Katastrophenmeldungen erschüttern Wohlfühlwahlkampf

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Als erstes stimmten uns zu Guttenberg und Steinbrück am Sonntag bei Anne Will auf harte Einschnitte nach der Bundestagswahl ein, ohne auch nur ein Wort darüber zu verlieren, wo man denn nun beabsichtige, den Rotstift anzusetzen. Man sollte sicherlich nicht immer von Lügnern sprechen, da dieser Vorwurf rechtlich nicht ganz einwandfrei ist, jedoch äußern nun auch einige Journalisten Unverständnis und sprechen wie zum Beipiel Markus Sievers von der Frankfurter Rundschau vom „dreisten Schweigen“ oder „Unverschämtheiten“ gegenüber den Wählern.

„Es darf gerätselt werden, weil kein Politiker konkrete Vorschläge macht. Das ist angesichts der gewaltigen Herausforderungen dreist, um nicht zu sagen unverschämt gegenüber den Wählern.“

Nach und nach platzen weitere Bomben. Vorstände der Bundesagentur für Arbeit schreiben einen Brief an die Kanzlerin, in dem sie um weitere finanzielle Hilfen bitten. Mit anderen Worten, hier steht man unmittelbar vor der Pleite. Warum? Die Beitragssatzabsenkung zu Beginn des Jahres, die als konjunkturelle Maßnahme propagiert wurde, war und ist ein politisch schwerer Fehler gewesen, geradezu verantwortungslos. Die großzügigen Zusagen der Bundesregierung in Sachen Kurzarbeitergeld liefen der Beitragssatzsenkung schon rein logisch zuwider. Nun bekommt man die Quittung präsentiert. Die Unentschlossenheit und Planlosigkeit der Bundesregierung bei der Krisenbekämpfung kommt hierbei zum Ausdruck. Die Kultur des Abwartens auf irgendwelche Wirkungen ist falsch und verantwortungslos. Die zögerliche und völlig unzureichende Konjunkturpolitik grandios gescheitert.

Dennoch tut Frau Merkel so, als würde sie mit ihren Steuerplänen nach der Wahl weiterhin Konjunkturpolitik betreiben. Nun muss sie sich aber die Frage gefallen lassen, wie die Kosten der von ihr und ihrer Regierung zu verantwortenden offenen wie verdeckten Arbeitslosigkeit bezahlt werden können. An der Forderung der Bundesagentur sehen sie sehr schön, wie borniert es ist, auf konjunkturelle Maßnahmen aus fiskalischen Gründen zu verzichten. Allein mit Kürzungen wird man die Defizite nicht ausgleichen können. Weitere Schulden sind unumgänglich. Aber Frau Merkel glaubt an Wunder und wahrscheinlich die heilsamen Kräfte des Marktes, um wieder in die Wachstumsspur zu kommen.

Doch heute vermeldet das statistische Bundesamt, dass im ersten Halbjahr 2009 die Exporte katastrophal eingebrochen sind. Um 23,5 Prozent sind die Ausfuhren zurückgegangen. Da Frau Merkel und auch ihr potenzieller Koalitionspartner Westerwelle sowie auch Steinbrück die Exportwirtschaft für besonders wichtig erachten, stellt sich die Frage, wie man angesichts dieser Zahlen ein neuerliches Wachstum erzielen will, das die erlittenen Verluste auszugleichen vermag. Die Kanzlerin aber auch Dummkopf Steinbrück sprechen aktuell von moderaten Wachstumsraten, die man schaffen könne. Was soll das? Wem nützen moderate Wachstumsraten?

Ein Umsteuern wäre dringend geboten. Der Binnenmarkt muss gestärkt, Kaufkraft gesteigert und somit Arbeit gesichert werden. Das Geld, das man nun für die Verwaltung von Arbeitslosigkeit und weiterer sozialer Kosten aufbringen muss, weil Arbeitslosigkeit nun einmal auch dazu führt, dass Beiträge ausbleiben und Löcher in die Finanzhaushalte reißen, hätte man nehmen können, um ein Konjunkturprogramm zu finanzieren, das auch den Namen verdient. Wie will man eigentlich mit der eiligst beschlossenen und viel umjubelten Schuldenbremse überhaupt finanzpolitisch agieren? Gar nicht, wird man feststellen. Indirekte Steuern rauf, wird es heißen, um die Finanzsituation zu verbessern. Die Mietmäuler Wiegard und Straubhaar schreien bereits lauthals nach einer Mehrwertsteuererhöhung um ein Prozent.

In den Augen der Wirtschaftsexperten sind deshalb Steuererhöhungen nach dem 27. September unvermeidlich. „Ohne Steuererhöhungen wird es nicht gehen. Sie sind nach der Bundestagswahl programmiert“, sagte der Wirtschaftsweise Wolfgang Wiegard. Die „am wenigsten wachstumsschädliche Form der Steuererhöhung“ sei eine Erhöhung der Mehrwertsteuer. „Sie belastet den Konsum, aber nicht die Investitionen.“ Eine Anhebung von einem Prozentpunkt auf dann 20 Prozent würde nach Ansicht von Wiegard genügen.

In diesem Punkt ist sich Wiegard mit dem Chef des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts, Thomas Straubhaar, einig. Der erneuerte ebenfalls seine Forderung nach einer starken Anhebung der Mehrwertsteuer. Im Gegenzug müssten aber die direkten Steuern drastisch gesenkt werden, sagte Straubhaar im ZDF.

Quelle: Stern

Grober Unfug! Wiegard erzählt denselben Müll wie Merkel. Eine Erhöhung der Mehrwertsteuer sei angeblich nicht wachstumschädlich. Sie belaste ja nur den privaten Konsum. Was sind das eigentlich für Leute? Und Straubhaar rundet das Bild ab. Eine Erhöhung der Mehrwertsteuer muss eine Absenkung der Einkommenssteuer entgegenstehen. Unglaublich assozial. Der Sinn von direkten Steuern ist doch die gerechte Besteuerung unterschiedlich hoher Einkommen. Eine immer stärkere Verschiebung des Steueraufkommens auf die für alle Einkommensgruppen gleich hohe Verbrauchssteuer ist assozial, unsolidarisch und verfassungsfeindlich.

Die Masken fallen allmählich und die hässliche Fratze des „Weiter so“ kommt zum Vorschein. Sorgen sie mit ihren beiden Stimmen am 27. September für eine Alternative. Werfen sie sie nicht weg. Gehen sie wählen.

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Noch knapp eine Woche bis zur Bundestagswahl

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Wer die Diskussionsrunden der letzten Tage verfolgt hat, wird sicherlich einen Einblick darüber bekommen haben, wie sich die Parteien eine künftige Politik vorstellen und wie sie sie auch finanzieren wollen. Dabei ist es schon belustigend, wie dann die Spitzen mit Zahlen jonglieren, um dumm fragenden Journalisten zu erklären, woher das Geld für angebliche „Wohltaten“ denn kommen soll. Das alte Muster von Programmen und ihren Kosten ist nach wie vor ein beliebtes Thema. Und auch die Öffentlichkeit lässt sich damit einlullen. Die Frage nach dem Preis für Bildung zum Beispiel oder für bessere Sozialleistungen interessiert ungemein. Der Vorwurf, das Blaue vom Himmel zu versprechen, ist schnell formuliert. Auf der anderen Seite verzichtet die Kanzlerinnenpartei gar gänzlich auf Versprechungen und tut so, als sei das Verweilen im Ungefähren die bessere Wahl.

