Spekulation mit Rohstoffen ist Gift für die Konjunktur

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Sie haben es vielleicht schon gemerkt. An den Tankstellen steigen die Preise wieder, obwohl die Ferien mittlerweile vorbei sind. Einen nachvollziehbaren Grund gibt es dafür nicht. Dennoch werden Konzerne sicherlich einen Sack Reis irgendwo auf der Welt finden, den sie umstoßen können, um zu behaupten, dass dadurch die Preise naturgemäß steigen müssten. Das ist alles quatsch. Noch immer haben wir Krise. Also einen Zustand, in dem deutlich weniger Nachfrage an Waren besteht. Die aktuellen volkswirtschaftlichen Daten haben das noch einmal deutlich gezeigt. Demzufolge besteht auch weniger reale Nachfrage nach realen Rohstoffen, aus denen man Waren produzieren könnte. Und dennoch ziehen die Preise für Rohstoffe an.

Öl kostet inzwischen mehr als 80 US-Dollar je Barrel (159 Liter), nachdem es sich in Folge der Weltwirtschaftskrise Anfang 2009 innerhalb weniger Monate von fast 150 auf gut 30 Dollar verbilligt hatte. Einer Studie des Internationalen Währungsfonds (IWF) zufolge legten zwischen Februar und November 2009 die Preise für Rohstoffe um 40 Prozent zu. Der IWF spricht im Zusammenhang mit diesem Index von einem sehr ungewöhnlichen Anstieg, da in vergleichbaren Phasen früherer Krisen die Preiserholung im Schnitt nur bei fünf Prozent lag.. In zahlreichen Indizes und bei einzelnen Rohstoffen wurden in den zurückliegenden Monaten sogar historisch einmalige Preisexplosionen festgestellt. Der bekannte Standard-&-Poors-GSCI-Rohstoffindex, der 20 sehr verschiedene Güter wie Getreide, Gold, Öl oder Kakao und Aluminium bewertet, legte 2009 beispielsweise um mehr als 50 Prozent zu – der stärkste Kursanstieg seit dessen Einführung 1970. Rekorde können inzwischen auch die Notierungen für Zucker und Kakao verbuchen, die sich auf dem höchsten Niveau seit gut drei Jahrzehnten bewegen.

Quelle: junge Welt

Dass die Preise für Rohstoffe rasant ansteigen, liegt also nicht an einer stärker werdenden realwirtschaftlichen Warennachfrage, sondern daran, dass auf den Finanzmärkten munter weitergezockt werden darf. Mit der Erfahrung, dass ein Crash und die damit verbundenen hohen Verluste durch Staaten und deren Steuerzahler aufgefangen und beglichen werden, ohne dass die Branche Konsequenzen zu fürchten bräuchte, steigt auch das Risikoverhalten auf dem Börsenparkett.

Doch wenn die Preise für Rohstoffe steigen, werden auch Waren zwangsläufig teurer. In einer noch nicht überstandenen Wirtschaftskrise wird somit eine konjunkturelle Erholung bereits von vornherein verhindert, da die ohnehin schwache Kaufkraft für Güter des Grundbedarfs vollständig eingesetzt werden muss. Wo sollen also zusätzliche Mittel für eine konjunkturbeflügelnde Nachfrage herkommen? Aus Steuersenkungen wie die FDP meint? Aus Steuersenkungen, die die kritische Finanzlage von Bund und vor allem Kommunen noch weiter verschärfen würde und die zwangsläufig zu geringeren öffentlichen Leistungen, höheren Gebühren und damit zu einer höheren Belastung vor allem jener führt, die ihr gesamtes Einkommen verbrauchen müssen, um zu leben?

Bundeswirtschaftsminister Brüderle schaute ja gestern wieder besonders tief ins Glas und sagte, dass die Bürger mehr Geld in der Tasche bräuchten, um die Konjunktur durch mehr Konsum anzukurbeln. Mehr Geld heißt natürlich übersetzt mehr Netto vom Brutto durch Verzicht auf das „Geschenk der Bürger an den Staat“ mit Namen Steuerabgaben, um mal bei der Worthampelei des durchgeknallten Parteichefs Westerwelle zu bleiben. Mehr Geld durch höhere Bruttolöhne und vor allem Mindestlöhne, die erstens eine relative Einkommenssicherheit bedeuten und zweitens eine breite Verbesserung der Kaufkraft, die dann auch in mehr Konsum umgesetzt werden könnte, schließen der Fachidiot Brüderle wie auch sein weggetretener Parteichef kategorisch aus. Und Schlecker spendet wahrscheinlich noch Beifall, während die Bundesregierung untersuchen will, ob ein Gesetz, das zum Missbrauch bei der Zeitarbeit einlädt, weil es die Politik genau so wollte, missbräuchlich ausgenutzt werde. Das ist doch verrückt.

Übrigens meint der Brüderle angesichts der heute veröffentlichten Zahlen zum Bruttoinlandsprodukt 2009 (ich habe darüber in meinem letzten Beitrag berichtet) doch tatsächlich, dass sich die deutsche Wirtschaft deutlich erholt habe. Quelle: Blöd-Zeitung

Na wenn das so ist, sollte ich vielleicht auch mal zum Glas greifen und einen Artikel übers Schönsaufen verfassen. :roll:

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Westerwelles Logik

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Ich möchte gar nicht auf die Rede des FDP-Parteichefs beim Dreikönigstreffen in Stuttgart großartig eingehen, sondern nur einen Satz herausstellen, der beweist, welche dümmliche und menschenverachtende Ansichten dieser Mann und seine gesamte Partei vertreten. In der offiziell abgedruckten Rede auf der FDP-Homepage steht:

„Manche sagen, Steuerfairness seien „Steuergeschenke“. Was für ein Bild vom Steuerzahler, dass er sich schon dafür bedanken soll, dass ihm weniger von dem abgenommen wird, was er sich hart erarbeitet hat.“

Live sagte er das etwas anders und fragte rhetorisch, was für ein dekadentes Staatsverständnis sich hinter dem Vorwurf verbergen mag, die FDP würde nur Steuergeschenke verteilen wollen. Denn nicht der Staat schenke den Steuerzahlern das Geld, sondern der Steuerzahler schenke dem Staat etwas Geld. Dümmer und einfältiger geht es nun wirklich nicht mehr. Westerwelle und die FDP nehmen wohl tatsächlich noch an, dass die Menschen nicht begreifen würden, dass Steuergerechtigkeit schon immer eine Frage der Verteilung gewesen ist und genuin sein musste. Es war schon immer falsch zu behaupten, dass das durch den Prozess der Arbeitsteilung erst mögliche Anwachsen von Vermögen und Einkommen immer weiter von Abgaben entlastet werden muss. Das widerspricht fundamental dem Ausgleichsgedanken zwischen Kapital und Arbeit. Westerwelle und die FDP fordern ganz offen die ungezügelte Freiheit des Kapitals, nicht zuletzt auch mit diesem unmöglichen Satz:

„Wir wollen ein Deutschland, in dem die arbeitende Bevölkerung von ihrem Einkommen mehr als bisher behalten darf.“

Dass die arbeitende Bevölkerung von ihrem Einkommen vielfach gar nicht mehr leben kann und auf staatliche Unterstützung angewiesen ist, kommt in Westerwelles Weltbild gar nicht vor. Diese Menschen gehören auch nicht zur Klientel Westerwelles und der FDP.

