Griechenland: Thomas Fricke legt nach

Geschrieben von:

Thomas Fricke von der Financial Times Deutschland findet in seiner Kolumne klare Worte gegen den Unsinn, der hierzulande über Griechenland verbreitet wird. Bereits vor ein paar Tagen wartete er mit Fakten gegen den Meinungsmainstream auf (siehe hier im Blog).

Quelle: FTD

„Da wird der „Niedergang“ des Landes beschworen, der Grieche per se zum Schummler und die gesamte Wirtschafts- und Finanzpolitik für „schlecht“ erklärt. Meist von Sesselkommentatoren, die sich bis vor Kurzem bestenfalls mit Ouzo auskannten. Und der Chefökonom der Europäischen Zentralbank ( EZB ) empfiehlt gleich mal durchweg sinkende Löhne. Hau ruck. Mit Gewissenhaftigkeit hat das ähnlich viel zu tun wie das Tricksen der Zahlenmeister aus Athen. Dabei spricht viel dafür, dass die Krise allein durch griechische Mentalitätsmängel kaum erklärbar ist. Manch europäischer Moralapostel scheint da eher davon ablenken zu wollen, dass er zum Desaster beigetragen hat.“

Genau und wie Spiegel Online meldet, hatte zum Beispiel die „systemische“ Bank Goldman Sachs ihre Finger im Spiel, als es darum ging, die Haushaltszahlen zu beschönigen. Warum wirft man Griechenland versagen vor und droht unverhohlen mit Sanktionen, während die federführende Bank unbehelligt weiter Gewinne scheffeln darf, nachdem sie ihre Verluste in der Finanzkrise sozialisieren durfte? Eine spanndende Frage, sicherlich auch für Ouzo saufende Sesselkommentatoren. :D

Aber Fricke schreibt noch mehr. Zum Beispiel weist er zurecht darauf hin, dass die Entwicklung Griechenlands bis zum Ausbruch der Krise nahezu als musterhaft angesehen wurde. Die jetzigen Unterstellungen und klischeehaften Zuschreibungen würden jeder Grundlage entbehren.

„Klar pflegen griechische Lohnzuwächse höher auszufallen als die Vereinbarungen braver deutscher Metallgewerkschafter. Das hat auch den Verteilungsspielraum hin und wieder gesprengt. Nur stiegen die Lohnstückkosten in den drei Jahren bis 2007 auch nicht schneller als in den USA, wo das Plus historisch eher moderat blieb. Sonst wären Griechenlands Exporte seit 1993 sicher nicht um real 150 Prozent gestiegen. Und die Zahl der Jobs wäre von 1998 bis 2007 nicht jedes Jahr um 1,3 Prozent gestiegen – bei angeblich überteuerten Arbeitskräften. Die griechische Arbeitslosigkeit fiel zwischen 2000 und Mitte 2008 um 40 Prozent, die strukturell bedingte Quote laut OECD seit 2005 um immerhin einen halben Punkt – und damit etwa so stark wie im Land der gelobten Agenda 2010.“

Doch die eigentliche Pointe liefert Fricke mit seinem kritischen Blick auf Deutschland, das mit seiner falschen Wirtschaftspolitik dazu beigetragen habe, dass Griechenland im Verdrängungs-Wettbewerb abgehängt wurde.

„Zu einem negativen Saldo gehören auch immer zwei Seiten: zum Beispiel eine deutsche, deren Protagonisten jahrelang alles darangesetzt haben, die eigene Wirtschaft durch Reform und Verzicht wettbewerbsfähiger als andere zu machen – und die sich jetzt wundern, dass die anderen nicht mehr wettbewerbsfähig sind und dann in Krisen stürzen.“

