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Hagen Rether über Werte und Helden
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Der graue Monat November hat gerade erst begonnen, die Nachfolge von Thomas Gottschalk ist noch nicht entschieden, doch heute Abend schon lichtet sich der Nebel im ZDF. Pelzig und Priol werden in Neues aus der Anstalt eine Antwort geben. Wetten, dass..? ließe sich doch prima mit dem Koalitionsausschuss zusammenlegen. Moderieren könnten dann gleich drei sehr bekannte TV-Gesichter. Angela Merkel, Philipp Rösler und das bayerische Urgestein Horst Seehofer. Da wären alle Altersgruppen abgedeckt. Die ehemalige Stadtwette würde zur Landeswette umfunktioniert und Ratingagenturen könnten einen Tipp abgeben.
Unterstützt werden sie dabei von den Kabarettisten Andreas Rebers, Hagen Rether und Ingo Appelt.
Neues aus der Anstalt – am Dienstag,
8. November 2011, um 22.15 Uhr im ZDF!
Quelle: ZDF
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Am Samstag liefen die Mitternachtsspitzen im WDR Fernsehen. Ein Hinweis darauf hatte wegen des Songcontests in Düsseldorf eh keinen Sinn. Die Beerdigung des Monats gleich nach der Hochzeit des Jahres zieht halt mehr Zuschauer an als Kabarett. Nichtsdestotrotz sendet der WDR heute Abend um 23.15 Uhr die Wiederholung der Sendung. Machen sie sich einen Knoten in die Fernbedienung.
Zu Gast waren Hagen Rether, Heinrich Pachl und Jess Jochimsen.
Quelle: WDR
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Gestern hat man mich darauf aufmerksam gemacht, dass Hagen Rether wieder bartlos ist. Einige hatten ja schon Bedenken, dass mit ihm etwas nicht stimme, weil er mit wachsender Gesichtsbeharrung im letzten Jahr durchs Land zog und über die Angst vor dem Islam und die Begeisterung für Sarrazin und seine politischen Gefolgsleute sprach.
In der letzten Ausgabe des Satire Gipfel am 30.12.2010 schnitt er dann zur Tat. Mit der Bemerkung, die Privatsphäre schafft sich ab, rasierte sich der aktuelle Gewinner des Deutschen Kabarett-Preises 2010 in aller Öffentlichkeit seinen Vollbart ab. Dabei spielte er kein Klavier, sondern nutzte es mehr oder weniger als Rasiertisch. Warum sollte er auch etwas spielen? Der Satire Gipfel gilt inzwischen mehr als langweilige Klamaukveranstaltung, denn als echte Kabarettbühne. Sagen kann man da nicht wirklich was, aber Rasieren geht. Am Anfang brachte Rether das auch mit den Worten zum Ausdruck, „manchmal denke ich, ich bin gar kein Kabarettist“, um dann am Ende zu sagen, dass Thilo Sarrazin für ihn der größte Kabarettist aller Zeiten sei.
Die Kabarett-Expertin Beate Moeller schreibt dazu:
Die vier Minuten, die ihm für seinen Text zur Verfügung stehen, benutzt er, um sein Gesichtshaar live vor laufender Kamera zu entfernen. Dabei stört um nicht zu sagen übertönt der elektrische Rasierer seine Stimme vor dem Mikrophon. Deutlicher kann ein Künstler nicht sagen, dass man hier nicht zu Wort kommen kann.
Quelle: LIVE & LUSTIG/ BLOG
Rether war der Höhepunkt der Sendung und sein Buchtipp am Ende ein grandioser Schlussstrich unter das Sarrazin-Jahr 2010.
Zum Vergleich noch einmal der Auftritt in Neues aus der Anstalt vom 16.11.2010. Dort machte er auch mit Bart nämlich das, wofür er nun vom nürnberger burgtheater ausgezeichnet wurde.
Hagen Rether – geboren in Bukarest, aufgewachsen in Freiburg, heute in Essen lebend – hat das Kabarett am und mit dem Klavier neu erfunden. Leise plaudernd fordert er seinem Publikum in einzigartiger Weise mit blitzschnellen Themenwechseln höchste Aufmerksamkeit und Konzentration ab.