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Es ist wohl schon zu kalt

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Einige Hirne in dieser Republik scheinen bereits eingefroren. Das neue Jahr ist noch gar nicht so alt und ich lese bereits Meldungen über verpixelungsfähige Nacktscanner, die es bald geben soll und die Intimsphäre von Reisenden so schützen können, dass auch CDU-Innenexperte Bosbach zustimmen würde, diese Dinger einzusetzen, obwohl er vor gut ein oder zwei Wochen noch strikt dagegen war. Da hat das Terrorcamp im deutschen Bundestag, Entschuldigung, die Bundestagsfraktion der Union eine schnelle Wende vollzogen. Und auch die FDP findet die Nacktscanner gut. Ich schreib das nur mal mit hin, falls es noch jemanden interessiert, dass die FDP auch weiterhin ganz brutal an der Beseitigung von Bürgerrechten arbeitet.

Man dürfte so etwas gar nicht ernst nehmen. Denn wenn man es täte, müsste man unweigerlich zu Fragen kommen, die die Absurdität des Ganzen offen legen. Was ist denn, wenn ein Terrorist seinen Sprengstoff nicht in der Unterhose, sondern im verpixelten Bereich, sprich am Pimmel trägt oder, gar nicht so unwahrscheinlich, im Körper? Warum führen wir dann nicht gleich ein MRT (Magnetresonanztomographie od. Kernspintomographie) an Flughäfen ein und verkaufen sozusagen mit dem Flugticket einen medizinischen Rundumcheck gleich mit. Das wäre doch mal was. Das durch RTL und Bild bereits völlig verblödete Volk würde sicherlich auch das aktzeptieren.

Apropos völlig verblödet. Guido Westerwelle kündigt eine „geistig-politische Wende“ für Deutschland an (siehe MMnews). Damit meint er im Grunde Freibier für alle. Dem Focus sagte er:

„Wir brauchen eine geistig-politische Wende in Deutschland, weg von immer stärkerer Abkassiererei bei denjenigen, die den Karren ziehen. Wir müssen die Mittelschicht stärken.“

Und weiter heißt es bei MMnews:

Zudem kündigte Westerwelle an, trotz Haushaltslöchern und Kritik aus der Union die Steuern weiter senken zu wollen.

Offensichtlich bekommt Westerwave die Vielfliegerei nicht. Man stelle sich nur vor, der müsste am Flughafen noch zusätzlich durch einen Nacktscanner. Jedesmal. So viel Strahlen kann doch kein Mensch vertragen. Am Ende will er noch die Weltherrschaft an sich reißen, weil er sich und sein Weltbild so geil findet. Wie sagte Schmickler doch so treffend. Der Westerwelle ist gar nicht schwul, der findet nur keine Frau. Aber Spaß beiseite. Westerwelle sollte einen längeren Auslandsaufenthalt absolvieren und zur Innenpolitik schweigen. Afghanistan wäre da zu empfehlen. Dort könnte er noch mitanpacken und beim Aufbau eines einfachen und gerechten Steuersystems mitwirken. So bräuchte unser Spaß-Guido nicht nur die afghanischen Drogen konsumieren, sondern könnte auch dazu beitragen, dass Klientelinteressen am Hindukusch auch weiterhin bedient werden. Das ist ja seine Spezialität und afghanische Drogenbarone zählen bei der NATO ja nicht zu den Feinden. Vielleicht hat Westerwelle auch deshalb mit einem Boykott der Afghanistan-Konferenz gedroht. Ich weiß es nicht.

Ganz toll war auch die Wortmeldung von Saufminister Rainer Brüderle (FDP). Der hat heute vorgeschlagen, wahrscheinlich ist er seit Silvester noch nicht ganz bei sich, doch alle Landesbanken zu einer zu fusionieren. Klaro, im Suff hat soetwas natürlich seinen Charme, wenn die miesen Bilanzen vor dem geistigen Auge verschwimmen. Da schlägt Promille die Prozente wie mir scheint. Nüchtern betrachtet, muss man sagen, dass so ein Vorschlag einfach unverständlich ist. Es bleibt nämlich mal wieder schleierhaft, wer so ein riesen Projekt überhaupt bezahlen soll. Angefangen von neuen Briefköpfen und Schildern bis hin zu neuem Spitzenpersonal und den Abfindungen für die alten Säcke, die sich bereits jetzt schon fürstlich durch die Länder entlohnen lassen, obwohl es Gesetze gibt, die Gehaltsobergrenzen für Bankmanager vorschreiben. Das ist doch die Realitiät in Deutschland. Also wer soll es bezahlen, wenn FDP-Parteichef und „geistig-politisch“ motivierter Wende-Westerwelle gerade eben wieder erklärt hat, auf Steuern verzichten zu wollen, weil er der Auffassung ist, dass das einer Enteignung der Bürger gleichkäme?

„Es hat geradezu enteignungsgleiche Züge. Fleißigen Menschen von der Krankenschwester über den Handwerker bis zum Mittelständler wird viel zu viel von ihren Einkommen abgenommen“

Okay, wir sollten Brüderle zu Beginn des Jahres noch nicht überfordern. Bis zum Beginn der Weinsaison sollten wir das aber dann doch geklärt haben. Schließlich kommt ja auch noch die NRW-Wahl in diesem Jahr und die Steuerschätzung und dann ist sowieso alles vorbei. Ich glaube, dann steht der Republik der geistig-politische Supergau ins Haus. Einen Vorgeschmack konnten sie bereits von der CSU vernehmen. Die forderte irgendwann nach Silvester einen eigenen Vizekanzler und schlug doch glatt ihren aalglatten Ölminister Freigeist zu Guttenberg vor, mit dem man über Fragen der Angemessenheit trefflich und auf hohem sprachlichen Niveau diskutieren kann, wie sie wissen.

Wenn ihnen jetzt auch schon die Hirnwindungen glühen und ihr Magen rumort, dann hilft mit Sicherheit ein Nacktbad im Schnee, den uns Frau Holle als Beitrag zum Klimawandel beschert hat. Toll oder. Die weiße Pracht. Besonders morgens, wenn man mit dem Fahrrad, noch vor den Räumdiensten, auf weißen Straßen und Wegen zur Arbeit rutscht. Und wenn man wieder nach Hause fährt, sind Straßen und Wege immer noch weiß. Ich habe das Gefühl, dass früher häufiger geräumt wurde. Aber man kann ja nicht alles haben. Entweder ein niedriges, einfaches und gerechtes Steuersystem oder regelmäßig vom Schnee geräumte Verkehrswege, die es ja laut Klimawandeldramatikern auch gar nicht mehr geben dürfte.

