Über Frankreichs deutliche Wahl und die deutsche Spießbürgerlichkeit

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Es ist schon lustig. Vorhin habe ich mir den Bericht aus Berlin im Ersten angetan, weil es einen Themenblock zu den Linken gab. Das war ja auch klar, nachdem die Partei, aus Sicht der scheinbürgerlichen Medienwelt, am Wochenende nun endlich ein Programmentwurf vorgelegt hatte. Und natürlich nutzte die Hauptstadtredaktion des ersten deutschen Fernsehens die Stunde, um da mal beim Nochvorsitzenden nachzuhaken.

Der Moderator der Sendung Rainald Becker bleibt diesbezüglich auch weiterhin eine totale Vollnull und Fehlbesetzung. Seine erste Frage an Lafontaine kam wie ein Reflex, der keiner Übung mehr bedurfte. Und dennoch musste Becker die Schlagworte aus dem Programmentwurf ablesen, um sie dann Lafontaine vorzuhalten:

„Verstaatlichung von privaten Banken, Generalstreik, Systemwechsel!“

Mit dem Programm entferne man sich doch in Berlin von jeglicher Regierungsbeteiligung?, so die Frage von Becker. Lafontaines Antwort einfach genial. Man könne schließlich was die Verstaatlichung von Banken angehe auch mit Frau Merkel koalieren, die ja die Verstaatlichung der HRE zu verantworten habe und die 18 Mrd Euro Finanzspritze an die Commerzbank. Immerhin gut das Sechsfache des damals tatsächlichen Wertes dieser privaten Bank.

Aber die spießbürgerliche Dummheit eines Rainald Beckers soll hier auch gar nicht das Thema sein. Für solche Leute hat die Partei die Linke auf ihrer Webseite extra den kompletten Programmentwurf als Hörbuchfassung zur Verfügung gestellt. Bezeichnender Weise heißt es dort:

Die nachfolgenden MP3-Dateien mit dem Text des Programmentwurfes für Blinde und Sehbehinderte wurden mit dem Programm „NaturalReader9“ und der Stimme „Sarah“ (www.naturalreaders.com) erstellt. Entsprechend der Gliederung des Programm- entwurfes wurde der Text in 54 einzelne Dateien aufgeteilt.

(Vorsicht Satire – ich will hier keine Menschen beleidigen, die wirklich nicht oder nur eingeschränkt sehen können, sondern nur die, die volle Sehkraft besitzen und dennoch nichts erkennen wollen. So wie Rainald Becker.)

Ich empfehle daher noch einmal die Einleitung Lothar Biskys anzuhören und insbesondere seine Bemerkung bzgl. der Medien, konkret der Struktur der Medien, genau zu verfolgen. ;)


Aber zurück zum eigentlichen Thema. Frankreich hat gewählt. Und zwar nicht einfach nur links, sondern noch weiter links. In der union de la gauche haben sich nicht nur die Sozialisten und die Grünen am Stichwahl-Wochenende zusammengefunden, sondern auch die Kommunisten. Sie können sich vorstellen, dass diese Parteien im Vergleich zu unserer Linken, na ja, etwas entschlossener und selbstbewusster auftreten. Während man sich bei uns über Verstaatlichungen, Gereralstreik und Systemwechsel aufregt und darin wahrscheinlich den Wahnsinn des Irrsinns erkennen will, so wie das Rainald Becker von der ARD offensichtlich tut, ist es in Frankreich gerade umgekehrt. Da regt man sich über den Systemwechsel Sarkozys auf, der reformerisch unbedingt Frau Merkel hinterherlaufen will.

In der Präambel des Programmentwurfs der deutschen Linken steht nun:

DIE LINKE steht für Alternativen, für eine bessere Zukunft. Wir sind und werden nicht wie jene Parteien, die sich devot den Wünschen der Wirtschaftsmächtigen unterwerfen und gerade deshalb kaum noch voneinander unterscheidbar sind. Wir verfolgen ein konkretes Ziel: Wir kämpfen für eine Gesellschaft, in der kein Kind in Armut aufwachsen muss, in der alle Menschen in Frieden, Würde und sozialer Sicherheit leben und die gesellschaftlichen Verhältnisse demokratisch gestalten können. Um dies zu erreichen, brauchen wir ein anderes Wirtschafts- und Gesellschaftssystem: den demokratischen Sozialismus.

Das ist schön und gut, aber viel zu lang. Von den Franzosen lernen, heißt die Devise. Da bleibt nur die Frage, ob das Leute wie Rainald Becker auch aushalten würden. Bei der Parti socialiste, der wohl wichtigsten linken Partei in Frankreich, heißt es nun als Erstes:

Art. 1

Être socialiste, c’est ne pas se satisfaire du monde tel qu’il est, c’est vouloir changer la société. L’idée socialiste relève, à la fois, d’une révolte contre les injustices et du combat pour une vie meilleure. Le but de l’action socialiste est l’émancipation complète de la personne humaine.