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Zum Glück wurde die Anstalt nicht Opfer einer vorgezogenen ZDF-Royal-Sondersendung. Die wurde erst in der Nacht ins Programm geschoben. Dabei frage ich mich immer, warum die Redakteure, die sich mit dem Adel beschäftigen, Gesellschaftsreporter genannt werden. Mit Gesellschaft haben adelige Beziehungsfragen doch eher wenig zu tun. Die Gesellschaft ist ursprünglich einmal angetreten, den Adel abzulösen. Aber heute feiern vor allem wir Deutschen, die im ZDF gerade „Die Deutschen II“ präsentiert bekommen, die Wiederauferstehung des Adels als Retter der verkommenen Gesellschaft.
Bei den Deutschen II habe ich mich übrigens auch gewundert. Ich denke wir sind Integrationsfanatiker, die genau wissen, welchem Deutschtum sich ein Migrant zu unterwerfen hat. Und nun kommt das ZDF mit den Deutschen II. Da wird ja nicht nur der Türke ganz irre im Kopf. Vielleicht sollte man der trüben Historiker Tasse im ZDF, Guido Knopp, einmal erklären, wie man Gesellschaftsgeschichte zu verstehen hat. Warum wohl beziehen sich Franzosen und Deutsche heute gleichermaßen auf Karl den Großen? Doch nicht weil der irgendetwas mit Deutschen und Franzosen zu tun gehabt hätte, sondern weil er Bestandteil einer nationalistischen invention of tradition ist, die sich erst im 19 Jh. herausgebildet haben.
Man könnte sich also ganze Staffeln hirnloser „Wer sind wir-Staffeln“ sparen, wenn man sich einmal konkret mit der Erfindung von Traditionen auseinandersetzen würde. Die Deutschen gab es nämlich vor der Reichsgründung 1871 nicht, genauso wenig wie ein Deutschland. Aber das war ja schon immer unser Problem. Eine 1000 Jährige Selbstüberschätzung und die quälende Frage nach der Identität. Und weil wir zwischen Süd und Nord selbst nicht so genau wissen, was eigentlich deutsch ist, man kann das z.B. auch prima anhand des Textes unserer bescheuerten Nationalhymne erkennen, schreiben wir es lieber denen vor, die aus anderen Ländern zu uns gekommen sind. Die müssen sich bekennen, zur Leitkultur, zu den Grundwerten, zum Christentum und wahrscheinlich auch zu Dumpinglöhnen, Privatvorsorge, Stuttgart 21 und den Castor-Transporten.
Und über allem schweben die „fabelhaften Guttenbergs“, die im Paarlauf ins Kanzleramt steuern, wie das scheinbürgerliche Nachrichtenmagazin der Spiegel kürzlich titelte. Da sollte Guido Knopp vielleicht schon an „Die Deutschen III“ denken.
Nur wer sich erhebt, kann sich auch widersetzen, meinte Pelzig gestern in der Anstalt. Widerstand auf allen Ebenen, lautet die Parole. Sogar Artikel 20, Abs. 4 des Grundgesetzes wurde zitiert. Falls die Verfassung noch jemand kennt und ernst nimmt. Und am Schluss wurde die Sendung protestierend im Sitzen beendet, nachdem Pelzig fein erklären durfte, dass zwischen dem Losentscheid und der Wahl von Politikern ein qualitativer Unterschied zu Gunsten des Losentscheids bestehen würde.
Dann wusste ich auch noch nicht, dass die CSU im WDR mit Untertiteln läuft. Dabei tönt der Seehofer doch immer, dass Integration nur über die Sprache gelänge. Immerhin habe sich der Vorsitzende der Jungen Union in Bayern, ein Franke, bereits integriert. Der sagt nämlich schon, Seehofer sei der Leitwolf, der wo uns anführt und nicht, der wo uns anführen tut. Eine reife Leistung. Respekt.