Ich wundere mich immer wieder über die Ausdauer, mit der man den fundamentalen Widerspruch dieser Zeit auszublenden versucht und der Finanzierung von politischen Aufgaben bis ins kleinste Detail nachspüren will, um so etwas wie eine programmatische Diskussion zu schaffen, die es dem Zuschauer dann erlauben soll, zwischen den Angeboten auszuwählen. Doch die Frage nach den Kosten eines politischen Programms ist doch inzwischen völlig belanglos geworden, wenn man sich immer wieder vor Augen führt, mit welcher Leichtigkeit mal eben eine halbe Billion Euro für die Finanzwirtschaft zur Verfügung gestellt wurde. Wenn also Herr Trittin von den Grünen wieder und wieder vorrechnen muss, dass er den Solidaritätszuschlag in einen Bildungssoli umwandeln will oder die SPD nicht Müde wird zu betonen, dass eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes notwendig wird, damit der riesige Schuldenberg nicht allein von den Schwächeren in der Gesellschaft bezahlt werden muss oder Union und FDP meinen, mit Steuersenkungen für ein konjunkturelles Wunder sorgen zu können, das von keiner empirischen Erfahrung je bestätigt wurde, dann ist das nichts weiter als schlecht vorgespieltes Theater.

Beschönigend nennt man das dann „Symbolpolitik“. Oder wie Georg Schramm sagen würde, „Der Urnenpöbel wird mit Zeichen abgespeist“ Politiker seien nur Hampelmänner, die in Berlin Demokratie vorspielen dürften, aber in Wirklichkeit an den Fäden von Interessenverbänden hingen, die das politische Handeln in Wahrheit bestimmen. Und das war im Jahr 2003 zur Verabschiedung von Dieter Hildebrandt aus der Kabarettsendung „Scheibenwischer“.

Heute ist klarer denn je, wie Recht Schramm mit seiner Analyse hatte. Die Frage heute kann doch nicht lauten, welche Programme wie finanziert werden können und wer in der Auseinandersetzung darum eine gute Figur abgibt. Die Frage heute muss doch lauten, wie die Demokratie und das Parlament so außer Kraft gesetzt werden konnten, dass Finanzströme ungeahnten Ausmaßes freigesetzt wurden, die in die Rettung von angeblich systemrelevanten Banken flossen und immer noch fließen. Aus welcher Logik leitet man denn eigentlich die Wichtigkeit der Frage nach der Finanzierung eines Bildungsprogramms oder die Finanzierung von sozialer Sicherheit ab? Das verstehe ich bis heute nicht. Wieso müssen solche Aufgaben des Staates, die zu regeln, unsere Verfassung eindeutug vorschreibt, im Gegensatz zum Finanzsektor, einem quälend langen Entscheidungsfindungsprozess unterworfen werden, bei dem sich die politischen Kontrahenten pausenlos mit der Frage nach der Bezahlbarkeit beschäftigen und sich gegenseitig Unseriösität vorwerfen?

Bei Anne Will im Ersten konnte man gestern zum Beispiel einen richtigen Schrecken kriegen, sofern man noch bei klarem Verstand war. Dort saßen zu Guttenberg und Steinbrück und lieferten sich einen belanglosen Schlagabtausch um die richtige Politik für dieses Land, bei dem am Ende herauskam, dass zu Guttenberg der Hübschere von beiden sei und Steinbrück der sportlich Coolere, weil er bei der Frage über die Wirkung von Änderungen an der Einkommenssteuer seinem Gegenüber zu Guttenberg vorschlug, nach draußen zu gehen, um die richtige Antwort auszukegeln. Der stimmte dann auch noch zu, obwohl er Herrn Steinbrück zuvor noch mit ernster Miene fragte, ob dieser gern mit populistischem Gehabe kokettiere. Die Krönung des Theaters war dann aber eine auf Initiative Steinbrücks zurückgehende, von Anne Will spontan gestellte Zuschauerfrage, ob das Publikum lieber einen FDP-Vertreter oder Herrn Steinbrück im Bundesfinanzministerium sähe.

Da möchte man doch am liebsten

Wer ganau hinschaut, muss einfach sehen, wohin die Reise gehen wird, wenn sich die letzten Umfrageergebnisse am Wahlabend in etwa so bestätigen werden. Am „Weiter so“ führt dann kein Weg mehr vorbei. Noch immer sind Verbriefungen erlaubt, noch immer können Finanzinvestoren (Heuschrecken) Unternehmensteile auf- und verkaufen, ohne dafür einen Cent Steuern zahlen zu müssen, noch immer läuft das Finanzkasino, während die Binnenwirtschaft unter einer der größten Rezessionen leidet. Wer das zu Guttenberg-Papier gelesen hat, weiß wie ein schwarz-gelber Fahrplan aussehen könnte. Wer in Steinbrücks Ministerium hineinschaut, wird feststellen, dass auch dort bereits darüber nachgedacht wird, zum Beispiel Zuschläge für die Arbeit an Sonn- und Feiertagen sowie in der Nacht künftig regulär zu besteuern. Auch die Erhöhung der Mehrwertsteuer ist entgegen allen Beteuerungen ein Thema. Da brauchen sie nur die Zeichen zu deuten, um zu begreifen, wer für jene Schulden bezahlen soll, die der Staat bereit war einzugehen, als er die Banken bedingungslos und uneingschränkt mit Milliarden versorgte.

Nutzen sie daher ihre beiden Stimmen am 27. September weise. ;)

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Warum Deutschland mit seiner Exportorientierung auf dem Holzweg ist

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Wenn Kanzlerin Merkel, Finanzminister Steinbrück, Wirtschaftsminister zu Guttenberg und zahlreiche andere scheinbar schlaue Krisen-Köpfe meinen, dass sie weiter auf die Exportstärke Deutschlands setzen können, müssen sie mal erklären, woher die Auslandsnachfrage kommen soll. Konsequenterweise schaut man sich dann die Wirtschaftsdaten jener Volkswirtschaften an, von denen man annimmt, dass sie eine Nachfrage nach deutschen Gütern wieder entwickeln werden.

In der Vergangenheit zählten die Vereinigten Staaten von Amerika zu den Nachfragegiganten auf diesem Planeten. Ihnen verdankt die deutsche Wirtschaft ein Titelabo auf die Exportweltmeisterschaft. Wenn die Bundesregierung also davon überzeugt ist, dass der Export die bestimmende Säule deutscher Wirtschaftspolitik bleiben soll, muss sie auch positive Erkenntnisse über die Nachfrageentwicklung der US-amerikanischen Volkswirtschaft besitzen, die den Schluss nahe legen, dass deutsche Güter dort wieder gefragt sein werden.

