Eurokrise: Wenn Journalisten nicht verstehen, worum es geht

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Im Deutschlandradio gab es heute ein Interview mit dem Grünen-Politiker Sven Giegold über die Eurokrise und seine Vorstellung von einer echten Wirtschaftsunion. Der Moderator Dirk Müller, nicht zu verwechseln mit „Dirk of the DAX“, hat einfach nicht begriffen, worum es Giegold eigentlich ging und was die Ursachen der Krise sind. Prinzipiell ist aggressives Nachfragen gut und erwünscht, allerdings wirkt es in diesem Fall so, als würde der Moderator die Haltung der gängigen Irrlehre unbedingt verteidigen wollen. Deshalb gebe ich hier die Fragen des Moderators wieder und streife nur am Rande die Antworten Giegolds:

Müller: “Herr Giegold, da kann einem ja Angst und Bange werden. Dann haben wir demnächst einen portugiesischen Finanzminister und einen italienischen Wirtschaftsminister. Dann können wir in Deutschland auch gleich einpacken.” 

Was will Müller damit zum Ausdruck bringen? Jetzt haben wir mit Schäuble einen Finanzminister, der nachweislich in die Spendenaffäre der Union verwickelt war und mit Philipp Rösler einen Wirtschaftsminister, der das nur ist, um seine Position als FDP-Vorsitzender zu festigen, ansonsten qualifiziert ihn nichts. Mit diesem armseligen Personal können wir doch heute schon einpacken.

Herr Müller hätte zum Beispiel ein Interview mit Wolfgang Schäuble, das sein Sender ebenfalls heute geführt hat, noch einmal nachlesen können und sich folgende Falschaussage des Finanzministers etwas genauer ansehen sollen:

Schäuble: “Die Euro-Zone ist in einer schwierigen Situation, weil die zu hohen Schulden in einigen Mitgliedsländern das Vertrauen in die Euro-Zone als ganzes gefährden, und deswegen müssen wir gemeinsam handeln und deswegen müssen die Ursachen dieser Vertrauenskrise beseitigt werden. Das sind die zu hohen Defizite in einzelnen Mitgliedsländern.”

Die Ursachen sind eben nicht die zu hohen Defizite. Sie sind bloß Symptome. Die Ursachen sind die fortwährenden Handelsungleichgewichte innerhalb des Währungsraums, die zu beseitigen vor allem eine Aufgabe der Deutschen sein müsste, die mit ihren Exportüberschüssen die anderen Volkswirtschaften erst dazu zwingen, sich permanent zu verschulden. Der Zusammenhang, ohne Verschuldung, kein Exportüberschuss, wird einfach nicht verstanden. Auch von Moderator Dirk Müller nicht, der Sven Giegold in ätzender Weise Vorhaltungen macht, statt kompetente Fragen zu stellen.

Müller: “Herr Giegold, das wird in Deutschland aber nicht so gut ankommen, denn die Deutschen haben alles einigermaßen im Griff. Wir setzen das in Anführungszeichen: Auch wir haben unsere Schuldenkrise, unsere Schuldenprobleme, im Vergleich zu vielen anderen ist das aber politisch produktiv und zu lösen, wie es im Moment der Fall scheint. Die europäischen Interessen lagen, auch die europäischen Auffassungen in der Finanz- und Wirtschaftspolitik gehen doch so weit auseinander, dass Ihr Vorschlag – das sagen die Kritiker – sehr naiv klingt.”[…]

“Haben Sie schon mit den Vorstandschefs von BMW und Daimler gesprochen, dass die Produkte zu gut sind, weil sie dann Exportüberschüsse erzielen?”

Zunächst einmal hat es überhaupt nichts damit zu tun, dass deutsche Produkte zu gut für die Welt sind. Das ist ein beliebtes Argument der Exportfetischisten, um einer unangenehmen Diskussion über Lohnentwicklung und Kostensenkungen aus dem Weg zu gehen. Mal abgesehen von der dramatisch auseinanderklaffenden Lohnstückkostenentwicklung innerhalb der EU, erklärt die Beliebtheit deutscher Produkte im Ausland eben nicht, warum die deutschen Verbraucher eine so krasse Kaufzurückhaltung üben. Sven Giegold weißt darauf hin, dass die deutsche Kaufkraft gestärkt werden müsse, damit andere Volkswirtschaften davon profitieren können, so wie Deutschland umgekehrt davon profitiert hat, dass sich die Schwachländer den Konsum deutscher Waren und Dienstleistungen auf Kredit geleistet haben.

Sven Giegold weist ebenfalls darauf hin, dass ein Kreditgeschäft immer zwei Parteien braucht, Schuldner und Gläubiger. Die Rolle der Gläubiger wird aber immer vernachlässigt. Dabei finanzieren die Exportüberschüsse, für die die deutschen Arbeitnehmer den Gürtel haben enger schnallen müssen, Stichwort Wettbewerbsfähigkeit, den Konsum der Defizitländer. Das heißt, während deutsche Arbeitnehmer auf ihren Anteil am Gewinn durch Lohnmoderation verzichten mussten, wurden erst die Mittel frei für den kreditfinanzierten Konsum der Defizitländer.

Am Ende haben die deutschen Arbeitnehmer dann umsonst verzichtet, weil die Forderungen nicht mehr bedient werden können. Aber selbst das kapiert Moderator Dirk Müller nicht, wenn er einen rigorosen Schuldenschnitt fordert und meint, damit das Fass ohne Boden irgendwie abdichten zu können.

