Überall Bombenalarm

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Was wären wir nur ohne die Terrorgefahr? Ob in der Unterhose oder in der Druckerpatrone, selbstgebaute Bomben haben wieder Konjunktur. Dabei scheinen Paketbomben besonders im Trend zu liegen. Nun soll auch ein Päckchen aus dem griechischen Wirtschaftsministerium, das an das Bundeskanzleramt geschickt wurde und da auch ankam, Sprengstoff enthalten haben. Endlich wieder ein Thema für die Medien, die sich zurzeit noch um ein Erdloch in Thüringen versammelt haben. Könnte es nicht vielleicht sein, dass dieses Erdloch auch durch ein Päckchen von UPS verursacht wurde? Das sollten die Boulevard-Reporter von n-tv und N24 aber dringend untersuchen.

Lustig ist übrigens auch der Gedanke, dass sich Vertreter der griechischen Regierung für die tolle Unterstützung der Kanzlerin bedanken wollten. Denn seit bekannt ist, dass die Bundesregierung ihre Forderung nach einem dauerhaften Krisenmechanismus in der Eurozone durchsetzen konnte, stiegen die Zinsen für griechische Staatsanleihen wieder fast senkrecht nach oben. D.h. Griechenland wird auch weiterhin nicht in der Lage sein, sich selbst am Kapitalmarkt zu refinanzieren und bleibt auf Hilfen angewiesen. Dass man damit auch weitere hirnrissige Sparvorschläge von deutscher Seite aushalten muss, dürfte jedem Griechen klar sein.

Merkels dauerhafter Krisenmechanismus ist im Prinzip nichts anderes als eine Einladung für Spekulanten. Denn Deutschland steht für die Verluste dauerhaft ein. Und wer hat es vorausgesehen? Richtig der Ackermann, der seinerzeit der Kanzlerin in den Rücken fiel und meinte, dass die Griechen die Kredite nicht mehr zurückzahlen könnten. Das brauchen sie ja jetzt auch nicht mehr, bei so einem potenten Bürgen, wie dem deutschen Steuerzahler. Die „Ackermänner“ können gleich doppelt verdienen. Einmal durch den dauerhaften Krisenmechanismus, der sie vor Verlusten bewahrt und zweitens beim Ausverkauf der Schuldnerländer. Ein tolles Geschäft. Wieso redet eigentlich niemand mehr über diese bereits detonierte Finanzmarkt-Bombe, die in kein Paket gepasst hätte?

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Zum Euro-Stabilitätspakt

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Entweder wird berichtet, dass Kanzlerin Merkel gescheitert sei, weil sie ihre Forderungen nach einem Stimmrechtszug für Defizitsünder nicht hat durchsetzen können oder es wird gesagt, dass es ein Erfolg gewesen sei, einen dauerhaften Krisenmechanismus einzuführen. Beides dient meiner Meinung nach der Ablenkung.

Ein dauerhafter Krisenmechanismus ist doch nur eine nette Umschreibung für die Absicht, auch in Zukunft das Geld der Steuerzahler für europäische Finanzhilfen weiter verbraten zu können. Dabei ist auch klar, dass die Bundesregierung und die europäische Union mit weiteren Defiziten und in der Folge auch mit weiterem Kapitalbedarf rechnet, weil sie genau wissen, dass die extreme deutsche Exportorientierung auch weiterhin andere Länder der Eurozone in Schwierigkeiten bringen wird.

Ursprünglich war der 750-Milliarden-Euro-Rettungsschirm bis 2013 befristet. Nun ist also klar, dass die Rettung weitergeht, als Dauerzustand sozusagen. Dabei wird betont, dass nun auch private Gläubiger an künftigen Verlusten beteiligt werden können. Wenn sie das hören, können sie getrost davon ausgehen, dass das nie der Fall sein wird. Der Hinweis auf die Haftung privater Gläubiger ist der Köder, der den Menschen vorgehalten wird, damit die nicht merken, wie sie erneut verarscht werden.