Jedoch muss man feststellen, dass die Bundesregierung ihre Informationen entweder aus einer Glaskugel bezieht oder aber schlicht zu dumm ist, die sich fortpflanzende Weltwirtschaftskrise anhand der vorliegenden Daten zu begreifen. Ich persönlich tippe ja mal auf Dummheit in Tateinheit mit Korruption und arglistiger Täuschung des deutschen Volkes. Denn wer sich die amerikanischen Wirtschafts- und Arbeitsmarktdaten anschaut, kann nie und nimmer davon überzeugt sein, dass der Konsumboom bald wieder losgehen wird.

Dr. Joachim Jahnke hat auf seiner sehr informativen Seite „Infoportal – Deutschland & Globalisierung“ dankenswerterweise einige wichtige Daten veröffentlicht, die eindeutig belegen, dass es zu einer Belebung der Nachfrage dort auf längere Sicht nicht mehr kommen kann.

  1. Die Sparquote in Amerika steigt!

    Um das zu verstehen, muss man sich mit den Ursachen der Krise auseinandersetzen. Die liegen nämlich unter anderem darin begründet, dass der amerikanische Konsummotor vor allem kreditfinanziert war. Das Modell, welches wir bei den Immobilienkrediten gesehen haben und das zu einer Blase führte, die schließlich platzte, ist auch auf den alltäglichen Konsum übertragen worden. Möglich war das nur, weil man den in neoliberalen Kreisen so beliebten Lohnverzicht durchsetzen konnte und als Kompensation des zu erwartenden Kaufkraftverlustes die billige und flexible Kreditfinanzierung setzte. In Deutschland wird das übrigens gerade eingeführt.

    Das Ganze kann natürlich nur unter der Bedingung einer wachsenden Wirtschaftsleistung gut gehen. Solange die Menschen ihre Jobs haben, können Schulden auch bedient werden. Nun hat man es aber mit der Kreditfinanzierung in Amerika zu weit getrieben. Wer erinnert sich nicht an die lustige Al Bundy Geschichte, in der sogar der Hund der Familie eine Kreditkarte ohne sonderliche Prüfung ausgestellt bekam. Neben der laxen Überprüfung von Bonitäten hielten auch flexible Tilgungsmodelle Einzug. Man konnte also kaufen und die Begleichung der entstandenen Schulden in die Zukunft verschieben. Die sich aus diesem Modell ergebenden Risiken wurden verpackt, gebündelt, bewertet und schließlich im Finanzkasino hin und her geschoben – sie kennen das Spiel.

    Nach dem Platzen der ersten Kreditblase am Imobilienmarkt, ist eine Kettenreaktion in Gang gesetzt worden, die auf die reale Wirtschaft durchschlägt. Plötzlich ist jedem klar, dass die offenen Schulden nie und nimmer beglichen werden können, dass die Kaufkraftstärke eben nur eine Illusion war, die dazu dienen sollte, schnelle Gewinne bei den Spielteilnehmern zu generieren. Nun befindet sich die Wirtschaft in einer Rezession und die Menschen verlieren ihre Jobs.

  2. Die Arbeitslosenzahlen schnellen in die Höhe, Unterbeschäftigung nimmt zu!

    Die Arbeitslosenquote in den USA hat sich seit August 2007 von 4,7 % auf 9,7 % mehr als verdoppelt. 11,6 % der Amerikaner (> 35 Mio. Menschen) sind auf kostenlose Lebensmittelmarken angewiesen, weil sie von ihren Löhnen nicht mehr leben können. So eine dramatische Entwicklung hat Folgen. Eine Nachfrageschwäche ist mehr als offensichtlich, es sei denn, es gelänge mit der Durchsetzung von höheren Löhnen tarifpolitisch für Entspannung zu sorgen. Doch dem steht die systematische Schwächung der Gewerkschaften entgegen.

  3. Die Gewerkschaften haben keine Macht mehr!

    Dr. Jahnke weist mit Zahlen zur Streikentwicklung darauf hin, dass die Täuschung der Arbeitnehmer, sie könnten ihre Wohlstandsinteressen auch mit Lohnverzicht und durch Inanspruchnahme von Krediten befriedigen, erfolgreich war. Solange der Konsummotor und die Wirtschaft lief, gab es so gesehen keinen Grund, für die Durchsetzung besserer Entgeltleistungen zu kämpfen.

Im Egebnis fallen sogar die Preise für Waren und Dienstleistungen, trotz erheblicher Summen, die durch die FED in den Markt gepumpt wurden. Und nun kommt unsere Regierung wieder ins Spiel. Leute wie Steinbrück nämlich nehmen überhaupt nicht zur Kenntnis, was oben über den realen wirtschaftlichen Niedergang begründet herausgearbeitet wurde. Leute wie Steinbrück interessiert nur der monetäre Geldfluss, privat wie auch global. Und somit ist es auch nur allzu logisch, dass er in den Milliardensummen, die durch die Zentralbanken und Regierungen zur Verfügung gestellt wurden, lediglich ein Inflationsrisiko erkennen will, das es recht zügig einzudämmen gilt, selbst wenn die Wirklichkeit ihn längst Lügen straft.

Auf dem G20 Gipfel in London warb Steinbrück für eine „Exit-Strategie“ was staatliche Konjunkturhilfen angeht und für höhere Zinsen in der Geldpolitik, weil er wider besseren Wissens eine Inflationsgefahr vor Augen hat. Angesichts der aktuellen weltwirtschaftlichen Talfahrt ein wahnsinniger Gedanke. Denn woher soll die Nachfrage nach deutschen Gütern im Ausland kommen, wenn die dortigen Staaten keine Konjunkturprogramme mehr auflegen dürften? Die USA haben in London jedoch durchgesetzt, dass konjunkturelle Maßnahmen solange fortgeführt werden sollen, bis eine stabile wirtschaftliche Erholung sichtbar würde.

Offensichtlich war das auch Steinbrücks Plan. Er will zu Hause weiter das Trugbild pflegen, Konjunkturprogramme seien Strohfeuer, die den Steuerzahler zu viel Geld kosten und die Verschuldung in die Höhe treiben. Gleichzeitig will er verschleiern, dass er auf die Konjunkturmaßnahmen anderer Volkswirtschaften angewiesen ist, damit sein Exportmotor wieder anspringt und die Ungleichgewichte wieder aufgebaut würden, von denen das permanent kostensenkende Deutschland profitierte.

Allerdings wird dieser Plan nicht funktionieren, wie die amerikanischen Daten eindrucksvoll belegen. Steinbrück muss das wissen. Er muss auch wissen, dass er sich im Falle eines Wahlsieges von schwarz-gelb einen neuen Posten suchen kann. Da kommt die Ankündigung von Frau Merkel doch sehr gelegen, ihm zu einem internationalen Spitzenjob zu verhelfen. Wieso also sollte Steinbrück als SPD-Vize für einen Wahlerfolg seiner Partei kämpfen oder für eine Wirtschafts- und Finanzpolitik, die sich an den Interessen jener Menschen orientiert, die die Sozialdemokratie mit ihrem aufgesetzen sozialen Gehabe zur Wahl reanimieren möchte?

