Nachtrag zu: Sanktionsminister Westerwelle

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Im vorigen Beitrag habe ich ja geschrieben, dass die US-Geheimdienste davon ausgehen, dass der Iran weder die Atombombe noch das Material hätte, eine zu bauen. Da bin ich jetzt nach Quellen gefragt worden, die das auch belegen würden. Okay, das war eine kühne Schlussfolgerung von mir. Aber wenn man sich den Jahresbericht (vom 2. Februar 2010) des US-Geheimdienstkoordinators Dennis C. Blair zur Bedrohungslage anschaut, liest man zum Atomprogramm des Iran Folgendes:

Second, Iran has been constructing—in secret until last September—a second uranium enrichment plant deep under a mountain near the city of Qom. It is unclear to us whether Iran’s motivations for building this facility go beyond its publicly claimed intent to preserve enrichment know-how if attacked, but the existence of the facility and some of its design features raise our concerns. The facility is too small to produce regular fuel reloads for civilian nuclear power plants, but is large enough for weapons purposes if Iran opts configure it for highly enriched uranium production.

Quelle: Annual Threat Assessment

Mit anderen Worten, die wissen gar nix, sondern folgern noch immer aus der Größe einer Anlage, dass der Iran waffenfähiges Uran theoretisch anreichern könnte. Insofern gilt das, was auch schon 2007 bekräftigt wurde. Nämlich das der Iran sein Streben nach der Atombombe 2003 eingestellt habe. Und nu? Isses halt wieder anders? Warum nur?

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Sanktionsminister Westerwelle

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Es vergeht wirklich kein Tag, an dem Westerwelle nicht unangenehm auffallen würde. Nachdem er seinem Partei-Vize Pinkwart beigesprungen war und härtere Sanktionen für Arbeitsverweigerer einforderte, äußerte sich der Minister mal wieder zur Außenpolitik. Westerwelle droht nämlich nicht nur Hartz-IV-Empfängern, sondern auch dem Iran, falls dieser die Absicht verfolgen sollte, eine Atombombe zu bauen. Damit vertritt der Herr Westerwelle keine eigene Position, sondern die der Amerikaner.

Sie müssen sich an dieser Stelle nur klarmachen, auf Grund welcher Fakten diese Drohung ausgesprochen wurde. Westerwelle bezieht sich auf den jüngsten Bericht der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), wonach Teheran am Bau einer Atomwaffe arbeiten könnte. Und diese Behörde wiederum stützt ihre Besorgnis auf die Erkenntnisse des amerikanischen Geheimdienstes, wonach ganz offiziell, der Iran weder über Atomwaffen noch über Material verfüge, um eine Atombombe zu bauen. Dennoch sei man auch dort besorgt, dass es irgendwann einmal soweit sein könnte. Toll oder?

Mein Kommentar dazu:
Dumme Leute können einfach keine schlaue Politik machen. Ich bin schon auf die Aufnahmen der CIA gespannt, die der Welt wieder glasklar zeigen werden, dass auch der Iran über Massenvernichtungswaffen verfügt.

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"Ausgehungerte Redaktionen, starke PR-Agenturen" – zum Zapp-Bericht "Das Geschäft der PR-Berater"

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Im Zapp-Bericht „Das Geschäft der PR-Berater“ von gestern (siehe Video hier) wird sehr schön gezeigt, wie sich Public Relations vor allem in kleineren und mittleren Zeitungen breit macht, weil gerade dort viel Personal abgebaut wird. Die PR-Agenturen rüsten dagegen auf. Etwa 50.000 Journalisten stünden bereits rund 40.000 PR-Beratern gegenüber. Das ist ein Problem für den seriösen Journalismus.

Klaus Kocks, ein PR-Guru, sagt:

„Wir haben ausgehungerte Redaktionen, die dankbar sind für alles, was man ihnen anbietet.

Das alte Monopol der Journalisten, dass ausschließlich sie entscheiden, was in den Zeitungen steht oder was auf dem Fernsehschirm zu sehen ist, ist dahin.

Wer seine Redaktion aushungert, bis auf das absolute Minimum von Mitteln und Zeit, der liefert seine Blätter, seinen Sender, PR aus, das ist so!

Alles was an fragwürdiger PR wirklich funktioniert, funktioniert, weil es irgend ein Journalist nimmt!“

Oha. Die blühende Blume der PR sei auf dem Mist des Journalismuns gewachsen, meint Kocks und PR-Berater und PR-Award-Preisträger Norbert Essing sagt, Kommunikationsmanager seien letztlich Konstrukteure von Realität. Diese Realität wollte Essing auch für sich schaffen, als er einen Ex-Kunden nach der Trennung offenbar unschön zu diskreditieren versuchte.