Müller: “Herr Giegold, wir haben vor einigen Monaten bereits begonnen mit der Euro-Krise. Im Grunde ist das ja schon seit über einem Jahr so. Da haben wir begonnen mit Irland, dann kam Portugal dazu, kommt Griechenland dazu. Dann hat man irgendwann gesagt, wir müssen das jetzt machen, wir brauchen den Rettungsschirm, 750 Milliarden Euro, gestern tauchten andere Zahlen auf, bis 1,5 Billionen wurde da gefordert, offenbar von Seiten der Europäischen Zentralbank. Es ist ein Fass ohne Boden, so stellt sich das im Moment dar, und es gibt offenbar keine politische Lösung. Wann wird ein klarer Schnitt gemacht?”[…]

“Entschuldigung, wenn ich Sie unterbreche. Wie oft sollen wir das denn machen? Wir können das doch nicht demnächst für 15 Länder machen. Wir haben das schon für drei getan.”

Dem Moderator Müller wird angesichts der Zahlen und der Horrorvorstellung einer Transferunion ganz schwindelig, und er übersieht dabei das eigene Wohnzimmer. Wie viel hat denn wohl die deutsche Einheit gekostet, die ähnlich katastrophal gemacht wurde wie die europäische Währungsunion? Der teuerste Sonderfonds, umgangssprachlich Sondervermögen oder Schattenhaushalt genannt, war der zur deutschen Einheit mit umgerechnet über 82 Mrd. Euro. Insgesamt flossen seit der Einigung etwa 1,2 Billionen Euro aus Gesamtdeutschland, den Soli zahlen auch die Ossis, in den Osten.

Wer innerhalb eines Währungsraums unterschiedlich entwickelte Volkswirtschaften zusammenfasst, bekommt immer eine Transferunion, weil die schwächere Wirtschaft keine eigene Währung mehr hat, die sie abwerten könnte, um den Wettbewerbsvorteil der anderen auszugleichen. Wer also eine Währungsunion begründet, muss auch eine Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik betreiben, die der Union als Ganzes und nicht nur den wirtschaftlichen Partikularinteressen des einzelnen Teilstaats nützt. Praktisch hieße das, dass sich die Union einem gemeinsamen Inflationsziel verpflichtet und dass die Zentralbank nicht nur auf eine Abweichung von dieser Marke nach oben sondern auch nach unten reagiert.

Denn während die Südländer das gemeinsame Inflationsziel deutlich überschritten haben, hat es Deutschland bis zum Ausbruch der Krise permanent unterschritten. Wenn die Zentralbank nun im Falle einer geringfügig höheren Inflationsrate aus Gründen der Preisstabilität ständig eingreift und mit Anhebung der Zinsen die Konjunktur bremst, vor allem in Ländern wie Deutschland, die ohnehin eine niedrige Teuerungsrate aufweisen, dann müsste sie gleichfalls beschäftigungspolitisch aktiv werden, wenn das Inflationsziel unterschritten wird. Konkret hätte die EZB viel früher die Ungleichgewichte innerhalb des Währungsraums erkennen und entsprechend handeln müssen. Auf die schwache Entwicklung der deutschen Lohnstückkosten (Arbeitskosten korrigiert um Produktivitätszuwächse) hätte frühzeitig reagiert werden müssen.

Quelle: Hans Böckler Stiftung 

Diese Entwicklung ist ein ungerechtfertigter Wettbewerbsvorteil für Deutschland, den man sinnvoller Weise nur dann wieder ausgleichen kann, wenn die deutschen Löhne mittelfristig stärker steigen und die der Schwachländer deutlich schwächer. An dieser Stelle muss noch einmal betont werden, dass dieser Anpassungsvorgang zwischen Ländern mit unterschiedlicher Währung ständig passiert und zwar durch Auf- oder Abwertung der jeweiligen Zahlungseinheit, ablesbar am Wechselkurs. Diesen gibt es innerhalb eines Währungsraums wie der Eurozone aber nicht, weshalb die Anpassung über die Entwicklung der Löhne erfolgt. Der Vorgang ist aber derselbe, weil letztlich in dem einen wie in dem anderen Fall die Kaufkraft entweder stärker oder schwächer wird.

Es ist also völlig deplatziert, wenn so getan wird, als würde man den Deutschen etwas wegnehmen wollen. Besonders albern wird es aber, wenn von den Schuldnerländern eine Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit gefordert wird, man aber gleichzeitig daran festhält von seiner eigenen Position nichts abgeben zu wollen. Da irrt letztlich auch Sven Giegold:

Giegold: “Das Problem ist nicht, dass die Produkte zu gut sind, sondern das Problem ist, dass die Menschen nicht mehr die Erträge dafür bekommen. Das heißt, es geht nicht, dass ist ein völlig falscher Diskurs zu behaupten, wir müssten weniger wettbewerbsfähig werden. Im Gegenteil: es ist gut, dass Deutschland wettbewerbsfähig ist. Was aber nicht gut ist, ist, dass die Arbeitnehmer in Deutschland 25 Prozent inzwischen im Niedriglohnsektor arbeiten. Würden die ordentlich bezahlt, hätten wir einen gesetzlichen Mindestlohn und würden in die Bildung investieren. Dann würden wir auch wieder mehr importieren und die anderen Länder würden nicht darunter leiden, dass wir gut sind, sondern hätten eben auch was davon.”

Das ist ein Widerspruch. Wenn wir mehr importieren, verlieren wir automatisch Wettbewerbsanteile, es sei denn, wir steigern die Ausfuhren um die Zunahme der Einfuhren. Dann wäre aber nichts gewonnen, sondern das Problem von Überschüssen und Defiziten besteht fort.