Der Vorwurf ist klar, deutlich und vor allem auch systemkritisch. Denn Fricke sagt im Grunde nichts anderes, als dass die bisherige Wirtschaftspolitik einzelner im gemeinsamen Wirtschaftsraum zu katastrophalen Folgen führe. Da stimme etwas an der Grundkonzeption nicht, wenn es wirtschaftspolitisch immer nur darum ginge, andere Ökonomien niederzukonkurieren. An die Adresse der EU-Kommission heiß es dann auch folgerichtig:

„Dazu gehört mehr: eine EU-Kommission, die aufhört, einen angeblich tollen Steuersenkungswettlauf zu predigen, den am Ende keiner bezahlen kann; eine Notenbank, die ihren Job auch darin sieht, überteuerte Wechselkurse zu verhindern; oder eine Bundesregierung, die aufhört, Moralapostel zu spielen, und stattdessen das naive Modell aufgibt, Deutschland via sinkende eigene Ansprüche auf Kosten anderer sanieren zu wollen.“

Es ist eigentlich bescheuert, diesen wirtschaftlich gebildeten Irrlichtern in Politik, Wissenschaft und Medien immer wieder erklären zu müssen, dass die Summe aller Bilanzen am Ende eine Null ergeben muss. Wenn man aber nun wie bekloppt dem deutschen Vorbild des Gürtel enger Schnallens folgt, um auf Kosten der eigenen Binnenwirtschaft Wettbewerbsfähigkeit herzustellen, deren zweifelhafter Erfolg sich dann in Außenhandelsüberschüssen und Marktanteilen niederschlägt, fragt man sich doch zwangsläufig, wer am Ende die zunehmenden Schulden jener bezahlt, die über ihre Verhältnisse leben müssen, um die Überschüsse der Exportgiganten abzunehmen, während die Kaufkraft in den exportorientierten Ländern immer weiter zurückgedrängt wird.

Heiner Flassbeck schreibt dazu in seinem aktuellen Buch „Gescheitert – Warum die Politik vor der Wirtschaft kapituliert“ sehr anschaulich:

„Noch mehr solide Gläubiger also braucht die Welt und noch weniger schlechte Schuldner. Wer aber nimmt die Kredite, die die Gläubiger vergeben wollen, wenn am Ende alle von den Deutschen gelernt haben und solide Gläubiger sind? Der Mond? Der Mars? Oder doch wieder die Amerikaner?“

Flassbeck hat Recht, wenn er von einem neoliberalen Tsunami spricht, der in den letzten 20 Jahren über die globalisierte Wirtschaft hinwegrollte und nahezu jeden kritisch ökonomischen Verstand wegspülte. Was für ein Drama. :'(

0

An Herrn Westerwelle: Was passiert wenn man wie vernagelt Steuern senkt

Geschrieben von:

Am Beispiel Griechenlands kann man sehr schön studieren, wohin der praktizierte neoliberale Steuersenkungsfetischismus führt. Direkt in den Staatsbankrott und den Verlust an Souveränität. Ich fürchte, dass Griechenland zu einem explodierenden Pulverfass mitten in der EU werden könnte, sollte die bekloppte Führung in Brüssel mit Frau Merkel eingeschlossen darauf bestehen, den harten Sparkurs dort tatsächlich durchziehen zu wollen.

Thomas Fricke von der Financial Times Deutschland erklärt anhand ökonomischer Fakten mal wieder sehr deutlich und einleuchtend, dass nicht übertriebene und vor den EU-Offiziellen verheimlichte Ausgabenexzesse die griechischen Staatsfinanzen ruinierte, sondern die praktische Umsetzung neoliberaler Ausgaben- und Abgabensenkungspolitik. Griechenland ist damit ein Beispiel, von dem ein Herr Westerwelle lernen könnte, wie man es nicht machen sollte.

„Relativ klar ist, dass Griechenland seit Jahren vergleichsweise hohe Staatsdefizite einfährt. Und die gängige Erklärung für Millionen Sirtaki- und Suvlaki-Spezialisten rund um den Globus ist: der Grieche kennt halt nichts vom Sparen, kann sich nicht beschränken und gibt einfach immer mehr Geld aus. Klar, so kennen wir den.

