Merkels Nummerngirl und Schäubles Vergewaltigung

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Person und Gewissen heißt Annettes Doktorarbeit. Ob Plagiat oder nicht, spielt eigentlich keine Rolle. Von Bildungspolitik hat Schavan keine Ahnung. Nicht nur, dass ihr Ministerium wegen der Föderalismusreform praktisch überflüssig geworden ist, selbst als Nummerngirl der Regierung ist sie weder ein Hingucker, noch versteht sie die Zahlen auf den von ihr hochgehaltenen Pappschildern.

Stichwort öffentliche Bildungsausgaben: Da hat es im vergangenen Jahr die peinliche Verwechslung zwischen einer nominalen Steigerung und einer realen Stagnation gegeben. Zwar konnte gegenüber dem Jahr 2005 ein Zuwachs bei den Bildungsausgaben um knapp 20 Milliarden Euro verzeichnet werden. Gemessen am BIP hätten sich die Ausgaben damit aber kaum verändert. Mit 4,1 Prozent am BIP gibt Deutschland demnach genauso viel für Bildung aus wie im Jahr 1995.

Im Vergleich zu anderen OECD-Staaten hat Deutschland eine unterdurchschnittliche Entwicklung genommen. Andere haben seit 1995 ihre Bildungsausgaben in Relation zum BIP kräftig steigern können. Die Deutschen hingegen wollten unter Merkel 10 Prozent erreichen und versuchen das statt über Ausgaben vor allem mit Rechentricks zu bewerkstelligen. Das ist vergleichbar mit der Ermittlung der Arbeitslosenzahlen. Nur das hier keine Menschen heraus, sondern bereits vorhandene Ausgaben in die manipulierte Statistik hinein gerechnet werden.

Nun ist die Aufgabe eines Nummerngirls bekanntlich die, das Publikum während der Pause zu unterhalten. Für diesen Zweck inmitten der Krise taugt Schavan allemal. Denn eigentlich müssten wir ja über Minister Schäuble diskutieren, der im fernen Singapur die Finanzschallmauer nicht im freien Fall, wohl aber mit der Kraft der zwei Sprachen durchbrach. Leider klappte die übliche Verschleierung mit Worten gleich doppelt nicht.

„I think, there will no, it will not happen that there will be a Staatsbankrott in Greece.“

Entgegen der deutschen Vernebelungstaktik, wonach eine Hilfszusage immer an strenge Bedingungen geknüpft wird, ist in Südostasien ein griechischer Staatsbankrott für Schäuble praktisch ausgeschlossen. Es geht auch gar nicht anders, müsste es doch langsam in den Reporterhirnen dämmern. Selbst wenn die Griechen sich dazu entschließen würden, der Merkelschen Kürzungspolitik zu trotzen, müsste der Exportweltmeister und Nettogläubiger Deutschland weiter Geld in den Süden transferieren, um die eigene innenpolitische Stabilität nicht zu gefährden.

Schäuble ist nun auf Werbetour, um neue Gläubiger für die alten Schuldner zu finden. Das wiederum streitet gegen jenes in der Heimat gebetsmühlenartig vorgetragene Lied über die böse Schuldenmacherei. Denn in Deutschland und Europa soll mit Hilfe von Schuldenbremsen eine „Zukunft ohne Schulden“ möglich werden. Dieser Blödsinn ist populär, hilft aber nicht aus der Krise. Denn…

„Zukunft ohne Schulden wäre deshalb Zukunft ohne Geld. Wer das propagiert, ist antikapitalistischer als die SED. In der DDR gab es wenigstens Alumünzen.“

Quelle: Zeit Online

Deshalb müssen Schäuble und Merkel die Sprache vergewaltigen, um sie als Mittel der Kommunikation unbrauchbar zu machen. Was gemeint oder beabsichtigt ist, soll bewusst nicht erkennbar sein, weil es der herrschenden Ideologie widersprechen könnte. Befürchtet wird ein Schock inmitten der Schocktherapie. Um dem auszuweichen, wundert man sich lieber öffentlich über das Ausnutzen jener Spekulationsräume, die die eigenen Aussagen naturwüchsig produzieren.

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Grundrechenarten

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Reicher Mann und armer Mann, standen da und sahn sich an. Und der Arme sagte bleich: “wär ich nicht arm, wärst du nicht reich.”

Bertolt Brecht hat mehr von Volkswirtschaft verstanden, als 90 Prozent der deutschen Ökonomen oder führende Politiker, die als Abgeordnete des deutschen Bundestages oder als Regierung über Maßnahmen entscheiden, die unser aller Schicksal bestimmen.

In dieser Woche erreichten uns neue Zahlen zur Vermögensverteilung, die eigentlich niemanden überraschen dürften. Daneben tobt die Rentendebatte, in deren Schlepptau eine neuerliche PR-Offensive der Versicherungslobby folgt. Selbst diesen unbedeutenden Blog erreichen Mails von irgendwelchen Agenturen, deren Texte und Grafiken über tolle Anlagemöglichkeiten zur Vermeidung von Altersarmut ich doch gern verwenden könne.