Sei es drum und frostige Grüße…

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Ach, den Westerwelle gibt es auch noch

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Na prima. Nach der anstrengenden Woche mit Nachrichten vom Hindukusch und der Heimatfront sowie aus der Welt der Hochfinanz, die mal wieder einen Masterplan zur Rettung der geretteten Bankenwelt präsentierte, kommt nun auch noch der Westerwelle um die Ecke gebogen und nervt uns mit seinen Gedanken zum Weltgeschehen. Den Krieg in Afghanistan mag der Außenminister nicht Krieg nennen. So als ob er die letzte Woche total verpennt hätte, die ja mit der Ernennungsurkunde für den Jung-Ersatz Kristina Köhler furchtbar schrecklich begonnen hatte. Ungeachtet dieser Tatsachen meint der FDP-Vorsitzende doch glatt in bester Jung-Manier:

In einem Gespräch mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (Samstagsausgabe) sagte Westerwelle, er könne verstehen, wenn die Bürger einen anderen Eindruck hätten; er als Außenminister müsse aber seine Worte besonders genau wägen. Nach dem Völkerrecht sei dann von Krieg zu sprechen, wenn ein Land ein anderes angreife. „Das ist hier nicht der Fall.“

Quelle: Vereinigte Wirtschaftsdienste

Nach dem Völkerrecht. Aha. Nach dem Völkerrecht könnte Oberst Klein, der verantwortliche Offizier, der den Bombenabwurf auf unschuldige Menschen befahl und, juristisch relevant, nicht alles unternommen hat, um diese Opfer zu vermeiden, weil er es z.B. wiederholt ablehnte, mit einem Tiefflug eine Warnung abzusetzen, dennoch für ein Kriegsverbrechen angeklagt werden. Komisch oder? Wieso weiß das der studierte Jurist Westerwelle nicht?

Und da Westerwelle gerade schön über das Völkerrecht dozieren konnte, musste er natürlich auch etwas zum Minarettverbot in der Schweiz zum Besten geben.

Zu behaupten, die Eidgenossenschaft sei durch die Volksabstimmung vom vergangenen Sonntag ein undemokratisches und intolerantes Land geworden, „halte ich für völlig unangemessen“, so Westerwelle. Auch in anderen europäischen Ländern sei ein solches Abstimmungsergebnis möglich.

Quelle: RP-Online

Was will er uns damit nun wieder sagen? Will er die Muslime warnen, weil er ja insgeheim doch weiß, dass man ohne Warnung keine Bomben schmeißt? Ich weiß es nicht. Jedenfalls blies bereits Wolfgang Bosbach von der CDU ins selbe Horn. Der hatte ja unmittelbar nach dem Schweizer Volksentscheid für ein Bauverbot von Minaretten gesagt, das müsse man sehr ernst nehmen.

„Man darf die Sorgen der 57 Prozent, die mit Ja gestimmt haben, auf keinen Fall klein reden.“

„Mir geht es einfach um eins: Wenn unterschiedliche Religionen friedlich nebeneinander leben sollen, müssen sie die hier herrschenden Regeln akzeptieren! Diejenigen, die jetzt Toleranz einfordern, sollten die gleiche Toleranz in ihren Ländern gegenüber den Christen anwenden.“

Quelle: Welt-Online

Bosbach der Kulturkämpfer ohne Sinn und Verstand. Um das und Westerwelle ertragen zu können, braucht man Satire. Sehen sie Volker Pispers zum Thema Integration.

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Staatssekretäre: Die FDP bricht weiteres Wahlversprechen

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Ich zitiere zunächst mal aus einer Haushaltsrede von Jürgen Koppelin (FDP) vor dem Deutschen Bundestag aus dem Jahr 2008.
Quelle: Seite von Jürgen Koppelin

„Wie wollen Sie eigentlich dem deutschen Steuerzahler erklären, dass der neue Vizekanzler Steinmeier nun plötzlich einen zusätzlichen Staatssekretär bekommt? Der neue Staatssekretär, so heißt es, soll den Bundesaußenminister innenpolitisch beraten. Es ist schon sehr merkwürdig, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass ein deutscher Außenminister durch einen zusätzlichen Staatssekretär innenpolitisch beraten werden muss. Weder Hans-Dietrich Genscher noch Klaus Kinkel, auch nicht Joseph Fischer, brauchten einen solchen Staatssekretär.“

Bis zur Regierungsübernahme haben die Liberalen seit 1995 jedes Jahr ein 400 Seiten dickes Sparbuch der Regierung zu den Haushaltsberatungen vorgelegt, in dem man nachlesen könne, wie leicht sich im Bundesetat 10 Mrd. Euro einsparen ließen. Der Haushalt des Auswärtigen Amtes umfasst ein Volumen von 2,8 Milliarden Euro. Die FDP forderte stets, dort Einsparungen in Höhe von rund 24 Millionen Euro vorzunehmen. Eben unter anderem einen Staatssekretär, wie Herr Koppelin oben ja deutlich ausführt.

Nun aber sieht die ganze Angelegenheit anders aus. Herr Westerwelle ist nun selbst Außenminister und scheint sich nicht mehr daran erinnern zu wollen, was er und seine Partei einst einforderten.

„Wir halten nach der Wahl, was wir vor der Wahl versprochen haben!!!“

Das schrie der herrisch teutonisch-arrogant auftretende Rechtspopulist bei jeder Gelegenheit in die Mikrofone. Nun aber macht Westerwelle aus seinem bisherigen Büroleiter Martin Biesel einen Staatssekretär, der überhaupt nix mit dem Auswärtigen Amt zu tun haben soll, sondern eine Art persönlicher Adjutant ist, der die anderen FDP-Minister im Auftrag ihres Chefs koordinieren soll. Ein Staatssekretär für Innenpolitik im Auswärtigen Amt. Tolle Sparpolitik.
Quelle: Spiegel-Online

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Deutsche Journalisten haben keinen Arsch in der Hose

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Das sagt Volker Bräutigam und liefert dabei eine sehr bissige und treffende Beschreibung über den Zustand der angeblich so freien Presse in diesem Land.
Quelle: http://www.0815-info.de/News-file-article-sid-10588.html

Ein Rechtspopulist, der die lingua franca der internationalen Politik nicht beherrscht, dafür aber umso herrischer teutonisch-arrogant auftritt, wurde Bundesaußenminister. Westerwelle in diesem Amt – gewöhnungsbedürftig, ein Ergebnis formaldemokratischer Wahlen.

