuldner wie Griechenland ihre Verbindlichkeiten nicht mehr ohne Hilfe bedienen können. Sie können eben nicht auf Dauer über ihre Verhältnisse leben und die Exporterfolge der Deutschen finanzieren. Das durch die EU den Griechen auferlegte Sparprogramm ist gerade deshalb auch ein Witz, weil es dem Ziel der Defizitreduzierung zuwider läuft. Auch das lehrt John Maynard Keynes, dem selbst Frau Merkel im letzten Jahr mit der Bemerkung folgte, dass es falsch sei, in die Krise prozyklisch hineinzusparen.

Baut Deutschland die Ungleichgewichte innerhalb der EU nicht ab, in dem es beispielsweise mit einem Konjunkturprogramm antizyklisch in die Wirtschaft eingreift und selbst für eine Nachfragebelebung sorgt, wird man als Gläubiger zwangsläufig zahlen müssen. Entweder über verbesserte Zinskonditionen, einen Schuldenerlass oder im Fall der Pleite mit einem Totalausfall der Ansprüche gegen Griechenland. Wenn sich also die Finanzminister der 16 EU-Staaten heute in Brüssel treffen, kann nur als Ergebnis herauskommen, dass Deutschland zahlt und zwar als größter Gläubiger einen riesigen Batzen.

Und statt den französischen Vorstoß zu geißeln, sollte man einmal darüber nachdenken. Dazu noch einmal Heiner Flassbeck (aus: „Gescheitert“):

„Wenn nicht bald im Bundeswirtschafts- oder Finanzministerium ein Referat eingerichtet wird, das nichts anderes tut, als die Auswirkungen der deutschen Wirtschaftspolitik auf andere Länder abzuschätzen und den Minister vor den Rückwirkungen zu warnen, wird Deutschland noch oft in diese Falle der Globalisierung tappen.“

Auf diese Tatsache hin könnte man ja auch mal die Westerwellsche Türöffnungspolitik im Ausland abklopfen und nicht die Frage stellen, wem Westerwelle da die Tür öffnen will, sondern welchen Zweck die Öffnung eigentlich volkswirtschaftlich erfüllen soll. In diesem Zusammenhang finde ich übrigens Sigmar Gabriels heutige Kritik am „rechthaberischen Schreihals“ Westerwelle sehr amüsant:

„Diejenigen, die Herr Westerwelle – zum Teil aus der Schweiz – mitnimmt auf Auslandsreisen, sind das Gegenteil von Leistungsgesellschaft. Sie gehören eher zur Lumpenelite, die den Wirtschaftsstandort Deutschland schädigen und nichts dazu beitragen, dass es in diesem Land vorangeht.“

Quelle: Stern

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Zum Thema Griechenland und der Rolle der Bundesregierung

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Seit Wochen hört man aus Berlin, dass Deutschland keinen Cent an Griechenland überweisen wird, weil das Sparprogramm der Griechen wie von Geisterhand Wirkung entfalten werde. Wen kümmern schon die Massenproteste in Hellas oder die Tatsache, dass es einfach totaler Quatsch ist, was uns Merkel, Schäuble und Co erzählen. Stichwort EWF z.B. Deutschland wird zahlen und zwar, weil es gar nicht anders geht und hierzulande keine Sau deswegen auf die Straßen gehen wird. Weil wir einfach so abgestumpft und unbürgerlich sind, dass wir jeden Dreck mit uns machen lassen.

Mehrere europäische Zeitungen, also keine Deutschen, berichten bereits über einen Notfallplan der EU. Demnach sollen die Mitgliedstsstaaten 25 Mrd. Euro bereitstellen, um Griechenland zu retten. Am Montag treffen sich die Finanzminister von 16 EU-Staaten in Brüssel, um das Rettungspaket zu beschließen. Das deutsche Bundesfinanzministerium stellt sich indes dumm und behauptet noch immer, dass es keine finanzielle Hilfe für Griechenland geben werde, obwohl der britische Guardian das Gegenteil schreibt und sich dabei auf hochrangige Quellen in Brüssel beruft.

The eurozone has agreed a multibillion-euro bailout for Greece as part of a package to shore up the single currency after weeks of crisis, the Guardian has learnt.