Die große Volksverdummungs-Stiftung mit Namen Warentest veröffentlicht wieder Berichte über Riester-Renten und stellt völlig überraschend fest, dass nur 5 von 29 Policen im Sinne der Versicherten “gut” seien. Man fragt sich verwundert, was unabhängig vom Sinn der Riester-Rente aus der staatlichen Zertifizierung geworden ist, die angeblich all diesen Verträgen geprüfte Seriosität verleihen sollte. Es wird einfach weiter manipuliert und dummes Zeug erzählt.

Heiner Flassbeck hat unterdessen herausgefunden, dass die Sparquote der privaten Haushalte seit der Einführung der Riester-Rente im Jahr 2002 praktisch unverändert geblieben ist. Messerscharf kombiniert der Ökonom:

“Der Staat hat mehr als zehn Milliarden an Subventionen dafür ausgegeben, dass die Haushalte Ersparnisse, die sie ohnehin gehalten hätten, teilweise durch Riester-Produkte ersetzt, insgesamt aber weniger gespart haben. Sinnloser kann eine Subvention nicht sein.”

Es ist doch vollkommen klar, dass die Versicherungsbranche bei solch einem Befund leicht in Panik gerät und ein Versiegen der vom Staat am Sprudeln gehaltenen, kommerziell sehr lukrativen Ölquelle befürchtet. Denn im Gegensatz zu den Politikernasen beherrschen die Damen und Herren Finanzvertreter die Grundrechenarten und setzen sie für ihre Zwecke ein.

Möglicherweise könnte ja ein Blitzerwarner helfen, um die Zunahme absurder Entscheidungen zu verhindern. Geblitzt wurde auf der herbstlichen Sommerpressekonferenz der Bundeskanzlerin ja viel. Doch relativ unbemerkt und unwidersprochen durfte sie Unglaubliches in die Notizblöcke diktieren:

“Wegen der sehr hohen Verschuldung sind die Finanzmärkte in Sorge, ob wir die Schulden jemals zurückzahlen können.” Deshalb müssten die Ausgaben für den öffentlichen Sektor in vielen Euro-Staaten zurückgeschnitten werden, auch wenn dies in einer Übergangsphase sicher zu “negativen Wachstumsimpulsen” führe, sagte Merkel. Dafür zeige sich etwa in Spanien und Portugal aber bereits, dass durch den eingeschlagenen Reform-Kurs wieder Arbeitsplätze in der Industrie- und Exportwirtschaft entstünden.

Quelle: Reuters

Ihr blute übrigens das Herz, weil vor allem die Griechen mit niedrigem Einkommen unter der Krise zu leiden hätten. Die Sorge der Finanzmärkte wiege aber schwerer und der Hunger, den die Menschen im angeblich wieder aufstrebenden Portugal verspüren und der sie deshalb zu Tausenden auf die Straße treibt, scheint bei Frau Merkel und den Hauptstadtjournalisten in Berlin noch nicht angekommen zu sein. Der Reform-Kurs wirke ja, so die Botschaft. Wen interessieren schon die Realitäten. Zum Beispiel, dass Portugals Wirtschaft in diesem Jahr um weitere 3,3 Prozent geschrumpft und die Arbeitslosigkeit auf das Rekordniveau von 15,7 Prozent angestiegen ist.

Das sei ja nur eine Übergangsphase mit “negativen Wachstumsimpulsen”. Aha. So etwas kann Frau Merkel, kann auch jeder andere heute einfach sagen, ohne das jemand die betreffende Person für einen Schwachkopf oder eine Schwachköpfin hält. Wie gut, dass es da noch ehemalige Finanzminister gibt, die mit “frischen Konzepten” zur Regulierung der Kapitalmärkte aufwarten. Bei der Vorstellung der Steinbrück-Biografie – ich dachte, die hätte Su-Peer schon mit dem Buch “Unterm Strich” abgeliefert – rührt ein weiterer Ex-Finanzminister (Theo Waigel) die Werbetrommel für den Starökonomen der SPD.

“Ja, er kann es”, sagte Waigel. Nur was? Schach vielleicht? Im vergangenen Jahr hatte diesbezüglich Altkanzler Helmut Schmidt wohl unbeabsichtigt aber dennoch “Zug um Zug” Steinbrücks Schwächen offengelegt. Waigel attestiert ihm nun ökonomischen Sachverstand und das Gerede um die Kandidatenfrage, wer auch immer das für wichtig hält, breitet sich weiter aus.

Dabei hätte ich von allen Kandidaten und der amtierenden Regierung einmal die fünf Konten der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung erklärt bekommen, von denen der oben zitierte Bertolt Brecht offenbar mehr verstanden zu haben scheint.

Professor Bontrup, Sprecher der Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik übernimmt:

Auf Konto eins, das sind die privaten Haushalte haben sich zwischen 1991 und 2010 1986,7 Mrd. Euro an Vermögen angesammelt. Das sind im Schnitt rund 100 Mrd. pro Jahr. Wo die gelandet sind, steht im aktuellen Armutsbericht. Auf Konto zwei, das sind die nichtfinanziellen Kapitalgesellschaften, also produzierende Unternehmen, standen zum selben Zeitpunkt 414,9 Mrd. Euro Schulden, was auch vollkommen normal ist, da Unternehmen für Investitionen Kredite aufnehmen müssen. Auf Konto drei haben die Finanzinstitute, also Banken, Versicherungen und die Bundesbank ein Vermögen von 260,1 Mrd. Euro zwischen 1991 und 2010 angesammelt, was durchaus verwunderlich ist, wenn man das Gerede vom Misstrauen und einer angeblichen Kreditklemme in Erinnerung hat.