Kleiner Haken: Nach gängigen OECD-Statistiken kann man den Griechen nach Auffliegen diverser Tricks vorwerfen, dass sie über Jahre hinweg – wenn auch nicht desaströs, so doch relativ – hohe Staatsdefizite haben. Nur lag das nach den selben Statistiken gar nicht daran, dass die Staatsausgaben stetig übermäßig gewachsen sind. Im Gegenteil: die griechische Staatsquote ist seit 1992 nicht mehr gestiegen, zwischen 2000 und Ausbruch der globalen Finanzkrise fiel sie sogar um mehrere Prozentpunkte von rund 46 auf 43 Prozent des BIP.

Mehr noch: die griechische Staatsausgabenquote lag seit 1991 Jahr für Jahr immer unter der deutschen (zur Wiederholung: unter, nicht über). Das hat sich erst mit der Finanzkrise geändert.

Der Grund für die hohen Staatsdefizite ist demnach eher: die Griechen zahlen für ihre (international relativ gängige) Staatsquote relativ wenig Steuern und Abgaben. Diese Quote wurde in den vergangenen Jahren sogar unter 40 Prozent gedrückt. Sie merken etwas? Ja. Damit haben die Griechen etwas gemacht, was die EU-Kommission über Jahre hinweg gepredigt und als Wundermittel im Namen der Lissabon-Agenda verkauft hat.

So wie es übrigens Hans Eichel und Gerhard Schröder auch ganz eifrig getan haben, als sie die Steuern Anfang der 2000er-Jahre so kräftig senkten, dass die Staatsdefizite hochschnellten, obwohl zeitgleich die Staatsausgabenquote tendenziell sank. Eine Aktion, die nach Lesart von Eichel-Nachfolger Steinbrück zur Konsequenz führte, dass man – via Mehrwertsteuer – nur wieder eine breitere Steuerbasis schaffen müsse.

Und was hat das mit Guido Westerwelle zu tun? Tja, der hat irgendwie gerade dasselbe vor. Die Steuern um (fast) jeden Preis senken. Willkommen bei den Griechen.“

Griechenland ist also schon längst da, wo Westerwelle mit Deutschland hin will. Nur hat das unser erster Leistungsträgerrepräsentant im Außwärtigem Dienst auch kapiert? Der sagte nämlich anlässlich seines Besuches in Athen am Dienstag:

„Ich bin zuversichtlich und davon überzeugt, dass dieses Konsolidierungs-, dieses Reform-, dieses Wachstumsprogramm eine Chance verdient hat und wirken wird. Es ist auch ein Grund, warum ich hier bin: Wir stehen solidarisch an der Seite Griechenlands.“

Quelle: Deutsche Welle

Da sollen sie sich jetzt was aussuchen. Nur ist das Programm weder ein Konsolidierungs-, ein Reform-, noch ein Wachstumsprogramm, sondern ein radikales Kürzungsprogramm, bei dem die EU billigend in Kauf nimmt, dass die griechische Bevölkerung in eine Notlage gerät. Dementsprechend entschlossen ist auch der Ton aus Brüssel:

Die Einrichtung eines Sonderbeauftragten zur Überwachung eines Mitgliedslands wäre beispiellos in der EU. Klinz sagte weiter, „könnte die griechische Regierung beraten, konkrete Sparmaßnahmen vorschlagen und zugleich als möglicher Blitzableiter für unpopuläre Maßnahmen dienen“. Das Land stehe vor schmerzhaften Reformen, die Politiker würden daher unter erheblichen Druck geraten. „Der Hohe Beauftragte kann als unabhängige Instanz helfen, die notwendigen Maßnahmen mit aller Härte durchzusetzen“, sagte Klinz, ein Parteifreund des neuen EU-Währungskommissars Olli Rehn ist.

Quelle: Welt

Sollten wir dann nicht zusätzlich und rein präventiv über ein Bundeswehr-Mandat nachdenken?