Senior sources in Brussels said that Berlin had bowed to the bailout agreement despite huge resistance in Germany and that the finance ministers of the „eurozone“ – the 16 member states including Greece who use the euro – are to finalise the rescue package on Monday. The single currency’s rulebook will also be rewritten to enforce greater fiscal discipline among members.

Quelle: Guardian

Lügen haben derzeit ja ganz große Konjunktur. Es regt sich hier auch keiner mehr auf. Man nimmt es einfach hin. Dabei ist vollkommen klar, dass Berlin den Widerstand in der griechischen Bevölkerung gegen die Sparmaßnahmen nicht einfach ignorieren kann. In Portugal regt sich auch bereits der Protest gegen die dort eilig beschlossenen Kürzungspläne. Diese Finanzkrise, die im wesentlichen durch Deutschland mitverursacht ist, lässt sich nicht einfach so auf dem Rücken der Menschen wegsparen. Da sich aber die deutsche Bundesregierung, die bloß eine Regierung von Bankers-Gnaden ist, nie und nimmer dazu entschließen wird, die Ungleichgewichte innerhalb der EU abzubauen, in dem sie vom Export-Dogma abrückt, werden die deutschen Steuerzahler nicht nur für die Armut im eigenen Land bluten müssen, sondern auch für die Defizite in den Ländern aufzukommen haben, die man erstens niederkonkurriert hat und nun zweitens für unsere Banken dringend retten muss, damit deren umfängliche Spekulations-Geschäfte nicht weiter in Gefahr geraten.

Allein die Tatsache, dass ein Josef Ackermann fast schon staatstragend nach Athen reisen durfte, um im Namen der Bundesregierung mit dem griechischen Minsterpräsidenten zu sprechen, ist ein Skandal und beschreibt nur zu gut den grotesken Zustand, in dem sich die Welt, Europa und Deutschland befinden. Eigentlich müsste man dazu aufrufen unsere Regierung mit Gewalt aus dem Amt zu jagen, weil sie in einer inzwischen unerträglich arroganten Weise den Souverän zum Narren hält. Zumindest ein Generalstreik müsste doch nach Art. 20 GG Abs. 4 möglich sein. Warum tut sich nichts?

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Mal wieder auf Grün geeicht: Oder wie im TV erneut für schwarz/grün getrommelt wird

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Natürlich ist mal wieder eine Infratest dimap Umfrage scheinbarer Auslöser einer neuerlichen medial gestützten Werbekampagne für Schwarz-Grün. Im gestrigen Bericht aus Berlin in der ARD konnte man einmal mehr im Vorfeld einer Wahl den Versuch absichtlicher Stimmungsmache in Richtung einer solchen Konstellation studieren. Zuletzt wurde das ja bei den Wahlen in Hamburg und im Saarland praktiziert. Dabei gibt es dafür überhaupt keinen Grund. Zwar sagen die Wahlforscher, dass sich die Bevölkerung in Deutschland ein solches Bündnis lieber wünschen würde als das bisherige, doch diese Klimaforschung deckt sich ja nicht einmal mit den gemessenen Abstimmungszahlen.

Wahltrend NRW
Quelle: infratest dimap

Demnach würde es im Augenblick eindeutig weder für schwarz-gelb, noch für schwarz-grün in NRW reichen. Das Thema der Sendung ist also absolut nicht zu verstehen. Man hätte eher danach fragen sollen, wie die sich abzeichnende große Koalition die Arbeit angehen will.

Doch um seriöse Berichterstattung ging es am Sonntag in der ARD nicht. Moderator Rainald Becker bezeichnete schon zu Beginn der Sendung das griechische Sparprogramm wahrheitswidrig als „alternativlos“ und die Finanzkrise gar als ein Ereignis, das bereits ein Jahr zurückläge. So ein Blödsinn. Zur Politik der Bundesregierung in Sachen Griechenland und der internationalen Finanzmärkte wurde im Anschluss der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel befragt. Zum Ende des Interviews dann der entscheidende unseriöse Dreh auf die „Das Volk liebt Schwarz-Grün“ Geschichte. Dabei müssen sie in dem folgenden Audio-Ausschnitt mal darauf achten, mit welchen Wahlforschungs-Ergebnissen derselben Umfragefirma da beide Geprächspartner hantieren. Ich kläre das am Ende einmal auf.