Also ich kann mich noch gut daran erinnern, wie Dr. Wolfgang Schäuble bei der Vorstellung des Rettungspakets meinte, dass es sich nur um Garantien handeln würde, die den Steuerzahler nix kosten. Und Kanzlerin Merkel sprach davon, dass die Milliardenkredite im Rahmen einer Zweckgesellschaft nach einstimmigen Entscheidungen und befristet ausgezahlt werden würden. Das musste sie auch so sagen, weil ihr Eilgesetz im Mai 2010 mit heißer Nadel gestrickt wurde, bei dem der Bundestag keinerlei Einblick in die Einzelheiten bekam und somit die Hilfen im Vertrauen auf die Bundesregierung einfach nur abnicken sollte.

Und das ist es dann auch. Abnicken und Schnauze halten. So wünscht sich die Regierungschefin ein Parlament, durch das sie gewählt wurde. Allenfalls ein wenig Show für den Urnenpöbel, damit der noch glaubt, er befände sich im Irrenhaus einer repräsentativen Demokratie, die er mit seiner Stimme beeinflussen könne, und nicht in den Fängen einer internationalen Finanzmarktdiktatur, die ihre Macht nie aus der Hand gegeben hat.

Der Stern von Merkel kann ruhig sinken, ihre Popularität ist den Mächtigen inzwischen egal. Sie war lange genug die „Moderatorin“ der Herzen. Sie hat noch Zeit, einige Grausamkeiten umzusetzen, bevor der neue Messias zu Guttenberg oder wahlweise Steinbrück sie ablösen wird. Es ist schon erschreckend wie reibungslos die Manipulationsmaschinerie in diesem Land funktioniert, um den nächsten Erfüllungsgehilfen der mächtigen Finanzjongleure in Stellung zu bringen.

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Regierungserklärung zur Europapolitik und G20

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Angela Merkel hielt heute Mittag eine Regierungserklärung. Morgen reist sie ja bekanntlich zu einem neuerlichen EU-Gipfel nach Brüssel. Ich will gar nicht so sehr auf die Blamage eingehen, die sich die Bundeskanzlerin eingehandelt hat, als sie mit dem Franzosen-Wicht in Deauville einen Deal schloss, in dem sie erklärte, auf den automatischen Sanktionsmechanismus für Defizitsünder, den sie zuvor vehement gefordert hat, einfach zu verzichten.

Natürlich war klar, dass die Position Merkels und in ihrem Gefolge der europäischen Union, die sich jetzt durch Merkel düpiert fühlt, nie und nimmer hätte umgesetzt werden können, weil damit offen Verfassungsbruch begangen worden wäre. Nicht so klar ersichtlich war aber, wie sich Merkel aus dieser Sackgasse befreien würde. Dass sie nun einfach gesagt hat, machen wir nicht mehr, ist schon ein starkes Stück. Als Erklärung für ihre 180 Grad Wende bot sie heute nur einen Satz:

„Eine deutsch-französische Einigung ist noch nicht alles in Europa. Aber: Ohne eine deutsch-französische Einigung wird vieles nichts.“

Ich würde sagen, bei Frau Merkel ist alles nichts!

Das Zugeständnis der Franzosen, die Deutschen bei dem Bestreben einer EU-Vertragsänderung zu unterstützen, darf dabei getrost als Nebelkerze bezeichnet werden. Denn Merkel selber war es doch, die den Lissabon-Vertrag wasserdicht geredet und als unabänderbar bezeichnet hatte, nachdem die Iren und Tschechen diesem neoliberalen Machwerk doch noch zugestimmt hatten. Die kleinen EU-Staaten werden zudem wohl kaum einer Änderung zustimmen, die besagt, dass sie weitere Kompetenzen abgeben sollen und im Zweifelsfall gar nicht mehr mitreden dürfen.

Aber das nur am Rande. In ihrer Rede ging sie unter anderem auch auf die Ursachen von Defiziten ein und wehrte sich einmal mehr gegen den Vorwurf, Deutschlands Exportüberschuss sei verantwortlich dafür. Sie sagte, dass die Handelsbilanzen den Marktgesetzen des Wettbewerbs unterliegen würden und ein künstlicher Eingriff durch den Staat unter allen Umständen zu vermeiden sei. Sie empfahl einmal mehr, dass andere Länder vom deutschen Beispiel lernen und ihre Wettbewerbsposition verbessern sollten. Damit unterstrich sie erneut ihre geistige Borniertheit.