In der jetzigen Situation muss Deutschland eine Zeit lang selber Defizite in der Handelsbilanz zulassen, damit die Schuldnerstaaten durch eigene Überschüsse aus der wirtschaftlichen Krise hinauswachsen können. Das bedarf der Steuerung und vor allem der Vernunft. Letztlich ist es die Frage, wem wir mehr vertrauen. Den Finanzmärkten, die ein Land nach dem anderen gegen die Wand spielen oder dem Staat, der zwar von unfähigem Personal gesteuert wird, über das man aber als Souverän wenigstens noch ein Stück weit selbst entscheiden kann.

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Moderater Lohnabschluss

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Der Arbeitgeberverband des Deutschen Bundestags und die Gewerkschaft der Parlamentarier sind zu einem raschen und lautlosen Tarifabschluss gekommen. Ohne Arbeitskampf und in seltener Einigkeit haben sich die Tarifparteien CDU, CSU, FDP und SPD auf eine stufenweise Erhöhung ihres “Tagegelds” geeinigt. Um moderate 292 Euro für das Jahr 2012 und den gleichen Betrag noch einmal für das Jahr 2013 steigt das monatliche Einstiegsgehalt von derzeit 7668 auf 7960 bzw. 8252 Euro. Unterm Strich sei somit eine deutlich über der Inflationsrate liegende Anhebung der Löhne, Verzeihung, Entschädigungen, von 3,8 und 3,7 Prozent herausgekommen, so ein Sprecher für beide Verhandlungspartner, der gleichzeitig die gute Atmosphäre zwischen den Parteien hervorhob. Der Tarifvertrag hat wieder eine Laufzeit von zwei Jahren.

Die steuerfreie und dem Einkommen nicht zuzurechnende Kostenpauschale in Höhe von derzeit 3.969 Euro pro Monat bleibt durch diese Einigung unberührt. Sie wird erst wieder zum 1. Januar entsprechend den Lebenshaltungskosten angepasst.  

Quelle: Süddeutsche

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Die Linke und ihr mehr Netto vom Brutto

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In seinem Newsletter schreibt Michael Schlecht, Chefvolkswirt der Bundestagsfraktion Die Linke, über die Steuersenkungskampagne der Bundesregierung und bezeichnet die Pläne als Rettungsprogramm für die FDP. Dagegen stellt er die Position der Linken und meint:

Wir wollen wirklich mehr Netto vom Brutto für die Menschen, die hart für ihr Einkommen arbeiten. Und diejenigen, die hohe Einkommen beziehen, sollen wieder so zur Kasse gebeten werden, wie das zu Kohls Zeiten üblich war! Dies bedeutet, dass der Spitzensteuersatz von 42 wieder auf 53 Prozent ansteigt.

Quelle: Michael Schlecht

Was mich daran stört, habe ich unterstrichen. Was soll dieser Griff in die FDP-Mottenkiste? Warum beschäftigt sich die Linke überhaupt mit der Steuersenkungsnebelkerze der Bundesregierung, die zum wiederholten Mal von Finanzminister Schäuble einfach einkassiert wurde?

Klar, man kann sich mit der Anhebung von Spitzensteuersätzen beschäftigen und auch über die kalte Progression sprechen, wie sie von allen Seiten nach eigener Interpretation diskutiert wird, doch man kann sich von den PR-Strategen der Bundesregierung nicht ernsthaft eine Debatte über Steuersenkungen aufschwatzen lassen und darüber hinaus vergessen, dass nicht mehr Netto vom Brutto die Lösung der sozialen Frage darstellt, sondern wohl eher mehr Brutto für die Beschäftigten, die seit Jahren Reallohnverluste hinzunehmen hatten.

Immer mehr Menschen, die durch die politisch gewollte Expansion des Niedriglohnsektors von ihren Einkünften nicht mehr leben können, obwohl sie Vollzeit hart arbeiten, in prekären Beschäftigungsverhältnissen verharren, in der Leiharbeit, in Teilzeit oder aber in die Arbeitslosigkeit ausgelagert wurden, können gar kein Interesse an niedrigeren Einkommenssteuern haben, sondern allenfalls daran, dass ihnen die indirekte Steuerlast (Mehrwertsteuer), denn die muss jeder zahlen, egal wie viel oder woher er seine Einkünfte bezieht, abgenommen wird.

Komischerweise spricht der Chefvolkswirt der Linken die in der Vergangenheit betriebene Verschiebepraxis von den direkten zu den indirekten Steuern überhaupt nicht an. Dabei wäre hier ein Angriffspunkt, um das taktische Manöver der Bundesregierung für jeden Laien sichtbar zu machen. Denn immer wenn es heißt, der Staat braucht Geld, wird an der Mehrwertsteuer, Mineralölsteuer, Ökosteuer, Tabaksteuer usw. gedreht. Eine Erhöhung garantiert Steuereinnahmen in Milliardenhöhe. Wenn es aber heißt, der Staat habe wegen unerwartet hoher Einnahmen soviel Spielraum, dass er über eine Steuerentlastung etwas an die Bürger zurückgeben könne, wird ständig eine Reform der Einkommenssteuern in Betracht gezogen. Warum?