Moderator Becker unterstellt, dass alle von Schwarz-Grün reden würden und bezieht sich dabei auf ein Umfrageergebnis, welches er auch Gabriel ins Wort spricht und wonach rund 46 Prozent der Deutschen Schwarz-Grün toll fänden. Das ist eine grobe Manipulation und eine sträfliche Verletzung journalistischer Sorgfaltspflichten. Denn das Umfrageergebnis, das selbst ein Manipulationsstück ist, stellt sich in Wirklichkeit wie folgt dar:

Schwarz-Gelb oder Schwarz-Grün
Quelle: infratest dimap

Bundesweit wurde also eine Alternativfrage gestellt nach dem Muster entweder oder. Andere Optionen wurden gar nicht gemessen. Sigmar Gabriel bezog sich nun auf ein Umfrageergebnis desselben Instituts zur NRW Wahl, welches auch am selben Tag veröffentlicht wurde. Und da sieht das Ganze nun so aus:

Koalitionswünsche NRW
Quelle: infratest dimap

Also deutlicher kann man die absichtliche Meinungsmanipulation schon gar nicht mehr treiben. Nach dem Interview behauptete Moderator Becker erneut wahrheitswidrig und auf der Grundlage eines äußerst dubiosen Umfrageergebnisses, dass sich eine Mehrheit der Deutschen eine andere Politehe wünschen würde und Schwarz-Grün dabei ganz vorne stünde. Er behauptete auch, dass es nach der NRW-Wahl ganz schnell gehen könne mit Schwarz-Grün, weil es diese Zusammenarbeit auf kommunaler Ebene bereits gibt. Es ist unerträglich wie in diesem Beitrag darauf hingesteuert wurde, positive Stimmen und Stimmungen einzufangen. Das ist kein Journalismus, das ist einfach billige PR.

Und das anschließende Interview mit Claudia Roth müssen sie sich anhören. Offenbar überrascht von der „theoretisch“ gehaltenen Frage Beckers, ob ein Trio aus Seehofer, Merkel und Roth besser funktionieren würde, als ein Trio Seehofer, Merkel, Westerwelle, musste die Parteivorsitzende der Grünen notgedrungen mit ja antworten: Einfach witzig, aber hören sie selbst:

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Link zur Sendung:
http://www.tagesschau.de/bab/

Das komplette Video zur Sendung:
http://www.tagesschau.de/multimedia/video/video666274.html

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Löhne und Einzelhandelsumsätze befinden sich ununterbrochen auf Talfahrt

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In der Meldung des statistischen Bundesamts von heute heißt es:

Quelle: destatis

Nach vorläufigen Ergebnissen des Statistischen Bundesamtes (Destatis) lag der Umsatz im Einzelhandel in Deutschland im Januar 2010 nominal 3,0% und real 3,4% niedriger als im Januar 2009.

Und vor einem Jahr meldete das statistische Bundesamt für den Januar 2009 ebenfalls einen Rückgang der Umsätze im Vergleich zum Vorjahresmonat.

Quelle: destatis

Nach vorläufigen Ergebnissen des Statistischen Bundesamtes (Destatis) lag der Umsatz im Einzelhandel in Deutschland im Januar 2009 nominal um 1,2% und real um 1,3% niedriger als im Januar 2008.

Und im Jahr davor hieß es:

Quelle: destatis

Nach vorläufigen Ergebnissen des Statistischen Bundesamtes (Destatis) lag der Umsatz des Einzelhandels in Deutschland im Januar 2008 nominal um 2,7% und real um 0,6% höher als im Januar 2007. Beide Monate hatten jeweils 26 Verkaufstage. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass im Januar 2007 erstmals die neuen höheren Mehrwertsteuersätze galten. Sie führten in diesem Monat zu deutlichen Rückgängen des Einzelhandelsumsatzes (nominal – 2,3%, real – 2,9% zum Januar 2006). Vergleicht man den Umsatz des Januars 2008 mit dem des Januars 2006, so ergibt sich nominal ein Zuwachs von 0,3% und real ein Rückgang von 2,3%.