Auf Konto vier kommen nun endlich die nächsten Schuldner. Der Staat, also alle öffentlichen Haushalte (Bund, Länder, Kommunen) und die Sozialversicherungen. Sie haben zwischen 1991 und 2010 Schulden in Höhe von 958,9 Mrd. Euro angehäuft. Das sind durchschnittlich rund 48 Mrd. Euro neue Schulden pro Jahr. Wenn man jetzt mal alles zusammenaddiert, fehlt etwas, damit die Bilanz ausgeglichen ist. Und zwar noch weitere Schulden in Höhe von 873 Mrd. Euro. Die sind in Konto fünf verbucht, das die Überschrift “Ausland” trägt. In diesem Konto ist das in diesem Blog immer wieder thematisierte Bilanzungleichgewicht erkennbar. Der Exportweltmeister hat Forderungen in gigantischer Höhe angehäuft. Dafür hat der deutsche Michel nun seinen Gürtel enger geschnallt. 

Zwischen all diesen Konten besteht ein Zusammenhang. Die rund 2 Billionen Euro Vermögen brauchen zwangsläufig einen Schuldner, um überhaupt als Vermögen existieren zu können. Will man also die Schulden abbauen oder neudeutsch bremsen, muss man zwangsläufig auch Vermögen reduzieren oder dessen Vermehrung einbremsen. Da dass aber nicht im Interesse der Vermögenden ist, werden zwischen den Konten allerhand trickreiche Umbuchungen vorgenommen. Meistens fällt dem Konto vier dabei die Rolle des Schurken zu. Allein in den Krisenjahren 2009 und 2010 hat sich die Staatsverschuldung um 72 Mrd. bzw. 82 Mrd. Euro erhöht.

Das musste so sein, weil die Vermögenden ihre Verluste an den Finanzmärkten nicht durch einen Vermögensverlust bezahlen wollten. Die privaten Haushalte haben im Gegenteil im Jahr 2009 ihr Vermögen um zusätzliche 136 Mrd. Euro steigern können. Um das zu realisieren, mussten auf der anderen Seite auch die Schulden in den Konten vier und fünf steigen.

Bei der politisch veranlassten Umbuchung hat übrigens der oben kurz erwähnte und ach so kompetente Ökonom Steinbrück als Finanzminister und Best-Krisenmanager-Ever im Verwendungszweck des Überweisungsträgers  das Wörtchen “systemrelevant” eintragen lassen. Sie erinnern sich? Nun brauchte nur noch eine sprachliche Umdeutung der Vermögenskrise in eine Staatsschuldenkrise zu erfolgen und der Drops war gelutscht.

Es ist übrigens witzig, dass Steinbrücks angeblich bahnbrechendes Konzept den Umbau der Deutschen Bank vorsehen soll. Die Manager müssten sich warm anziehen, heißt es. Wie warm Steinbrück im Herbst 2008 wohl angezogen war, als ihn Ackermann über den Tisch gezogen hat und er kreidebleich mit seiner Chefin Angela vor die Presse trat, um eine Garantie für die Spareinlagen aller Deutschen abzugeben, können wir wohl jenseits des Protokolls in Steinbrücks Biografie nachlesen.

Und morgen suchen wir alle einen Namen für die neue Billig-Airline der Lufthansa.

Gute Nacht.      

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Die Kanzlerinnen-Strategie geht auf

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Demoskopen wundern sich über die guten Umfragewerte der Kanzlerin und ihrer Union. Inzwischen liege die CDU schon wieder so weit vor der SPD (12 Prozentpunkte) wie lange nicht mehr. Die Wahlforscher kommentieren diese Entwicklung damit, dass man von der SPD nichts weiter höre, als eine Diskussion über die ungelöste K-Frage.

…die SPD hingegen schrecke die Wähler mit Selbstbeschäftigung rund um die Kanzlerkandidaten-Frage ab. „Außerhalb der Frage, wer denn nun Kanzlerkandidat werden soll, ist von der SPD nicht viel zu hören“, sagte Emnid-Chef Klaus-Peter Schöppner.

Quelle: Zeit Online

Ohne die SPD sonderlich in Schutz nehmen zu wollen, so ist doch die angebliche Diskussion eine, die von außen geführt und in die Partei permanent hineingetragen wird. Man nennt das Fremdbestimmung. Richtig ist hingegen, dass sich das inkompetente Führungspersonal in die Debatte verwickeln lässt und politisch keine Alternative anzubieten hat, außer einer Korrektur des bestehenden Regierungskurses. Die Kritik des glücklosen und blassen Oppositionsführer Steinmeier an der Politik der Bundesregierung beschränkt sich auch nur auf die Feststellung von handwerklichen Fehlern.

Ich warte nur auf die Rückkehr des berühmten Schröder-Satzes: „Wir wollen nicht alles anders, aber vieles besser machen.“ In Wahrheit fällt den Sozialdemokraten noch immer die Rolle zu, die sie schon in der Großen Koalition innehatten. Ihnen wird auch in der Opposition das Versagen der Regierung angelastet. Merkwürdig. Doch die Kehrtwenden der Bundesregierung vor allem in der Eurokrise, schaden nicht ihr, sondern der SPD. Denn obwohl sich die Eurozone unter tatkräftiger Mithilfe der Kanzlerin in eine Haftungs- und Transferunion verwandelt – also in etwas, was Merkel bis in den Tod hinein und mit breiter Zustimmung des Volkes vermeiden wollte – scheinen ihr die Wähler zu vertrauen.