Quelle: PS

Kurz und knapp umrissen, worum es eigentlich geht. Um einen Kampf gegen die Ungerechtigkeit und für ein besseres Leben. Während die deutsche Linke vorsichtig für etwas kämpfen will, haben die Franzosen den Feind klar vor Augen. Das fehlt den Deutschen leider noch. Ihren abgebrochenen Präsidenten jagen unsere Nachbarn regulär spätenstens in zwei Jahren aus dem Élysée-Palast. Es könnte aber auch früher soweit sein, wenn die Franzosen zu der Auffassung gelangen, der fünften Republik vielleicht eine sechste Version folgen zu lassen. Wer weiß das schon so genau. Jedenfalls werden wir unseren Pudding im Hosenanzug noch lange behalten und wiederwählen.

Vielleicht gehen die Franzosen dann auch mal für uns auf die Straße und üben ein wenig Druck auf die behäbige Bundesregierung aus. Die hat sich nämlich vorhin mal wieder zu einem Gipfel getroffen, um über dringende Probleme zu sprechen. Ergebnis? Es ist wie immer kurz und knapp. Der Vizekanz-nicht meinte:

„Die Dinge finden zueinander und wir haben konkrete Fortschritte bei der Bankenregulierung und Bankenverantwortung erreicht.“

Quelle: Tagesschau

Worin die nun bestehen, erfährt die Öffentlichkeit wie immer nicht. Hauptsache ein bissel heiße Luft abgelassen und die Schlagzeile vordiktiert, dass die Regierung tatsächlich etwas unternehme. Was will man mehr, um den Pöbel ruhig zu stellen?

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Kurz zu Westerwelles Rückkehr

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Entgegen meiner Empfehlung durfte Guido Westerwelle doch wieder einreisen und heute auf dem Landesparteitag der NRW-FDP in Siegen zugleich wieder gegen die ihm angetane Ungerechtigkeit wettern. Ich will nur ein Zitat kommentieren:

Es sei ein bisher einmaliger Vorgang, dass ein Minister auf einer Auslandsreise mit einer solchen Kampagne überzogen werde.

Da hat der Mann wohl Recht. Er geht da schließlich mit gutem Beispiel voran und beschimpft auch keine Hartz-IV-Empfänger, die sich im Ausland aufhalten. In diesem Sinne, weiter so Guido! Die allseits bekannten NRW-Kommunisten dürfen nach 20 Jahren Einheit gerade in NRW nicht mehr an die Macht kommen. Jawoll, wer erinnert sich nicht an die kommunistische Vorherrschaft in NRW bis 1990.

In Geschichte kauft dem Westerwelle niemand den Schneid ab.

:>> :>> :>>

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Zu Hannelore Kraft nur ganz kurz

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Die stellvertretende SPD-Bundesvorsitzende Hannelore Kraft hat sich ja via Spiegel Online mehr oder weniger auf das Niveau der Westerwelle begeben.

Hartz-IV-Empfänger ohne Aussicht auf reguläre Arbeit sollten „die Chance bekommen, im Rahmen ihrer Möglichkeiten für die Gesellschaft etwas zu leisten“, sagte die Spitzenkandidatin der Sozialdemokraten für die nordrhein-westfälische Landtagswahl im Mai in einem SPIEGEL-Interview.

„Wir müssen endlich ehrlich sein: Rund ein Viertel unserer Langzeitarbeitslosen wird nie mehr einen regulären Job finden“, begründete Kraft ihre Initiative. Diese Menschen bräuchten ein neues Angebot, das ihnen eine „würdevolle Perspektive“ gebe.

Quelle: Spiegel Online

Mir geht’s dabei jetzt nicht um den inhaltlichen Schwachsinn und die offensichtliche Tatsache, dass Frau Kraft die Wahl in NRW nicht gewinnen will, sondern vielmehr um die Logik dieser Frau. Schließlich hält sie nach eigenem Bekunden die Tür der NRW-SPD für rückkehrwillige Linke weit offen und ist zudem auch noch überzeugt davon, dass da tatsächlich jemand vorbeischaut.