Ein Schmiergeld-Kassierer wurde Finanzminister. Ein Heimlichtuer gegenüber dem Parlament, einer, gegen den Ermittlungsverfahren wegen uneidlicher Falschaussage in einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss liefen. Verfahren gegen ihn wurden zwar eingestellt, aber nicht wegen erwiesener Unschuld. Schäuble als Kassenwart: gewöhnungsbedürftig. Doch selbst mit Derartigem werden wir zu leben lernen. Wir haben den vor ziviler Strafverfolgung gefeiten Politkriminellen ja schon vier lange Jahre als Hüter der Verfassung erlitten.
Gewählt ist gewählt.

Eine dem zivil-irdischen Alltag entschwebte Kanzlerin, die nur vor dem simplen Volk Machtbewusstsein zeigt, sich bei den Plutokraten aber als servile Hausdame anbiedert, müssen wir ertragen. Dass sie nun ihres sozialdemokratischen Amtsvorgängers öffentlich zelebrierten „Basta!“-Stil auch noch übernimmt, ändert nichts mehr an ihren Bild. Wir haben uns schon an sie gewöhnt.

An das Versagen der „Vierten Gewalt“ im Staate, an den Niedergang der freien Presse, dürfen wir uns hingegen nicht gewöhnen. Es ist absolut unerträglich, dass die Creme des bundesdeutschen Journalismus’, versammelt in der Bundespressekonferenz zu Berlin, sich regelmäßig als Pfeifensammlung erweist – und über die eigene Unfähigkeit und Feigheit auch noch lacht und sie im Boulevardstil veralbert.

Den Artikel sollten sie unbedingt auf der oben verlinkten Seite weiterlesen. Rob Savelbergs Einschätzung über den deutschen Journalismus sollte man sich einrahmen.

Im Interview mit DIE WELT kommentierte Savelberg: „Vielleicht haben meine deutschen Kollegen zuviel Respekt. Mir fällt auf, dass es in Holland weniger Berührungsängste gibt. Da sind meine Kollegen härter. Die Regierung besteht nur aus gewählten Volksvertretern. Das sind keine Monarchen.“ Wie höflich der Mann ist, obwohl sich deutsche Mainstream-Journalisten als schamlose Nieten erwiesen. Sie zeigten keinen Mut vor Fürstenthronen, und einer unverschämten Kanzlerin Zunder zu geben trauen sie sich nicht.

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Zu den Arbeitslosenzahlen

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Zum vierten Mal in Folge sinkt die offizielle Zahl der Erwerbslosen, obwohl die Wirtschaft am Boden liegt. Und wieder lauten die Schlagzeilen „Überraschende Entwicklung“ oder „Goldener Oktober am Jobmarkt (NP von heute)“ garniert mit der beliebten Floskel,

„Der deutsche Arbeitsmarkt zeigt sich einen weiteren Monat in Folge robuster als noch zu Jahresanfang erwartet worden war.“ (Zitat aus heutigen NP-Kommentar von Anja Schmiedeke)

Toll. Trotz des klaren Widerspruchs von Zahlen und Wirklichkeit spricht man davon, dass sich der Arbeitsmarkt krisenfest behaupte. Wieso kommt eigentlich keiner auf das Näherliegende? Den offensichtlichen Beschiss. Die Bundesagentur für Arbeit sowie das Arbeitsministerium dürfen weiter froh die Leute belügen.

Im Oktober 2009 wurden von der Statistik der BA insgesamt 3,229 Millionen Arbeitslose registriert, 232.000 bzw. 7,7% mehr als im Oktober 2008. Von diesen 3,229 Millionen Arbeitslosen waren 1,074 Millionen (33,3%) im Rechtskreis SGB III und 2,155 Millionen (66,7%) im Rechtskreis SGB II (Hartz IV) registriert. Als Arbeitsuchende waren im Oktober 2009 insgesamt 5,940 Millionen Frauen und Männer registriert, 524.000 (9,7%) mehr als im Oktober 2008.

Quelle: Bremer Institut für Arbeitsmarktforschung und Jugendberufshilfe e.V.

Insgesamt hatten im Oktober 2009 5,867 Millionen erwerbsfähige Menschen Anspruch auf Leistungen nach SGB II und SGB III. Und! Was viel wichtiger ist, rund 1,4 Millionen Menschen sind derzeit in Kurzarbeit. Sollte man die nicht in die Rechnung miteinbeziehen? Das Kurzarbeitergeld kann ja nicht ewig weiterlaufen. In diesem Zusammenhang ist die erste Aussage vom neuen Arbeitsminister Franz Josef Jung schlicht falsch.

„Die gewaltigen staatlichen Investitionen haben die richtigen Anreize gesetzt, die Konjunkturpakete haben gewirkt.“

Nicht die viel zu klein bemessenen Konjunkturpakete wirken hier auf die Arbeitslosenzahlen, sondern die statistischen Tricksereien. Denn wenn man sich die Zahlen genauer anschaut, wird man feststellen, dass nur noch knapp 55 Prozent aller Arbeitslosengeld I + II Bezieher auch als arbeitslos gezählt und in der Statistik ausgewiesen werden. Da kann man doch nicht von Robustheit und richtigen Anreizen faseln, sondern muss eigentlich zu der Erkenntnis gelangen, dass bisher viel zu wenig für die Stabilisierung von Beschäftigung getan wurde.

Doch die Lösung kann auch nicht heißen, immer mehr Kurzarbeitergeld auszuzahlen. Das ist doch bekloppt. Dadurch etsteht doch keinerelei Nachfrageimpuls. Und allein auf die sich erholende US-Wirtschaft zu setzen, ist naiv. Die überwinden die Rezession übrigens deswegen so schnell, weil sie massive Konjunkturhilfen auf den Weg gebracht haben. Nur bleibt es doch nach wie vor fraglich, ob die Amerikaner jenen Schulden finanzierten Konsummotor wieder anschmeißen werden, von dem die deutsche Exportwirtschaft ja so prächtig gelebt hat. Das wird nicht passieren. Die Lage auf dem amerikanischen Arbeitsmarkt ist weiterhin angespannt und die Schulden in den Privathaushalten noch lange nicht abgetragen. Noch ist die Kreditkartenblase nicht geplatzt. Aus diesem Grund wird die amerikanische Wirtschaft als weltwirtschaftliches Zugpferd, auf das schon wieder einige „Experten“ und Journalisten wie Anja Schmiedeke von der NP setzen, mit Sicherheit ausfallen.