Mit anderen Worten. Seit Jahren und spätestens mit der Erhöhung der Mehrwertsteuer im Jahr 2007 brechen die Einzelhandelsumsätze immer dramatischer weg. Ich kann einfach nicht verstehen, wie einige Medien schon wieder schreiben können, dass die Umsätze im Einzelhandel im Januar überraschend stabil gewesen sein sollen.

Siehe zum Beispiel:

  • AFP unter der Überschrift
    „Umsatz im Einzelhandel im Januar stabil“

Dabei bezieht man sich wieder auf den wenig nützlichen Vergleich zum Vormonat Dezember und deutet an, einen Trend beobachten zu können. Denn so gesehen, seien die Umsätze mit einer Veränderung um real 0,0 Prozent stagniert. Toll. Leider macht sich keiner die Mühe, in der Tabelle zu den Vormonatsveränderungen des statistischen Bundesamtes mal nachzuschauen. Dann hätte man nämlich leicht feststellen können, dass nach dieser Methode nix stagniert. Im November 2009 ging es um -1,2 Prozent im Vergleich zum Oktober runter. Der Dezember legte aber nur um 0,9 Prozent im Vergleich zum November zu und nun im Januar messen die Statistiker keine Veränderung zum Dezember. Wenn man also nur diese drei Monate als einen Zeitraum für sich betrachten würde, was übrigens völliger Blödsinn wäre, müsste man feststellen, dass die Einzelhandelsumsätze nicht überraschend stagnieren, sondern nach wie vor auf einem negativen Niveau verharren.

Die Veränderungen zum Vormonat sagen für sich genommen nichts aus und schon gar nicht lässt sich daraus ein Trend ableiten, wie das einige Medien immer wieder zu suggerieren versuchen. Erst mit dem Blick auf einen längeren Zeitraum, üblicherweise nimmt man dann den Vorjahresmonat, wird eine Entwicklung deutlich. Und die war, ist und bleibt negativ.

In diesem Zusammenhang ist eine weitere Meldung des statistischen Bundesamts von heute sehr interessant. Die durchschnittlichen Bruttoverdienste seien erstmals seit Gründung der Bundesrepublik im Jahr 2009 gesunken.

Quelle: destatis

Nach ersten Ergebnissen der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen des Statistischen Bundesamtes (Destatis) sind die durchschnittlichen Bruttoverdienste aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland im Jahr 2009 um – 0,4% auf rund 27 648 Euro gesunken. Dies ist der erste Rückgang der Verdienste in der Geschichte der Bundesrepublik.

Diese Meldung taugt nun offenkundig für Manipulationen. Denn der Rückgang der nominalen durchschnittlichen Verdiensthöhe erweckt nunmehr den Eindruck, als seien die realen Löhne in der Vergangenheit gar nicht gesunken. Das taten sie aber. Infaltionsbereinigt sinken die Bruttoverdienste bereits seit sechs Jahren „und liegen nun schon um 5,3 % unter dem Stand des Jahres 2000.“(Quelle: siehe Jahnkes Infoportal) Es ist also falsch zu behaupten, dass nun erstmals seit Gründung der Bundesrepublik die Löhne zurückgegangen seien.

Heute kommen also wieder zwei Dinge ganz klar zur Geltung, die wechselseitig aufeinander wirken. Verfügbares Einkommen und die Einzelhandelsumsätze befinden sich ununterbrochen auf Talfahrt. Doch der Regierung ist die Lage schlicht wurscht. Dort denkt man bereits an den Etat-Entwurf für 2010, der am Donnerstag abschließend im Haushaltsausschuss des Bundestages beraten wird. In der Süddeutschen Zeitung wird dazu Finanzminister Schäuble von einem offenkundig realitätsfremden Journalisten befragt. Geradezu vorwurfsvoll und mit Schaum vorm Mund plärrt Claus Hulverscheidt von der SZ den Finanzminister an, wann dieser nun endlich anfangen wolle, richtig zu sparen. Und Schäuble antwortet:

Quelle: SZ

„Wir können zwar 2010 wegen der andauernden Auswirkungen der Krise noch nicht auf einen konsequenten Konsolidierungskurs einschwenken. Aber wir müssen bereits jetzt deutlich machen: Die expansive Haushaltspolitik wird beendet. Und wir meinen es ernst mit der Schuldenbremse und den im Koalitionsvertrag genannten goldenen Regeln der Finanzpolitik. Das heißt auch: alle schon jetzt erkennbaren Einsparpotentiale zu nutzen. Wenn sich dabei erweist, dass die Erfolge bei der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit es ermöglichen, die Ansätze für die Arbeitsmarktausgaben abzusenken: um so besser!