Damals sagte sie:

„Ich glaube, wir können jetzt wieder ein gutes Angebot für viele SPD-Abwanderer und Gewerkschafter sein. Die sind bei uns gut aufgehoben.“

Quelle: ad hoc news

Na dann, wenn sie von diesem Angebot einer „würdevollen Perspektive“ nicht überzeugt sind, weiß ich es auch nicht… :>>

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Mal wieder auf Grün geeicht: Oder wie im TV erneut für schwarz/grün getrommelt wird

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Natürlich ist mal wieder eine Infratest dimap Umfrage scheinbarer Auslöser einer neuerlichen medial gestützten Werbekampagne für Schwarz-Grün. Im gestrigen Bericht aus Berlin in der ARD konnte man einmal mehr im Vorfeld einer Wahl den Versuch absichtlicher Stimmungsmache in Richtung einer solchen Konstellation studieren. Zuletzt wurde das ja bei den Wahlen in Hamburg und im Saarland praktiziert. Dabei gibt es dafür überhaupt keinen Grund. Zwar sagen die Wahlforscher, dass sich die Bevölkerung in Deutschland ein solches Bündnis lieber wünschen würde als das bisherige, doch diese Klimaforschung deckt sich ja nicht einmal mit den gemessenen Abstimmungszahlen.

Wahltrend NRW
Quelle: infratest dimap

Demnach würde es im Augenblick eindeutig weder für schwarz-gelb, noch für schwarz-grün in NRW reichen. Das Thema der Sendung ist also absolut nicht zu verstehen. Man hätte eher danach fragen sollen, wie die sich abzeichnende große Koalition die Arbeit angehen will.

Doch um seriöse Berichterstattung ging es am Sonntag in der ARD nicht. Moderator Rainald Becker bezeichnete schon zu Beginn der Sendung das griechische Sparprogramm wahrheitswidrig als „alternativlos“ und die Finanzkrise gar als ein Ereignis, das bereits ein Jahr zurückläge. So ein Blödsinn. Zur Politik der Bundesregierung in Sachen Griechenland und der internationalen Finanzmärkte wurde im Anschluss der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel befragt. Zum Ende des Interviews dann der entscheidende unseriöse Dreh auf die „Das Volk liebt Schwarz-Grün“ Geschichte. Dabei müssen sie in dem folgenden Audio-Ausschnitt mal darauf achten, mit welchen Wahlforschungs-Ergebnissen derselben Umfragefirma da beide Geprächspartner hantieren. Ich kläre das am Ende einmal auf.

Moderator Becker unterstellt, dass alle von Schwarz-Grün reden würden und bezieht sich dabei auf ein Umfrageergebnis, welches er auch Gabriel ins Wort spricht und wonach rund 46 Prozent der Deutschen Schwarz-Grün toll fänden. Das ist eine grobe Manipulation und eine sträfliche Verletzung journalistischer Sorgfaltspflichten. Denn das Umfrageergebnis, das selbst ein Manipulationsstück ist, stellt sich in Wirklichkeit wie folgt dar:

Schwarz-Gelb oder Schwarz-Grün
Quelle: infratest dimap

Bundesweit wurde also eine Alternativfrage gestellt nach dem Muster entweder oder. Andere Optionen wurden gar nicht gemessen. Sigmar Gabriel bezog sich nun auf ein Umfrageergebnis desselben Instituts zur NRW Wahl, welches auch am selben Tag veröffentlicht wurde. Und da sieht das Ganze nun so aus:

Koalitionswünsche NRW
Quelle: infratest dimap

Also deutlicher kann man die absichtliche Meinungsmanipulation schon gar nicht mehr treiben. Nach dem Interview behauptete Moderator Becker erneut wahrheitswidrig und auf der Grundlage eines äußerst dubiosen Umfrageergebnisses, dass sich eine Mehrheit der Deutschen eine andere Politehe wünschen würde und Schwarz-Grün dabei ganz vorne stünde. Er behauptete auch, dass es nach der NRW-Wahl ganz schnell gehen könne mit Schwarz-Grün, weil es diese Zusammenarbeit auf kommunaler Ebene bereits gibt. Es ist unerträglich wie in diesem Beitrag darauf hingesteuert wurde, positive Stimmen und Stimmungen einzufangen. Das ist kein Journalismus, das ist einfach billige PR.

Und das anschließende Interview mit Claudia Roth müssen sie sich anhören. Offenbar überrascht von der „theoretisch“ gehaltenen Frage Beckers, ob ein Trio aus Seehofer, Merkel und Roth besser funktionieren würde, als ein Trio Seehofer, Merkel, Westerwelle, musste die Parteivorsitzende der Grünen notgedrungen mit ja antworten: Einfach witzig, aber hören sie selbst:

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Link zur Sendung:
http://www.tagesschau.de/bab/

Das komplette Video zur Sendung:
http://www.tagesschau.de/multimedia/video/video666274.html

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Was ist nur los in Deutschland?