Schließlich waren es Sozialdemokraten, die bei jeder Entscheidung über Rettungsschirme und Stabilitätsmechanismen für eine breite Mehrheit im deutschen Bundestag sorgten. Die SPD schreit immer am lautesten Ja, damit man auch ihr Aber hört. Doch keiner interessiert sich für ein Aber, das kalkuliert ins Leere laufen muss. Die SPD macht sich auf ganzer Linie lächerlich. Die noch verbliebenen Wähler merken das.

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Schäubles Effekthascherei

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Vor ein paar Tagen schloss Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble im ZDF eine Klage gegen die EZB nicht aus. Nun pfeift er jene zurück, die wie er, juristische Schritte gegen die Zentralbank einleiten wollen. Das bestätigt meine These, wonach es Schäuble zur besten Sendezeit nur um Effekthascherei gegangen ist, die dazu dienen sollte, seinen zum Nischenprodukt abgeurteilten ESM zu promoten.

Jetzt teilt er via FAS mit, dass eine „halböffentlich“ geführte Debatte nicht zur Stärkung des Vertrauens in die Notenbank beitrage.

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Nur noch ein Nischenprodukt

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Das Grundgesetz ist zum Schirmständer des ESM geworden. So karikiert Klaus Stuttmann das Urteil des Bundesverfassungsgerichts. In dieser Woche als Medien-Event angekündigt, entpuppt sich die alles-oder-nichts Entscheidung des BverfG bei genauerer Betrachtung doch als wenig spektakulär. Sicherlich dürfen jetzt nach oben hin begrenzte Mittel über den ESM an Staaten ausbezahlt werden. Doch welchen Sinn hat der begrenzte ESM überhaupt noch, wenn daneben die EZB damit droht, die Bazooka mit unbegrenzter Feuerkraft auszupacken? Hinter der Zentralbank verkommt der ESM zum reinen Nischenprodukt. Viel Lärm um Nichts, könnte man sagen.

Vielleicht will Bundesfinanzminister Schäuble ja deshalb gegen die EZB klagen, weil er um die Bedeutung eines hart erkämpften Mechanismus bangt, in dem die Bundesregierung noch das Sagen hat. Dabei will auch die EZB Staatsanleihen nur dann wirklich aufkaufen, wenn sich die Krisenländer an eine wie auch immer geartete Austeritätspolitik halten. Hier geht es doch nur um Spielchen, die den Wähler beeindrucken sollen. 

Man könnte ja auch zu der spannenden Frage kommen, wie ein verfassungskonformer Rettungsschirm mit Zahlungsverpflichtung zu einer ebenfalls verfassungskonformen Schuldenbremse passt. Die Antwort darauf liegt wie immer im Sozialetat, den zu kürzen bis jetzt noch jede Regierung als alternativlos betrachtet hat.

Das Grundproblem wird bei all dem Geschnatter über ESM und Fiskalpakt schlichtweg ausgeblendet. Wenn sich keiner an die vereinbarte Zielinflationsrate hält, funktioniert auch die Eurozone nicht. Wer Überschüsse für erstrebenswert und richtig hält, muss auch die Defizite der anderen akzeptieren. Doch der starre Blick auf nationale Haushalte und die Inlandsverschuldung, die, wenn man wollte, ja beherrschbar wäre, führt zu einer substanziellen Wahrnehmungsstörung.

Die Defizite der Krisenstaaten sind durch den Transfer von Auslandskapital ja überhaupt erst entstanden. Der freie Waren- und Kapitalverkehr gehört zu den Grundpfeilern der Europäischen Union. Innerhalb der Eurozone sind dann aber nicht nur die Kreditnehmer, sondern auch die Kreditgeber als Teil derselben Gleichung zu betrachten. Das ist sicher schlecht für deutsche Arbeitnehmer, denen jahrelang weisgemacht wurde, ihr Konsumverzicht hätte irgendeinen tieferen Sinn. Um die Illusion aber aufrecht zu erhalten, wonach ein Schuldschein mehr wert sei, als reale Waren und Güter, betreibt die Bundesregierung die größte Gläubigerrettungspolitik aller Zeiten.

Die Forderungen müssen ihren Wert behalten, damit der deutsche Michel am eingeschlagenen Irrweg ja nicht zweifelt und artig seinen Gürtel noch ein Stückchen enger schnallt. Immer in der Hoffnung, irgendwann einmal dafür belohnt zu werden. Bundespräsident Gauck faselte neulich bei starker Sonneneinstrahlung: „Wir stehen vor Unsicherheiten, aber nicht vor dem Abgrund“. Er kann das freilich behaupten, er stand ja nicht, sondern saß auf dem Podium.

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Die SPD macht sich mal wieder total lächerlich

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Die SPD jammert über die Entscheidung der EZB, unbegrenzt Staatsanleihen von sog. Krisenstaaten aufkaufen zu wollen. Der haushaltspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Carsten Schneider, wirft der Bundesregierung heute morgen vor, die EZB als willkommene Ersatzregierung zu begrüßen. Damit müsse Frau Merkel nicht mehr im Bundestag um Mehrheiten ringen. Das sei eine Politik am Willen des Volkes vorbei und “demokratie-theoretisch” problematisch, so Schneider.