„Allerdings gibt es auch Hoffnung. Dort, wo die Krise ihren Anfang nahm, in den USA, ist sie auch schon wieder vorüber. Das Ende der US-Rezession wird die Weltwirtschaft ankurbeln helfen. Die Trendwende wird auch bei uns ankommen – doch wann, ist ungewiss. Für die Arbeitnehmer wie für die Steuereinnahmen des Bundes wäre ein schnelles Ende der Krise ein Segen.“

Gerade der letzte Satz drückt einmal mehr das verinnerlichte Prinzip Hoffnung aus, weil zu mehr einfach der Sachverstand fehlt und der Wille, alternative Konzepte auch nur zur Kenntnis zu nehmen. Wie wurden die Linken im Wahlkampf beschimpft. Die würden das Blaue vom Himmel versprechen, seien unseriös und wage. Gestern nun durfte ich bei Maybritt Illner erleben, wie der FDP-Fan Helmut Markwort vom Focus zum Fahren auf Sicht und Hoffen der neuen Bundesregierung stand. Frau Merkel müsse es doch wenigstens versuchen mit den Steuersenkungen. Was solle sie sonst auch tun? Wir hätten nun halt mal diese vielen Schulden wegen der Krise.

Tjo, das klingt ja nun nicht sehr kompetent und überzeugend. Mit anderen Worten, die haben keine Ahnung, was sie tun sollen. Okay, die alten Rezepte taugen nicht viel, das hat die Realität bewiesen, aber weinigstens versuchen müsse man doch irgend was. Da kann man nur mit dem Kopf schütteln. Hätte die Bundesregierung gleich zu Beginn der Krise mehrere Milliarden in die Hand genommen und ein kreditfinanziertes Wachstumsprogramm im Bereich Infrastruktur, Bildung und Umweltschutz aufgelegt von mindestens einem Prozent des Bruttoinlandsprodukts pro Jahr, was für Deutschland 25 bis 30 Milliarden bedeutet hätte, dann müsste man jetzt nicht sinnlos Geld für Kurzarbeit, die Verwaltung von Arbeitslosigkeit, die Sozialkassen und für unsinnige Steuersenkungen herausschmeißen. Dieses Geld kommt nie wieder zurück.

In einem Konjunkturprogramm wäre es tatsächlich an den Staat zurückgeflossen, weil Beschäftigung und Binnennachfrage stabilisiert worden wären. So aber hofft und zittert man sich von einem Monat zum nächsten. Westerwelles Aufgabe in Brüssel hätte sein können, für einen EU-weiten Konsens zu sorgen, um mit einer abgestimmten makroökonomischen Wirtschaftspolitik gemeinsam gegen die Weltwirtschaftskrise vorzugehen. Doch was qualifizierte diesen Schaumschläger doch gleich?

„Mehr Netto vom Brutto!, Deutschland braucht ein niedriges, einfaches und gerechtes Steuersystem!, Versprochen – gehalten!“

Damit kann er bestimmt in Europa punkten.

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Der große Medienschwachsinn geht weiter

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Einmal für eine Wahlkampagne entschieden, muss man sie auch durchhalten. So oder so ähnlich könnte das Motto der Neuen Presse Hannover lauten. Am Samstag kommentierte der Vizechef Bodo Krüger bereits den Start der neuen Bundesregierung mit den schwachsinnigen Worten:

„Vom erwarteten Kälteschock keine Spur, stattdessen wärmen die schwarz-gelben Koalitionäre das Wahlvolk mit Wohltaten. Mehr Geld für Familien, Erleichterungen für Hartz-IV-Empfänger, Steuersenkungen und gute Nachrichten für alle.“

Und damit sich diese verlogene wie gelogene Botschaft auch in den Hirnen der Leser manifestiert, schreibt es heute ein anderer Redakteur in seinem Kommentar auf Seite 1 glatt noch einmal. Christian Lomoth ist der Übeltäter.

„Schwarz-Gelb wirbt um Vertrauen. Die Koalition will die Menschen erreichen, sie optimistisch stimmen in diesen harten Zeiten. Und verteilt großzügig Geschenke. Mehr Geld für Familien und für Hartz-IV-Bezieher, Steuersenkungen für alle, und für die Bildung wird nicht gekleckert, sondern geklotzt. Das hört sich alles sehr gut an und soll die schlechteren Nachrichten (Erhöhung der Pflegeversicherungs- und Krankenversicherungsbeiträge) aus den Köpfen verdrängen.“

Aus den angeblichen Erleichterungen für Hartz-IV-Empfänger beim NP-Vizechef ist beim Vizeverantwortlichen für Nachrichten und Politik Christian Lomoth schon mehr Geld für Hartz-IV-Bezieher geworden. Dümmer und dreister gelogen geht es ja wohl nicht mehr. Aber im Verlauf seines Kommentars entpuppt sich Christian Lomoth als richtige Wirtschaftsleuchte.

„Derzeit scheinen Merkel, Westerwelle und Seehofer voll und ganz darauf zu hoffen, dass durch größeres Wachstum wieder mehr Steuereinnahmen fließen. Ob das aber so sein wird, das weiß niemand. Es fehlt entweder die Kraft oder vielleicht auch die Fantasie, konkret zu werden.“

Wie soll man das bitteschön verstehen? Das Prinzip Hoffnug als anerkannte Wirtschaftspolitik? Wenn jemand auf Wachstum hofft, und ja, es ist richtig beobachtet, dass Merkel und Co darauf nur hoffen, kann man doch nie und nimmer auch nur in Erwägung ziehen, dass wirtschaftliches Wachstum vielleicht tatsächlich eintreten könnte. Unter der Annahme von Hoffnung als politisches Prinzip, ist es schlichtweg falsch zu behaupten, man könne vorher nicht wissen, was dann passieren wird. Diese Haltung zeugt von großer Dummheit. Aber das ist mal wieder typisch. Christian Lomoth hat sich mit dem Koalitionsvertrag wahrscheinlich gar nicht selbst auseinandergesetzt, sondern aus Agenturmeldungen, dem PR-Müll, den das Berliner Büro Slangen & Herholz anliefern und dem, was sein Chef am Samstag zusammengezimmert hat, einen neuen Text geformt.

Hätte er sich den Koalitionsvertrag angeschaut, wäre ihm sicherlich aufgefallen, dass die Schwarz-Gelben beabsichtigen, keinerlei konjunkturelle Maßnahmen mehr zu ergreifen, sondern ankündigen, mit dem Ausstieg aus einer angeblich expansiven Wirtschaftspolitik bald zu beginnen. Das steht übrigens auf Seite eins des Koalitionsvertrages unter der Überschrift Wachstum und Aufschwung (siehe unter anderem hier).

Wir werden drittens in der schwierigen Phase, in der der Arbeitsmarkt, die Unternehmen und die Banken noch die unmittelbaren Folgen der Finanz- und Wirtschaftskrise zu verkraften haben, Beschäftigung sichern und den Unternehmen Hilfe bei der Finanzierung insbesondere ihrer Investitionen bereit stellen. Zwar erforderte die Weltwirtschaftskrise eine vorübergehend stärkere Rolle des Staates. Aber CDU, CSU und FDP sind sich einig: Die Beteiligung des Staates an Wirtschaftsunternehmen und Finanzinstituten ist so eng wie möglich zeitlich zu begrenzen. Dazu werden wir jetzt mit einer Ausstiegs-Strategie beginnen.