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Liegt das nun am Wahlkampf? Westerwelle dreht durch, Rüttgers lügt, Carstensen und Stegner dreschen wieder aufeinander ein, die Kanzlerin hält nach wie vor ihre Klappe und die EKD-Ratsvorsitzende Bischöfin Käßmann wird mit 1,5 Promille im Blut, also umgerechnet eine Flasche Rotwein auf ex, am Steuer ihres Dienstfahrzeugs erwischt. Was kommt als nächstes? Der Staatsbankrott. Immerhin liegt die deutsche Staatsverschuldung gemessen am BIP auch schon bei rund 70 Prozent. Nur zum Vergleich, Griechenlands Staatsverschuldung, das ja gezwungenermaßen auf der europäischen Pleiteanklagebank Platz nehmen musste, liegt im Augenblick bei 113 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung. Die Verbindlichkeiten der zweitstärksten Volkswirtschaft der Welt Japan belaufen sich übrigens auf knapp 190 Prozent des BIPs. Und die USA werden auch bei über 100 Prozent des BIPs landen. Haut man denen auch auf die Finger?

Na ja, ich denke Griechenland und die anderen PIIGS-Staaten reichen erst einmal aus, um die nötigen öffentlichen Backpfeifen zu verteilen, die dann vom Versagen der etablierten großen EU-Wirtschaften ablenken. Wissen sie übrigens, wie die Anklageschrift in Bezug auf Griechenland lautet?

Vettern- und ­Klientelwirtschaft, Steuerhinterziehung, Korruption und Verschwendung!

Klingt doch ganz vertraut oder? Aber ausgerechnet Deutschland schimpft am lautesten über Griechenland. Also genau jenes Land, das zulässt, dass reiche Staatsbürger rund 485 Milliarden Euro unversteuert im Ausland verstecken dürfen, das auch offen Klientelpolitik betreibt und immer mehr korrupte Politiker in Amt und Würden nicht nur entlarvt, sondern auch weitermachen lässt. Da kann man wirklich nur noch mit dem Kopf schütteln. Offenbar merken das auch langsam die handelnden Akteure und bringen mal wieder den Gutti ins Spiel. Der kommt schließlich noch am besten von allen Flachpfeiffen an.

Freigeist zu Guttenberg verkündet heute, den Kampf gegen die Piraterie am Horn von Afrika zu verstärken. Man müsse der Piraterie auch auf dem Land begegnen, so der Vertreidigungsminister. Schließlich sei die Seeräuberei inzwischen zu einer Geldquelle geworden, die auch verstärkt von Terroristen angezapft würde (Quelle: derNewsticker.de). Aha, daher weht also der Wind. Denken sie sich ihren Teil und ich mir meinen. Gutti will wohl die Trefferquote im Kampf gegen den internationalen Terrorismus wieder erhöhen, um an der Heimatfront für Ruhe zu sorgen. Da man in Afghanistan zuletzt immer weniger Terroristen und immer mehr unschuldige Menschen militärisch getroffen hat, ist ein Wechsel des Schauplatzes vielleicht gar nicht so verkehrt.

Man will sich auch nicht ständig für Kollateralschäden entschuldigen müssen, so mein Eindruck. Nicht das es am Ende noch heißt, dass Aufnahmerituale in deutschen Kasernen mit Saufen bis zum Abwinken und dem Essen von roher Schweineleber, Rollmöpsen und Frischhefe die Kampfmoral nachhaltig beeinträchtigen würden. Zu diesem Thema stellt der Verteidigungsminister heute übrigens ganz klar fest, dass er sich jedes Pauschalurteil in dieser pikanten Angelegenheit ausdrücklich verbitte. Das gibt dann wieder Pluspunkte beim ZDF-Politbarometer. Zumindest im Vergleich zur jäh abgestürzten Bischöfin Käßmann, die einst noch Standhaft der bayerischen Wortgirlande Paroli bot. Vielleicht haben die beiden ja gemeinsam am Wochenende gesoffen und eins kam dann zum anderen. Ich weiß es nicht.

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Gibt Westerwelle den Haider für "Arme"?

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Diese Frage stellt sich Jens Berger im Blog „Der Spiegelfechter„.

Auch Rechtspopulisten wie der verstorbene Jörg Haider bezeichnen sich selbst als „liberal“ und ihre Politik als „freiheitlich“. Sollte es Westerwelles Ziel sein, ein deutscher Jörg Haider zu werden und die FDP in die rechtsliberale Ecke zu steuern?