Merkel hätte nämlich auch sagen können, dass die anderen Länder endlich kapieren sollen, dass wir Deutschen keine Massenkaufkraft brauchen. Die Unternehmen machen alles, konsumieren, investieren und exportieren. Wenn man sich das Herbstgutachten der Wirtschaftsinstitute anschaut, kann man zu keinem anderen Ergebnis kommen. Demnach wird nämlich erwartet, dass die Einkommen im nächsten Jahr um 1,4 Prozent steigen werden. Die Preise aber auch um 1,4 Prozent. Nun soll aber bei unterstellter gleichbleibender Sparquote der Konsum ebenfalls um 1,4 Prozent steigen. Diesen Zaubertrick versteht man nur, wenn man fest daran glaubt, dass die Zuwächse bei Unternehmen und Vermögen, die sich in diesem Jahr auf unverschämte 14 Prozent und im nächsten Jahr auf noch einmal satte 3,6 Prozent belaufen sollen, in privaten Konsum umsetzen werden.

Heiner Flassbeck meinte dazu kürzlich auf den NachDenkSeiten:

„Wenn das in Europa die anderen Länder auch noch kapieren, müssen wir nur noch die Wesen vom Mars davon überzeugen, dass wir von nun an alles produzieren, was sie brauchen, und schon ist die Sache geritzt.“

So gesehen brauchen wir auch keine steigenden Löhne und schon gar nicht einen staatlichen Eingriff in die Handelsbilanzen, der dem freien, zügellosen und perversen Marktgeschehen zuwider läuft. Warum nur verteidigt Frau Dr. Merkel dann ihre zurückliegenden Konjunkturpakete als richtig und notwendig?

In gewisser Weise hatte Frank-Walter Steinmeier mit seiner Feststellung recht, dass der Widerspruch zum Markenkern der schwarz-gelben Regierung gehöre, weil das tatsächliche Handeln immer genau dem Gegenteil von dem entspricht, was vollmundig angekündigt wurde. Aber das ist ja nur die banalste aller Erkenntnisse. Viel treffender wäre ja die Zuspitzung, die Georg Schramm bei seinem Referat am Montag in Stuttgart vortrug. Die Regierung betreibe einen vorsätzlichen Missbrauch der Sprache und niemand hindere sie daran.

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"Westerwelle, die Puffmutter der Wirtschaftsnutten!!!"

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Auf der 50. Montagsdemonstration in Stuttgart gegen die Tieferlegung des dortigen Bahnhofs präsentierten sich Urban Priol und Georg Schramm in Bestform. Das müssen sie einfach gesehen haben. Besonders Urban Priol teilte richtig aus. Er beschimpfte die Kanzlerin als scheinheiligen Ostschreck, der sich von den Mißfeldergeburten der Union für die hirnlose Aussage feiern ließ, dass sich die Zukunftsfähigkeit des Landes an der Fertigstellung von Stuttgart 21 entscheide.

Über Guido Westerwelle, der angesichts der Proteste vor einer Gefälligkeitsdemokratie warnte, meinte Priol entrüstet, dass das mit Westerwelle, den er als Puffmutter der Wirtschaftsnutten bezeichnete, gerade der richtige sagen würde. Dabei hätte diese Witzfigur ihren großen Geschenkkorb für die gut betuchte Klientel noch gar nicht aus der Hand gegeben.

Und über Mappus und Grube sagte er, dass man mit Leuten, bei denen Kopf und Sack identisch seien, nicht verhandeln könne.

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Original-Quelle: http://www.ustream.tv/recorded/10418685

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Wortbrüche und beispiellose Klientelpolitik

Geschrieben von:

Da soll soch einer sagen, das hätte er nicht gewusst, als der- oder diejenige bei Schwarz oder Gelb ein Kreuzchen machte. Das schwarz-gelbe Minderheitenkabinett macht unverfroren weiter mit der ganz großen Klientelpolitik. Mit der demonstrativen Einäscherung der Idee, die Ökosteuersubvention für energieintensive Unternehmen abzuschaffen bzw. einzuschränken, löst sich der von Merkel lauthals ausgerufene „faire Ausgleich“ beim Sparwahnsinn zwischen Sozialkürzungen auf der einen und Belastungen für die Wirtschaft auf der anderen Seite endgültig in Luft auf. Inzwischen wurde jede ursprünglich als Belastung der Wirtschaft verkaufte Maßnahme, wie die Brennelementesteuer oder die Finanztransaktionssteuer auf bitten der Wirtschaft und der Hochfinanz willfährig begraben.