Allein in diesem Absatz erkennt man die klar wirtschaftsliberale Ausrichtung der neuen Koalition, die sich ausschließlich einzelnen Interessen verpflichtet fühlt und nicht dem Wohl des gesamten Volkes, dessen Steuergeld zur Rettung von Banken und Wirtschaft gern genommen wurde, ohne sich eine nennenswerte Gegenleistung zu sichern. Christian Lomoth gibt nun vor, diesen einseitigen und volkswirtschaftlich schädlichen Kurs nicht zu sehen. Er schreibt fast schon mitleidserregend:

„Eine grundsätzliche Neuausrichtung ist nicht zu erkennen, dafür verbergen sich im Koalitionsvertrag erneut viele Kompromisse und neue Schulden. Das erinnert schmerzlich an Schwarz-Rot. Und man ahnt, dass noch etliche Nachtsitzungen nötig sind, um die Konflikte auf den Dauerbaustellen der Finanz- und Gesundheitspolitik zu lösen. Nein: Dieser Koalitionsentwurf ist nicht der große Wurf. Es fehlt vor allem der Mut zur Wahrheit.“

Mut zur Wahrheit. So lautete auch der Titel eines Buches von Utz Claassen, in dem er sich beklagt, dass die Deutschen über ihre Verhältnisse leben würden. Sich selbst hat er natürlich nicht gemeint, obwohl er erst kürzlich einen Vergleich mit seinem Ex-Arbeitgeber EnBW erzielte und sich mit 2,5 Millionen Euro Übergangsgeld zufrieden gab. Sieben Millionen hätten ihm laut Vertrag bis zur Altersgrenze zugestanden, auf den er medienwirksam pochte. Nach der Übergangszeit im Jahr 2026, da ist Claassen übrigens 63 Jahre alt, kassiert er weiterhin 400.000 Euro Rente pro Jahr von EnBW, obwohl er nur fünf Jahre beschäftigt war und 12 Millionen Euro Gehalt bekam. Inzwischen arbeitet Claassen für die Heuschrecke Cerberus, weshalb es überhaupt zu Streitigkeiten wegen des Übergangsgelds kam.

Nun ja, in diesem im Jahr 2007 erschienen Buch, auf das Lomoth bewusst oder unbewusst verweist, steht Ähnliches geschrieben, wie Lomoth kurz umreißt. Das Wort Dauerbaustelle ist so eine Floskel. Bei Claassen heißt es schwarzmalerisch:

„Wenn wir unserer strukturellen, sich schon seit vielen Jahren schleichend aufbauenden Krise nicht endlich klar und mutig entgegenwirken, werden wir vielleicht in 30 Jahren in unserem Land keinen einzigen international wettbewerbsfähigen industriellen Arbeitsplatz mehr haben.“

Vor so einem schwachsinnigen Gesülze knien dann Horden von Mediendeppen nieder und übernehmen einfach die geistlosen Formulierungen, ohne je einen kritischen Gedanken selbst zu Papier bringen zu wollen, um vielleicht einmal für ihre Leser Licht in das scheinbare Dunkel zu tragen, mit dem uns die Schwarz-Gelbe Koalition umhüllen und irreleiten will.

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Zu Neues aus der Anstalt – Folge 28 und der nachfolgenden heute show

Geschrieben von:

Zunächst einmal die Wiederholungstermine zur gestrigen Anstalt-Ausgabe:

  • 3sat
    08. November 2009, 20.15 Uhr
  • ZDFtheaterkanal
    22. Oktober 2009, 19.40 Uhr
    04. November 2009, 19.40 Uhr
    09. November 2009, 19.40 Uhr
  • ZDFinfokanal
    24. Oktober 2009, 21.30Uhr
    31. Oktober 2009, 21.30 Uhr

In der Mediathek des ZDF können sie die Sendung auch online abrufen.

http://www.zdf.de/ZDFmediathek/content/866272?inPopup=true

Die Protagonisten standen gestern natürlich noch unter dem Eindruck der Bundestagswahl. Und während Patientensprecher Dombrowski, alias Georg Schramm, die Anstalt verlassen wollte, um bis zur NRW-Wahl seine Alterskohorte zu mobilisieren, hat Anstaltsleiter Priol hingegen den Entschluss gefasst, sämtliche Brücken nach draßen abzubrechen und sich samt persönlicher Habe selbst einliefern zu lassen. Diese beiden entgegengesetzten Bewegungsrichtungen mussten im Foyer aufeinanderprallen. Und während sich der Auswanderer Dombrowski kämpferisch und angriffslustig gab und versuchte seinen Bruder im Geiste zu motivieren, wirkte dieser jedoch resignierend angesichts der Tatsache, dass nun eine Retro-Kombo von Untoten aus dem Schattenreich der Kohl-Ära, die sich bereits für die nächste Körperweltenausstellung präpariert hatten, das Zepter übernehmen.

Als schlimmstes Adenauer-Barock bezeichnete Priol die kommende Regierungsmannschaft und insbesondere Westerwelle, der zwar nicht so alt aussehe, aber im Geiste eine furchtbar antiquierte Gestalt sei. Übrigens, in der nachfolgenden „heute-Show“ Sendung mit Oliver Welke bekam man ein schönes Portrait von Westerwelle geliefert, das diesen von Priol geschilderten Eindruck bestätigt. Aber zurück zur Anstalt. Mit der Bemerkung, das würde dem Verwaltungsrat gefallen, gemeint war der ZDF-Verwaltungsrat, tauschte Priol die Marx-Büste gegen ein Pappabbild von Adenauer aus. Dort brenne es schließlich lichterloh beim Fernseh-„Koch“. Großartige Anspielung und die Vorbereitung zu einer gelungenen Medienkritik.

Denn im folgenden Gespräch begann Priol zu beschreiben, welche Masche die Bundeskanzlerin anwendet, um sich ihrer Gegner zu entledigen. Davor habe Priol Angst und fürchtet deshalb die Freiheit. Das wiederum trieb Dombrowski zu dem Gedanken, dass einem Frau Merkel doch auch gleichgültig sein könne, wenn sie durch den Volkeswillen getrieben, opportun handeln würde. Unter diesen Voraussetzungen könne sie doch auch bleiben, meinte Dombrowski. Aber dafür hatte der Anstaltsleiter keinerlei Verständnis mehr und überlies dem Preußen die Bühne, um den Zuschauern zu erklären, was er damit meinte. Denn wenn die Kanzlerin aus Opportunismus das täte, was das Volk will, hätten wir einen flächendeckenden Mindestlohn, Atomausstieg, Tempolimit, Rückzug aus Afghanistan und ein Berufsverbot für Anlageberater in deutschen Banken. Das Volk sei eben weiter als die Kanzlerin. Doch die will lieber mit Volldampf in die Sackgasse, zurück dahin, wo wir vor der Krise waren.