2

Der Preis für die übertriebene Exportorientierung

Geschrieben von:

Seit geraumer Zeit verfällt der Dollarkurs und keinen hat es je interssiert. Deutschland konnte trotz des schwachen Dollars in den vergangenen Jahren vor der Krise seine Exporte steigern, weil es unter seinen Verhältnissen lebte. Jahrelanger Lohnverzicht sicherte der deutschen Exportindustrie Marktanteile, die sich schlussendlich im Titel des Exportweltmeisters wiederspiegelten. Immer wurde und wird uns erzählt, dass die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit an oberster Stelle stünde und die Entwicklung der Löhne sich dem unterzuordnen habe. Mittlerweile ist China neuer Exportweltmeister und deutsche Export-Unternehmen überlegen gegenwärtig, aus Kostengründen ihre Produktion weiter in den Dollarraum zu verlagern (siehe z.b. hier im Stern). Mit Verlaub, aber diese Entwicklung war abzusehen.

Deutschland wird mit voller Wucht getroffen und spürt nun die Folgen der jahrelang aufgebauten Handelsungleichgewichte. Der Dollar verliert zunehmend an Wert und deutsche Waren werden im Dollarraum teurer, aber nicht nur die. Der gesamte Euroraum ist betroffen, da die Einheitswährung sämtliche Ökonmien zu Knechten der deutschen Lokomotive macht. In der Eurozone können im Wettbewerb unterlegene Volkswirtschaften währungspolitisch nicht mehr reagieren. So wuchsen Staatsverschuldung und die Gefahr von Staatspleiten wie man am Beispiel Griechenland sehen kann.

Der Stern überschreibt seinen Artikel mit dem Titel, „Wenn der Export nicht mehr lohnt“. Das könnte zu einem sehr zynischen Spruch der Zeit werden, denn er bedeutet vor allem auch, dass der jahrelange Verzicht auf Lohnerhöhungen, die Hinnahme von massiven Steuersenkungen für Unternehmen bei gleichzeitiger Erhöhung der Mehrwertsteuer und die Reduzierung der Staatsquote auf ein historisches Tief zu Gunsten des Außenhandels umsonst gewesen sind. Der jahrelange Verzicht der Arbeitnehmer zu Gunsten ihrer jammernden Manager wird nun von der betriebswirtschaftlichen Logik dieser Herren einkalt und bitter bestraft. Das ist auch das Ergebnis der Bundesregierungen unter Rot-Grün-Schwarz-Gelb.

Doch lernt man daraus? Nein. Der Exportfetischismus geht weiter, gestützt durch den Rat sog. Wirtschaftsexperten, die weiterhin das Dogma der Wettbewerbsfähigkeit predigen. Von einer „Lohnpause“ spricht zum Beispiel Klaus Zimmermann, Präsident des DIW. Egal welche wirtschaftliche Situation diese Experten auch vorfinden, sie kennen nur das eine Rezept. Lohnzurückhaltung. Klaus Zimmermann ist übrigens der Experte der unlängst zur Bewältigung der Krise vorgeschlagen hat, die Mehrwertsteuer auf 25 Prozent anzuheben. Das sollen die Menschen dann wohl von ihrer Lohnpause bezahlen, habe ich mich gefragt auf der Suche nach einem Funken Logik in den Aussagen des durch die Steuerzahler hoch bezahlten Experten.

Zu dieser Expertenrunde können sie auch DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben zählen, der behauptet, dass das Potenzial für Lohnsteigerungen nahezu aufgefressen sei und die Löhne in vielen Branchen eigentlich deutlich hätten sinken müssen. Nur zur Erinnerung, Herr Wansleben gehört zum Beraterkreis der IKB, also jener Bank, die als erste Milliarden Euro Steuergelder erhielt, weil sie sich im Finanzkasino verzockte oder als willige Bad Bank der Deutschen Bank fungierte, indem sie deren Ramschpapiere übernahm. Dass solche Leute noch immer als Ratgeber und Experten in den Medien auftreten dürfen, ist eine Beleidigung der Menschen in diesem Land, die nicht nur die Kasino-Rechnung begleichen müssen, die Leute wie der Wansleben mit zu verantworten haben, sondern nun auch noch weiter auf ihren erarbeiteten Lohn verzichten sollen, weil derselbe Experte es verlangt. Das ist doch nicht hinnehmbar?