Die Kanzlerin als ständige Enddarmbewohnerin der Atomwirtschaft bekam natürlich auch ihr Fett weg. Der Fünf-Jahres-Plan der Lobbymarionette aus der Uckermark geht langsam auf. Fünf Jahre hätte sie das Volk sediert und nun schlage sie zu. Allerdings wartet Urban Priol noch immer auf eine Antwort bezüglich seines Aufnahmeantrags.
Das und die grandiose Darbietung von Hagen Rether über die Angst vor dem Islam sollte man gesehen haben. Haben sie auch Angst vor dem Riesling, weil letztes Jahr in Deutschland 70.000 Menschen dem Alkohol zum Opfer fielen? Vielleicht sollten wir doch alle Rainald Grebe wählen. Sein Wahlkampfauftritt war doch großartig.
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Die Sendung finden sie wie immer in der ZDF-Mediathek:
http://www.zdf.de/ZDFmediathek/hauptnavigation/startseite/#/beitrag/video/1190920/Neues-aus-der-Anstalt-vom-16112010
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Am kommenden Samstag gehen die Mitternachtsspitzen im WDR Fernsehen wieder auf Sendung.
Die Ferien gehen zu Ende, Deutschland kommt aus dem Urlaub zurück. Frau Merkel hat scheinbar ihre Amtsgeschäfte wieder aufgenommen zumindest hängen alle Hosenanzüge frisch aufgebügelt im Schrank. Selbst die Wirtschaft kommt trotz halbgar geschnürtem Sparpaket angeblich wieder in Fahrt. Guido Westerwelle bekommt eine La-Ola aus der eigenen Partei, die Rente erwartet uns zukünftig mit 97, wenn es so weitergeht, und Thilo Sarrazin verdingt sich einmal mehr als Provokateur vom Dienst.
Grund genug also für Jürgen Becker, seine gnadenlos komische, kabarettistische Bestandsaufnahme zu wagen wie immer gemeinsam mit seinen kongenialen Mitstreitern Wilfried Schmickler und Uwe Lyko alias Berufsnörgler Herbert Knebel. Die Drei dürfen sich nicht minder scharfzüngiger Unterstützung sicher sein: Eingeladen sind der Hamburger Comedian und Buchautor Sebastian Schnoy sowie die Paradekabarettisten Hagen Rether und Lisa Fitz.
Quelle: WDR
Mit Thilo Sarrazin dürfte sich Hagen Rether ganz aktuell beschäftigen. Darauf bin ich schon gespannt. Volker Pispers tat das schon heute in seiner wöchentlichen Glosse auf WDR 2. In der bezeichnete er Sarrazin als Zwerg des Abendlandes. Da die Sonne am Abend tief stünde, würden im Abendland, das ständig unterzugehen drohe, auch die Zwerge so lange Schatten werfen, die sich prima vermarkten ließen. Das Gegenteil des Muezzin sei der Sarrazin. Der gar nicht so einsame Rufer in seiner eigenen geistigen Wüste. :>>
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Zu dieser Sendung fehlen mir fast die Worte. Ich glaube, dass war eine der besten Ausgaben von Neues aus der Anstalt, die ich bisher gesehen habe. Sogar der Bundespräsident verneigt sich. Ich weiß daher gar nicht, wo ich da anfangen soll. Mit Oberstleutnant Sanftlebens Trauerrede über das militärische Scheitern in Afghanistan, mit dem Steinmetz, der darüber nachdachte, wie man ein Denkmal für die Gefallenen eines umgangssprachlichen Krieges gestaltet, mit dem Pharmareferenten, der klarmachte, dass es völlig egal sei, wer unter seiner Lobby regiert oder einem Priol, der am Ende zum Dombrowski wurde und die NRWler dazu aufrief, schwarz-gelb zu wählen, weil dann „die Kanzlerin einmal gezwungen wird, all das zu zeigen, was sie nicht kann, wenn sie es einmal können muss.“
Eine Zusammenfassung ist sehr schwer. Man würde wahrscheinlich auch deshalb daran scheitern, weil man vieles vergisst. Daher müssen sie sich die komplette Sendung unbedingt selbst anschauen.