Pressefreiheit sei zur Gewerbefreiheit verkommen, die Nachricht sei nunmehr Ware, sagt Klaus-Peter Schmidt-Deguelle, der einst Hans Eichel managte, um aus ihm einen angesehenen Sparkommissar und Kassenwart zu machen. Zwanzig Mal schleuste er Eichel bei Sabine Christiansen ein. Doch letzten Endes ist Eichel grandios gescheitert, ohne dass die Medien je sonderlich Notiz davon genommen hätten, welche Politik Eichel praktizierte und welche ihm bloß zugeschrieben wurde und durch wen.

Schmidt-Deguelle berät übrigens auch Klaus Zimmermann, Chef des DIW. Offensichtlich braucht die mit Steuergeldern finanzierte Wirtschaftswissenschaft Unterstützung in Sachen Marketing. Sie wissen ja, dass uns Herr Zimmermann seit geraumer Zeit eine Mehrwertsteuererhöhung auf 25 Prozent schmackhaft machen will. Mit Schmidt-Deguelle könnte das wohl auch gelingen, so der Plan.

Thomas Leif von „netzwerk recherche“ brachte es am Ende des Beitrags sehr schön auf den Punkt.

„Die jetzige Medienkrise und der Spardruck ist quasi der Humus, auf dem sich PR entfalten kann.“

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Noch einmal Westerwelle: Man darf ihn öffentlich ruhig als Lügner bezeichnen

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Der Vizekanzler und promovierte Jurist Dr. Guido Westerwelle ist ein Lügner!

Da sage ich ihnen jetzt nichts Neues. Aber schauen sie mal, wie Johannes Steffen von der Arbeitnehmerkammer Bremen mit Fakten die gelogenen Behauptungen Westerwelles auseinandernimmt. Folgende Zitate stammen aus Info-Grafik Sozialpolitik – Westerwelles „Hartz-IV“-Demagogie

Quelle: Arbeitnehmerkammer Bremen

In Springers Märchen-Welt vom 11.02.2010 sagt der Vizekanzler:

„CDs mit den Daten krimineller Steuerhinterzieher erregen die ganze Republik. Tausendmal mehr. Bürger, die für ihre Arbeit weniger bekommen, als wenn sie Hartz IV bezögen, tun es nicht. Was sagt eigentlich die Kellnerin mit zwei Kindern zu Forderungen, jetzt rasch mehr für Hartz IV auszugeben? Wer kellnert, verheiratet ist und zwei Kinder hat, bekommt im Schnitt 109 Euro weniger im Monat, als wenn er oder sie Hartz IV bezöge. Diese Leichtfertigkeit im Umgang mit dem Leistungsgedanken besorgt mich zutiefst.“

Johannes Steffen hat nachgerechnet und kommt zu einem ganz anderen Ergebnis.

Ausweislich der Erhebungen des LohnSpiegel beträgt das monatliche Bruttoentgelt eines Kellners/einer Kellnerin mit wenig Berufserfahrung karge 1.629 € bzw. 1.528 €. Zusammen mit Kindergeld, Wohngeld und Kinderzuschlag beläuft sich das verfügbare Einkommen der zitierten Familie auf am Ende 2.107 € bzw. 2.051 €. Das sind aber immer noch 421 € bzw. 365 € mehr als dem nicht erwerbstätigen „Hartz-IV“-Haushalt zustehen. Zwischen Lüge und Realität liegen somit 530 € bzw. 474 €. – Aber was kümmert dies den Vizekanzler. Er vertraut ganz auf Alfred Polgars Erkenntnis:

„Die Menschen glauben viel leichter eine Lüge, die sie schon hundertmal gehört haben, als eine Wahrheit, die ihnen völlig neu ist.“

Steffen fast seine Ergebnisse zudem in einer sehr aufschlussreichen Grafik zusammen. Die legen sie bitte jedem Schlaumeier vor, der immer noch fordert, dass derjenige der arbeitet auch mehr haben müsse, als derjenige, der nicht arbeitet. In der Realität hat derjenige der arbeitet immer mehr. Das ergibt sich automatisch aus der Logik der Hartz-Regelungen, die offenbar die verfassungsbrechenden Politiker selbst nicht kennen. Johannes Steffen stellt dazu fest:

Denn Fakt ist: Wer arbeitet hat immer ein höheres Einkommen als derjenige, der nicht arbeitet und auf Fürsorgeleistungen zurück greift – dies gilt selbst dann, wenn der Arbeitende zu den Aufstockern zählt. Hierfür sorgt der anrechnungsfreie Hinzuverdienst von bis zu 280 € bzw. 310 € monatlich (Erwerbstätige mit/ohne Kind). So hat auch die niedrig entlohnte Kellnerin ein großes Interesse an höheren „Hartz-IV“-Sätzen – vor allem für ihre Kinder.