Die Sache mit der Rücknahme der Ökosteuersubvention hatte sich bereits angekündigt. Vor nicht einmal vier Wochen sprach die Kanzlerin auf einer Veranstaltung des Industrieverbandes BDI. Dessen Präsident Hans-Peter Keitel hatte geladen und in seiner Funktion als Cheflobbyist davor gewarnt, die Ausnahme von der Ökosteuer, die natürlich keiner der Beteiligten für eine streichbare Steuersubvention hält, einzuschränken. Arbeitsplätze stünden auf dem Spiel. Die Kanzlerin war beeindruckt und reagierte in ihrer Rede sehr verständnisvoll auf die Bedenken der armen Industrie.

„Ich sage Ihnen zu, dass wir über diese Regeln noch einmal sprechen.

Es ist nicht unser Ansinnen, die guten Arbeitsmarktzahlen zu verschlechtern, indem wir an dieser Stelle etwas tun, was Arbeitsplätze kostet.“

Dafür kostet es nun die Raucher etwas, obwohl dass der Tabakindustrie nicht gefallen dürfte. Was ist eigentlich mit der Raucherlobby los? Kippen aus dem Hartz-IV-Regelsatz gestrichen und nun auch noch eine Erhöhung der Tabaksteuer. Bedrohen diese Maßnahmen etwa keine Jobs in der Zigarettenindustrie? Gegen einen weiteren absehbaren Einbruch beim Zigarettenabsatz muss man doch vorgehen und vielleicht jüngere Käuferschichten erschließen.

Da sollte die Lobby ansetzen und Kanzlerin Merkel mal einladen. Dann könnte das Werbeverbot kippen und der Marlboro Man auf den Bildschirm zur besten Sendezeit zurückkehren. Etwas modifiziert natürlich. Vielleicht mit Kindern. Das wäre doch eine tolle Aufgabe für Ursula von der Leyen, die mit einer Familienraucherkampagne gleichzeitig ihr Zensursula-Image ablegen könnte. Schließlich hat sie bei der Regelsatzfestlegung für Kinder bewiesen, wie viel sie für die Jüngsten in der Gesellschaft übrig hat.

Rauchen für den Anti-Terrorkampf, für die Gesundheit und nun auch für den Aufschwung. Einer gewissen Komik entbehrt das nicht. Allerdings habe ich mit Rauchern auch kein Mitleid und genau darauf spekuliert diese Regierung. Eine Erhöhung der Tabaksteuer lässt sich eben immer gut verkaufen, weil eine Mehrheit der Bevölkerung den Glimmstängel ablehnt. D.h. viele glauben, von einer Erhöhung dieser Steuer gar nicht betroffen zu sein. Das nun wiederum rechtfertigt das Vorgehen der Bundesregierung keineswegs. Man könnte jetzt natürlich viele Gründe anführen. Mir reicht aber einer. Und den sollten sie bei Gelegenheit ihrem FDP-Wahlkreisschnösel unter die Nase reiben:

Steuererhöhung = Wortbruch!

Da hilft dann auch nicht das Geschwafel von gesicherten Arbeitsplätzen oder die abermalige Verkündung der Aussicht auf baldige Sterersenkungen. Westerwelle und Brüderle wurden bis hin zu den Diskussionen um das Sparpaket in diesem Jahr nicht müde zu betonen, dass es mit ihnen keine Steuererhöhungen geben werde. In einem Interview mit der Welt meinte Westerwelle im Mai noch:

„Leider gibt es im Deutschen Bundestag sehr viele Abgeordnete, die mit Steuererhöhungen weniger Probleme haben als mit Ausgabeneinsparung.“

Und Westerwelle wird nun überraschenderweise auch zu den vielen Abgeordneten gehören, die weniger Probleme mit einer Steuererhöhung haben. Und Rainer Brüderle, der heute neben Schäuble sitzend, die frohe Botschaft mitverkünden durfte, meinte ebenfalls im Mai noch, auch in der Welt nachzulesen:

„Steuererhöhungen wird es mit der FDP nicht geben.“

Nun bin ich doch sehr erstaunt über die Verlässlichkeit der selbsternannten bürgerlichen Mitte, die mit ihren klaren und stabilen Verhältnissen für Abwechslung bei Worten und Taten sorgt, an der Kontinuität ihrer beispiellosen Klientelpolitik aber nichts ändert.