Quelle: ZDF-Mediathek
Trotzdem einige Höhepunkte. Besonders toll fand ich ja den Auftritt von Hagen Rether, der dem Papst ein Lied widmete. Er hätte ihn ja lieber ganz fest gedrückt. Aber der Eagles Klassiker „Desperado“ in der Johnny Cash-Version am Flügel wunderbar von Rether interpretiert, passte sehr schön. Einfach toll. Wobei es mir schwer fällt, sich den Papst als Cowboy vorzustellen. Aber Rether hat das einfach genial mit dem Papa-Mobil, dem modernen Gaul der Kriche, verknüpft.
You better let somebody love you,
You better let somebody love you,
You better let somebody love you,
Before it’s too late.
Es ist wahrscheinlich schon zu spät. Vor allem wenn man sich anschaut, was Georg Schramm an diesem Abend eindringlich zum Thema machte. Der Auftritt von Oberstleutnant Sanftleben hat mit Satire eigentlich nichts mehr zu tun, wie ich finde. Hier wird dem Zuschauer eine bittere Realität so deutlich vor Augen geführt, wie das kein anderer in diesem Land zu Stande bringen würde.
„So ein Pathos à la Guttenberg letzte Woche bei der Totenfeier. Das ist doch Trauerkitsch. Der Guttenberg soll weder seiner Tochter noch den Kindern der toten Kameraden erzählen, dass sie stolz sein sollen auf die Toten. Die sollen nicht stolz sein, die sollen traurig sein!“ Und ihr Weinen soll auch nicht übertönt werden von Politikern, die sich vorm Sarg ihr Image aufpolieren. Die sollen einfach dabei sein und ruhig schweigen. Alle Beide! Reden können sie vor dem Untersuchungsausschuss zu den 140 Toten in Kunduz! Ein militärstrategisches Desaster, sage ich ihnen.„
Im Krieg sterbe zuerst die Wahrheit. Deshalb sollte auf einer Trauerfeier der Krieg draußen bleiben, um sich mit der Wahrheit beschäftigen zu können. Wir seien nur noch in Afghanistan und kämpfen, weil wir nicht den Mut hätten, zuzugeben, dass wir gescheitert sind. Eine Kultur des Scheiterns sei in unsererm westlichen Wertekatalog nicht mehr vorgesehen. Deshalb habe Clausewitz wohl geschrieben, nichts sei schwerer, als der Rückzug aus einer unhaltbaren Situation. Sanftleben appelliert regelrecht an den Zuschauer, der auch ein verantwortlicher Politiker sein darf, mutig zu sein, und das Schwere zu tun, in dem man das Scheitern eingesteht. Nur dann habe der Tod der Soldaten vielleicht noch einen Sinn gehabt.
Die Sendung war auch deshalb so grandios, weil das versprochene NRW-Wahlwatching nebensächlich war. Bei dieser Wahl geht es ja ohnehin nicht um Sachthemen oder die Probleme in der Gesellschaft, sondern um einen Ministerpräsidenten, der morgens Brötchen holt, damit er zu den FDP-Würstchen passt und eine SPD, die wahrscheinlich noch mit dem Spruch, wir haben die Kraft, plakatieren wird. Mit anderen Worten: Die Wahlen und der Wahlkampf sind überhaupt nicht mehr wichtig, sondern nur Ablenkung. Die Politiker spielen schließlich selbst Kabarett im Stück „Schicksalswahl“ und der Wähler soll sich unterhalten fühlen. Aber nicht mit Urban Priol. Der wurde zum Ende der Sendung erst zur Merkel und dann zum Dombrowski. Aber sehen sie selbst.