Offenbar scheinen Schneider und sein Chef Steinmeier vergessen zu haben, dass Merkel nie demokratie-theoretische Überzeugungsarbeit leisten musste, um die Stimmen von SPD und Grünen im Bundestag für eine breite Mehrheit zusammenzukriegen.

Die SPD macht sich mal wieder total lächerlich. Sie selbst geht nur zum Schein mit Alternativvorschlägen an die Öffentlichkeit und trägt  am Ende aber die Regierungsposition immer mit. Schließlich feixte man zuletzt noch darüber, dass Merkel ohne die Stimmen von SPD und Grünen im Bundestag keine eigene Mehrheit zu Stande gebracht hätte.

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Deutschland isoliert sich an der Seite Chinas

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In der vergangenen Woche war der Besuch der Bundeskanzlerin in China ein großes Thema. Sie reiste nicht allein, sondern mit ihrem halben Kabinett sowie Vertretern der deutschen Wirtschaft. Die konnte sich über den Abschluss von Milliarden-Deals freuen und zeigte sich ansonsten sehr devot gegenüber jenem Geschäftspartner, der die Spielregeln regelmäßig zu seinen Gunsten ändert. Gleichzeitig stellte die Kanzlerin in Aussicht, persönlich bei der EU-Kommission darauf hinzuwirken, dass der schwelende Handelskonflikt wegen der Lieferung chinesischer Solarmodule auf harmonische Weise und nicht durch eine Klage entschärft würde.

Wenn man das Treffen mit Ministerpräsident Wen Jiabao noch einmal Revue passieren lässt, könnte man meinen, Merkels Draht nach Peking ist besser als zu Obama nach Washington. Die Chinesen wollen bei der Rettung des Euro helfen, während die Amerikaner weiter darauf drängen, dass Europa selbst die Kurve kriegt und vor allem an der Beseitigung seiner internen Handelsungleichgewichte arbeitet. Das missfällt dem Exportweltmeister, der einerseits seine Überschüsse als Ausdruck volkswirtschaftlicher Stärke feiert und andererseits die dafür notwendigen Defizite anderer als verwerfliches Leben über deren Verhältnisse geißelt.

Merkels Politik setzt weiterhin auf einen radikalen Schrumpfungsprozess, der zwar für die Bevölkerungen ärgerlich sei, aber an dem auf lange Sicht kein Weg vorbeiführe. Doch selbst die Chinesen sparen nicht mit Kritik. Die Bemerkung Wen Jiabaos, wonach die bisherigen Krisenmaßnahmen in Europa nicht sehr zufriedenstellend verlaufen seien, nahm die Kanzlerin regungslos zur Kenntnis. Dabei wird sie hierzulande und in Brüssel nicht müde zu betonen, dass ihr Austeritätskurs richtig und von Erfolg gekrönt sei. Einen besseren Beweis für die sprichwörtliche Isolation der vermeintlich mächtigsten Frau der Welt hätte man nicht finden können.

In ihrer Not klammert sich auch die deutsche Exportwirtschaft an die chinesischen Märkte. Skurrile Bilder von handzahmen deutschen Managern, die ihre Worte so sehr wogen, dass es sogar den chinesischen Ministerpräsidenten verwunderte. Wen Jiabao sah sich genötigt, als Stichwortgeber wenigstens den Anschein von Partnerschaft zu erwecken, in der man sich gleichberechigt alles sagen könne. Die deutsche Seite hatte sich aber längst ergeben. Dennoch sprechen deutsche Sonntagsblätter (FAS) im Rückblick von Neid und Missgunst, von der all jene befallen seien, die nicht wie Deutschland Überschüsse produzieren würden. In diesem Zusammenhang könne man nicht verstehen, warum die EU über Sanktionen für „leistungsstarke“ Länder nachdenke.

Das Heranrücken an China werde demzufolge als notwendiger Schritt betrachtet, der von beiderseitigem Interesse geleitet sei, aber den Konflikt mit den schwächeren Staaten in der Eurozone weiter verstärken könnte. Das ist natürlich eine Sicht ganz auf Linie der Bundesregierung. Doch China hat kein Interesse an einer Partnerschaft mit Deutschland, unter der der Rest der Eurozone zu leiden hätte. Die Chinesen sind da schon viel weiter als die deutsche Presse, die sich vor Ort immer wieder über schlechte Arbeitsbedingungen beklagt. Sie sehen den europäischen Markt gerade wegen der absurden Deflationspolitik Merkels als Ganzes bedroht. Sicherlich fällt der Tadel für die Krisenpolitik verhaltener aus, dennoch ist es töricht anzunehmen, die Chinesen verstünden nichts von volkswirtschaftlichen Zusammenhängen.