Zudem ist der Vorschlag der lila Pause Fraktion volkswirtschaftlich absurd und gemessen an den ökonomischen Daten total unsinnig. Der private Konsum und damit die Binnennachfrage geht weiter dramtisch zurück wie wir seit heute wissen und die Auftragseingänge in der gewerblichen Wirtschaft stagnieren auf einem katastrophal niedrigen Niveau (siehe Jahnkes Infoportal). Wenn die weltweiten wie nationalen Konjunkturmaßnahmen auslaufen, riskiert Deutschland ein Abrutschen in eine lange Stagnationsphase. Daher brauche Deutschland weitere konjunkturelle Stützungsmaßnahmen, gerade weil die wirtschaftliche Entwicklung labil und schwach zugleich ist. Der langjährige Stau bei den öffentlichen Investitionen müsse aufgelöst und sowohl in Infrastruktur als auch in Bildung investiert werden, sagt IMK-Direktor Gustav Horn (siehe u.a Handelsblatt). Gleichzeitig könne die Lohndumpingmaschine endlich abgeschaltet werden und durch die Stärkung der Binnennachfrage auch unseren EU-Partnern, die vom Staatsbankrott bedroht sind, durch eine Erhöhung der Importe geholfen werden.

Das müsste doch eigentlich auch im Interesse der ehemaligen EU-Retterin Angela Merkel sein, die kürzlich herablassend anmahnte, dass Griechenland seine Staatsfinanzen gefälligst in Ordnung bringen müsse. Das geht aber nur, wenn der Verursacher der griechischen Finanzprobleme, nämlich Deutschland, endlich anfangen würde, nicht nur von ausländischen Konjunkturmaßnahmen lax zu profitieren, sondern auch selbst einen Beitrag zu leisten, dass die weltweiten Ungleichgewichte ausgeglichen werden. Statt der FDP und stumpfsinniger Steuersenkungspolitik von gestern bedarf es eines weiteren Konjunkturpaketes, dass auch den Namen verdient. Und Lohnpausen sollten nur für Wirtschaftsexperten gelten, die am laufenden Band unsinnige Aussagen treffen.

0

Der helle Wahnsinn in Gesetz gegossen und das vor Weihnachten

Geschrieben von:

Gestern habe ich Georg Schramm zitiert, der uns etwas überspitzt formuliert mitteilen wollte, wie der Schrecken ohne Ende im nächsten Jahr weitergehen könnte. Den Kriegszustand wird Frau Merkel sicherlich nicht ausrufen, um sich dauerhaft an der Macht zu halten, aber die Steuerschätzung, just einen Tag nach der NRW-Wahl gibt zu denken.

Heute hat der Bundesrat das geisteskranke „Wachstumsbeschleunigungsgesetz“ verabschiedet. Und wie immer wird es so sein, dass man erst wieder hinterher darüber klagen wird, so als ob es die breite und einhellige Kritik an dem Gesetz nie gegeben hätte. Man kann sich das immer noch nicht erklären. Jeder, aber auch jeder, ob regierungsfreundlich oder nicht, hat das Vorhaben der schwarz-gelben Bundesregierung in der Luft zerrissen. Die Bundesregierung selbst konnte nie einen glaubwürdigen Zeugen präsentieren, der die propagierten Annahmen hätte bestätigen konnte.