Aber das Lustigste kommt ja noch. Die Bundesregierung will also die Tabaksteuer erhöhen, um die inzwischen wieder hochprofitable Schwerindustrie weiter zu subventionieren. Da könnte man doch meinen, dass die Arbeitgeber von diesem Geschenk etwas an ihre Mitarbeiter abgeben und zum Beispiel die Löhne erhöhen. Schließlich ist doch Aufschwung XL und selbst der Brüderle fordert höhere Löhne. Aber Pustekuchen. So ziemlich alle Wirtschaftsvertreter haben bereits abgewunken. Keine Lohnerhöhungen. Aber keine Angst, auch dafür hat die schwarz-gelbe Pannenregierung eine Lösung. Steuersenkungen!!! Ein Leser der NachDenkSeiten bringt diesen politischen Irrsinn in einem kurzen Kommentar heute sehr treffend auf den Punkt.

„Der hochverschuldete deutsche Staat soll anstelle der hochprofitablen Konzernen die Lohnerhöhungen zahlen … sehr logisch …“

Und so schließt sich der Kreis. Denn von der eigensinnigen Logik der schwarz-gelben Regierung sind alle betroffen, ob sie nun rauchen oder nicht.

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Die Sache mit dem Stabilitätspakt

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Ein wenig komisch ist die Rolle rückwärts von Frau Dr. Merkel dann doch. Was werden die Zeitungen wohl schreiben über ihr einstiges Idol, die eiserne Kanzlerin? Als es um die Rettung Griechenlands ging und überhaupt um die Rettung des Euro mit Mrd. desselben aus Deutschland, hatte das die Kanzlerin an die Bedingung geknüpft, dass nunmehr ein harter Strafenkatalog für Defizitsünder eingeführt werden müsse, mit sofortigen Sanktionen, Entzug des Stimmrechts oder sogar der Möglichkeit einer geordneten Insolvenz.

Europa stünde am Scheideweg, sagte die Bundeskanzlerin damals im Mai. Es müsse eine neue Stabilitätskultur in der EU geben, so Merkel weiter. Bis diese Woche waren sich dann auch alle einig, dass die geforderten Sanktionsmaßnahmen umgesetzt würden. Die Finanzminister der Eurogruppe haben eifrig beraten. Doch nun kam heraus, dass die eiserne Kanzlerin mit dem abgebrochenen Sarkozy am Strand spazieren ging und einen Kompromiss aushandelte. Die Sache mit den automatischen Sanktionen für Defizitsünder war plötzlich vom Tisch. Diese soll es nämlich künftig nur dann geben, wenn eine Mehrheit der EU-Staaten dafür stimmt. Also alles wie gehabt. Viel Lärm um nichts. Frau Merkel hat nur ihre bisherige alternativlose Meinung geändert. Warum?

Dem eitlen Gockel aus der FDP gefiel das dann überhaupt nicht, weil seine kritische Haltung zu der Merkel-Sarkozy-Vereinbarung durch den Seibert nicht entsprechend verkündet worden war. Aber das ist schlechte Seifenoper und nicht weiter interessant.

Viel spannender finde ich ja die Frage, welche Zugeständnisse die Franzosen gemacht haben. Klar ist, dass die beabsichtigte Sanktionsregelung vor allem jene Staaten betroffen hätte, die auf Grund der exzessiv betriebenen deutschen Exportausrichtung Außenhandelsdefizite anhäufen mussten und in Zukunft auch wieder anhäufen werden, wenn sich an der deutschen Haltung nichts ändert. Frankreich wäre also auch betroffen. Die französische Finanzministerin Lagarde hatte ja darauf hingewiesen, dass Deutschland mit seiner einseitigen Exportorientierung und mit der einheitlichen Währung im Rücken die Wirtschaftsunion gefährde. Die Deutschen müssten vielmehr ihren Binnenmarkt stärken und mehr Waren importieren, damit die Defizite der anderen verringert werden können. Das hat die Bundesregierung natürlich vehement zurückgewiesen.