Angesichts der heutigen Meldungen verstehe ich einfach nicht die Reaktionen von Journalisten und Politikern. Sind die alle so blind? Wie kann man nur nach dem Sparhammer lechzen und vom Ende der expansiven Haushaltspolitik sprechen, die ja gemacht wurde, um der tiefen Sogwirkung der Krise etwas entgegenzusetzen, wenn diese Krise überhaupt noch nicht verbei ist? Die heutigen Zahlen belegen das doch eindrucksvoll. Wollen wir etwa auch die Mehrwertsteuer drastisch erhöhen, wie das die Griechen gerade bei ihrem Sparprogramm tun? Dann lohnt sich vielleicht ein Blick auf unsere Zusammensetzung des Steueraufkommens, genauer: auf die Verteilung von direkten und indirekten Steuern. Schäuble sagt ja im Interview, dass solide Staatsfinanzen und wachstumsorientierte Steuerpolitik kein Widerspruch seien.

„Eine wachstumsorientierte Steuerpolitik muss sowohl auf Steuervereinfachung als auch auf Steuerentlastung setzen. Wir können auf Dauer nur dann erfolgreich konsolidieren, wenn wir wieder robustes Wirtschaftswachstum erreichen. Und umgekehrt ist das Vertrauen der Wirtschaft in die Solidität und Tragfähigkeit der öffentlichen Haushalte unabdingbare Voraussetzung für anhaltendes Wachstum.“

Der Zusammenhang, dass Konsolidierung nur geht, wenn es Wirtschaftswachstum gibt, ist richtig. Nur ist der beschriebene Weg einfach falsch. Das Absenken von direkten Steuern hat erstens noch nie zu Wachstum geführt und zweitens ist ein solches Vorgehen auch überhaupt nicht nötig, wenn man sich den Anteil am Steueraufkommen genau anschaut.

Anteil direkte und indirekte Steuern am Steueraufkommen
Quelle: BMF

Inzwischen ist es ja so, dass die Absenkung direkter, an der Höhe des Einkommens bemessener Steuern, dazu geführt hat, dass der Anteil der indirekten Steuern, die für alle Einkommensgruppen ja gleich hoch sind (Flat Tax), am Gesamtsteueraufkommen gestiegen ist. Mit anderen Worten, die Finanzierung staatlicher Aufgaben wurde umverteilt. Vor allem untere Einkommensgruppen und Menschen, die über wenig Geld verfügen, werden gemessen an ihrem verfügbaren Einkommen deutlich höher belastet als jene oberen Einkommensgruppen, die zwar den Großteil der direkten Steuern zahlen (70 %), aber gleichzeitig auch über etwa 70 % des Gesamteinkommens verfügen.

Was Schäuble und die Bundesregierung vorhaben, ist volkswirtschaftlicher Unsinn. Gerade die Meldungen des statistischen Bundesamts von heute weisen die Bundesregierung deutlich darauf hin, was eigentlich gemessen an der aktuellen Lage zu tun wäre. Zunächst einmal bedarf es der Beschäftigungssicherung und damit ist nicht die Kurzarbeit gemeint, die vor allem teuer ist, weil sich die Bundesregierung hoffend darauf verlassen muss, dass irgendwann die Konjunktur von allein wieder anspringt. Billiger wäre es dagegen, wenn die Bundesregierung selbst die Konjunktur durch staatlich befeuerte Nachfragepolitik anheizen würde, statt voreilig den Ausstieg aus der expansiven Ausgabenpolitik zu verkünden. Dann müsste man nämlich nicht dauernd über eine Verlängerung des Kurzarbeitergeldes nachdenken, wie das aktuell Frau von der Leyen wieder tut, weil sich die erhoffte Erholung der Wirtschaft nun doch noch nicht eingestellt hat. Dieses Vorgehen ist einfach nur dumm.