Schon allein die Einführung einer weiteren Steuersubvention für Hoteliers konnten nicht einmal die glühendsten FDP-Schreihälse wie der Haushaltsschnösel Fricke annähernd plausibel machen. In der letzten Anne Will Sendung antwortete er der verdutzt fragenden Moderatorin, dass man sich als Demokrat eben dem Mehrheitsvotum der Partei unterordnen müsse. So ein Unsinn. Deshalb konnte er das eigene Lachen auch nicht verbergen. Dabei ist die Lage kein Scherz, sondern ziemlich ernst.

Die Regierung will im kommenden Jahr etwa 100 Mrd. Euro neue Schulden machen.

100 Mrd! Plus Steuersenkungen!

Allein das ist schon ein Grund, die Regierung für verrückt zu erklären. Sie müssen sich das mal vorstellen. Am Donnerstag noch ermahnt unserer Volkskanzlerin im deutschen Bundestag, bevor sie als Weltklimaretterin nach Kopenhagen abreiste, Griechenland, das doch bitteschön seine Staatsfinanzen mit mehr Anstrengung in den Griff kriegen sollte. Das ist nicht nur angesichts der eigenen Verschuldung und der beabsichtigten wahnsinnigen Steuersenkungen eine bodenlose Unverschämtheit, sondern auch und vor allem deshalb, weil gerade Deutschland mit seiner einseitigen wirtschaftspolitischen Ausrichtung Verantwortung dafür trägt, dass Griechenland defacto pleite ist. Spanien und Portugal werden da wahrscheinlich noch folgen.

Die Eurozone ist gekennzeichnet von einem extremen Ungleichgewicht. Löhne und Lohnstückkosten laufen in Abhängigkeit zur jeweiligen Produktivität auseinander. Deutschland wirtschaftet auf Kosten der anderen. Während sich Deutschland seit der Währungsunion in Lohnzurückhaltung übte und seine Wettbewerbsposition damit dramatisch verbesserte, haben Länder wie Griechenland ihre Lohnstückkosten, wie in der EU unter den Partnern ursprünglich verabredet, gesteigert. Dazu Heiner Flassbeck im Deutschlandfunk:

Nun sind zwölf Komma irgendwas Prozent natürlich außergewöhnlich, aber man muss auch sehen: Wir haben ein dramatisch sich ausweitendes, internes Ungleichgewicht in der Eurozone, an dem Deutschland nicht unbeteiligt ist, nämlich: Wir haben ein Auseinanderlaufen der Löhne und der Lohnstückkosten unter der Löhne in ihrer Abweichung zur Produktivität eines Landes, und das hat die Wettbewerbspositionen dramatisch verändert in der Eurozone.

Und deswegen haben die Länder nicht nur Haushaltsdefizite wie Spanien und Griechenland und Portugal, sondern sie haben auch Leistungs(…)defizite, was heißt, sie verschulden sich auch gegenüber dem Ausland, und es ist nicht abzusehen, wie das geändert werden kann, und darüber müsste man jetzt vor allem in Brüssel sprechen.

Deutschland hat über zehn Jahre praktisch eine Nicht-Lohnerhöhungspolitik gemacht. Die Lohnstückkosten, die eigentlich steigen sollten so um zwei Prozent – das war die Idee in der Eurozone, sowie die Inflationsrate, wie das Inflationsziel, auf das man sich gemeinsam geeinigt hat – sind in Deutschland überhaupt nicht gestiegen, während in anderen Ländern … ich habe nachgerechnet, für Griechenland sind sie in den 10 Jahren um 25 oder 26 Prozent gestiegen, in Deutschland sind sie nur um 8 Prozent gestiegen. Die Norm der Europäischen Union, Währungsunion ist ja bei 121.

Also, Griechenland hat zwar über seine Verhältnisse gelebt, ist aber näher dran an der Norm als Deutschland, das nach unten abgewichen ist, also unter seinen Verhältnissen gelebt hat. Und so was funktioniert natürlich nicht, wenn man eine gemeinsame Währung hat, und das hat natürlich auch Wirkung auf die Staatsfinanzen.