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Mal wieder eine grandiose Vorstellung in der ZDF-Anstalt, deren Foyer kurzerhand in ein antikes Theater umgewandelt wurde. Die Anstaltsleitung ist nämlich auch der Meinung, dass die Einlieferung von „Konsul Westerwelle“ unmittelbar bevorsteht. Dabei nahm ich zunächst verschreckt an, dass Urban Priol die Moderation des Themenabends an Thomas Gottschalk abgeben könnte, der in der ersten Reihe neben uniformierten Soldaten Platz genommen hatte. Die Sitzordnung in dieser Ecke war wirklich etwas suspekt und ich wurde den ganzen Abend das Gefühl nicht los, dass es sich bei den Uniformierten um eine schnelle Eingreiftruppe handelte, die auf ein Handzeichen, genauer Daumenzeichen, Gottschalks reagierend, die Bühne stürmen würde, um Georg Schramm in Gewahrsam zu nehmen.
Aber es kam anders. Georg Schramm agierte geschickt und unverfänglich. Er sprach zwar wieder von Aufstand und das man in diesen Zeiten wieder über „sinvolle Gewaltkriminalität und Selbstjustiz“ nachdenken solle, aber er fügte auch hinzu, dass das die Alten tun müssten, während bei den Jungen eh schon alles verloren sei. Hegel hätte da jetzt nicht besser den dummen preußischen Zensor hinters Licht führen können. Aber es kam noch besser. Seine zentrale Botschaft kam am Ende der Sendung, als er die aktuelle Sozialdebatte thematisierte. Ich zitiere:
„Sie rüsten sich! Für den Verteilungskrieg, den sie im Mai eröffnen werden. Die Medienfront steht schon Gewehr bei Fuß. Doch welche Waffen wird die Kirche segnen? Wenn sie noch ganz bei Trost ist die Kirche und nicht von allen guten Geistern verlassen ist, dann kann sie nur die Waffen der Schwachen segnen. Weil etwas anderes im Buch der Bücher ja gar nicht geschrieben steht.“
Gott als Kronzeuge. Dagegen bleibt selbst der Zensor machtlos.
Aber nun weg von dem Bibel-Quatsch. Das hat mich übrigens auch gestört. Ich kann mit dem religiösen Schwachsinn einfach nichts anfangen, aber nicht weil ich den Glauben der Menschen nicht respektieren würde, sondern weil ich es einfach nur bescheuert finde, welche gesellschaftliche und politische Aufmerksamkeit man noch immer den Kirchen zubilligt. Wenn Frau Käßmann etwas gegen den Afghanistan-Einsatz sagt, hören ihr alle aufmerksam und würdevoll zu und Freigeist zu Guttenberg lässt sich sogar herab, mit der geistlichen Kritikern ein Gespräch zwecks Gedankenaustauschs zu führen. Geht’s noch? Wo sind wir denn? Immer noch im ancien régime? Wenn andere Menschen hierzulande den total irrationalen Afghanistan-Einsatz geißeln, gelten sie gemeinhin als linke Spinner. (Ich gebe zu, auch das hat man Frau Käßmann zuschreiben wollen.)
Aber wenn man dann feststellt, dass diese moralisierend auftretenden Instanzen auch nur Menschen sind, die ab und zu den gewöhnlichen Freuden des Lebens nachgehen, wirft man ihnen endlos vor, gegen alle möglichen Standards verstoßen zu haben. Dann wird nicht nur die Person beschädigt, wahrscheinlich sogar zu recht, sondern auch, und das völlig zu unrecht, die Sache, wie zum Beispiel die geäußerte Kritik am Afghanistan-Einsatz. Derweil darf eine andere kriminelle Vereinigung mit moralischem Anspruch im Schatten der Käßmann-Story vorerst aufatmen.