Hm, wenn es ihn dabei auch irgendwo aus der Kurve tragen würde, wäre das ja nicht verkehrt. Hauptsache er bekommt posthum kein eigenes Museum. Vorsicht, bissiger Humor! :>>

Aber Spaß beiseite. Westerwelle ist eine ganz traurige Gestalt. Im Volksmund würde man sagen, Westerwelle ist ein ganz armes Würstchen, welches uns aber teuer zu stehen kommen wird. Seine verbalen Eskapaden sind Ausdruck von grenzenloser Dummheit und selbstherrlicher Arroganz. Ein wahrhaftiger Demagoge, dem man die politische Verantwortung umgehend entziehen sollte, bevor noch etwas Schlimmeres passiert. Besonders interessant finde ich da Bergers Analyse, dass die bisherige Wählerklientel der FDP nunmehr verschreckt sein könnte.

Westerwelle ist ein Volkstribun ohne Volk. Seine unsägliche Hetze gegen die Dekadenz der Hartz-IV-Regelsätze kommt allenfalls bei einer kleinen Schicht bildungsferner Stammtischbewohner an. Das Groß- und Bildungsbürgertum weiß, dass die Schere zwischen oben und unten sich bereits zu weit geöffnet hat. Es weiß auch, dass es bei einer zunehmenden Radikalisierung der Diskussionskultur nichts gewinnen kann.

Auch in den klassischen FDP-Wählerschichten, dem akademischen Mittelstand und den Freiberuflern, hält man nicht viel von derlei reaktionären Anwandlungen. Westerwelles Stammwählerschaft ist zwar sicher nicht sozialistisch, weiß aber wesentlich besser als ihr politischer Arm, dass man die Hand, die einen füttert, nicht beißen sollte. Die Hand ist der soziale Frieden, eine Errungenschaft der Nachkriegszeit, die mittlerweile – nicht nur in Deutschland – wieder zur Disposition steht.

Westerwelle hat es ja versucht. Die Erhöhung des Schonvermögens bei Hartz-IV-Empfängern sollte der FDP ein sozialeres Image verschaffen. Kein Erfolg. Die jungen Emporkömmlinge wie Lindner, Rösler und wie sie nicht alle heißen, haben sogar ein Buch geschrieben, in dem sie die FDP zwar nicht neu erfinden, aber die Öffentlichkeit so geschickt täuschen wollten, dass man ihnen abnähme, sie hätten mehr zu bieten, als kalten Neoliberalismus. Der Versuch ist auch gründlich in die Hose gegangen. Nicht zuletzt auch deshalb, weil sich diese jungen Minderleister permanent vor aller Welt blamieren mussten.

Es ist wirklich nicht zu begreifen, welche Dampfplauderer und Dummköpfe da in Amt und Würden gekommen sind. Ist der Urnenpöbel wirklich so bescheuert? In den aktuellen Umfragen liegt die FDP ja immer noch bei 8 Prozent. Mit welcher Begründung eigentlich? Oder bildet dieser Stimmenanteil bereits den brauen Rest dieser Republik ab?

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Zur Forsa-Umfrage

Geschrieben von:

Heute liefert das Umfrageinstitut Forsa neue Zahlen. Bundestrend und NRW-Trend. In beiden Projektionen sieht es für Schwarz-Gelb ziemlich schlecht aus. Die Grünen hingegen legen deutlich zu. Was will uns Manfred Güllner, Chef von Forsa, damit sagen. :>> Richtig. Schwarz-Grün ist das Projekt der Zukunft, dafür solle die Öffentlichkeit doch bitte rechtzeitig sensibilisiert werden.

Bundestrend

Bundestrend_Forsa
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NRW-Trend

NRW-Trend_Forsa

Es ist schon lustig, wie die Stimmungslage „gewechselt“ wird. Nachdem sich Schwarz-Gelb nach nicht einmal 100 Tagen als astreiner Rohrkrepierer entpuppt hat, wird der Urnenpöbel systematisch zur nächsten Schwachsinnskonstellation hingeleitet. Schwarz-Grün ist dran. Wer da jetzt wegen der Farbe eher ökologisch denkt, ist schief gewickelt. Unter Schwarz-Grün assoziiert man in der Regel militärische Bekleidung und Gerät. Und das passt dann auch wieder ins Konzept. Freigeist zu Guttenberg plant ja, etwas unbemerkt von den Medien, „einen weiteren Meilenstein zur Militarisierung Deutschlands zu setzen.“ (siehe Spiegel und Freysinn, daraus auch die Zitate)

„Eine “Militärstaatsanwaltschaft” hätte er gern, Leute, die “vom Fach” sind und wohl aus der Perspektive des Metzgers den Tierschutz betrachten. Der stille Abschied vom “Bürger in Uniform” und der Parlamentsarmee, die Schritt für Schritt zum Staat im Staate wird, kommt im Schatten der humanistischen Mission Afghanistan hervorragend voran.“

