Zumutung heute journal

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Während der Anmoderation erzählt Claus Kleber, dass er eigentlich keinen Bock mehr auf Krise hat und es irgendwie nachvollziehen könne, wenn mal einer verbal draufhaut, weil das jeder verstehe. Andere, die den Draufhauer kritisieren, sonnten sich hingegen in Moral.

„Wir müssen wieder mit der Euro Sache loslegen und haben Verständnis dafür, wenn ihnen das zum Hals raushängt. Uns geht es manchmal selber so.“

Ich halte die Eröffnung der gestrigen Ausgabe des heute journals gelinde gesagt für eine Zumuntung, und das nicht nur im Hinblick auf die Qualitätsansprüche von Journalisten, die überall herumgekommen sind und sich selbstredend zur Spitzenklasse einer Zunft zählen, die sich dem ehrenwerten Prinzip der Aufklärung verschrieben hat.

Man könnte über diese nicht mal mehr schnoddrige Art Klebers noch mit einem Kopfschütteln hinwegsehen, wenn da nicht ein Bericht im Anschluss gekommen wäre, in dem es über angeblich positive Zahlen aus den Krisenstaaten ging. Neben den Redakteuren des Beitrags freuten sich zwei Banker (einer ist von Unikredit, die zufällig auch die Statistiken zum Beitrag liefert) und natürlich Claus Kleber über die „erfreuliche“ Entwicklung sinkender Lohnstückkosten in allen „Sorgenstaaten“. Damit würde eine Trendwende für Wachstum eingeläutet.

„Es gibt Zahlen, die den Aufschwung klar belegen.“, behauptet der Sprecher in dem Beitrag. Gleichzeitig wird eine Grafik von Unikredit eingeblendet, in der die fallenden Lohnstückkosten der stigmatisierten Länder eingezeichnet sind. Merke: Fallende Lohnstückkosten = Aufschwung, weil sich ja die Produktion insgesamt verbilligt. Das selbst unter dieser Betrachtung noch immer ein Käufer theoretisch vorhanden sein muss, spielt beim Versuch einer positiven Umdeutung des Begriffs „race to the bottom“ natürlich keine Rolle.

Die Lohnstückkosten gleichen sich an und damit auch die Leistungsbilanzen, heißt es weiter. Das sei gut und beweise die Wirksamkeit der Reformen. Die schon nicht mehr geglaubte Eurorettung sei nun wieder ein Stück weit machbarer, so die Schlussfolgerung von Kleber. „Verblüffend“, meint er über den Beitrag, der nichts anderes beweist, als die Ahnungslosigkeit derjenigen, die ihn produziert haben. Denn zunächst einmal wird die Lage gnadenlos beschönigt. In der gesamten Eurozone herrscht Rezession. Vor allem in den Ländern, die in dem Beitrag mit angeblich positiven Daten aufwarten, sind die Einbrüche zuletzt deutlich gewesen.

Kennt die heute journal Redaktion die Nachrichten nicht, die nur ein paar Tage zurückliegen? In Spanien, Italien und Portugal schrumpft die Wirtschaftsleistung, doch das ZDF verbreitet, diese Länder seien auf einem guten Weg. Portugal überrasche gar besonders, weil es wieder mehr verkaufe. Vor ein paar Tagen schockte das Land noch alle, weil trotz penibler Umsetzung aller Sparmaßnahmen die Wirtschaftsleistung um derbe 1,2 Prozent eingebrochen ist. Es ist also absolut nicht zu verstehen, warum das heute journal so eine Scheiße sendet.

Die Krönung war aber wieder der Auftritt vom vermeintlich geläuterten Starökonomen Straubhaar aus Hamburg, dessen ökonomischer Sachverstand inzwischen ein Niveau erreicht hat, das mit unterirdisch noch schmeichelhaft umschrieben ist.

„Ich denke, weitere gute Nachrichten werden kommen, weil bei einer so hohen Arbeitslosigkeit wird automatisch auch kein Lohndruck erzeugt. Die Menschen sind froh, wenn sie überhaupt einen Job haben, selbst wenn er schlechter bezahlt werden wird. Und dieses schlechter bezahlen heißt, dass diese Güter auf den Weltmärkten wieder attraktiver werden, dass wir die Exporte anschieben. Und auf der anderen Seite wird man, weil man kein Geld hat, weniger importieren. Deshalb werden sich auch die Handelsbilanzen langsam aber stetig verbessern können.“

Claus Klebers Kommentar zu dieser verbalen Unverschämtheit: „Das heißt, es ist noch nicht alles verloren.“

Dazu nur soviel. Straubhaar und Kleber können noch so viel dummes Zeug erzählen und müssen nicht fürchten, für ihre zur Schau getragene Menschenverachtung jemals schlechter bezahlt zu werden.

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Straubhaar ruft nach einem Gauleiter für Griechenland

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Der Leiter – Ökonom will ich ihn nicht nennen – eines privaten think tanks, Thomas Straubhaar, fordert neuerdings ein “europäisches Protektorat Griechenland”. Da sträuben sich ja einem die Haare. Volksverhetzung geht also auch wieder auf akademischen Niveau. Lustig, dass es ein Schweizer ist.

Ausführlich hat sich mit dieser Entgleisung flatter in seinem Beitrag, “Die Springerstiefel der Finanzwirtschaft” beschäftigt…

Warum eigentlich nicht? Ich möchte Leistungsträgern wie Thomas Straubhaar die Chance geben, ihre Ideen und ihr diplomatisches Fingerspitzengefühl auszuprobieren. Sie sind doch wie es heißt stets mit der Bürde der großen ‘Verantwortung’ beladen. INSM-Straubhaar soll bitte nach Athen fahren und sich der öffentlich Debatte über seine Vorschläge stellen. Das würde vermutlich mehr bewegen als jede Parlamentswahl und das Verhältnis der Finanzbranche zur Bürgerschaft sehr wirksam zurechtrücken. Ich fürchte allerdings, die Fingerspitzen könnten dabei empfindlich leiden.

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