„Und wo waren wir vor der Krise? Vor der Krise!“

Aber warum? Wenn die Kanzlerin opportun wäre gegenüber dem Volk, dann verlöre sie die Gunst der Mächtigen, so Dombrowski. Und die Medien spielen dabei eine entscheidende Rolle. Sie haben die Kanzlerin zur mächtigsten Frau der Welt gekürt. Das sei eine Farce, denn sie sei ja nicht einmal die mächtigste Frau Deutschlands.

„Das ist Liz Mohn und Friede Springer! Bild und Bertelsmann! Die lautstarken Herolde eines maroden Systems, das weltweit an den Fäden der Geldverleiher zappelt. Ein Handstreich von Friede Springer würde reichen, und ihre Tintenknechte schreiben die Kanzlerin vom Thron herunter und werfen sie ihrer eigenen Partei zum Fraß vor.

Die wahrhaft Mächtigen, das ist gewiss, haben die Gunst des Volkes längst verloren. Deswegen ist diese Frau so wertvoll für sie. So lang die Frau die Gunst des Volkes hat, hat sie die Gunst der Macht.

In der Biologie nennt man das eine Symbiose. Und wenn es zu Lasten des Wirtstieres geht, dann nennt man das eine parasitäre Symbiose. Und das Wirtstier das sind wir.“

Am Ende finden dann aber Dombrowski und Priol wieder zusammen. Bemerkenswert war auch der integrierte Auftritt von Uwe Steimle, der mit seiner Figur Günther Zieschong brillierte und Sätze sagte, wie…

„Wir haben unsere Revolution gemacht, jetzt seid ihr mal dran. Wer sagt denn, dass das immer friedlich sein muss?“ oder „Ich habe das sehr wohl zu schätzen gelernt, den Unterschied zwischen Ost- und Westsystem. In der DDR wurden die Betiebe erst verstaatlicht und dann runtergewirtschaftet,…ne?“

Im Anschluss an Neues aus der Anstalt scheint sich das Format „heute-show“ mit Oliver Welke zu etablieren. Wenn sie diese Sendung mal mit dem Satire Gipfel vergleichen, der ähnlich aufgebaut ist, gibt’s da klare Vorteile. Nehmen sie die Nummer mit dem Bericht von der Frankfurter Buchmesse. Dort fragte der Reporter Martin Sonneborn einfach mal nach der Meinung der chinesischen Aussteller zu Menschenrechten und Massenerschießungen in der Heimat. Genial. Oder schauen sie sich das Portrait über Westerwelle an, der bzgl. seiner Verweigerung, einem britischen Journalisten auf Englisch zu antworten, einfach behauptete, es sei auch in anderen Ländern so üblich, dass man in der Muttersprache Pressekonferenzen abhalte und nicht in Fremdsprachen antwortet. Die Journalisten sollten das doch mal überprüfen. Gesagt getan.

Ein Kollege der „heute-show“ fuhr zu einer Pressekonferenz des schottischen Ministerpräsidenten nach London und fragte auf Deutsch, ob man denn einen Westerwelle als Außenminister begrüßen würde. Nach einer Übersetzung durch den Leiter der PK, antwortete der schottische Regierungschef höflich. Im Anschluss bedankte sich Alex Salmond für die Frage und gab zu verstehen, dass er gerne Fragen in jeder Sprache beantworte, die er auch beherrscht. Darüber hinaus akzeptiere er auch alle Fragen, egal in welcher Sprache sie ihm gestellt würden. Da muss sich der Guido wohl noch einmal auf den eigenen „HOSENBODEN“ setzen und über die Gestaltung seiner künftigen Rolle nachdenken.

Mehr zur Sendung und die Videos finden sie hier.

http://heuteshow.zdf.de/ZDFde/inhalt/15/0,1872,7555087,00.html

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Starve the beast! – Die Rückkehr des Schlachtrufs der Marktradikalen mitten in der Krise

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In einem Kommentar auf Welt-Online fragt Andrea Seibel „Wollen wir umverteilen bis zum Umfallen?“ und geißelt den angeblichen Wohlfahrtsstaat. Da scheint eine Sypathisantin des Tigerentenclubs unzufrieden über die Koalitionsverhandlungen in Berlin zu sein und ferner enttäuscht darüber, dass sich angesichts der desolaten Haushaltslage so manches tolle Wahlversprechen in Luft auflösen könnte. Deshalb braucht es einen tönernen Weckruf in Form einer Abrechnung mit einem Staat, der nach Frau Seibel…

„…immer nur nimmt, um umzuverteilen, ein Staat, der klammert, der den Bürger nicht in Ruhe lassen will, sondern beschützen, lenken und bevormunden bis in die kleinsten Facetten des Alltags hinein.“

Die Gier des Staates sei nun Schuld an einer in die Höhe geschossenen Staatsquote von 50 Prozent.

„Der Druck des Wohlfahrtsstaates hat aus Menschen Steuerbürger gemacht, die sich allzu fatalistisch in die Maschine fügen, so als sei der Staat Naturgesetz.

Und so sieht dessen Bilanz aus: Bei einer Staatsquote von mittlerweile 50 Prozent sind Bildung, Pflege, Gesundheit, Rente allesamt in prekärem Zustand. Wollen wir nur für den Staat arbeiten? Wollen wir umverteilen bis zum Umfallen?“

Finanzkrise, Wirtschaftskrise und verdeckte wie offene Arbeitslosigkeit spielen keine Rolle bei der Seibelschen Betrachtung. Die Frage danach, warum der Staat so viel Geld in die Hand nehmen muss, wird reduziert auf den simplen Tatbestand eines öffentlichen Diebstahls am Besitz des freien Bürgers. Volkswirtschaftlichen Sachverstand sucht man vergebens, genauso wie die Einsicht, dass nicht die sozialstaatlichen Verteilungsmechanismen einer Skandalisierung bedürfen, sondern die politische Ausgabenfreude im Hinblick auf Banken und die weiter zockende Finanzindustrie. Und dann kommt die wohl unverschämteste Stelle des ganzen Machwerks.