Dafür stehen die Grünen doch wieder bereit oder nicht? ;D

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Die FDP beschwert sich über die "Lindenstraße"

Geschrieben von:

Am Sonntag fiel in der ARD-Serie „Lindenstraße“ folgender Satz:

„Unsere Super-FDP: Die steckt’s den Hoteliers und den Ärzten hinten und vorne rein. Aber wir vom Handwerk, wir sind die Dummen. Wahrscheinlich, weil wir nicht gespendet haben.“

Diese Einschätzung einer fiktiven Serienfigur rief natürlich sofort die FDP-interne Zensurabteilung auf den Plan und deren Sprecher Burkhardt Müller-Sönksen ließ dazu via Bildzeitung verbeiten:

„Der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat überparteilich zu sein – gerade in Unterhaltungssendungen. Ich wage zu bezweifeln, ob sich die ARD mit einer solchen einseitigen Parteinahme einen Gefallen tut.“

Ich weiß jetzt gar nicht, was der FDP-Mann, so sieht er übrigens aus,

mit einseitiger Parteinahme und Pflicht zur Überparteilichkeit meint. Der Satz ist doch nicht pateiisch, sondern eine objektive Darstellung der Wirklichkeit. Die FDP sollte vielleicht endlich mal zur Kenntnis nehmen, dass ihre Politik von niemanden verstanden bzw. tolleriert wird. Und gerade die Partei, die die Interessen einer kleinen Gruppe von Wohlhabenden über die Belange der Mehrheit stellt und damit grob einseitig handelt, sollte nicht anderen Parteinahme unterstellen.

Aber auch aus Sicht der liberalen Marktgläubigkeit ergibt das Gejaule der FDP keinen Sinn. Was geht es denn die FDP an, was in Unterhaltungssendungen verbreitet wird? Unterliegen die Inhalte nicht der Gestaltungsfreiheit der Produzenten? Wenn auf RTL laufend gegen Hartz-IV-Empfänger gehetzt wird, bleibt der FDP-Sprecher doch auch hörbar stumm.

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Quelle: Sat+Kabel

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Zu Lafontaine

Geschrieben von:

Gestern hat Oskar Lafontaine siebeneinhalb Minuten gesprochen und Gregor Gysi stellvertretend für den Vorstand der Partei Die Linke knapp sieben Minuten. Ausdrücklich sagten beide, dass über die Nachfolge von Oskar Lafontaine keine Aussagen getroffen würde.

O-Ton Gysi: „Die einzige Frage, die sie sich jetzt schenken können, ist die nach irgendwelchen neuen Vorschlägen. Darüber werden wir in den Gremien beraten. Wir werden das auch zügig machen. Aber zumindest von uns beiden werden sie keinen einzigen Namen hören.“

Doch dieses nicht besprochene Thema ist und bleibt die Hauptnachricht einer paralysiert wirkenden Medienlandschaft. Nehmen sie zum Beispiel Springers Welt. Dort titelt man mit der Überschrift „Der Stellungskrieg ist eröffnet“ oder man schöpft plötzlich Hoffnung, wie bei der SPD z.B., die auf einmal wiederentdeckt, dass eine Zusammenarbeit mit der Linken immer von der Person Oskar Lafontaine abhängig gemacht wurde – was für ein schäbiger Seitenhieb. Dazu heißt es in der Zeit: „SPD-Linke: Wachsende Chancen für Rot-Rot im Bund“.

Worüber Lafontaine und Gysi in ihrer Pressekonferenz im Karl-Liebknecht-Haus geredet haben, erfahren sie wohl am Besten dadurch, indem sie es sich selbst anhören. Auf der Seite der Partei Die Linke finden sich gleich als erstes die Audiomitschnitte der Statements.

http://die-linke.de/

Direkt unter:

Natürlich geht es auch um den Verzicht Lafontaines auf Parteivorsitz und Bundestagsmandat, aber ich konnte jetzt nicht erkennen, dass sich Lafontaine aus der Bundespolitik zurückziehen werde. Im Gegenteil. Er bleibt als führende Figur mindestens bis zur Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen dabei. Überhaupt betonte Lafontaine die Bedeutung der NRW-Wahl für die weitere Entwicklung dieses Landes. Es müsse deutlich werden, welche politischen Kräfte wen zur Kasse bitten wollen, um das Finanz- und Wirtschaftskrisen-Desaster zu bewältigen.

