Was war doch gleich am 11. August vor zwanzig Jahren?

Geschrieben von: am 11. Aug 2010 um 12:25

Am 11. August des Jahres 1990 gab es eine Fusion oder besser, eine freiwillige Vereinigung mehrerer Parteien, die in Hannover vonstatten ging. Und zwar aus der FDP-West und den liberalen Blockflöten-Ost. Als erste Partei schritt nämlich die FDP unter ihrem damaligen Vorsitzenden, einem zu diesem Zeitpunkt bereits rechtskräftig verurteilten Steuerhinterzieher, Otto Graf Lambsdorff voran, sich mit den ostdeutschen Geistesbrüdern und Schwestern zu vereinigen. Wie gesagt, freiwillig und wahrscheinlich unter der Prämisse, mit einer zügigen Vereinigung möglichst rasch Zugriff auf Vermögen und Sachwerte zu erhalten.

Heute morgen wies mich die Rubrik „Kalenderblatt“ vom Deutschlandradio Kultur darauf hin. Ich wollte das nur noch einmal erwähnen. Man vergisst es ja so schnell wieder. Vor allem dann, wenn die heutigen Liberalen darüber schimpfen, dass sich die Linke nicht von ihrer Vergangenheit distanzieren würde und die SPD in eine Zwangsvereinigung treiben wolle. Im Text heißt es dann sehr schön.

In den Monaten nach dem Fall der Mauer entwickelten sich in Ostdeutschland Ableger der etablierten Westparteien. Die Freien Demokraten gründeten die „FDP der DDR“ – eher eine Briefkastenfirma als eine wirkliche Schwesterpartei. Vor den ersten freien Wahlen zur DDR-Volkskammer im März 1990 ging sie ein Bündnis mit der „Liberaldemokratischen Partei der DDR“ ein. Die LDPD war eine der sogenannten „Blockparteien“, diente im „Realsozialismus“ als Auffangbecken für Angehörige des Mittelstands, die nicht direkt der SED beitreten mochten. Dank ihrer privilegierten Position im DDR-System verfügte die LDPD in der turbulenten Umbruchphase über einen funktionierenden Apparat. Dritte Gruppierung im liberalen Wahlbündnis wurde schließlich die „Deutsche Forum-Partei“. Sie ging aus der Bürgerrechtsbewegung der DDR hervor. Gemeinsam kamen die drei liberalen Gruppierungen bei der Volkskammerwahl im März 1990 auf 5,3 Prozent.

Die Vereinigung bescherte der FDP, die in der Bundesrepublik wegen ihrer schwachen Basis gerne als „Dame ohne Unterleib“ bespöttelt wurde, einen gewaltigen Zuwachs: aus 65.500 Mitgliedern wurden schlagartig 178.600. Man musste sich deshalb vor dem Parteitag auf einen komplizierten Delegationsschlüssel einigen, damit die Westler nicht hoffnungslos majorisiert werden konnten.

Doch das war noch das geringste Problem: Die „Liberaldemokratische Partei der DDR“, die zusammen mit dem „Bund Freier Demokraten“ und der „Deutschen Forum-Partei“ in eine gesamtdeutsche FDP strebte, war durch ihre Vergangenheit als „Blockpartei“ diskreditiert.

Welche kommunistischen Altlasten lauern eigentlich in diesem Hühnerhaufen noch? Okay, die Mitgliederstärke schrumpfte relativ schnell wieder auf den Stand von vor 1990 und die Ost-Liberalen verließen angewiedert die FDP, weil man der inneren Gleichschaltung nicht folgen wollte, dann hätte man schließlich auch die DDR behalten können, aber einige Vermögenszuwächse blieben dann doch, gänzlich ohne Distanzierung, versteht sich.

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Über den Autor:

André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.
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Kommentare

  1. Teja552  August 11, 2010

    Welche kommunistischen Altlasten lauern eigentlich in diesem Hühnerhaufen noch? ….tja das frage ich mich auch, es muss doch auch einen Grund geben, warum gerade die FDP den Linken gegenüber so feindlich und Aggressiv gegenüber ist!

  2. Susan  August 12, 2010

    Ich finde es nicht in Ordnung, die Ostliberalen als Blockflöten zu bezeichnen mit den immerwährenden süffisanten Unterton. Die Liberalen waren diejenigen, die die Wende unterstützten. Viele Teile der Liberalen wollten eine demokratisierte DDR und keinen Anschluss an den Westen. In dieser Partei gab es – weitgehend unter der Decke, es durfte ja nicht sein, was nicht sein konnte – einen Aufstand, gegen den damaligen Parteivorsitzenden Gerlach, der Änderungen in der DDR zu mehr Demokratie durchdrücken wollte. Der Sturz von Gerlach misslang. Liberale in der DDR hatten mit vielen Nachteilen zu kämpfen, weil sie offen ausdrückten, dass sie nicht mit der SED konform gingen. Sie wurden in diesem Staat misstrauisch beäugt und viele Stellen waren für sie nicht zugänglich und wurden trotz guter Leistungen lieber mit einem Parteilosen besetzt. Als man bei den Montagsdemos in Leipzig noch rief: Wir sind DAS Volk, war Gerlach ein hochangesehener Mann, den viele Montagsdemonstranten unterstützten. Das gehört auch zu der Geschichte der LDPD, die man nicht immer unter den Teppich kehren sollte.