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Nachtrag zur angeblichen Stabilisierung der deutschen Wirtschaft

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Wie sie vielleicht gestern in den Nachrichten gehört haben, gibt es aus dem Schlüsselindustriezweig Maschinenbau sehr schlechte Nachrichten. Ein massiver Stellenabbau drohe, weil die Auftragseingänge dramatisch zurückgegangen seien. Im Juli brachen den zehnten Monat in Folge die Aufträge weg – minus 43 Prozent, so der Branchenverband VDMA. Die Maschinenbauer waren bisher vor allem vom Export abhängig. Die Auslandsnachfrage bleibt aber weiterhin aus. Aus diesem Grund müssten mehr Stellen gestrichen werden. Bis Ende des Jahres könnten es dann 42.000 Jobs sein.

Gegen diese erschreckende Prognose müssen sie jetzt das Geschwafel von zu Guttenberg, Merkel und Steinbrück setzen, die in einer geringfügigen Erholung der Konjunktur bereits eine erfreuliche Trendwende sehen. Anspruch und Wirklichkeit klaffen dabei weit auseinander. An den Daten der Maschinenbauer können sie nun nachvollziehen, wie dramatisch sich der vorangegangene konjunkturelle Einbruch um über sechs Prozent real auswirkt. Ohne Nachfrage, braucht es auch keine Produktion. Im Ergebnis bedeutet das dann Arbeitsplatzabbau. Die zuletzt festgestellte geringfügige Erholung der deutschen Wirtschaft reicht demnach überhaupt nicht aus, die bereits vorhandenen Kapazitäten auszulasten.

Wenn man das aber nun vorher wissen kann, warum tut man dann nichts gegen das sich abzeichnende Desaster? Peer Steinbrück bewies zuletzt mal wieder, dass er mit volkswirtschaftlichen Denken nicht viel anfangen will oder kann. In einem Papier an die Finanzminister und Zentralbankchefs der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer (G20) setzt sich der deutsche Finanzminister dafür ein, staatliche Konjunkturhilfen möglichst bald wieder einzustellen, um einer möglichen Inflationsgefahr vorzubeugen. Der hat vielleicht Sorgen, möchte man da meinen. Während Tausende Jobs flöten gehen, sieht unsere Regierung teilnahmslos zu und warnt stattdessen vor einem Inflationsphantom.

Dabei hieß es doch bei Frau Merkel, dass die Exportindustrie für das Land äußerst wichtig sei. Nur warum hilft man dann den Maschinenbauern zum Beispiel nicht mit einer aktiven Konjunkturpolitik? Weil man von staatlichen Hilfen, die nicht gerade für den Finanzsektor bestimmt sind, nun einmal nichts hält. In der realen Wirtschaft soll der Aufschwung vor allem durch weitere Konstensenkungen und eine Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit erreicht werden. Das müssen sie sich an dieser Stelle mal vorstellen. Die Logik heißt, man muss den Preis für eine Ware nur immer weiter senken und das Angebot wird schon irgendwie geräumt. Solange müssten die Beschäftigten halt in den sauren Apfel beißen und es hinnehmen, dass Löhne gekürzt und Arbeit weiter flexibilisiert würde.

Das können sie auch so im Wahlprogramm der FDP nachlesen oder im zu Guttenberg Papier der Union. Die Tatsache aber, dass der weltweite Nachfrageeinbruch auch damit zu tun haben könnte, dass sich riesige außenwirtschaftliche Ungleichgewichte zwischen stark exportierenden Volkswirtschaften wie Deutschland und stark importierenden Staaten wie den USA aufgetürmt haben, findet im Denken unerer bornierten Regierungsmannschaft keinen Platz. Dort zählt nur das sture „Weiter so“. Dogmatisches Denken eben. Und regelrecht albern wird es, wenn Dogmatiker Wahlkampf betreiben.

Frank Walter Steinmeier, Kanzlerkandidat der SPD und Architekt der Agenda 2010, deren Umsetzung er nach wie vor für richtig und wichtig hält und damit zum Beispiel auch die Ausweitung der Leiharbeit (Hartz I), darf im Interview gegen ein drohendes schwarz-gelbes Bündnis Folgendes sagen:

„Schwarz-Gelb würde den Kündigungsschutz schleifen, die Leiharbeit ausweiten, die Unternehmenssteuer senken und die Mehrwertsteuer erhöhen. Eine Regierung Merkel/Westerwelle würde soziale Kälte für unser Land bedeuten und die soziale Balance, die unser Land stark gemacht hat, zerstören.“

Diese von Steinmeier beschriebene soziale Kälte hat unter seiner aktiven Mitwirkung bereits längst Einzug gehalten. Man müsste CDU und FDP eigentlich in Schutz nehmen, wenn man nicht genau wüsste, dass die Hartz-Gesetze im Vermittlungsausschuss unter Beteiligung von CDU und FDP ausgehandelt und schließlich beschlossen worden waren. Steinmeier liefert also nicht mal eine gute Show, sondern abscheuliches Theater auf dem Rücken der Menschen, die nichts dafür können, dass sie ihren Job verlieren, keinen neuen mehr finden und unter der Androhung eines Sanktionsapparates eingeschüchtert werden.

Auf der anderen Seite darf ein Manager, wie Karl-Gerhard Eick, Ex Arcandor-Vorstand, der gerade mal ein halbes Jahr im Amt war und nicht mehr als die Insolvenz eines riesigen Unternehmens in seiner Bilanz stehen hat, dennoch 15 Millionen Euro Abfindung abgreifen und sich noch als edlen Spender feiern lassen, während die rund 45.000 Beschäftigten des Konzerns einer ungewissen Zukunft entgegen sehen. Versteht man das etwa unter einer „geordneten Insolvenz“, lieber Herr zu Guttenberg und liebe Medienleute?

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Und wieder zwei CDU-Skandale (TV-Tipp: Report Mainz – heute um 21:45 Uhr im Ersten)

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In Niedersachsen zeichnet sich immer deutlicher ab, dass Kultusministerin Heister-Neumann ein Disziplinarverfahren gegen den unbequemen Landeschef der Lehrergewerkschaft GEW, Eberhard Brandt, veranlasste, obwohl die Landesschulbehörde davon abgeraten hatte. Darauf deuten nun auch der Öffentlichkeit zugespielte Akten hin, aus denen hervor gehe, dass das Ministerium die Landesschulbehörde zur Aufnahme des Verfahrens gegen den Kritiker der schwarz-gelben Schulpolitik gezwungen habe. Das ist übrigens sehr lustig. Denn die Landesregierung um den allseits beliebten Kuschel-Wulff hatte im Vorfeld die brisanten Akten für geheim erklärt und jedem Abgeordneten, der daraus zitieren würde, Strafe angedroht. Landesverrat sozusagen.