Vor der Bundestagswahl habe sich die schwarz-gelbe-rot-grüne Einheitssoße um die Beantwortung der Frage noch mit der Floskel des Abwartens herumgedrückt, mittlerweile liegen die Kürzungsvorschläge auf dem Tisch. Nur reinen Wein wolle man den Wählerinnen und Wählern erst nach er NRW-Wahl einschenken. Das sei ein angekündigter Wahlbetrug. Lafontaine wiederholte einmal mehr seine zentralen Aussagen, die er auch schon bei seinem ersten Auftritt dieses Jahr am 19. Januar im Saarland (ich berichtete hier im Blog darüber) ausführlich vorgetragen hat.

Gregor Gysi zog Bilanz und würdigte das Wirken Oskar Lafontaines für die Entstehung der Partei Die Linke, die es so wahrscheinlich nicht gegeben hätte. Er sprach über das Prinzip der Vereinigung, die sich von dem eines bloßen Beitritts deutlich unterscheide. Daraus las ich persönlich jetzt auch einen versteckten Seitenhieb auf die Abwicklung der DDR durch die alte Bundesrepublik, die ja auch nach den Maßstäben des Grundgesetzes (siehe bspw. Eigentumsfrage) höchst bedenklich war. Hören sie sich die Statements an. Oskar Lafontaine wird von der Bildfläche nicht verschwinden, aber auch nur sooft auftauchen, wie es der Gesundheitszustand nun einmal zulässt. Schließlich hat er ja kein gebrochenes Bein, Husten oder Schnupfen, sondern Krebs. Eine Krankheit, die man also nicht so einfach wegstecken kann. Auch das brachte Lafontaine deutlich zum Ausdruck.

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Lafontaines Rede beim Neujahrsempfang der Linken in Saarbrücken-Burbach vom 19.01.2009

Geschrieben von:

Die gestrige Rede Oskar Lafontaines zum Neujahrsempfang der Linken in Saarbrücken-Burbach können sie in einer Zusammenfassung auf der Seite der Linken abrufen: http://www.linksfraktion.de/rede.php?artikel=130528580

Ich empfehle ihnen aber, sich die kompletten 60 Minuten anzuschauen (siehe unten). In der Medienwelt steht der erste Auftritt Lafontaines nach seiner Krebsoperation unter dem Motto, Lafontaine lässt politische Zukunft weiter offen, wie hier bei Welt-Online z.B. Den Artikel von Sebastian Raabe habe ich auch dort als erster gleich kommentiert.

In seiner Rede sprach Lafontaine den Kampagnenjournalismus offen an, er kritisierte die Medien scharf, und er warnte gleichzeitig seine eigene Partei davor, auf das Spiel der Medien hereinzufallen. (Ich hatte über dieses Spiel im Rahmen meines Beitrags zur Bartsch-Geschichte am Samstag hier im Blog berichtet):

Weil DIE LINKE eine Eigentumsordnung befürwortet, die das Eigentum denen zuspricht, die es geschaffen haben, wird sie von den Nutznießern der jetzigen Eigentumsverteilung, die auf der Enteignung der Belegschaften beruht, bekämpft. Das gilt auch für die privatwirtschaftlichen Medien, in denen, so der Gründungsherausgeber der FAZ Paul Sethe, 200 reiche Leute ihre Meinung verbreiten. Dabei gehen die Medien bei linken Parteien immer nach dem gleichen Muster vor. Sie unterscheiden zwischen angeblichen Realpolitikern und Pragmatikern auf der einen Seite und sogenannten Chaoten, Populisten und Spinnern auf der anderen Seite. Auf diese Weise nehmen sie Einfluss auf die politische Willensbildung und die Personalentscheidungen der linken Parteien. Bei der SPD hat sich so über viele Jahre der sogenannte Reformerflügel durchgesetzt mit dem Ergebnis, dass sich Wählerschaft und Mitgliedschaft halbierten. Agenda 2010 und Kriegsbefürwortung zerstörten den Markenkern der SPD: Das Eintreten für soziale Gerechtigkeit und Frieden.

Die Grünen, die gerade 30 Jahre alt geworden sind, wurden nach demselben Muster beeinflusst und so zur staatstragenden Partei. Der „Realoflügel“ wurde gehätschelt, und die „Chaoten“ und „Spinner“ wurden immer wieder herunter geschrieben. Wie bei der SPD setzte sich der „Realoflügel“ durch. Aus einer Partei, die bei ihrer Gründung soziale Gerechtigkeit, Gewaltfreiheit, Basisdemokratie und Umweltschutz auf ihre Fahne geschrieben hatte, wurde eine Partei, die die Agenda 2010 und Kriege befürwortet. Warum ereilte die Grünen nicht dasselbe Schicksal wie die SPD? Die Antwort ist einfach. Die Grünen sind zur Partei der Besserverdienenden geworden. Ihre Wählerinnen und Wähler wollen alle mehr Umweltschutz. Sie unterstützen aber mehrheitlich Kriege, die verharmlosend humanitäre Interventionen genannt werden. Der Markenkern der Grünen ist das Eintreten für den Umweltschutz. Soziale Gerechtigkeit, Gewaltfreiheit und Basisdemokratie gehören aus Sicht vieler ihrer Anhänger nicht unbedingt dazu. Deshalb blieb den Grünen das Schicksal der SPD erspart.