Mitglieder der katholische Kirche missbrauchen Kinder und dennoch besitzen diese Gottesdiener die Dreistigkeit, die Gründe dafür an externen gesellschaftlichen Veränderungen festzumachen. Der Vorsitzende der Bischoffskonferenz Robert Zollitsch beschwert sich sogar mit einem Ultimatum bei der Kanzlerin über die Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, die völlig richtig an ihrer Kritik gegenüber der katholischen Kirche festhält, weil sie nicht erkennen könne, dass auf deren Seite ein aktives Interesse an einer lückenlosen Aufklärung besteht. Sie erwartet daher nach wie vor,
„dass die Verantwortlichen der katholischen Kirche endlich konstruktiv mit den Strafverfolgungsbehörden zusammenarbeiten, Hinweise geben, mitaufklären
Warum so zaghaft, frage ich mich da. Leute die Kinder missbrauchen, sind Dreckschweine und gehören als Verbrecher verurteilt ins Gefängsnis. Außerhalb der Kirche scheut man da ja auch keine härtere Gangart. Wieso also nimmt die Staatsanwaltschaft diesen Laden nicht einfach mit allen ihr zur Verfügung stehenden rechtsstaatlichen Mitteln auseinander? Im Gegensatz zur Justizministerin finde ich schon, dass man da auch die Konfrontation mit der Institution Kirche suchen muss. Denn offenbar scheinen die Missbrauchsfälle mit dieser Einrichtung und ihrem Auftrag/Unternehmensziel eng verflochten zu sein.
Doch nun wieder back to topic: „Gott sei dank“ waren auch Volker Pispers und Josef Hader da, die beide weniger die Kirche zum Thema hatten. Hader wies nur ganz kurz darauf hin, dass die katholische Kirche kein Patent auf Knabenliebe anmelden könne. Das hätte es nämlich schon im alten Griechenland gegeben, also in jener Zeit, in der noch Religionsfreiheit herrschte. Sein Thema war Humanismus, den man auf keinen Fall mit dem Begriff „human“ verwechseln dürfe. Und nur so ergibt Haders Schlusspointe auch einen Sinn.
„Der Vater von Heinrich Himmler war Mittelschullehrer für altgriechisch.“
Im Saal kam das nicht so an, obwohl Gottschalk da doch hätte aufjohlen müssen. Er gehört doch auch noch zu jener Generation, die die Qual einer humanistischen Ausbildung über sich ergehen lassen musste. Die Jüngeren wie ich, kennen das gar nicht mehr, wissen aber trotzdem darüber bescheid, weil unsere Schul- und Universitätslehrer ständig über die stupide Paukerei von damals klagten. Aber sei es drum.
Zu Volker Pispers sag ich jetzt nix. Den müssen sie sich einfach anschauen. Seine Erklärung zum deutschen Glaubensdogma, dass Steuersenkungen nur Gutes bewirken, ist einfach genial.
Und zum Schluss doch noch etwas Religion: „Monty Pythons – Das Leben des Brian“ mit der Originalszene über die Geschichte mit Schwanzus Longus und Inkontenentia Popos und natürlich dem Purschen auf dem Poden. Den Film müssen sie mal im Kölner Dom vorspielen. Da könnten sie dann unter Umständen Fundamentalisten kennenlernen, meinte einmal Hagen Rether sehr treffend. :>> :>> :>>
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Haben sie gestern bzw. heute auch vom neuen Deutschland Trend der ARD gehört? Jörg Schönenborn hat mal wieder rumfragen lassen. Und was kam raus? Top-Meldung: 71 Prozent finden die Arbeit von Frau Merkel toll, dahinter schon der „von und zu“, der bei 61 Prozent der Befragten beliebt sei, weil er gute Arbeit macht. Boah eh. Aber jetzt kommts. Denn 74 Prozent sagen, die CDU sei unehrlich und 75 Prozent finden, die CSU lüge auch. Na sowas. Frau Merkel und Herr zu Guttenberg werden jetzt also nicht mal mehr mit ihren eigenen Parteien in Verbindung gebracht.
Eine reife Leistung von infratest dimap. Denn die Erkenntnisse von Schönenborn sind nicht mal mehr banal, sondern schlicht gar nicht vorhanden. Stattdessen präsentiert man ahnungsloses Achselzucken.
Vier Wochen nach dem Debakel bei der Europawahl setzt sich der Schrumpfkurs der Sozialdemokraten fort. In der aktuellen Sonntagsfrage – erhoben von Montag bis Mittwoch dieser Woche – verlieren die Sozialdemokraten gegenüber dem Vormonat noch einmal zwei Punkte und stehen nun bei 23 Prozent.