Das Problem ist nur, dass Merkel und die Bundesregierung Gefangene ihres eigenen Tuns sind. Sie gehen lieber einen Pakt mit dem Teufel ein, als von ihrem bisherigen Irrweg abzuweichen. Aus innenpolitischem Kalkül hat Merkel die chauvinistische Karte längst gespielt und latente Vorurteile gegen andere Völker Europas bedient. Ihr letzter Versuch, diese Entwicklung wieder einzufangen, indem sie ihre Mitstreiter zum sorgfältigen Abwägen von Worten ermahnte, ist jämmerlich gescheitert. Doch auch die Vereinbarung mit China erfordert einen Kurswechsel – Merkel bereitet ihren nächsten Schwenk schon vor. Dieser wird allerdings unter gleichzeitiger Akzeptanz eines diktatorischen Wirtschaftsmodells vollzogen. Für die Hilfe Chinas wirft Merkel nicht nur demokratische Prinzipien über Bord, sondern ist auch bereit, europäisches Recht hintanzustellen. Die deutsche Solarbranche, bisher immerhin ein Wachstumsmarkt, muss sich ziemlich veräppelt vorkommen, wenn deren Interessen mal eben durch Merkel verraten werden. Nach deutscher Lesart sollen sie aber ein Opfer bringen, damit ein Handelskrieg mit China verhindert werden könne. Da verfolge die Bundeskanzlerin offenbar ein höheres Ziel, als jene politisch gewollte Energiewende, an deren Gestaltung deutsche Unternehmen in der Solarbranche mitwirken wollten.

Mitten im Entwicklungsprozess wird eine innovative Industrie durch Merkels Exportfixiertheit nun aber einfach abgewickelt. Die Lösung des Problems habe Zeit und könne auf dem Verhandlungswege erreicht werden, sagte Merkel in Peking. Dabei ist Zeit genau das, was die massenhaft wegsterbenden Solarfirmen in Deutschland nicht haben. Der Kanzlerin scheint das und eine Zunahme der Arbeitslosigkeit aber billigend in kauf zu nehmen. Sie glaubt wohl tatsächlich daran, mit China in einen Export-Wettbewerb treten zu können. Im Sommerinterview der ARD ließ sie die deutsche Öffentlichkeit ja bereits wissen, dass sie in asiatischen Think Tanks mitlese und eine Abkehr vom europäischen Sozialstaatsmodell für richtig halte.

Warum also sollte die EU Maßnahmen gegen einen von China geführten Dumping-Wettbewerb beschließen, wie es beispielsweise die USA mit Schutzzöllen getan haben? Vielmehr müsse sich Europa aus Sicht von Merkel wahrscheinlich an China orientieren und ähnliche Arbeitsbedingungen schaffen, die es wiederum ermöglichen, im Wettbewerb mitzuhalten.

Diese Weltwirtschaftskrise zeigt daher zwei fatale Seiten. Die einen betreiben mit Schutzzöllen die bereits befürchtete Marktabschottung und die anderen versuchen mit einem race to the bottom im freien Fall nach unten die beste Figur zu machen. Wichtig sind Marktanteile und die Sicherung des Wohlstands einiger weniger, bei denen es egal ist, wo sie leben, solange sie dort Menschen vorfinden, die alternativlos für sie arbeiten.

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Zumutung heute journal

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Während der Anmoderation erzählt Claus Kleber, dass er eigentlich keinen Bock mehr auf Krise hat und es irgendwie nachvollziehen könne, wenn mal einer verbal draufhaut, weil das jeder verstehe. Andere, die den Draufhauer kritisieren, sonnten sich hingegen in Moral.

„Wir müssen wieder mit der Euro Sache loslegen und haben Verständnis dafür, wenn ihnen das zum Hals raushängt. Uns geht es manchmal selber so.“

Ich halte die Eröffnung der gestrigen Ausgabe des heute journals gelinde gesagt für eine Zumuntung, und das nicht nur im Hinblick auf die Qualitätsansprüche von Journalisten, die überall herumgekommen sind und sich selbstredend zur Spitzenklasse einer Zunft zählen, die sich dem ehrenwerten Prinzip der Aufklärung verschrieben hat.

Man könnte über diese nicht mal mehr schnoddrige Art Klebers noch mit einem Kopfschütteln hinwegsehen, wenn da nicht ein Bericht im Anschluss gekommen wäre, in dem es über angeblich positive Zahlen aus den Krisenstaaten ging. Neben den Redakteuren des Beitrags freuten sich zwei Banker (einer ist von Unikredit, die zufällig auch die Statistiken zum Beitrag liefert) und natürlich Claus Kleber über die „erfreuliche“ Entwicklung sinkender Lohnstückkosten in allen „Sorgenstaaten“. Damit würde eine Trendwende für Wachstum eingeläutet.

„Es gibt Zahlen, die den Aufschwung klar belegen.“, behauptet der Sprecher in dem Beitrag. Gleichzeitig wird eine Grafik von Unikredit eingeblendet, in der die fallenden Lohnstückkosten der stigmatisierten Länder eingezeichnet sind. Merke: Fallende Lohnstückkosten = Aufschwung, weil sich ja die Produktion insgesamt verbilligt. Das selbst unter dieser Betrachtung noch immer ein Käufer theoretisch vorhanden sein muss, spielt beim Versuch einer positiven Umdeutung des Begriffs „race to the bottom“ natürlich keine Rolle.

Die Lohnstückkosten gleichen sich an und damit auch die Leistungsbilanzen, heißt es weiter. Das sei gut und beweise die Wirksamkeit der Reformen. Die schon nicht mehr geglaubte Eurorettung sei nun wieder ein Stück weit machbarer, so die Schlussfolgerung von Kleber. „Verblüffend“, meint er über den Beitrag, der nichts anderes beweist, als die Ahnungslosigkeit derjenigen, die ihn produziert haben. Denn zunächst einmal wird die Lage gnadenlos beschönigt. In der gesamten Eurozone herrscht Rezession. Vor allem in den Ländern, die in dem Beitrag mit angeblich positiven Daten aufwarten, sind die Einbrüche zuletzt deutlich gewesen.