Quelle: Monatsbericht (Juni 2011) des BMF

Derzeit haben die indirekten Steuern, die keinerlei Progression unterliegen immer noch einen deutlich höheren Anteil am Gesamtsteueraufkommen. Geringverdiener werden gemessen an ihrem Einkommen, das sie nahezu komplett verkonsumieren müssen, deutlich höher mit diesen indirekten Abgaben belastet, als jene mit hohen Einkommen, die jede Verschiebung in Richtung Flat Tax nur begrüßen können, weil sie dadurch noch mehr Steuern sparen. Die Zusammensetzung des Steueraufkommens und die darin enthaltene ungerechte Verteilung ist viel wichtiger, als sich an einer sinnlosen Diskussion um Einkommenssteuersenkungen zu beteiligen.

Noch besser wäre allerdings, die Einkommensentwicklung nicht völlig aus dem Blick zu verlieren. Denn unser Problem sind doch nicht zu hohe Einkommenssteuern bei Geringverdienern, sondern viel zu niedrige Löhne und unsichere Beschäftigungsverhältnisse.

Es ist schade, dass sich die Linke auf dieses alberne Spiel, die FDP irgendwie in den Schlagzeilen zu halten, eingelassen hat.

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Deutscher Einzelhandel mit leichtem Umsatzplus im Januar

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Einen Beitrag zu den Einzelhandelsumsätzen bin ich letzte Woche noch schuldig geblieben. Das hole ich hiermit nach.

Wie das statistische Bundesamt am vergangenen Donnerstag mitteilte, haben die Umsätze im Einzelhandel im Januar um real 2,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat zugelegt. Bevor deswegen einmal mehr Jubelstürme losbrechen und das Märchen vom Konsumboom neue Nahrung erhält, sollte man die Daten einordnen und die Entwicklung der Umsätze anhand einer grafischen Darstellung genauer betrachten.

Umsatz (2005=100, kalender- und saisonbereinigt)
Einzelhandel bis Januar 2011
Die Grafik werde ich für die folgenden Monate fortsetzen

Im Januar gab es also einen kleinen Schritt nach oben auf der Treppe im Umsatzkeller. Aber wie sie an der Grafik sehr schön sehen können, ist das nicht außergewöhnlich. Der erkennbare Abwärtstrend wurde immer mal wieder von positiven Ausschlägen begleitet. Gründe für eine Trendumkehr gibt es aber nach wie vor keine. Insgesamt bewegt sich das Niveau der Umsätze immer noch deutlich unterhalb des Vorkrisenzeitraums und selbst da kann von einem Konsumboom keine Rede sein.

Immerhin dämpfen die Einzelhändler selber die Erwartungen, die beispielsweise durch GfK-Konsumklima- und ifo-Index sowie Rainer Brüderle immer wieder realitätsfern formuliert werden. Steigende Preise für Kraftstoffe und Energie könnten die Geschäfte der Händler belasten, heißt es. Man sei vorsichtig optimistisch. Steigende Preise für Kraftstoffe sind natürlich das eine, aber viel wichtiger ist doch die Tatsache, dass die Einkommen auch in diesem Jahr weiter stagnieren werden.

Löhne und Gewinne
Quelle: ver.di

Nehmen sie als Beispiel die bevorstehenden Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst. Erste Warnstreiks hat es dort bereits gegeben. Rainer Brüderle hatte letztes Jahr noch einen kräftigen Schluck aus der Lohnpulle gefordert, weil der Aufschwung auch bei den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ankommen müsse. Nun hätte er also Gelegenheit seinem Länderkollegen Möllring aus Niedersachsen, der mal wieder Verhandlungsführer für die Arbeitgeber spielt, auf die Finger zu klopfen. Doch Brüderle bleibt still. Finanzminister Hartmut Möllring hingegen gibt weder ein Angebot ab, noch hält er es für nötig, auf die Gewerkschaften zuzugehen. Im Gegenteil. Er sendet, wie all die Jahre zuvor, eine klare Botschaft.

Die Gewerkschaft Verdi müsse «einsehen, dass sowohl drei Prozent als auch 50 Euro mehr pro Monat nicht gehen», sagte er der «Stuttgarter Zeitung» (Samstag) mit Blick auf die leeren Kassen der Länder. «Und wenn schon jede Einzelforderung für sich nicht geht, ist offenkundig, dass beides zusammen gar nicht geht. Diese Einsicht muss bei der Gewerkschaft noch greifen, dann werden wir ein Ergebnis bekommen.»

Quelle: Süddeutsche

Bei den Einkommen der Menschen geht gar nichts. Das ist die Botschaft, die sie bitte kapieren sollen, also neben der Tatsache, dass Aufschwung ist, die Wirtschaft boomt und die Menschen künftig mehr einkaufen werden.

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Aufruf: Große Vermögen besteuern jetzt!

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Vermögensteuer jetzt!

Aus dem aktuellen Newsletter der Initiative

Liebe Unterstützerinnen und Unterstützer der Vermögensteuer,

mittlerweile haben über 19.000 Menschen ihre Unterstützung für die Initiative „Vermögensteuer jetzt!“ erklärt. In den letzten Wochen hat dabei aber die Dynamik sehr abgenommen. Wir bitten darum, die Initiative weiter zu unterstützen und Menschen und Gruppen dafür anzusprechen:

  1. Initiativen und Veranstaltungen in den verschiedenen Ländern und Regionen
    Interessierte, die in ihrem Land, ihrer Stadt, ihrer Region Aktivitäten entwickeln wollen, sollen sich bitte bei mail@vermoegensteuerjetzt.de melden. So können sich regionale Initiativen zusammenfinden und unterstützt werden, Aktionen und Veranstaltungen durchzuführen. Am 22.03. wird eine Veranstaltung mit Friedhelm Hengsbach in Hagen stattfinden, 19 Uhr in der St. Josef Kirchengemeinde, Schmale Str. 22, Altenhagen. Am 21.03. wird eine Veranstaltung in Coesfeld sein.
  2. Die Initiative hat jetzt auch eine Facebook-Seite, der Link ist http://www.facebook.com/pages/Verm%C3%B6gensteuer-Jetzt/173142059398108 Wer selbst eine Facebook-Seite hat, sollte sich als „Fan“ eintragen und FreundInnen und Kontakte darauf hinweisen.
  3. Es ist weiterhin sinnvoll, auf eigenen Websites Banner mit dem Link zu www.vermoegensteuerjetzt.de einzubinden. Sie können dort herunter geladen werden, ebenso wie Flugblätter und Unterschriftenlisten zum Ausdrucken und Sammeln von Unterschriften bei Veranstaltungen aller Art. Jede/r sollte überlegen, wie er/sie die Initiative weiter bekannt machen und unterstützen kann. Auch bei http://bewegung.taz.de/aktionen/vermoegensteuerjetzt wird die Initiative jetzt präsentiert.

Im Januar sind DIE GRÜNEN mit dem Konzept einer Vermögensabgabe an die Öffentlichkeit getreten: http://www.gruene-bundestag.de/cms/finanzen/dok/367/367285.die_gruene_vermoegensabgabe.html Sie soll 10 Jahre lang mit hohen Freibeträgen und zweckgebunden zur Finanzierung der Kosten der Finanz- und Bankenkrise erhoben werden und dazu maximal 100 Milliarden Euro, also 10 Milliarden jährlich erbringen. Dies bleibt in der Sache – befristet und zweckgebunden – hinter der Forderung nach einer dauerhaften Vermögensteuer zurück und ist auch in der Höhe eher bescheiden. Das dort verlinkte DIW-Gutachten bestätigt aber die Einschätzung, dass eine Steuer von ein Prozent auf das Nettovermögen oberhalb eines Freibetrags von 500.000 Euro je Haushalt etwa 20 Milliarden Euro jährlich einbringen könnte.

DIE LINKE fordert in ihrem Steuerkonzept eine Millionärsteuer, eine Vermögensteuer von 5 Prozent ab eine Million Euro, die 80 Milliarden Euro im Jahr bringen soll:

Klicke, um auf 20110129_Beschluss_Steuerkonzept.pdf zuzugreifen

Die SPD hat sich auf dem Parteitag 2010 für die Wiedereinführung einer privaten allgemeinen Vermögenssteuer mit einem Aufkommen nicht unter demjenigen der 1997 ausgesetzten Steuer – damals 4,6 Milliarden Euro im Jahr – ausgesprochen: http://www.spd.de/scalableImageBlob/3870/data/bpt2010_beschluss_deutschland_besser_regieren-data.pdf

Die Initiative soll politischen Druck für die Einführung einer Vermögensteuer entwickeln. Unsozialen Leistungskürzungen in Bund, Ländern und Gemeinden soll eine klare und gerechte Alternative entgegen gesetzt werden. Der Zeithorizont ist also zunächst bis Ende 2013. Wir wollen dafür sorgen, dass die Parteien die Forderung nach einer Vermögensteuer im Wahlkampf vertreten und dass Mehrheiten sie anschließend auch umsetzen. In diesem Zeitraum müssen immer wieder Aktivitäten stattfinden, die die Initiative weitertreiben und die Zahl der Unterstützerinnen und Unterstützer steigern.

Freundliche Grüße

Prof. Dr. Friedhelm Hengsbach SJ (Nell-Breuning-Institut), Prof. Dr. Rudolf Hickel (Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik), Detlev von Larcher (Attac), Wolfgang Lieb (www.Nachdenkseiten.de), Nicola Liebert (Tax Justice Network), Wolfgang Pieper (ver.di Leiter Grundsatz und Vorstandssekretär), Ernst Prost (Geschäftsführer der Liqui Moly GmbH) (Angaben in Klammern zur Information)

Initiative „Vermögensteuer jetzt“
Postfach 170135
10203 Berlin
eMail: mail@vermoegensteuerjetzt.de

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Zitat der Woche zum Bahnstreik und dem Flächentarifvertrag

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Der Blick für’s Wesentliche gehe ja verloren, meinte die fränkische Wortgirlande Herr von und zu oben offen zu ihrer Verteidigung vorbringen zu müssen. Deshalb sei daran erinnert, dass letzte Woche die Lokführer zur Warnung streikten. Wir sollten das ernst nehmen. Aber nicht, um uns zu beschweren, dass wir nicht rechtzeitig zur Arbeit kommen, sondern um uns in Solidarität zu üben. Dazu Egon W. Kreutzer. Er erinnert ferner daran, dass es mal soetwas wie einen Flächentarifvertrag gegeben hat:

„Die Wirtschaft versorgt sich, wo sie kann, mit billigstmöglicher Arbeit, gleichen Lohn für gleiche Arbeit gibt es nicht einmal mehr innerhalb der gleichen Abteilung des gleichen Betriebs

Dass die Gewerkschaft der Lokomotivführer den Versuch unternimmt, in einem kleinen Bereich der Wirtschaft den ausbeuterischen Wettbewerbsvorteil privatisierter Bahnbetreiber durch die Forderung nach gleichem Lohn für gleiche Arbeit auszuhebeln, kann nur unterstützt werden.

Die Solidarität innerhalb der abhängig Beschäftigten sollte wirklich weiter reichen als bis an die Bahnsteigkante, wo statt des Zuges zum eigenen Arbeitsplatz nur ein Streikposten auftaucht.