Die Neue Presse Hannover widmet heute mal einen Kommentar dieser schäbigen Geschichte. Amtsmissbrauch nennt das der schreibende Dirk Racke zu Recht. Achselzuckend nimmt er aber dann zur Kenntnis, dass dieses Vergehen folgenlos bleiben werde, da die Mehrheit der schwarz-gelben Koalition einen Entlassungsantrag der Opposition niederstimmen werde. Da könne man halt nix machen, außer bis zur nächsten Kabinettsumbildung zu warten.

„Es ist schwer vorstellbar, dass die Ministerin nicht davon wusste. In dem Fall hätte sie das Vorgehen gegen ihren Kritiker mindestens gebilligt. Ihr Posten dürfte nur bis zur nächsten Kabinettsumbildung sicher sein.“

Tja, unter dem Kommentar von Racke steht übrigens in großen Lettern,

„Schon wieder Kritik an Ulla Schmidt – Diesmal geht es um Nutzung der Flugbereitschaft der Bundeswehr. Kosten 2000 Euro.“

Das läuft dann wohl unter dem redaktionsinternen Objektivitätsgebot. Wenn die Missetaten einer CDU-Politikerin nicht mehr unter der Decke gehalten werden können, muss zum Ausgleich mindestens noch eine Drecksgeschichte gegen die SPD-Seite ausgegraben werden. Wirkt auf mich jedenfalls so. Bei Frau Schmidt sucht man inzwischen mit der Lupe nach Verwertbarem. Dass die Informationen von Bild kommen, ist dabei nur logisch.

Beim nächsten CDU-Skandal, den die Presse nicht sonderlich interessieren dürfte, geht es um eine Geburtstagsfeier im Kanzleramt. Josef Ackermann, Chef der Deutschen Bank, durfte zu seinem 60. Geburtstag bei Frau Merkel feiern und auf Kosten der Steuerzahler 30 weitere Gäste einladen. Kosten: mind. 2100 Euro für zusätzliches Personal. Die Aufwendungen für Speisen und Getränke konnte im Nachhinein nicht mehr ermittelt werden, berichtet Report Mainz, zu sehen heute um 21:45 im Ersten.

Das sind immerhin schon einmal mindestens 100 Euro mehr als die Bild am Sonntag Frau Schmidt in Rechnung stellen wollte. Da bin ich jetzt aber mal gespannt, ob meine Tageszeitung, die Neue Presse Hannover, morgen ein richtiges Fass aufmacht und zum Beispiel titelt.

Ackermann & Friends dürfen nicht nur Staatsknete für ihre maroden Bankhäuser abgreifen, sondern auch noch auf unser aller Rechnung im Kanzleramt Parties feiern – Lesen sie, wie Kanzlerin Merkel die Finanz- und Wirtschaftskrise managed.

Es wird wohl ein Traum bleiben. Schließlich darf sogar der Wirtschaftsminister zu Guttenberg, der des Einkaufs von fertigen Gesetzen überführt ist, unwidersprochen zu seiner Entlastung heute behaupten:

„Es gibt in besonderen Ausnahmefällen Fragen und Themen, die einen so hohen Komplexitätsgrad aufweisen, dass man im eigenen Ministerium nicht die nötige Expertise dafür vorhalten kann“, sagte er. „In solchen Fällen ist es geradezu eine Verpflichtung, sich Sachverstand von außen zu holen.“

Mit anderen Worten, die Mitarbeiter im Ministerium sind zu blöd, die komplexen Zusammenhänge zu begreifen, deshalb muss externer Sachverstand her. So kann wohl nur ein Aristokratenarsch denken, der bei seiner Umprogrammierung zum „jungen Führer“ in der Atlantikbrücke nicht viel zum Thema Demokratie auf die ölige Festplatte geladen bekommen hat. Denn dann wüsste der Minister, dass wenn man sich externen Rat einholt, was ja durchaus legitim ist, am Ende das Ministerium und die zuständigen Fachreferate doch wenigstens prüfen und bewerten müssen, ob diese Vorschläge brauchbar und ggf. umsetzbar sind. Wozu sind die Mitarbeiter denn dann da? Halten die etwa nur den Pisseimer für seine Majestät?

Genau genommen bedroht zu Guttenberg mit seinem Eindruck schindenden PR-Gerede die freiheitlich demokratische Grundordnung, weil er zu verstehen gibt, dass es einer Gewaltenteilung nicht mehr bedarf, sondern es geradezu eine Pflicht sei, so genannten Fachleuten das Schreiben von Gesetzen anzuvertrauen, die weder durch Wahlen, noch durch Fragen des Souveräns in irgendeiner Weise legitimiert worden sind. Darüber sollten die Terrorismusexperten in diesem Land mal angestrengt nachdenken.

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Zu Guttenberg und die Schweinegrippe

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Während bei ersterem die Meldungen nicht abreißen, scheint das Fieber der Schweinegrippe langsam abzuklingen. Oder haben sie noch was von der potenziell gefährlichsten Influenza aller Zeiten gehört? Na ja, bei der Affenhitze heute, haben Erreger offenbar keine Chance. Die Zahl der Neuinfektionen sei in Niedersachsen auch tatsächlich gesunken, schreibt die Neue Presse Hannover. Und jetzt möchte ich mal den Satz eines Sprechers des Gesundheitministeriums zitieren, auf den ich im Vorfeld zehn Euro gewettet habe. Mit Spucke und Handschlag besiegelt übrigens…

Die befürchtete Ansteckungswelle nach dem Ende der Sommerferien sei ausgeblieben, sagt Sprecher Thomas Spieker.

Von rund 7,9 Millionen Niedersachsen sind derzeit 2273 Menschen an der bösen Schweinegrippe erkrankt. Also etwa 0,03 Prozent der Gesamtbevölkerung. Und trotzdem schreibt die NP:

Auch wenn die Zahl der Neuerkrankungen zurückgeht, greift das Virus weiter um sich.

Das muss dann wohl an einer hohen Dunkelziffer liegen, die der Redaktion offenbar exklusiv vorzuliegen scheint. Nun ja, die Grippe hat noch eine Chance. Es wird ja wieder kühler…

Doch die Zahlen könnten wieder steigen. „Denn Experten gehen davon aus, dass, sobald es kühler wird, wieder mehr Neuerkrankungen auftreten“, so Spieker.

Okay statt zuletzt 35 gemeldete Neuerkrankungen in Niedersachsen werden es möglicherweise etwas mehr sein. Wenn man dann 36 Fälle registrieren sollte, reicht das ja auch schon aus, um die heutige Panikzwischenprognose zu rechtfertigen.

Was soll der Mist, fragen sie sich vielleicht? Lesen sie dazu mal Egon W. Kreutzer.

Wer sich intensiver mit der Schweinegrippe befasst, kommt um die Frage nicht herum, warum um diese – im Vergleich zur alljährlichen Grippewelle – recht harmlose Krankheit so viel Wind gemacht wird.

Und wer sich intensiver mit von Guttenberg befasst, muss sich ebenfalls verzweifelt fragen, warum um diesen – im Vergleich zu Politikern, die ihre Kompetenz bereits bewiesen haben – zögerlichen Vorschlagsprüfer so viel medialer Wind gemacht wird.