Unter sinkenden Zustimmungswerten leidet auch der Kanzlerkandidat der Partei: Außenminister Frank-Walter Steinmeier hat sich zwei Jahre lang die beiden Spitzenplätze der Politikerrangliste des DeutschlandTrends mit Angela Merkel geteilt. Jetzt ist er nur noch die Nummer drei hinter Kanzlerin Merkel und Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg.
Aber das Erstaunlichste an der gegenwärtigen politischen Lage ist wohl, dass die Union von dieser Schwäche so gar nicht profitieren kann. Auch sie muss gegenüber Anfang Juni einen Minuspunkt verbuchen und steht bei 35 Prozent. Das Wahlziel „40 plus X“, das CDU-Generalsekretär Pofalla immer wieder formuliert, ist in weite Ferne gerückt.
Quelle: ARD
Steinmeier leidet also unter den miserablen Werten seiner Partei und Frau Merkels Partei profitiert nicht von den tollen Werten ihrer Vorsitzenden. Tjo, in der Tat sehr erstaunlich Herr Schönenborn. Aus Scheiße wird halt nicht mehr als ein übel riechender Haufen. Vielleicht hätte Schönenborn und infratest dimap den Leuten mitteilen sollen, dass es sich bei Frau Merkel um die Vorsitzende, also die Chefin oder auch die Verantwortliche, der Partei handelt, der dieselben Leute nicht abnehmen, dass sie die Wahrheit sagt. Nebenbei hätte man dann noch sagen sollen, dass Frau Merkel auch die Chefin der Regierung ist, der man ebenfalls schlechte Arbeit und böse Absichten unterstellt. Dann hätte es vielleicht etwas werden können mit einem Ergebnis, das nicht so stinkt…
Übrigens hat Hagen Rether beim Satire Gipfel eine tolle Nummer über die Spitzenkandidaten der Parteien abgeliefert und mal nüchtern Bilanz gezogen. So gesehen, müsste der Deutschland Trend eigentlich doch anders aussehen. Dass die Forscher dennoch immer wieder so einen Müll wie oben liefern, liegt zum einen an der, den Interessen angepassten, Methode, die sich immer schneller in Richtung Slapstick entwickelt und zum anderen an der permanenten Gehirnwäsche durch die Medien, die den Schwachsinn auch noch verbreiten, ohne jegliche kritische Begleitung. Aber nun zu Hagen Rether… :>>
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Grandiose Sendung oder? Wer es noch nicht gesehen hat, hier noch einmal der Link zur ZDF-Mediathek. Weitere Sendetermine im Fernsehen:
Am Schönsten fand ich den Auftritt von Hagen Rether und seine nüchterne Bestandsaufnahme über die weiterhin anhaltende Pflege von Feindbildern in Deutschland, das gerade 60 Jahre Grundgesetz feiert. Dazu spielt er Schillers Ode „An die Freude“, die Ludwig van Beethoven einst vertonte. Seit 1985 ist das Stück die offizielle europäische Hymne und steht für Freude und freundschaftliche Verbundenheit.
Der mit Abstand geilste Satz war dann der, dass Kopftuch tragende junge Frauen „oftmals viel besser deutsch können und viel besser integriert sind als ihre vollkommen überassimilierten, Bauchnabel gepiercten Arschgeweihschwestern“ :DD
Und dann kommt der Brüller schlechthin:
„Kein vernünftiger Mensch möchte Zwangsheiraten auf der Welt. Müssen wir deswegen gleich über Kopftuchverbote nachdenken? Muss man immer alle Kinder mit den Bädern ausschütten, bevor man sie über einen Kamm schert? Es ist doch nicht jeder Katholik ein pädophiler Holocaust-Leugner oder?
Das hat gesessen.
Übrigens, so wie es aussieht, gibt es ein neues Horst Köhler Portrait. Malmsheimer hat einen echten Guildo Horn besorgt. Der heißt nämlich mit bürgerlichem Namen auch Horst Köhler. :>>