Und weil wir alle eine gemeinsame Währung haben, können einzelne Ökonomien mit Leistungsbilanzdefiziten nicht mehr währungspolitisch gegensteuern, sondern im Grunde nur in die Abwärtsspirale nach unten mit einsteigen. Das wird wahnsinnigerweise auch so eingefordert. Und die dumme Merkel findet das dann auch richtig, wenn die Beschäftigten in Griechenland eine Zwangskürzung ihrer Gehälter hinnehmen müssten oder eine drastische Erhöhung der Steuern. Komisch nur, dass die beabischtigte 90 Prozent Besteuerung von Banker-Boni offenbar nicht verhindern konnte, dass Ratingagenturen die Bonität Griechenlands herunterstuften. Ausgerechnet jene Agenturen, die in der Vergangenheit mit der vorsätzlich falschen AAA-Zerifizierung von Ramschpapieren ein Bombengeschäft machten und somit dabei halfen, die Weltwirtschaft in den Abgrund zu stürzen.

Dazu sagte Merkel natürlich nichts und dampfte nach Kopenhagen ab. Doch was passiert nun im kommenden Jahr wenn der Wahnsinn des Irrsins seinen Lauf nimmt? Zum Ausgleich für die zu erwartenden Steuerausfälle will die Bundesregierung sich angeblich mit einem größeren Anteil an den Bildungsausgaben der Länder beteiligen. Konkret heißt das, dass die Bundesregierung wohl die Verteilung der Mehrwertsteuereinnahmen anders gestalten werde. In der Vergangenheit hatte Christian Wulff die Mehrwertsteuerverteilung bereits ins Gespräch gebracht.

Und da sind wir auch beim Thema. Die Bundesregierung wird im kommenden Jahr und wahrscheinlich für 2011/2012 nicht umhin kommen, die Mehrwertsteuer anheben zu müssen, um der verschärften Haushaltslage zu begegnen. Das sagt der Wirtschaftsweise Peter Bofinger und kritisiert gleichzeitig, dass einerseits die Lohnsteuern deutlich sinken und im Gegenzug die Verbrauchssteuern erhöht werden, die vor allem die Menschen treffen, die ohnehin durchschnittlich bis wenig verdienen. Dabei müsse gerade aus dieser Bevölkerungsschicht eine verbesserte Dynamik entwickelt werden, sprich gesteigerter privater Konsum, um die Wirtschaftskrise zu überwinden. Die Bundesregierung macht aber das Gegenteil. Sie verschärft mitten in der Krise die Umverteilung von unten nach oben. Diejenigen, die ohnehin mehr Einkommen und Vermögen haben, werden begünstigt. Die Sparneigung dort wird weiter steigen und auch die Risikobereitschaft, bei der Zockerei an den Finanzmärkten, die noch immer nicht kontrolliert werden, mitzumachen.

Es ist doch keine Einbildung, wenn selbst Börsenmakler, wie Dirk Müller z.B., sagen, dass es nach dem Crash heftiger denn je auf den Finanzplätzen weitergeht. Die Boni sprudeln wieder, trotz der Krise und zur Verwunderung der Broker, die die Erfahrung eines sauber durch den Steuerzahler abgefederten Crashs verinnerlicht haben werden und auf Wiederholung hoffen.

Siehe dazu Dirk Müller bei ARTE: „Banken: Milliarden verzockt, Vertrauen verspielt“ Gesprächsrunde mit Dirk Müller vom 14.10.2009 (Mit Dank an Günther für den Hinweis :) )

http://www.cashkurs.com/Detailansicht.80.0.html?&cHash=3b4c50e0c4&tx_t3blog_pi1[daxBlogList][showUid]=6242

Schönes Wochenende. Bis Sonntag oder Montag. Ich brauche erstmal Zeit, damit sich mein Magen wieder beruhigt. :wave:

1
Seite 16 von 16 «...101213141516