Zweitens braucht dieses Land endlich einen Mindestlohn, damit die staatlich subventionierte Arbeitnehmerausbeutung durch am Markt über Löhne konkurierende Unternehmen endlich aufhört. Die Binnennachfrage kann nur gesteigert werden, wenn auch die Kaufkraft wieder steigt, also das verfügbare Einkommen zu statt immer weiter abnimmt. Erst dann werden auch die Einzelhändler wieder Grund haben, Jubeln zu können. Doch gegenwärtig zeigt die Tendenz nach unten. Die Gefahr einer Deflation ist gerade auch im Hinblick auf die rigorose Haltung gegenüber Griechenland nicht nur ein Schreckgespenst, sondern bereits im Anmarsch. Wenn sich Deutschland und Europa mitten in der Krise zum Sparen um jeden Preis zwingen, steht am Ende die Katastrophe. Dies lehrt uns schlicht die Geschichte des kurzen aber verheerenden 20. Jahrhunderts.

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Staatliche Defizitquote im Jahr 2009 beträgt 3,3%

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So lautet die Überschrift einer heute erschienen Pressemitteilung des statistischen Bundesamts. Damit ist Deutschland mal wieder Defizitsünder nach den heiligen EU-Stabilitätskritierien. Aber das ist jetzt nicht so wichtig. In der PM heißt es weiter unten, und ich traue meinen Augen nicht:

Quelle: destatis

In der für das europäische Verfahren bei einem übermäßigen Defizit des Staates maßgeblichen Abgrenzung beträgt das Finanzierungsdefizit des Staates 79,1 Milliarden Euro. Das leicht geringere Defizit resultiert dabei aus der Einbeziehung von Zahlungsströmen aus Swapvereinbarungen und Forward Rate Agreements bei den Zinsen. Auch in dieser Abgrenzung beträgt die Defizitquote 3,3%.

Swapvereinbarungen und Forward Rate Agreements!

8| 8| 8| 8|

Deutschland setzt also, wie das auf der Anklagebank sitzende Griechenland, auch auf außerbörsliche Zinstermingeschäfte – kurz Derivate -, um seine Bilanzen besser aussehen zu lassen? Bewerten sie das bitte für sich selbst. Ich habe da jetzt keine Lust mehr zu. :roll:

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Was ist nur los in Deutschland?

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Liegt das nun am Wahlkampf? Westerwelle dreht durch, Rüttgers lügt, Carstensen und Stegner dreschen wieder aufeinander ein, die Kanzlerin hält nach wie vor ihre Klappe und die EKD-Ratsvorsitzende Bischöfin Käßmann wird mit 1,5 Promille im Blut, also umgerechnet eine Flasche Rotwein auf ex, am Steuer ihres Dienstfahrzeugs erwischt. Was kommt als nächstes? Der Staatsbankrott. Immerhin liegt die deutsche Staatsverschuldung gemessen am BIP auch schon bei rund 70 Prozent. Nur zum Vergleich, Griechenlands Staatsverschuldung, das ja gezwungenermaßen auf der europäischen Pleiteanklagebank Platz nehmen musste, liegt im Augenblick bei 113 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung. Die Verbindlichkeiten der zweitstärksten Volkswirtschaft der Welt Japan belaufen sich übrigens auf knapp 190 Prozent des BIPs. Und die USA werden auch bei über 100 Prozent des BIPs landen. Haut man denen auch auf die Finger?

Na ja, ich denke Griechenland und die anderen PIIGS-Staaten reichen erst einmal aus, um die nötigen öffentlichen Backpfeifen zu verteilen, die dann vom Versagen der etablierten großen EU-Wirtschaften ablenken. Wissen sie übrigens, wie die Anklageschrift in Bezug auf Griechenland lautet?

Vettern- und ­Klientelwirtschaft, Steuerhinterziehung, Korruption und Verschwendung!