Kennt die heute journal Redaktion die Nachrichten nicht, die nur ein paar Tage zurückliegen? In Spanien, Italien und Portugal schrumpft die Wirtschaftsleistung, doch das ZDF verbreitet, diese Länder seien auf einem guten Weg. Portugal überrasche gar besonders, weil es wieder mehr verkaufe. Vor ein paar Tagen schockte das Land noch alle, weil trotz penibler Umsetzung aller Sparmaßnahmen die Wirtschaftsleistung um derbe 1,2 Prozent eingebrochen ist. Es ist also absolut nicht zu verstehen, warum das heute journal so eine Scheiße sendet.

Die Krönung war aber wieder der Auftritt vom vermeintlich geläuterten Starökonomen Straubhaar aus Hamburg, dessen ökonomischer Sachverstand inzwischen ein Niveau erreicht hat, das mit unterirdisch noch schmeichelhaft umschrieben ist.

„Ich denke, weitere gute Nachrichten werden kommen, weil bei einer so hohen Arbeitslosigkeit wird automatisch auch kein Lohndruck erzeugt. Die Menschen sind froh, wenn sie überhaupt einen Job haben, selbst wenn er schlechter bezahlt werden wird. Und dieses schlechter bezahlen heißt, dass diese Güter auf den Weltmärkten wieder attraktiver werden, dass wir die Exporte anschieben. Und auf der anderen Seite wird man, weil man kein Geld hat, weniger importieren. Deshalb werden sich auch die Handelsbilanzen langsam aber stetig verbessern können.“

Claus Klebers Kommentar zu dieser verbalen Unverschämtheit: „Das heißt, es ist noch nicht alles verloren.“

Dazu nur soviel. Straubhaar und Kleber können noch so viel dummes Zeug erzählen und müssen nicht fürchten, für ihre zur Schau getragene Menschenverachtung jemals schlechter bezahlt zu werden.

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Merkel liest in asiatischen Think Tanks mit

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Wieder ist ein Sommerinterview mit Angela Merkel rum und der Zuschauer bleibt ratlos zurück. Top-Meldung bei der ARD ist, wie erwartet, Merkel weist CSU in die Schranken. Das war vorhersehbar, nach der plumpen oder wahrscheinlich eher abgesprochenen Vorlage, die Dick und Doof in der BamS lieferten. Den entscheidenden Satz Merkels hat die Nachrichtenabteilung der ARD aber nicht dokumentiert. Nämlich den, als sie darüber sprach, was sie in einer Einschätzung eines asiatischen Think Tanks kürzlich gelesen haben will.

Darin hieß es, in Europa fehle etwas und zwar flächendeckend. Merkel erklärt das dann so:

“Wir können nicht einfach sagen, das ist unser Sozialstandard, auf dem bleiben wir stehen, und wir können nichts anderes machen, sondern wir müssen schauen, wenn wir Arbeitsplätze haben wollen, dass wir auch in der Lage sind, wettbewerbsfähige Kosten, vernünftige Produkte anzubieten, auf den Weltmärkten möglichst innovative Produkte, dann können wir nämlich auch gute Erlöse und Gehälter dafür zahlen.” 

Mal abgesehen vom gewohnt anstrengenden Satzbau (wortwörtlich von den Lippen der Kanzlerin abgeschrieben) will Angela Merkel doch sagen, dass unser dringendes Problem Sozialstandards seien, die Arbeitsplätze, Wettbewerbsfähigkeit und eine gute Bezahlung behindern würden. Klar sei es “extrem ärgerlich” wenn während der Finanzkrise die Reichen mit ihrem Geld irgendwo hin verschwinden, vornehmlich über die Berge (meint sie damit etwa die Schweizer Alpen?), doch könne man offensichtlich nichts gegen diese Ungerechtigkeit unternehmen, weil die bescheuerten ARD-Interviewer einfach nicht nachfragen!!!

Es klingt wie ein schlechter Scherz, wenn Deppendorf am Ende des zusammengestückelten Interviews sagt, dass er und sein minder begabter Kollege Becker noch viel mehr hätten fragen können und wollen. Jedenfalls wissen wir jetzt, dass die mächtigste und weiseste Frau der Welt den Eindruck hat, dass sich andere ernsthaft anstrengen. Doch wie sieht es bei der Kanzlerin aus, darüber bleibt der Zuschauer im Unklaren. Sie wolle abwarten. Diesmal den Troika-Bericht und Urteile des Bundesverfassungsgerichts. In der Zwischenzeit führt das Land eine Debatte, in der es den Anschein hat, als bestimme die deutsche Bundesregierung oder der deutsche Bundestag über den Verbleib Griechenlands in der Eurozone.