Und beide, Schweinegrippe und zu Guttenberg, tragen kräftig dazu bei, dass CDU/CSU und FDP die Bundestagswahl gewinnen.

Und der am 10. Februar so plötzlich Erschienene, ja direkt und ohne Umweg vom Himmel Gesandte, hätte – wäre er denn schon im 15. Jahrhundert erschienen, sogar eine Jeanne d’Arc vom Platz 1 der Beliebtheitsskala verdrängt und wäre vermutlich seit über fünfhundert Jahren als der Hl. Karl Theodor bekannt. Heute muss man ihm nicht in den Kampf gegen die Engländer folgen, die sind schließlich inzwischen auch irgendwie in der EU; heute kann man ihm bequem per Briefwahl von zu Hause aus die Gefolgschaft versichern – und es wird auch am 27. September noch viele geben, die, überwältigt vom Halleluja der Freiwillig Vereinigten Deutschen Medien e.V., gar nicht anders können, als ihm ihr Herz und ihr Kreuzchen zu schenken, zumal ihm selbst Superstar Michael Jackson seinen Platz am Himmel der Beliebtheit räumte, indem er am 24. Juni (genau einen Monat vor Guttenbergs Beliebtheitsrekord) damit begonnen hat, sich jenen Medikamentencocktail zu spritzen, dem er schon am nächsten Tag erlag.

Die Schweinegrippe wird im Herbst auf die dann zu erwartende reguläre Grippewelle treffen, neue Mutationen hervorbringen und danach erst richtig gefährlich werden.

So wird es von allen Experten gepredigt und von allen Medien verbreitet.

Von Guttenberg hingegen wird im Herbst, gleich nach den Wahlen – in Berlin auf den mit neoliberalem Gedankengut infizierten neuen Koalitionspartner FDP treffen, mit diesem gemeinsam ein neues Regierungsprogramm hervorbringen – und dann erst wirklich aktiv werden.

So wird es weder von den Experten gepredigt, noch von den Medien verbreitet.

Denn wie wir zum Beispiel aus der Neuen Presse Hannover wissen, reicht es für zu Guttenberg ja aus, ein höchst brisantes Arbeitspapier einfach in den Müll zu werfen, um zu verhindern, dass man weiter darüber spricht. Da sind andere Dinge, wie Dienstwagenaffäre oder Trainerrücktritte viel wichtiger. Und dabei grenzt es schon an ein Wunder, dass Sportchef Uwe von Holt den Rückgang der Zuschauerzahlen bei Hannover 96 nicht auch noch mit der Schweinegrippe in Verbindung bringt.

Dafür thront im Klatschteil von Zoran Pantic die Überschrift „Wulff greift Guttenberg an“ und man dachte schon, jetzt kommt wirklich mal eine Kolumne, die den Namen auch verdient. Stattdessen berichtet Pantic über eine Umfrage, in der die Zeitschrift „Laviva“ nach dem „sexiest man in politics“ fragte.

„Gut, an diesem «Karl-Theodor zu Guttenberg» (37, CSU) kommt man derzeit nicht vorbei. Dieser zu Guttenberg liefert im Moment bei jeder Umfrage Spitzenwerte ab. Auch bei der jüngsten: Die Zeitschrift „Laviva“ fragte die Damen der Republik nach dem „sexiest man in politics“. Natürlich ist keiner derzeit so sexy wie der Bundeswirtschaftsminister, er kam mit stolzen 28 Prozent auf den ersten Platz. Er hat halt einen Lauf – aber er muss aufpassen. Ein Niedersachse ist dicht dran: Ministerpräsident «Christian Wulff» (50, CDU) schaffte immerhin 23 Prozent und kommt damit in der Gunst der Frauen in diesem Land gleich an zweiter Stelle. Der spitzbübische Charme des Regierungschefs aus Hannover trifft offenbar den Nerv der Ladys.“

Das ist doch keine Kolumne. Das ist Scheiße.

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Zu Guttenberg will Abbau von Arbeitnehmerrechten und weiteres Lohndumping

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Tja, was will er denn nun? Heute will er jedenfalls von dem Entwurf aus seinem Ministerium nix mehr wissen und bezeichnet das Papier vom Juli 2009 als alten Hut. Der Minister hat sein Ministerium beauftragt, ein Konzept zur Industriepolitik zu erarbeiten. Herausgekommen ist aber ein Papier, das vor allem arbeitsmarktpolitische Maßnahmen enthält. Und ziemlich brisante dazu. Und was macht die Neue Presse Hannover aus der neuerlichen Unions-Skandalvorlage um den Superstar? Ganz einfach, sie schreiben über Ulla Schmidt und ihre Dienstwagenaffäre. Denn nun sei herausgekommen, dass die Gesundheitsministerin auch schon früher mit dem Dienstwagen im Urlaub unterwegs war. Claus Lingenauber geilt sich an dem Thema noch einmal auf und spielt im gleichen Atemzug die Enthüllungen um zu Guttenbergs Radikalkonzept herunter:

„Da hatte die SPD gerade die leise Hoffnung geschöpft, den populären CSU-Baron zu Guttenberg doch noch als neoliberalen Buhmann entlarven und so der Kanzlerin ein Bein stellen zu können, da fährt ihr schon wieder Ulla Schmidt in die Parade.“

„Das wird der Wähler übelnehmen. Denn der Bürger hat nun mal mal eine gänzlich andere Vorstellung davon, was Dienstfahrten sind.“

„Dass eine Ministerin immer im Dienst ist, also auch im Urlaub, will ihm einfach nicht einleuchten.“

„SPD-Kanzlerkandidat Steinmeier dürfte den Moment inzwischen verfluchen, als er die Dienstwagen-Ulla doch noch in sein Kompetenzteam aufgenommen hat. Denn jetzt hat er ein echtes Problem. Während der Baron sein umstrittenes Papier locker in den Papierkorb klickt.“

Eine Ministerin, die auch im Urlaub ihren Dienst verrichtet, leuchtet also nicht ein? Aber ein Wirtschaftsminister, der offensichtlich keinen Dienst leistet, weder im Urlaub noch zu Hause, der nicht einmal weiß, was die Referate in seinem Haus so zusammentragen, um ein Konzept zu schmieden, mit dem der Ressortchef glänzen wollte, damit ihn alle Medien feiern können, leuchtet dagegen ein? Der braucht den 52 Seiten starken Entwurf bloß in den Papierkorb zu werfen und alles ist wieder gut. Herrn Lingenauber interessiert es nicht die Bohne, was dort überhaupt zusammengetragen wurde.

Wahrscheinlich ist das auch nur so eine Wundertüte, wie Frau Schmiedeke auf Seite eins schreibt, von der man nicht allzu viel erwarten dürfe. Dabei kommen die Mitarbeiter des Ministeriums auf Vorschläge, bei denen man sich schon fragen sollte, wie sie darauf kommen. Denn es ist doch davon auszugehen, dass dieselben Mitarbeiter auch nach der Wahl ihr Unwesen treiben dürfen. Der Abbau des Kündigungsschutzes, Änderungen bei den Mindestlohnregelungen, Steuerentlastung für Unternehmen bei gleichzeitiger Mehrbelastung der Einkommen durch eine Anpassung des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes und Streichung von Klima-Auflagen für Unternehmen. Auf sowas kommt man doch nicht einfach so?