Dass sich Politik und Wirtschaft in diesem unserem Lande einig und daher stark sind, sollte inzwischen auch der Dümmste begriffen haben. Wer sich immer noch bemüßigt fühlt, in das Gekeife über die bösen, bösen Lokführer mit einzustimmen, sollte wenigstens einmal kurz darüber nachdenken, wem er damit hilft.

Einigkeit macht stark.“

Wir erinnern uns. Die Missachtung des Flächentarifvertrags wurde der GDL beim letzten großen Streik der Lokführer vorgehalten. Damals zur Jahreswende 2007/2008 hatte die GDL für einen eigenständigen Tarifvertrag gekämpft, weil sie die Interessen der Lokführer im Gesamttarifwerk mit der Bahn nicht wirklich beachtet sah. Lustig war damals übrigens, dass sich die Arbeitgeber (also der Hundt) für eine Stärkung des Flächentarifvertrages eingesetzt und sich gegen Mindestlöhne ausgesprochen haben.

Wenn wir noch weiter zurückdenken, werden wir einen Guido Westerwelle wiederfinden, der die Gewerkschaften als Grundübel der Republik bezeichnet hatte und wiederum zusammen mit dem Hundt eine Abkehr vom Flächentarifvertrag hin zu betrieblichen Bündnissen und Öffnungsklauseln gefordert hatte.

So, und heute ist es wieder anders. Die GDL tut etwas für die Stärkung des Flächentarifvertrages, fordert gleiche Löhne für die gleiche Arbeit, um etwas gegen die Lohndrückerei zu unternehmen, die ja zwangsläufig einsetzt, wenn unterschiedliche Konzerne dieselbe Aufgabe auf derselben Infrastruktur erledigen wollen, und die Arbeitgeber nebst Handpuppenpolitiker maulen wieder rum, weil sich die kleine Gewerkschaft mit großer Macht angeblich wieder auf einem Irrweg befinde.

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Dradio: Kontrovers mit dummen Journalisten

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Heute habe ich das Journal am Vormittag im Deutschlandfunk und die Sendung Kontrovers mit dem Titel Zwischen Euro-Krise, Reform-Druck und Dauer-Wahlkampf, Was bringt das Jahr 2011? verfolgt.

Im Studio saßen zum Diskutieren die großen Leuchten des Fachjournalismus. D.h. Gabor Steingart, der Runnig Gag des neoliberalen Dünnpfiffs, vom Handelsblatt (ehem. Spiegel) war zugeschaltet. So ein eingebildeter „Geisterguru“ geht nicht mehr aus seinem Büro, er sondert seinen Schwachsinn in Konferenzschaltungen ab. Aber Birgit Marshall, Hauptstadtkorrespondentin von der Rheinischen Post, saß da und redete einen Scheiß, dass man wirklich das Radio aus dem Fenster hätte schmeißen können.

Diese geistige Tieffliegerin behauptete in einer Tour, dass das Jahr 2011 das Jahr der Lohnerhöhungen sein werde, allein deshalb, weil Arbeitnehmer eine bessere Verhandlungsposition hätten. Man bräuchte nur zum Arbeitgeber hingehen und mit Verweis auf die tollen Arbeitsmarktzahlen sagen, dass es kaum noch qualifizierte Menschen ohne Job gäbe und der Chef nicht nach Belieben jemanden finden könne, der den Job zu einem niedrigeren Lohn machen würde. Genau diesen Müll antwortete Frau Marshall auf die Frage eines Hörers, der in der Wach- und Sicherheitsbranche als Schichtleiter für einen Stundenlohn von acht Euro arbeiten müsse und schon seit Jahren keine Lohnerhöhung mehr gesehen hätte. Er stellte die Frage an Frau Marshall, ob sie das denn in Ordnung oder gerecht fände.

Frau Marshall meinte, dass sie natürlich nicht entscheiden könne, was ein gerechter Lohn sei und fügte dann noch mit einem Lachen an, dass sie selbst auch seit längerem keine Lohnerhöhung mehr gesehen hätte. Ich kann mir gar nicht vorstellen, dass man für so eine arrogante wie ignorante Arbeitsweise überhaupt Gehalt verlangen darf. Aber so ist das bei den noch gut verdienenden Berliner Journalisten, die es sich im Enddarm der Politik- und Lobbykaste bequem gemacht haben. Statt zu kritisieren, wie es eigentlich ihr Job wäre, springen sie permanent ihren wahren Geldgebern zur Seite und verteidigen die Regierung und die Quacksalber, die seit Jahren mit ihren Rezepten regelmäßig daneben gelegen haben.

Die ganze Sendung stand ja ein wenig unter der aktuellen Statistiker-Meldung, dass im Jahr 2010 die Zahl der Erwerbstätigen auf ein neues Rekordhoch gestiegen sei. Unterschlagen wird dabei wieder, dass die Qualität der Beschäftigung dramatisch abgenommen hat und der Abbau von Vollzeistellen einem deutlichen Aufbau von geringfügiger Beschäftigung, Teilzeit- sowie Leih- und Zeitarbeit gegenübersteht. Deutschland hat den größten Niedriglohnsektor Europas und den Anstieg der quantitativen Beschäftigung mit einer Prekarisierung der Arbeitnehmerschaft bezahlt, die sich auch auf die Entwicklung der Einkommen durchschlug. Immerhin leugnete die versammelte Journaille die unterdurchschnittliche Lohnentwicklung nicht.