Bei der neuen, erst zweieinhalb Jahre alten Partei DIE LINKE versuchen die Medien dasselbe Spiel. Sie preisen unermüdlich die sogenannten Reformer und Pragmatiker und polemisieren ständig gegen angebliche Populisten, Fundamentalisten, Chaoten und Spinner. Unterstützt werden sie dabei selbstverständlich von den “Reformern“ und „Pragmatikern“ der anderen Parteien, die immer wieder die Litanei von der Regierungsuntauglichkeit der Partei DIE LINKE herunterbeten. Würden wir auf diese Propaganda, auf diesen Kampagnenjournalismus hereinfallen, dann erginge es uns wie der SPD. Da wir noch weniger „etabliert“ sind, würden sich Wählerschaft und Mitglieder noch schneller halbieren.

Für mich zentral neben der Medienkritik, die ein bissel nach Albrecht Müller und „Meinungsmache“ klang, war die Erklärung, wie die parlamentarische Demokratie in unserem Land eigentlich funktioniert. Das war mal wieder eine gelungene Lektion in Sachen Staatsbürgerkunde. So gehe es eben nicht um Regierungsbeteiligung um jeden Preis, sondern darum, dass linke Politik sich durchsetze. Es sei demnach schon ein Erfolg, dass durch die Existenz der Linken und die wachsende Zustimmung zu deren Programm ein Prozess in Gang gekommen sei, der andere Parteien dazu zwinge, sich zu ändern und zentrale Forderungen der Linken, die zuvor als weltfremd und verrückt verteufelt wurden, nunmehr selbst in ihre Programme zu schreiben und in praktische Politik umzusetzen, auch wenn diese Parteien in rechte Regierungen eintreten. Natürlich wusste Lafontaine auch, dass das kein Selbstläufer ist, sondern der ständigen Präsenz der Linken bedarf, die den Finger in die offenen Wunden legt.

Kritisch muss man auch anmerken, dass unter diesen Bedingungen der Anteil des „Weiter so“ natürlich immer höher ist, als der Anteil linker Forderungen, die scheinbar in die Dogmatik der Konsenssoßen-Parteien einfließt. Dessen ist sich Lafontaine durchaus bewusst. Schwarz-Gelb-Grün-Rot rutscht ja nicht wirklich nach links, nur weil es die Linke gibt. Im Gegenteil, die anderen Parteien machen sich nur selbst lächerlich und schaden dennoch dem Land. Lafontaine karrikiert die Rückzugsgefechte, wie er es nennt, am Beispiel Afghanistan sehr schön, aber auch an anderen Themen. Für ihn gilt nach wie vor die wichtige Formel, dass ein Funktionieren der Demokratie nur dann gewährleistet sei, wenn nicht die Kapitalinteressen über politische Entscheidungen bestimmen, sondern die Politik diese mächtigen Interessen in ihre Schranken verweist und endlich Regeln aufstellt und z.B. für eine gerechte Vermögensverteilung sorgt, damit sich solche Krisen wie die Gegenwärtige nicht wiederholen.

In diesem Zusammenhang fand ich auch Lafontaines Anmerkungen zu Parteispenden aus der Gruppe der Wohlhabenden in diesem Land ganz wichtig, die sich seiner Meinung nach eine genehme Politik einfach erkaufen könnten. Lafontaine erinnerte dabei an die Wahlen im Saarland. Auch dort habe der vermögende Unternehmer und FDP-Politiker Hartmut Ostermann schon im Vorfeld der Landtagswahl auf die Grünen Einfluss genommen, um eine ihm genehme Koalition nach der Wahl zu erzielen. Die ganze Angelegenheit gewinnt aber auch noch dadurch an Brisanz, weil bekannt wurde, dass während der Koalitionsverhandlungen für die neue Landesregierung insgesamt fünf Steuer-Verfahren gegen Ostermann eingestellt worden sein sollen. Die Linke im Saarland fordert dazu einen Untersuchungsausschuss. Mir war diese Geschichte so noch nicht bekannt. Wie auch? Es wird ja kaum darüber berichtet.

Doch nun zu der Rede. Viel Spaß. ;)









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