Natürlich nicht. Denn hierbei handelt es sich haargenau um jene Rezepte, die all die „Experten“ empfehlen, die sich angesichts des sich abzeichnenden Wahlsieges von schwarz-gelb wieder aus der Deckung trauen. Wenn also die Neue Presse dann dümmlich fragt, was die Parteien nach der Wahl wohl planen und mit ihrem Wundertütengebrabbel so tut, als wüsste sie nicht, was uns da erwartet, kann man nur angestrengt mit dem Kopf schütteln. Statt den Messias zu Guttenberg nach den konkreten Inhalten seiner Politik zu fragen, die für viele Menschen in diesem Land von großer Wichtigkeit ist, interessieren sich die Redakteure der Neuen Presse wie Claus Lingenauber sehr viel mehr für ein wirklich belangloses Dauerthema…

„Man darf also gespannt sein auf Schmidts Ausreden.“

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Bundestagswahl II: Die Neue Presse mit einem seltsamen Kommentar

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Auch die Neue Presse Hannover beschäftigt sich mit der Bundestagswahl. Auf Seite eins der heutigen Ausgabe kommentiert Anja Schmiedeke und spricht von der „Wahl der Wundertüten“. Sehr seltsam dann auch der Text.

„Am Ende sollen wir, wie immer, selbst schuld sein. Nach dem 27. September bekommen wir die Regierung, die wir gewählt haben. Ganz egal, wie hoch die Wahlbeteiligung sein wird, und vor allem ganz egal, ob wir vorher wussten, welchen Schlamassel uns die neue Regierung einbringt. Und wer weiß das schon?“

An Stelle von Frau Schmiedeke könnte man ja mal eine aufklärerische Rolle übernehmen.

„Wir, der Souverän, jedenfalls nicht. Wir wissen nicht, welche Partei wie die Rekordlöcher im Bundeshaushalt stopfen will. Wir wissen nicht, welche Gesundheitsleistungen gestrichen oder welche Steuern erhöht werden sollen. Es wird passieren. Aber abstimmen darüber dürfen wir nicht.“

Dieses „Wir“ klingt ja fast so, wie das Plakate-„Wir“ der CDU. Ist das Absicht? Es sollte aber an dieser Stelle unbedingt deutlich gemacht werden, dass mit „Wir“ nur die dusselige Redaktion der Neuen Presse Hannover gemeint sein kann. Sollte Frau Schmiedeke aber mit „Wir“ tendenziös alle Wähler gemeint haben, so dürfte man sie getrost als Lügnerin und Dummschwätzerin beschimpfen.

Allein schon die erste Aussage, wir wüssten nicht, welche Partei wie die Rekordlöcher im Bundeshaushalt stopfen will, wirkt deplatziert. ICH als Bürger hätte nämlich zunächst gern einmal von den Journalisten gewusst, welche Partei(en) diese Löcher da hineingerissen haben und warum. Wo bleibt die Aufklärungsarbeit? Stattdessen speist man mich mit einem völkischen „Wir“-Getue ab, unter dem ich mich wohl wiederfinden soll. Unglaublich.

Und die Bemerkung, wir dürften nicht über das zu erwartende sozialpolitische Streichkonzert abstimmen, ist geradezu grotesk. Dem Chef der Linkspartei Oskar Lafontaine hält man fälschlicherweise vor, er würde die Demokratie infrage stellen, weil er richtigerweise sagt, dass Deutschland unter einem Demokratiedefizit leide und nun kommt Frau Schmiedeke um die Ecke und schreibt, wir könnten ohnehin nicht über die entscheidenden Fragen abstimmen. Warum erwähnt sie in ihrem Kommentar dann nicht die Linkspartei, die genau darauf hinweist und eine wählbare Alternative anbietet?

„Stattdessen bekommen wir Wundertüten präsentiert – Steuersenkungen versprechen die Liberalen, Millionen Arbeitsplätze malen Rote, Grüne und Schwarze an die Wand. Das klingt zu schön, um wahr zu sein.“

Würde Frau Schmiedeke mal ihrer Berufung nachgehen und richtig recherchieren, dann wüsste sie die angeblichen Wundertüten auch zu entzaubern und könnte ihren Lesern etwas mehr anbieten, als dieses Beliebigkeitsgefasel auf Stammtischniveau. So nach dem Motto: „Die machen ja eh was sie wollen.“ Nein, die machen eben nicht was sie wollen, sondern was bestimmte Interessen wollen. Zu den Steuersenkungen der Liberalen gibt es glasklare Analysen auch von den so beliebten Experten, wie Wolfgang Wiegard aus dem Sachverständigenrat zum Beispiel, der für das Magazin Panorama nachgerechnet hat. Seine Ergebnisse bringen den FDP-Finanzexperten Volker Wissing in deutliche Erklärungsnöte. Aber schauen sie sich den Bericht selbst noch einmal an. Ab Minute vier wird es in dieser Sache interessant.

Die FDP tritt den Wählern also nicht mit einer Wundertüte entgegen, sondern mit der klaren Absicht, sie zu betrügen. Das kann man auch mal so hin schreiben, Frau Schmiedeke. Die Fakten sind abrufbar. Und was die Millionen Arbeitsplätze angeht, die eigentlich nur Grüne und Rote wirklich versprechen, weil sie in bestimmten Wirtschaftsbereichen aktiv investieren wollen, hat Frau Merkel in Hildesheim nur ein populistisches „Arbeit für alle“ gerufen. Frau Schmiedeke nennt das dann heute so.

„Die Union verkneift sich viele Wolkenkuckucksheime“

Und dann muss natürlich der Star zu Guttenberg noch mal ran. Er verkörpert den Idealtypus eines Politikers, den die Wähler („WIR“) wollen und dem sie („WIR“) vertrauen können.

„Wie groß unsere Sehnsucht nach Glaubwürdigkeit ist, illustrierte ausgerechnet der adlige Wirtschaftsminister zu Guttenberg. Sein „Nein“ zur Opel-Rettung war unpopulär und verschaffte ihm gerade deshalb den Respekt vieler Menschen.“

Dabei musste der Politikergott gerade noch ein brisantes Arbeitspapier loswerden, mal wieder nicht von ihm selbst verfasst, in dem ein radikales Reformprogramm zum Ausdruck kommt. Unter anderem mit den neoliberalen Dauerthemen Abbau des Kündigungsschutzes, Senkung von Umweltstandards, Erhöhung der Mehrwertsteuer und weitere Senkung von Unternehmenssteuern. Dieses umstrittene Konzept würde locker für eine weitere Unions-Affäre taugen, die der Dienstwagen geblendete Udo Harms ja vor kurzem weit und breit nicht kommen sah. Aber dazu im nächsten Beitrag mehr…

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Schon wieder Jubelschreie – zu Guttenberg und seine Medien freuen sich

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Die Wirtschaft wächst, juchu. So oder so ähnlich wollten die Medien heute die Zahlen für das zweite Quartal 2009 verstehen. Plus 0,3 Prozent und ein optimistisch gestimmter zu Guttenberg. Kaum einer merkt, dass der Minister mit seinem optimistischen Gefühl lediglich unterstreicht, dass er von Wirtschaft keine Ahnung hat. Aber daraum geht es auch nicht. Mit einem Plus lässt sich halt gut Wahlkampf machen. Die Kanzlerin wird von einer solchen Jubelmeldung profitieren, denn die meisten Medien werden folgenden Satz der Statistiker mal wieder unterschlagen oder einfach nicht sonderlich bewerten:

Im Vergleich zum zweiten Quartal 2008 ging das preisbereinigte BIP um 7,1% zurück.