Wer nun aber behauptet, dass sich die Verhandlungsposition der abhängig Beschäftigten schlagartig verbessert habe, weil die Bundesregierung die Arbeitsmarktstatistiken schönt und Quantität feiert, anstatt die Qualität der entstandenen Arbeitsplätze zu hinterfragen, ist nicht nur dumm im Kopf, sondern glaubt auch noch, dass Zuhörer wie Leser völlig verblödet seien.

Wer so daherquatscht, wie Marshall und Steingart hat es dann natürlich auch schwer die hohe Staatsverschuldung und das gewaltig gestiegene Defizit in den kommunalen Kassen zum Jahresende zu erklären. Steingart bemühte einmal mehr sein volksverhetzendes Bild vom produktiven und unproduktiven Teil der Bevölkerung sowie die absurde Rechnung, dass der reichere Teil der Bevölkerung, ob produktiv oder unproduktiv, ist ihm dabei egal, die meisten Steuern zahlen würde. Es wird auch so getan, als sei die Euro-Krise etwas, dass nichts mit der Bankenkrise und den wirtschaftlichen Ungleichgewichten zu tun hätte, sondern nur etwas mit schlechter Haushaltspolitik in den Schwachländern.

Als ein Hörer zurecht darauf hinwies, dass in Deutschland die niedrigen Lohnstückkosten erst den Exportüberschuss ermöglicht haben und dieser Überhang genau zu den entsprechenden Defiziten in den Abnehmerstaaten führen musste, hörte man nur albernes Zeug als Reaktion. Man könne ja niemanden zwingen, jetzt Autos aus Moskau zu kaufen, meinte Steingart herablassend. Zu den niedrigen Kosten komme eben auch die hohe deutsche Qualität, die in Europa nun einmal gefragt sei. Nur ist der Blödsinn mit der Made, die aus Germany kommt, keine Erklärung und schon gar keine Lösung, um die bestehenden Handelsungleichgewichte abzubauen.

Aber in Steingarts und Marhalls Welt scheint so etwas wie Handel oder volkswirtschaftliche Logik gar nicht stattzufinden. Sie sind offenbar der Auffassung, dass Deutschland der Welt alles liefern und von den Forderungen, die wir dabei anhäufen, denn nichts anderes sind Bilanzüberschüsse, leben könnten. So stellten sich Steingart und Marhall am Ende dann auch dumm, als der Moderator fragte, ob es überhaupt realistisch sei, dass die Schwachländer wie Griechenland und demnächst wohl auch Spanien und Portugal ihre enormen Schulden werden zurückzahlen können.

Zunächst einmal behaupteten auch die beiden, dass der Euro-Rettungsschirm über knapp eine Billion Euro nur Garantien seien, die die deutschen Steuerzahler nix kosten würden. Ganz im Gegenteil schwärmt sogar Steingart. Deutschland mache ein Geschäft, weil es billiger Geld am Kapitalmarkt aufnehmen könne und für höhere Zinsen an Länder wie Griechenland weiterverleihe. Für Steingart ist es also ganz toll wenn mit der Not anderer noch Profite gemacht werden. So macht die scheinbar überwundene Krise Spaß. Dieses Zinshebelspiel kritisierte er übrigens wieder bei Banken und Spekulanten, die im Euroraum auf die Pleite von Staaten wetten und mit Risikoaufschlägen beim Verleihen und günstigen Kapitalbeschaffungskosten über die Zentralbank ebenfalls satte Profite realisieren.

Mit solchen Top-Journalisten an der Seite kann sich Frau Bundeskanzlerin gemütlich zurücklehnen und über das Volk lachen, dass sie trotzdem wählt.

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blogintern: Statistik 11/10 und ein Ausblick

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Im November haben die Besucherzahlen dieses Blogs wieder zugenommen. Die 5000er Marke konnte übersprungen werden. Der Trend zeigt nach oben. Oben bleiben! lautet wohl auch das Stichwort. Viele neue Besucher kamen nämlich von den Parkschützern aus Stuttgart.

Wie immer möchte ich mich bei allen Leserinnen und Lesern dieses Blogs sowie den Mitdiskutanten bedanken, die im abgelaufenen Monat fleißig gelesen und kommentiert haben. Falls ihnen der Blog gefällt, empfehlen sie ihn ruhig weiter. :D

Stats_1110

Stats_graph

Ausblick

Pünktlich zu Beginn des Dezembers ist es bitter kalt geworden und ein eisiger Wind bläst durch das Land, das noch immer eine Aufschwungparty feiert. Hinter dem ersten Türchen des Adventskalenders erscheint heute die Botschaft, dass das Getriebe der Wirtschaft noch nicht festgefroren sei, das das Wachstum weiter stabil wachse, mit vermindertem Tempo zwar, aber mit Freude. weiterlesen

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Das Konsumklima startet durch oder so ähnlich

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Während der Bundesfinanzminister im Parlament seinen Etat mit den eindringlichen Worten verteidigt,

„Wir schwimmen nicht im Geld, wir ertrinken allenfalls in Schulden.“

feiert der Bundesbewirtungsminister Rainer Brüderle weiter seinen und unseren Aufschwung. In einer Mitteilung seines Hauses heißt es heute euphorisch:

„Großer Sommer, goldener Herbst, Dem großen Aufschwung-Sommer folgt ein goldener Konjunktur-Herbst. Unser Aufschwung steht auf einer breiten Basis.“

Ich wusste gar nicht, dass man im Aufschwung an Schulden ertrinken kann, allenfalls im Wein, so wie der Brüderle. Jedenfalls freut sich die große Zukunftshoffnung der FDP und mit ihm zahlreiche Gestalten, die sich als Wirtschaftsexperten vertehen. Sie behaupten, dass der Aufschwung zunehmend vom privaten Konsum getragen werde, weil die GfK (Gesellschaft für Konsumforschung) einmal mehr haltlose Weissagungen zum voraussichtlichen Konsumverhalten der Deutschen verbreitet.