Klingt doch ganz vertraut oder? Aber ausgerechnet Deutschland schimpft am lautesten über Griechenland. Also genau jenes Land, das zulässt, dass reiche Staatsbürger rund 485 Milliarden Euro unversteuert im Ausland verstecken dürfen, das auch offen Klientelpolitik betreibt und immer mehr korrupte Politiker in Amt und Würden nicht nur entlarvt, sondern auch weitermachen lässt. Da kann man wirklich nur noch mit dem Kopf schütteln. Offenbar merken das auch langsam die handelnden Akteure und bringen mal wieder den Gutti ins Spiel. Der kommt schließlich noch am besten von allen Flachpfeiffen an.

Freigeist zu Guttenberg verkündet heute, den Kampf gegen die Piraterie am Horn von Afrika zu verstärken. Man müsse der Piraterie auch auf dem Land begegnen, so der Vertreidigungsminister. Schließlich sei die Seeräuberei inzwischen zu einer Geldquelle geworden, die auch verstärkt von Terroristen angezapft würde (Quelle: derNewsticker.de). Aha, daher weht also der Wind. Denken sie sich ihren Teil und ich mir meinen. Gutti will wohl die Trefferquote im Kampf gegen den internationalen Terrorismus wieder erhöhen, um an der Heimatfront für Ruhe zu sorgen. Da man in Afghanistan zuletzt immer weniger Terroristen und immer mehr unschuldige Menschen militärisch getroffen hat, ist ein Wechsel des Schauplatzes vielleicht gar nicht so verkehrt.

Man will sich auch nicht ständig für Kollateralschäden entschuldigen müssen, so mein Eindruck. Nicht das es am Ende noch heißt, dass Aufnahmerituale in deutschen Kasernen mit Saufen bis zum Abwinken und dem Essen von roher Schweineleber, Rollmöpsen und Frischhefe die Kampfmoral nachhaltig beeinträchtigen würden. Zu diesem Thema stellt der Verteidigungsminister heute übrigens ganz klar fest, dass er sich jedes Pauschalurteil in dieser pikanten Angelegenheit ausdrücklich verbitte. Das gibt dann wieder Pluspunkte beim ZDF-Politbarometer. Zumindest im Vergleich zur jäh abgestürzten Bischöfin Käßmann, die einst noch Standhaft der bayerischen Wortgirlande Paroli bot. Vielleicht haben die beiden ja gemeinsam am Wochenende gesoffen und eins kam dann zum anderen. Ich weiß es nicht.

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Das Griechenland Desaster ist vor allem wieder ein Beleg für das Versagen der Finanzaufsicht

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In einigen Kommentaren zum Thema Griechenland und Goldman Sachs konnte man bereits wieder hören, dass der Staat Griechenland Schuld daran sei, dass die Bank mit Swap-Geschäften die Haushaltsbilanzen zu frisieren half. Schließlich seien Swap-Geschäfte legal und die Tatsache, dass Banken Geld damit verdienen wollen grundsätzlich nicht zu beanstanden. Da staunte ich nicht schlecht, da doch allein schon der Vorgang an sich skandalös ist. Kann mir mal jemand erklären, welchen Vorteil es haben soll, Schulden auf dem Papier solange in andere Währungen hin und her zu tauschen, bis ein für den Schuldner günstigeres Zinsniveau erreicht wird? Das ist doch verrückt.

Aber noch besser ist, dass die sich gerade gegenüber Griechenland so aufplusternde Europäische Union so tut, als wären ihr diese Praktiken nicht bekannt gewesen. Brüssel wusste wohl davon oder konnte davon wissen. Die EU nahm es wahrscheinlich sogar hin, dass auch andere Staaten diese Swap-Geschäfte tätigten, um ihre Bilanzen EU-hübsch hinzubekommen. Solange der Finanzmarkt lief, konnte man auch, die so manipulierten Bilanzen ungeprüft passieren lassen. Merken sie da was? Ich persönlich kann nicht an Verschleierung glauben, sondern finde eher, dass Politik und Finanzindustrie auch auf europäischer Ebene eng miteinander verflochten sind. Dass dabei die Finanzaufsicht versagen muss, ist doch nur logisch.