Möglicherweise besteht der Kompromiss ja nun darin, dass Frankreich keine Kritik mehr an der einseitigen Wirtschaftspolitik Deutschlands übt oder sich sogar dafür einsetzt, dass Deutschland seine Lohndumpingpolitik auf Kosten der anderen Staaten weiter fortsetzen darf. Denn unbemerkt von der medialen Öffentlichkeit hatte die Bundesregierung auf EU-Ebene bereits zugestanden, bei der Lohnentwicklung im Vergleich zu den anderen Euroländern einen Rückstand zu haben und entsprechend handeln zu wollen. Das könnte nun vom Tisch sein.

Aber was weiß ich schon, über welchen Quatsch Frau Merkel und Herr Sarkozy am Strand geredet haben, während die gewählten Volksvertreter noch über den Unsinn beraten, den Frau Bundeskanzlerin bis zu diesem Zeitpunkt noch mit Nachdruck vertreten hat.

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Quelle: Berliner Morgenpost

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"Wahlforschung": Es Güllnert mal wieder

Geschrieben von:

Jeden Mittwoch präsentiert der Forsa-Chef Manfred Güllner seine Umfragen für Stern und RTL. Regelmäßig liegen seine Analysen und Ergebnisse meilenweit von der Wirklichkeit entfernt. Aber das ist nichts Neues. Wenn ich es aber richtig sehe, ist Güllner der erste „Wahlforscher“, der nun auch zu Guttenberg in der K-Frage abbildet. Die Medienkampagne um den schneidigen Nachfahren (Stiefenkel) des ebenfalls sehr bedeutenden Außenministers im dritten Reich Joachim von Ribbentrop geht also weiter. Dem niederrheinischen Adeligen von Ribbentrop sagte man auch gutes Aussehen und karrieristische Zielstrebigkeit nach, die am Ende immerhin zu einem der vorderen Plätze auf der Anklagebank im Nürnberger Kriegsverbrecherprozess reichte.

Die letzten Worte von Ribbentrops vor seiner Hinrichtung waren, so lese ich gerade bei wikipedia:

„Gott schütze Deutschland. Gott sei meiner Seele gnädig. Mein letzter Wunsch ist, dass Deutschland seine Einheit wiederfindet, dass eine Verständigung zwischen Ost und West kommt für den Frieden der Welt.“

Das hätte zu Guttenberg dank seiner Ausbildung als junger transatlantischer Führer der Antlantikbrücke wahrscheinlich auch nicht besser formulieren können. Aber zurück zu Güllner. Der begründet die hohen Zustimmungswerte für zu Guttenberg im Stern wie folgt:

Forsa-Chef Manfred Güllner erklärte im stern die Beliebtheit von zu Guttenberg damit, dass er als jemand wahrgenommen werde, der von außen kommt und nicht dem Berliner Politzirkus angehört.

Na klar. Die Wahrnehmung ist der Grund. Das klingt ja auch so verführerisch. Wer oder was für Wahrnehmungen oder besser gesagt für die Wahrnehmungsstörungen verantwortlich ist, interessiert den Forsa-Chef herzlich wenig. Denn Karl-Theodor zu Guttenberg gehört als Verteidigungsminister unweigerlich zum sog. Berliner Politzirkus. Er sitzt mit am Kabinettstisch und hebt seinen rechten Arm, wenn über längere Laufzeiten für Atomkraftwerke entschieden wird oder über die Röslersche Gesundheitsreform oder über Hartz-IV. Bisher sind mir nämlich keine Minderheitsvoten aus Kabinettskreisen bekannt, an denen sich Freigeist zu Guttenberg beteiligt hätte, um der Kanzlerin in die Parade zu fahren. Wie kann also ein Regierungsmitglied, das artig hinter seiner Kanzlerin steht, seine Arbeit besser verrichten als die Chefin selbst?