Vorhin meinte ein Radiosprecher, der Konsumklimaindex starte durch und dies sei ein deutliches Zeichen dafür, dass es in der Wirtschaft weiter bergauf gehe. Na ja, vor allem ist diese Einschätzung ein Zeichen von geistiger Schwäche, die nicht nur auf die biorhytmisch bedingte Müdigkeit zur Mittagszeit geschoben werden kann. Denn das, was die GfK von Menschen erwartet, deren Erwartungen sie angeblich auf eine Stelle hinterm Komma genau messen kann, wird regelmäßig durch die Ergebnisse statistischer Erhebungen zu den Umsätzen im Einzelhandel widerlegt.

Es gibt aber noch eine andere Quelle, auf die sich die Aufschwungsabsäufer berufen. Das statistische Bundesamt hat heute nähere Angaben zur wirtschaftlichen Entwicklung im dritten Quartal 2010 gemacht. In Brüderles Sommerhoch ging es um 2,3 Prozent nach oben und danach mit nur +0,7 Prozent weiter. Wer klar sehen und denken kann, wird vielleicht erkennen, dass sich der Aufschwung im dritten Vierteljahr deutlich verlangsamt hat. Man wird auch erkennen, dass das dritte Quartal die Monate Juli, August und September umfasst. Von einem goldenen Konjunktur-Herbst kann der Minister doch noch gar nix wissen.

Heißt das aber nun wirklich, dass der Aufschwung weitergeht? Zumindest die „breite Basis“, von der Brüderle faselt, ist eher schmaler geworden. Nun behauptet man aber auch, dass der private Konsum das Wachstum tragen würde. Dabei sind die privaten Konsumausgaben gar nicht nennenswert gestiegen. In der Meldung der Statistiker heißt es dazu:

Im Inland wurde im dritten Quartal 2010 im Vorjahresvergleich sowohl deutlich mehr konsumiert als auch investiert. So lagen die privaten Konsumausgaben im Vorjahresvergleich erstmals seit über einem Jahr wieder über ihrem Vorjahresniveau und stiegen preisbereinigt um 1,2%.

Klar ist, dass im Vergleich zum Vorjahresquartal, das noch von der Kurzarbeit gekennzeichnet war, die Konsumausgaben in Q3/2010 höher liegen würden. Im Vergleich zum Vorkrisenzeitraum haben sich die Ausgaben hingegen kaum verändert. Das ist auch nicht verwunderlich, wenn man sich noch einmal vor Augen hält, dass die Entwicklung der Arbeitnehmereinkommen seit Jahren eher unterirdisch verläuft, während Unternehmens- und Vermögenseinkommen weiter explodieren.

Einkommen
Quelle: Michael Schlecht, MdB

Bei diesen Zahlen kann das Konsumklima noch so sonnig aussehen, aber was die reale Kaufkraft anbelangt, herrscht weiterhin eisige Kälte. Falls trotzdem mehr Geld in Lohnverhandlungen herausspringen sollte, was durchaus anzunehmen ist, wird man das sicherlich für steigende Gesundheits- und Pflegekosten sowie höhere Energiepreise beiseite legen müssen. Ich hatte ja bereits darüber berichtet, dass die Aufschwungsabsäufer in ihrer jüngsten Gemeinschaftsprognose davon ausgehen, dass die Einkommen um 1,4 Prozent steigen werden, aber auch die Verbraucherpreise um 1,4 Prozent bei gleichbleibender Sparquote. Wie unter diesen Voraussetzungen ein Aufschwung vom privaten Konsum getragen werden soll, bleibt nach wie vor ein Rätsel der Konsumklima- und vorweihnachtlichen Kaufrauschverkünder.

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Meinungsmache bei ZDF heute

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Die Hauptnachrichtensendung im ZDF wurde vorhin von Petra Gerster präsentiert. Dabei hieß es bei der Verlesung der Schlagzeilen, dass der Aufschwung nun dazu geführt habe, dass einige Unternehmen Lohnerhöhungen vorziehen würden. Im Bericht stellte sich dann aber heraus, dass sich die eigentliche Meldung einmal mehr um die Forderung der Gewerkschaften nach höheren Löhnen drehte und die Scheinunterstützung der Politik. An der Weigerung der Arbeitgeber hat sich indes nichts geändert. Zwar präsentierte der Bericht mit Bosch ein Unternehmen, dass die verabredete Lohnerhöhung ein paar Monate vorziehen will, aber genau wie bei Audi und Porsche ist diese Neuigkeit schon mindestens einen Tag alt bzw. basiert auf der bereits beschlossenen Tarifvereinbarung mit der IG-Metall vom Februar diesen Jahres. Die Möglichkeit eines Vorziehens der geplanten Tariferhöhung wurde im Tarifvertrag verabredet.

Die Grundaussage war aber einmal mehr, dass die Mehrheit der Betriebe noch nicht durch die Krise gekommen sei und es somit sehr wahrscheinlich wäre, dass es zu keinen Lohnerhöhungen kommen werde. Die verkündete Neuigkeit ist also in Wirklichkeit keine. Ein Vertreter der Arbeitgeber durfte sogar die Zahlung des Weihnachtsgeldes infrage stellen, weil es den Unternehmen so schlecht gehe.

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Quelle: ZDF-heute

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