Aber Lügenbold Westerwelle bleibt dabei. Am politischen Aschermittwoch greift er darüber hinaus zum Bierkrug und verkündet weiter seine eigene Wahrheit, die im Grunde jeder kennen, aber auszusprechen, sich niemand sonst trauen würde. Darum der Hinweis, falls sie Herrn Westerwelle in diesen Tagen einmal persönlich begegnen sollten, zeigen sie ihm doch, dass ihnen die Argumente nicht ausgegangen sind und nennen sie ihn freundlich einen Lügner. Schließlich können sie ihre Behauptung auch beweisen. ;)

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Zur wirtschaftlichen Lage

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Das Bundeswirtschaftsministerium hat sich heute zur wirtschaftlichen Lage im Februar 2010 geäußert.

Quelle: BMWi

Die Erholung der deutschen Volkswirtschaft vom Wirtschaftseinbruch im Winterhalbjahr 2008/2009 hat im Jahresschlussquartal 2009 eine Pause eingelegt. Die Wirtschaft bleibt in ihrer Grundtendenz aber auf Erholungskurs. Dieser wird allerdings Anfang des Jahres noch durch überdurchschnittliche witterungsbedingte Produktionsbehinderungen überlagert.

Allein dieser Einstieg hat schon ausgereicht, um bei einigen Journalisten für ein geistiges Abschalten zu sorgen. Vorhin hörte ich bei NDR-Info den Satz, dass die deutsche Wirtschaft im Schlussquartal überraschend stabil gewesen sei. Unglaublich. Aber was will man auch erwarten, wenn das Ministerium selbst von Erholungspause spricht und erst ein paar Sätze später von Stagnation. Für den Laien klingt das dann halt wie stabile Verhältnisse. Dabei ist mit Stabilität übersetzte Stagnation aus volkswirtschaftlicher Sicht überhaupt nicht gut.

Das Ministerium täuscht die Öffentlichkeit und die Agenturen machen munter mit und verbreiten den PR-Unsinn des Weinkenners Brüderle. Bei Reuters lese ich folgenden Einstiegssatz:

Trotz des kalten Winters bleibt die Konjunkturerholung in Deutschland nach Ansicht des Bundeswirtschaftsministeriums intakt.

Es wird getrickst und manipuliert, dass es nur so kracht. Auf der anderen Seite wird eine scharfe Sozialdebatte geführt, die mir samt spätrömisch dekadentem Auslöser immer mehr wie eine bewusst gesteuerte Kampagne vorkommt. Westerwelle ist gar nicht durchgeknallt und läuft amok, weil er angesichts sinkender Umfragewerte im Trüben Stimmen fischen will. Nein. Westerwelle ist nur der nützliche Idiot, der sich bereitwillig vor den Karren hat spannen lassen, um jene Reformen zu retten, die CDU/CSU, FDP, SPD und Grüne in der ganz großen Koalition beschlossen hatten.

Denn nur der harsche Ton Westerwelles lenkt davon ab, dass die in seinem Schatten auftretenden Gestalten, die inhaltlich dasselbe wie er fordern, wie moderate Stimmen erscheinen. Westerwelle zieht das Feuer auf sich und bietet dem übrigen politischen Gesindel die Möglichkeit, weitgehend unbehelligt, den bereits beschlossenen Sozialabbau weiter voranzutreiben und scheinseriös zu propagieren. Denn wovor warnt der Finanzminister Wolfgang Schäuble doch gleich? Nein, nicht vor laschen Finanzmarktregeln, die z.B. das Hinterziehen von Steuern in diesem Land so einfach macht. Nein. Schäuble und Springers Märchen-Welt warnen vor dem ausufernden Sozialstaat. Nichts ufert anscheinend mehr aus.

Deshalb und weil es mal wieder passt, Wilfried Schmicklers Schimpftirade auf Turboleister wie Guido Westerwelle, die einfach nur keinen Bock mehr hätten, die Minderleister durchzufüttern. Da würde man am liebsten zum ganz dicken Dreschflegel greifen und der selbsternannten Elite die Arroganz aus dem Leistungsschädel prügeln…

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Das Griechenland Desaster ist vor allem wieder ein Beleg für das Versagen der Finanzaufsicht

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In einigen Kommentaren zum Thema Griechenland und Goldman Sachs konnte man bereits wieder hören, dass der Staat Griechenland Schuld daran sei, dass die Bank mit Swap-Geschäften die Haushaltsbilanzen zu frisieren half. Schließlich seien Swap-Geschäfte legal und die Tatsache, dass Banken Geld damit verdienen wollen grundsätzlich nicht zu beanstanden. Da staunte ich nicht schlecht, da doch allein schon der Vorgang an sich skandalös ist. Kann mir mal jemand erklären, welchen Vorteil es haben soll, Schulden auf dem Papier solange in andere Währungen hin und her zu tauschen, bis ein für den Schuldner günstigeres Zinsniveau erreicht wird? Das ist doch verrückt.