Immerhin hat rund die Hälfte, der von Forsa befragten Teilnehmer die richtige Antwort gegeben und der Aussage zugestimmt, dass zwischen Merkel und zu Guttenberg kein Unterschied bestehe. Die Frage ist also, was diese Menschen nun gewonnen haben. Denn es ist schon eine Leistung, den komischen Fragen des Herrn Güllner nicht auf den Leim zu gehen. Leider gilt das nicht immer. Die Entscheide dich Frage wird dabei wieder und wieder zur Falle. Wenn Güllner nämlich mit vorgehaltener Pistole danach fragt, wen sie lieber als Kanzler hätten, also Merkel oder Steinmeier oder zu Guttenberg oder Steinmeier, fallen die meisten dann doch wieder herein und liefern dem Chef-Meinungsmacher der Republik das gewünschte Ergebnis. Dabei wäre die Antwort so einfach.

Drück ab! äh Verzeihung, Auflegen!!

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Volker Pispers über ein Kopftuchverbot für Guido Westerwelle

Geschrieben von:

Volker Pispers eröffnet den heutigen Kabarett Dienstag mit einer Grußbotschaft an die Bundesregierung, die durch ihre Chefin Kanzlerin Angela Merkel verkünden ließ, dass Multikulti gescheitert sei. Es im Wortlaut:

„Der Ansatz für Multikulti ist gescheitert, absolut gescheitert!“

Abolut also. Wie muss man dann aber ein aktuelles Bild vom Bundes-außen-vor-Minister aus Indien verstehen, auf dem der Vize-Kanz-Nicht ein orange farbenes Kopftuch trägt?

Westerwelle in Indien
Quelle: Welt Online

Wollte Westerwelle vielleicht zeigen, dass er sich problemlos integrieren könne? Dumm nur, dass ihm das die Inder offenbar nicht abnehmen wollten. Im Text der Welt heißt es lustig…

Ein deutscher Außenminister bekommt sehr deutlich die Grenzen seines Einflusses zu spüren.

Dabei hatte sich Westerwelle außergewöhnlich viel Mühe gegeben, seine Gastgeber zu hofieren. Barfuß und mit Kopftuch stapfte er erst durch einen Sikh-Tempel, dann auf Socken durch eine Moschee. Er besuchte bei tropischen Temperaturen alte Grabstätten und übel riechende Stadtteile Delhis.

Und was bekam er zurück? Für eine gemeinsame Pressekonferenz stand keiner seiner Gesprächspartner zur Verfügung. Das Lob auf gemeinsame Werte blieb ohne Widerhall. „Indien sieht Demokratie nicht als schicksalhafte Bestimmung für die gesamte Menschheit oder Exportgut“, sagte Sunil Khilnani, ein indischer Professor von der Hopkins-Universität in Washington, „sondern als fragiles, kompliziertes Experiment.“ Gemeinsame Werte seien ja schön und gut, sagte Sandeep Dikshit, Vizechefredakteur der Tageszeitung „The Hindu“, aber sonderlich wichtig nähme diese Rhetorik hier niemand.

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Für die Inder scheint der Westerwelle mit seinem inhaltsleeren wie beliebigen Wertekanon absolut gescheitert zu sein und für das Gesicht der deutschen Leitkultur Frau Dr. Merkel ja ganz offensichtlich auch. Da fehlt dann eigentlich nur noch der Seehofer Horst, der nach Pispers gerade vom christlichen Weiberheld zum abendländischen Komiker mutiert sei. Der könnte doch ein Kopftuchverbot für Westerwelle fordern oder wahlweise eine Burka. Spinner gäbe es halt mit und ohne Migrationshintergrund. Der Seehofer zum Beispiel habe getönt, dass Deutschland nicht zum Sozialamt der Welt werden dürfe. Das sei natürlich nachvollziehbar, weil es der Traum eines jeden Erdenbürgers sei, sich in Brandenburg und Meck-Pomm von Neonazis in der sozialen Hängematte schaukeln zu lassen. :))

Volker Pispers über das Gegenteil von Multikulti. Die Monokultur, die in Wahrheit ja Inzucht bedeute. Aber an der sei noch jede Zivilisation zugrunde gegangen, da könne man bei den Adelshäusern nachfragen…

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Immer noch Integrationsdebatte