„Der Bürger gibt Geld und damit auch Freiheit in die Hände des Staates, damit der Gutes und Notwendiges tue. Steuern zu zahlen ist immer ein Akt des freiwilligen Freiheitsverzichts. Der Bürger gibt dem Staat, was eigentlich ihm selbst gehört. Stattdessen glaubt der Staat heute eine generelle Einzugsermächtigung für unsere Konten zu haben.“

Das werden die Liechtensteiner Steuerflüchtlinge aber gern zur Kenntnis nehmen. Ihr strafrechtlicher Verstoß gegen die Abgabenordnung ist in Wirklichkeit keiner, schließlich könne man ihnen nicht vorwerfen, von ihrem Recht auf Freiheit und Freiwilligkeit Gebrauch gemacht zu haben. :crazy: Auch der Satz mit der Einzugsermächtigung ist lustig. Gerade diejenigen, die ihr Vermögen am Fiskus vorbei ins steuergünstigere Ausland transferieren, sind wesentlich selbst dafür verantwortlich, die Höhe ihrer Einkünfte so wahrheitsgetreu anzugeben, damit der Staat die korrekte Steuerschuld berechnen kann. Und während bei Arbeitnehmern die Lohnsteuer durchaus automatisch mit Hilfe der Arbeitgeber vorab vom Lohn abgezogen und abgeführt wird, egal ob berechtigt oder nicht, kann der vermögende Steuerflüchtling darauf vertrauen, dass seinen falschen Angaben kaum Beachtung geschenkt werden wird.

Schließlich fehlen rund 3000 Betriebsprüfer und 1000 Steuerfahnder in deutschen Finanzbehörden. Und obwohl jeder zusätzliche Prüfer im Jahr etwa 1,5 Millionen Euro eintreiben könnte, verzichtet die Politik auf deren Dienste und lässt es zu, dass Steuererklärungen ungeprüft passieren können. Ein Vorteil für Vermögende und Selbständige. Arbeitnehmer müssen hingegen mit dem überlasteten Apparat zurecht kommen, um etwaig zuviel bezahlte Steuern nach einem Jahr zurückzubekommen.

Das alles interessiert die vor sich hin träumende Autorin nicht, wenn sie einen Paul Kirchhof mit seiner Vorstellung einer flat tax aus der Mottekiste holt. Es fehlt nur noch der Godfather of Bierdeckel Friedrich Merz, um das völlig idiotische Weltbild zu komplettieren.

„Paul Kirchhof spricht von einer Flatrate von 25, also einem Viertel des Einkommens eines jeden Bundesbürgers. Keine Ausnahmeregelungen mehr, keine Privilegien, keine Schlupflöcher, keine Progression. Ein Traum? Naiv?“

Na wenn Frau Seibel schon so blöd fragt, kann man ihr auch antworten. Die flache Steuer ist pure Ideologie. Da wird nix einfacher. Denn nicht die Höhe des Steuersatzes verkompliziert die Angelegenheit. Es ist doch die Frage, welches tatsächliche Einkommen ein Mensch hat, das man zur steuerlichen Berechnung heranziehen kann. Heiner Flassbeck hat das schon im Jahr 2005 in dem Magazin Wirtschaft & Markt beschrieben, abrufbar auf den NachDenkSeiten:

„Welche Kosten darf er geltend machen, bevor sein Gewinn ermittelt ist, welche Einkommen werden überhaupt zur Besteuerung herangezogen, wo und wie werden Einkommen besteuert, deren Herkunft in verschiedenen Ländern oder verschiedenen Zeitphasen zu suchen ist? Diese und die meisten andere der zentralen Fragen, um die es geht, haben mit dem Steuertarif als solchem überhaupt nichts zu tun.

So erweist sich die flache Steuer als platte Ideologie. Worum es geht, ist nicht die Vereinfachung und sind auch nicht die Leistungsanreize. Es geht einzig und allein um das Zurückdrängen des Staates und um die Weigerung der Bezieher höherer Einkommen, mehr als proportional zur Finanzierung des Gemeinwesens beizutragen.“

Oh, da würden Westerwelle und Springer-Seibel jetzt aber großmäulig protestieren. Die Besserverdienenden zahlen doch die meisten Steuern in diesem Land, würde da jetzt trotzig erwidert. Fünfzig Prozent der Bevölkerung würden 94 Prozent der Steuerlast tragen, rechnet Finanz-Westerwelle doch immer wieder vor. Gemeint ist aber a) die Einkommenssteuer und b) jener Bevölkerungsteil, der auch über 82 Prozent des Gesamteinkommens verfügt. Das sagt Westerwelle nicht. Er sagt auch nicht, dass der Anteil der Lohn- und der veranlagten Einkommensteuer am Gesamtsteueraufkommen nur 30 Prozent beträgt und der Anteil der indirekten Steuern, wie der Mehrwertsteuer, bereits bei 31,5 Prozent des Gesamtsteueraufkommens liegt.

Durchschnitts- und Geringverdiener müssen ihr Einkommen fast oder ganz verkonsumieren, während Besserverdiener das logischerweise nicht tun müssen. Die Belastung geringerer Einkommen durch indirekte Besteuerung ist im Vergleich also erheblich höher als es Westerwelle mit seiner reinen Einkommenssteuerbetrachtung weißmachen will. Die Logik aus dieser Erkenntnis kann dann also nie lauten, Einkommensteuer bei allen runter und hin zum Stufen- oder Einheitstarif. Das Gegenteil ist richtig. Eine gerechte Einkommensteuerprogression mit einem deutlich höheren Spitzensteuersatz sorgt für Steuergerechtigkeit. Die seit Jahren betriebene Verlagerung des Steueraufkommens von direkten auf indirekte Einheitssteuern, wie der Mehrwertsteuer, muss aufhören.

Doch der Tigerentenclub setzt weiter auf Volksverdummung und Klientelpolitik. Da man sich verboten hat, an der Mehrwertsteuer zu drehen, sucht man sich halt andere Wege. Einer davon, neben der Radikalkürzung im sozialen Bereich, ist die Gebührendiskussion. Der Bürger soll für staatliche Leistungen, wie die Vorhaltung von Infrastruktur (siehe Autobahnen, Universitäten etc.), zahlen und Gebühren entrichten. Dem Besserverdienenden ist das durchaus recht, er muss ja sein Einkommen, welches im Modell von CDU und FDP erneut von direkten Steuern entlastet werden soll, nicht komplett verkonsumieren. Er hat nicht nur freie Mittel für Konsum, sondern auch für Kapitalanlagen, für private Vorsorge, für Gebühren und er kann sich Gedanken darüber machen, ob er sein wahres Einkommen überhaupt angibt oder nicht vielleicht einen Finanzberater aus Liechtenstein zu Rate zieht.

Schließlich kann er sich auch einen überdurchschnittlich guten Anwalt leisten, der ihn im Falle einer Anklage wegen Steuerhinterziehung zur Seite steht und ihm rät, an der Aufklärung seiner Verbrechen mitzuwirken, um der, auf Grundlage weggebrochener Steuereinnahmen, chronisch unterfinanzierten Justiz entgegenzukommen. Als Gegenleistung erhält man dann eine vergleichsweise milde Geldstrafe sowie Straffreiheit und die Gewissheit, im Häuschen am Gardasee seinen Lebensabend verbringen zu dürfen. Für diesen Traum, der schon längst Realität geworden ist, kämpfen Union, FDP und die Welt-Kommentatorin Andrea Seibel. Schämen sollten sie sich.

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