Quelle: destatis

Es ist genau dasselbe Spiel wie vor einer Woche, als die gestiegenen Exportdaten veröffentlicht wurden. Es soll der Eindruck vermittelt werden, als gehe es aufwärts. Jedoch zeigen die Daten ganz deutlich, dass es nach wie vor abwärts geht. Denn der dramtische Einbruch ist noch gar nicht volkswirtschaftlich realisiert worden. Der Kollaps auf dem Arbeitsmarkt wird künstlich hinausgezögert und die Binnennachfrage total überbewertet. Das Spiel dauert vermutlich bis zur Wahl. Erst wenn eine neue Regierung im Amt ist, trauen sich die Reformer der Vorkrisenzeit gänzlich aus der Deckung und empfehlen die Radikalkur.

Dass zu Guttenberg und sein Kollege Steinbrück zu keinem volkswirtschaftlichen Gedankengang fähig sind, beweisen deren Aussagen vom langen Weg und der langsamen Erholung. Die beiden müssten sich angesichts des Wachstumseinbruchs von sieben Prozent doch fragen, ob eine Erholung von 0,3 Prozent überhaupt ausreichend ist und was man ggf. noch unternehmen kann, um das Wirtschaftswachstum deutlich stärker zu stimulieren, als es derzeit der Fall ist. Denn eine nur langsame Erholung heißt übersetzt schneller Abbau von Arbeitsplätzen mit den Folgen des weiteren Rückgangs von Steuereinnahmen und Sozialversicherungsbeiträgen sowie wachsender öffentlicher Verschuldung.

Die Tatsache, dass die politisch führenden Köpfe lieber abwarten und so tun, als könne man einen Erfolg verbuchen, ist zutiefst verachtungswürdig und in meinen Augen kriminell. Zu Guttenberg, Steinbrück und Merkel lassen zu, dass das unabänderliche Sozialstaatspostulat im Grundgesetz durch praktische Politik außer Kraft gesetzt wird. Es reicht ja aus, einfach zu schreiben: Sozial ist, was Arbeit schafft oder wie es Peer Steinbrück einmal in der Zeit formulierte:

„Soziale Gerechtigkeit muss künftig heißen, eine Politik für jene zu machen, die etwas für die Zukunft unseres Landes tun: die lernen und sich qualifizieren, die arbeiten, die Kinder bekommen und erziehen, die etwas unternehmen und Arbeitsplätze schaffen, kurzum, die Leistung für sich und unsere Gesellschaft erbringen. Um die – und nur um sie – muss sich Politik kümmern.

Dieser Meinung sind auch Merkel, zu Guttenberg und Westerwelle.

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Der windelweiche Umgang mit zu Guttenberg

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Es ist urkomisch. Bei der Dienstwagenaffäre macht die Neue Presse ein riesen Fass auf. Eine ganze Woche wird das Thema in den Kommentaren skandalisiert bis zum geht nicht mehr. Ich habe jetzt keine Lust, den ganzen Müll noch einmal zu repetieren. Sie können das unter dem Tag „Dienstwagenaffäre“ alles nachlesen.

Heute meldet sich nun Andreas Herholz aus dem PR-Büro Slangen & Herholz zu Wort, um das Verhalten zu Guttenbergs zu kommentieren. Wie bereits viele Blogs lange vor den Zeitungen berichteten, hat dieser nämlich seine neueste Gesetzesvorlage von der Anwaltskanzlei Linklaters abfassen lassen. Nun hat die Linkspartei eine kleine Anfrage zum Thema gestellt und die Bundesregierung musste die externen Hilfen zugeben. Erst jetzt reagieren die Medien. Nicht aber mit Entsetzen, sondern mit Verständnis. Siehe Andreas Herholz in der heutigen Ausgabe der Neuen Presse Hannover:

„Skandal oder Wahlkampfgetöse? Hat der Shooting-Star der Union einen Fehler gemacht? Mag sich dies der politische Gegner auch noch so sehr wünschen, der Einsatz einer privaten Kanzlei bei der Erarbeitung eines Gesetzentwurfs lässt sich nur schwer zu einer Staatsaffäre umdeuten.“

Richtig. Denn für eine Staatsaffäre braucht es einen Dienstwagen und ein SPD-Regierungsmitglied. Das wissen wir ja aus der NP-Lektüre der letzten Tage.

„Dass auch Regierungen und ihre Ministerien Experten von außerhalb hinzuziehen, um ihren Sachverstand und ihre Ideen zu nutzen, ist weder ungewöhnlich noch verwerflich.“

Es ist also völlig harmlos, dass mit Linklaters eine Gruppe von Anwälten Gesetze zur Bewältigung der Finanzkrise schreibt, die jahrelang an der Beratung jener Banken verdient haben, die mit der Verlagerung von Finanzanlagen aus den eigenen Bilanzen und dem Spiel mit toxischen Finanzprodukten weltweit schlussendlich in Schieflage geraten sind? Müsste man so gesehen den von Herholz gewählten Begriff Experten nicht in Anführungszeichen setzen?

Aber es geht noch weiter. Denn Herholz hat gar nicht mehr Herr zu Guttenberg im Blick, sondern ganz allgemein die Minister der Bundesregierung.

„Die Großzügigkeit allerdings, mit der Minister der Großen Koalition auf auswärtigen Sachverstand zurückgreifen und dafür weitaus mehr Geld ausgeben als ursprünglich vorgesehen, ist bemerkenswert.“

Bei Ulla Schmidt klang das aber noch ganz anders. Da gab es zuerst eine regelrechte Hetzkampagne und persönliche Angriffe bis dann nach einer Woche mal einer nachgefragt hat, wie es eigentlich in den anderen Ministerien aussieht. Medienliebling zu Guttenberg hat da nichts zu befürchten. Andreas Herholz lenkt dadurch ab, in dem er den Kampf gegen den Einfluss von Lobbygruppen auf allen politischen Ebenen fordert. Damit ist zu Guttenberg aus der Schusslinie und die Diskussion auf eine grundsätzliche Problemstellung hin ausgesteuert.

Ein beliebter Trick der Meinungsmacher. Die Frage nach der Qualifikation des Bundeswirtschaftsministers oder dessen Leistung, die in den vergangenen Wochen von den gleichen Medienleuten noch so hoch gelobt wurde, wird durch dieses Vorgehen gar nicht erst gestellt.

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