Den Kommentatoren in diesem Land ist das natürlich mal wieder schnuppe. Für die ist entscheidend, ob man Griechenland helfen müsse oder nicht, ob der EU-Vertrag und die darin verankerten Stabilitätskriterien noch tragfähig sind oder nicht. Die Verknüpfung mit der Aufforderung, dass Griechenland angeblich „unausweichlicher Sparmaßnahmen“ nicht mit bockiger und selbstbetrügerischer Verweigerung begegnen sollte, rundet das Bild dann ab. Aufklärung und Selbstkritik bzw. eine Anklageschrift an die Adresse der Finanzindustrie Fehlanzeige.

Dabei wäre es doch sehr interessant, die US-Großbank Goldman Sachs genauer zu betrachten. Im Jahr 2009 machte das Institut einen Gewinn von 12,2 Milliarden Dollar (rund 9 Milliarden Euro), sechsmal so viel wie 2008. Die Mitarbeiter werden im Jahr 2010 rund 16,2 Mrd. Dollar (rund 12 Mrd. Euro) Gehälter und Boni einstreichen, das sind 5,3 Mrd. Dollar mehr als im Vorjahr. Wieso muss diese Bank eigentlich keine Strafe zahlen. Schließlich haben unter anderem deren Geschäfte dazu geführt, den Euroraum zu destabilisieren. Stattdessen sind deren Ratgeber in Politik und Wirtschaft weiterhin gefragt. Na ja, das Geschäft an sich war ja legal, wie oben beschrieben. Schon klar. Und wenn auf Griechenlands Straßen wieder die Fetzen fliegen, weil die Menschen ihr Land und ihr Leben zurück haben wollen, wird scharf geschossen oder nicht? Auch das ist ja mittlerweile in der EU legal.

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Deutschland mit finanziellem Rettungsplan für Griechenland

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Plötzliche Kehrtwende im Fall Griechenland. Die Bundesregierung will aus angeblichen Euro-Stabilitätsgründen heraus ein Rettungspaket für Griechenland schnüren und finanzielle Hilfen bereitstellen, um das Land vor dem Bankrott zu bewahren (siehe FTD). Kaum zu glauben. Hatte doch die Bundeskanzlerin vor kurzem noch getönt (in ihrer Regierungserklärung vom 17.12.2009), dass jeder Mitgliedsstaat für seine öffentlichen Finanzen selbst verantwortlich sei und auch dafür, dass Haushaltsschieflagen wieder ausgeglichen werden:

„Stabilität ist die Grundlage für Wachstum und Wohlstand. Der Pakt bildet den entscheidenden Rahmen, um das Vertrauen von Privathaushalten, Investoren und Anlegern in die öffentlichen Finanzen und die Stabilität des Euro zu sichern. Ich sage auch mit Blick auf einzelne Länder mit sehr hohen Defiziten: Jeder einzelne Mitgliedstaat ist verantwortlich für gesunde öffentliche Finanzen.

Nun also der Schwenk. Ein stabiler Euro habe oberste Priorität, wird der stellvertretende Fraktionschef der CDU/CSU im Bundestag, Michael Meister, zitiert. Der Euro stand zuletzt unter Druck, weil, und jetzt kommt’s, gegen ihn gewettet wird. Geht’s noch? Schon wieder schreiben Spekulanten den Regierungen vor, wie sie sich zu verhalten haben. Allein das wäre schon ein Skandal für sich.

Nur dürften im Fall Griechenland auch ganz andere Interessen im Fokus stehen. Und zwar die, des Herrn Ackermann und seiner Deutschen Bank. Die hält nämlich Forderungen in Höhe von etwa 47 Milliarden US-Dollar gegenüber dem Staat Griechenland und den dort ansässigen Banken in der Hand. Im Falle eines Staatsbankrotts wären die hinfällig bzw. müssten als Abschreibungen in den gerade wieder toll glänzenden Bilanzen eingestellt werden. Offenbar will man die positven Zahlen der obersten deutschen Systembank erneut mit öffentlichen Geldern absichern. Griechenland ist der Bundesregierung dabei doch völlig Wurscht:

„Wenn Griechenland Hilfen erhält, dann nur unter strengen Auflagen und wenn die griechische Regierung den Staat tiefgreifend reformiert“, so Meister.

Schön gebrüllt. Nur wird wahrscheinlich das griechische Volk schneller sein und die amtierende sozialistische Regierung zuerst tiefgreifend reformieren…

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