“Jeder sollte seine Worte wägen”, ist Merkels kurze Antwort, die in der ARD mit einem angeblichen Zurechtweisen sehr durchschaubar übersetzt wird. Gleichzeitig stärkt die Kanzlerin dem Bundesbank-Präsidenten den Rücken, der mit seinem Geschwätz nicht nur die Vorlage für Dobrindts “Falschmünzer-Äußerung” lieferte, sondern damit auch eine absolute Minderheitenposition im EZB-Rat vertritt. Die Notenbank-Finanzierung mache süchtig wie eine Droge, lässt Weidmann einfach mal so verbreiten. Anscheinend hat er schon vergessen, dass die Staatenfinanzierung aktuell genauso funktioniert. Der Unterschied liegt nur darin, dass die privaten Geschäftsbanken den Job gegen eine hübsche Provision erledigen.

Weidmann geht es also nicht um die Ideologie der Geldwertstabilität, denn Inflationsgefahren sieht er ja nach eigener Aussage auch nicht, sondern um handfesten Einfluss, den Berlin und damit seine Chefin Merkel im EZB-Rat nachweislich nicht hat. Deshalb wird sie und er auch nicht müde zu betonen, dass die EZB unabhängig zu bleiben, aber sich dennoch auf ihre vertraglich fixierten Pflichten zu beschränken habe. Allein die EZB könnte mit ihrer Geldpolitik den von Merkel angezettelten und immer noch durchgehaltenen Austeritäts-Wahnsinn durchbrechen, ohne dass sie oder ihr ergebener Diener Weidmann etwas daran ändern könnten.

Innenpolitisch stünde Merkel vor einem Scherbenhaufen, noch machtloser und noch isolierter. Schließlich könnte sie die Kontrolle über den aus strategischen Gründen und mit chauvinistischen Parolen geschürten Volkszorn verlieren. Die Zeit des Aussitzens und des Spielens auf Zeit wäre vorbei. Da hilft dann auch kein mahnender Appell mehr, wonach jeder seine Worte sorgfältig wägen sollte.

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Frag nicht die Kanzlerin in Trennungsfragen

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Heiner Flassbecks Beitrag „Trennt euch!„, der diese Woche unter anderem auf den NachDenkSeiten erschien, ist zuweilen enttäuschend, weil die Aussage des Textes wohl gern ignoriert werden und im Gegenteil dazu führen wird, dass sich die “Horden engstirniger deutscher Provinzpolitiker”, wie Flassbeck sie nennt, in deren Auffassung bestätigt sehen. Und kaum ist die Woche rum, wartet die Bild am Sonntag mit einem Interview zweier Generalsekretäre auf, die über den Austritt Griechenlands fabulieren, obwohl ein Gespräch über den Eintritt von Intelligenz in die Köpfe von Dick und Doof, pardon, Dobrindt und Döring allemal sinnvoller gewesen wäre.

Am Abend hat dann die Kanzlerin in der ARD mal wieder das Wort und darf mit Sicherheit erneut eine Frage von Deppendorf und Becker nach den vermeintlichen Unruhen innerhalb der Koalition beantworten. Das geht schon seit Jahren ihrer Regentschaft so. Ein bissel Gezänk im eigenen Laden, das lenkt von den Problemen ab, die Merkel ebenfalls seit Jahren nur vor sich herschiebt und dennoch als Machtpolitikern mit klarem Kompass und Ziel überall geachtet wird.

Bereits im letzten Jahr versicherte sie den beiden Fragestellern der ARD, zum nächsten Euro-Sondergipfel nur reisen zu wollen, wenn dieser auch zu einem Ergebnis führe. Inzwischen sind zwölf Monate und dutzende weitere Krisengipfel ohne Ergebnisse rum. Die Lage ist schlimmer als vorher und wieder wollen Deppendorf und Becker nur wissen, wie es mit Europa weitergeht, anstatt danach zu fragen, wann die Kanzlerin endlich damit aufhört so zu tun, als täte sie was.

Aber das wird nicht passieren. Stattdessen ist im Vorspann zur Sendung die Rede von der mächtigsten Frau der Welt, zu der Angela Merkel kürzlich wieder gekürt wurde. Doch wäre sie die mächtigste Frau, trüge sie doch auch Verantwortung für das Desaster, in dem sich Europa und die Welt befinden. Nein, so weit reicht der Hirnschmalz im Führungsduo des Hauptstadtstudios der ARD aber nicht. Denn die Schuld am Schlamassel tragen immer die anderen, die Auflagen nicht erfüllen und trotz radikaler Kürzungen noch immer über ihre Verhältnisse leben würden. Merkels Politik “aus dem hohlen Bauch” trifft da eher den Geschmack der Berichtenden und kritisch nicht wirklich Nachfragenden.

Dank Merkels Krisenmanagement befindet sich Europa bereits in der Rezession und nun taumelt auch Deutschland hinterher. Natürlich ist sie und ihre Regierung nicht dafür verantwortlich, sondern “der Wunsch nach mehr Staat und mehr sozialen Wohltaten”, wie es etwa von der Pfeife aus dem Wirtschaftsministerium heißt.

Ich kann Heiner Flassbeck schon verstehen, wenn er meint, dass eine Trennung nun das richtige wäre. Allerdings dürfe die nicht zwischen Nord- und Südeuropa vollzogen werden, sondern eindeutig zwischen dem Souverän und der von ihm bestellten Bundesregierung. Um das zu erreichen ist weiter Aufklärungsarbeit zu leisten.

Trennt Euch endlich von dieser Kanzlerin und ihrer Regierung! Und wenn ihr schon dabei seid, trennt euch auch von amtlichen Regierungspropagandisten mit Presseausweis.

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