Geschrieben von:

Es ist Montag, eine neue Woche beginnt und noch immer tobt die Integrationsdebatte. Am Wochenende beging Frau Bundeskanzlerin mal wieder verbalen Verfassungsbruch, in dem sie davon sprach, dass derjenige hier fehl am Platze sei, der nicht das christliche Menschenbild akzeptiere. Nach schöner Analyse dieses Merkelschen Schwachsinns kommt Wolfgang Lieb von den NachDenkSeiten heute zu dem Ergebnis:

Dieser Fundamentalismus – egal ob christlich oder islamisch – ist also gerade ein Gefahrenherd für ein friedliches Zusammenleben der Menschen in unserer Gesellschaft.
„Fehl am Platze“ ist also unsere Kanzlerin.

Dem kann man im Prinzip nur zustimmen. Jedoch braucht es dazu nicht erst die Debatte über Zuwanderung und Integration, um festzustellen, dass Frau Merkel eine Fehlbesetzung ist. Mir geht diese Dauerauseinandersetzung gehörig auf den Keks. Der anfänglich von Sarrazin gelassene Furz entwickelt sich immer mehr zu einer nervenden Massen-Diarrhoe mit chronischem Verlauf. Es ist selten etwas Handfestes dabei.

Bei Wolfgang Lieb vermisse ich zum Beispiel auch den Hinweis darauf, dass sich die deutsche Verfassungsrealität gerade mit Blick auf die christlichen Kirchen nicht ganz so einfach darstellen lässt, wie es Lieb in seinem Beitrag vornimmt. Was ist mit der Sonderstellung der Kirchen/Religionsgemeinschaften im Grundgesetz. Artikel 140 regelt das Selbstbestimmungsrecht von Religionsgemeinschaften. Ein elendes Relikt aus früheren Zeiten. D.h. der Staat folgt streng genommen nicht dem aufklärerischen Prinzip von der Trennung von Religion und Staat. Er garantiert nur, sich aus den inneren Angelegenheiten der Religionen herauszuhalten, obwohl er ihnen einen Verfassungsrang zugesteht und sogar von Körperschaften des öffentlichen Rechts spricht.

Dieser quasi außer-staatliche Zustand führt in der Wirklichkeit eben zu Problemen. Auf die verfassungsrechtlich garantierte Selbstbestimmung, nicht Verwaltung, und die staatliche Neutralitätsverpflichtung berufen sich vor allem die christlichen Kirchen immer wieder, wenn es darum geht, die Strafverfolgung von Kinder schändenden Priestern zu behindern oder die Geltung von Grundrechten wie dem Streikrecht zu bekämpfen. Ihrem Selbstverständnis nach empfinden die Kirchen das als einen unzulässigen Eingriff des Staates in das verfassungsrechtlich verbriefte Recht auf Selbstbestimmung. Es wäre daher weitaus dringlicher, über diesen Verfassungsmissstand zu sprechen, als sich mit den bizarren Menschenbildern der Merkels, Seehofers und Westerwelles zu beschäftigen.

Ich frage mich allerdings schon, warum die Muslime in Deuschland nicht einfach die bestehende Rechtsordnung ausnutzen und sich genau zu dem zusammenschließen, was ihnen permanent von einer xenophoben Öffentlichkeit unterstellt wird. Zu einer homogenen Religionsgemeinschaft im Rang einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, die vom Grundgesetz geschützt qua Selbstbestimmung die Shari’a für die eigenen Mitglieder einführt. Warum ist das eigentlich noch nicht passiert, Frau Merkel und Herr Seehofer?

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Im Schatten der Integrationsdebatte: Karl-Theodor, Karl-Theodor

Geschrieben von:

So sieht die morgige Titelseite vom Spiegel aus.

Spiegel: Titel 42/2010
Quelle: Spiegel Online

Und vorhin im Bericht aus Berlin. Karl-Theodor zu Guttenberg als Joker in der Mitte zwischen Horst Seehofer und Angela Merkel. Und im Vordergrund ein Depp der Medien, der nicht begreift, dass die Geschichte um den vermeintlichen Superstar, der über allem schwebt, ein durchschaubares PR-Manöver ist.

Zu Guttenberg

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