Aber noch besser ist, dass die sich gerade gegenüber Griechenland so aufplusternde Europäische Union so tut, als wären ihr diese Praktiken nicht bekannt gewesen. Brüssel wusste wohl davon oder konnte davon wissen. Die EU nahm es wahrscheinlich sogar hin, dass auch andere Staaten diese Swap-Geschäfte tätigten, um ihre Bilanzen EU-hübsch hinzubekommen. Solange der Finanzmarkt lief, konnte man auch, die so manipulierten Bilanzen ungeprüft passieren lassen. Merken sie da was? Ich persönlich kann nicht an Verschleierung glauben, sondern finde eher, dass Politik und Finanzindustrie auch auf europäischer Ebene eng miteinander verflochten sind. Dass dabei die Finanzaufsicht versagen muss, ist doch nur logisch.

Den Kommentatoren in diesem Land ist das natürlich mal wieder schnuppe. Für die ist entscheidend, ob man Griechenland helfen müsse oder nicht, ob der EU-Vertrag und die darin verankerten Stabilitätskriterien noch tragfähig sind oder nicht. Die Verknüpfung mit der Aufforderung, dass Griechenland angeblich „unausweichlicher Sparmaßnahmen“ nicht mit bockiger und selbstbetrügerischer Verweigerung begegnen sollte, rundet das Bild dann ab. Aufklärung und Selbstkritik bzw. eine Anklageschrift an die Adresse der Finanzindustrie Fehlanzeige.

Dabei wäre es doch sehr interessant, die US-Großbank Goldman Sachs genauer zu betrachten. Im Jahr 2009 machte das Institut einen Gewinn von 12,2 Milliarden Dollar (rund 9 Milliarden Euro), sechsmal so viel wie 2008. Die Mitarbeiter werden im Jahr 2010 rund 16,2 Mrd. Dollar (rund 12 Mrd. Euro) Gehälter und Boni einstreichen, das sind 5,3 Mrd. Dollar mehr als im Vorjahr. Wieso muss diese Bank eigentlich keine Strafe zahlen. Schließlich haben unter anderem deren Geschäfte dazu geführt, den Euroraum zu destabilisieren. Stattdessen sind deren Ratgeber in Politik und Wirtschaft weiterhin gefragt. Na ja, das Geschäft an sich war ja legal, wie oben beschrieben. Schon klar. Und wenn auf Griechenlands Straßen wieder die Fetzen fliegen, weil die Menschen ihr Land und ihr Leben zurück haben wollen, wird scharf geschossen oder nicht? Auch das ist ja mittlerweile in der EU legal.

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Westerwelle will die "Wahrheit" sagen

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Der Bild-Zeitung sagte er:

„Jeder hat seinen eigenen Stil. Ich will gestalten, und deswegen will ich unserem Volk auch die Wahrheit sagen. Das Herumreden um den heißen Brei führt doch nur zu noch mehr Politikverdrossenheit. 45 Prozent des Bundeshaushalts werden mittlerweile für den Sozialetat ausgegeben. Zusammen mit den Zinsen für die Schulden sind es sogar 60 Prozent. Wenn das so weitergeht, wird durch diese Umverteilungspolitik der ganz normale Steuerzahler zum Sozialfall.“

Quelle: SZ

tata tata tata :DD :DD :DD

Der Büttenredner Westerwelle. Er will die Wahrheit sagen und Dolly Buster meint unterstützend:

„Er sagt die Wahrheit“

Quelle: RP-Online

Da kann ja nix mehr schief gehen. Mich würde in der Tat die Wahrheit interessieren. Zum Beispiel in welchem Verhältnis Herr Westerwelle zur Deutschen Vermögensberatung steht, die erst großzügig an die FDP spendete, um dann nach dem Wahlsieg prompt zu gratulieren. Für alle, die es vergessen haben, hier noch einmal der offiziell gelöschte Beweis:

DVAG gratuliert

Vielleicht könnte Herr Westerwelle auch einmal ganz allgemein darüber Auskunft geben, inwiefern Spendengelder in praktische Politik umgesetzt werden. Eben lese ich nämlich einen Bericht in den Nürnberger Nachrichten, der mir doch zu Denken gibt:

Geldsegen aus dem Steuerparadies

Dies galt auch für die 76.800 Euro, über die sich die FDP aus dem Steuerparadies freuen konnte. Als Adresse firmierte eine Villa in der Dufourstraße 121 in St. Gallen. Rund 50 wenig bekannte Aktiengesellschaften oder Holdings logieren unter dem Dach.

Persönlicher Absender der FDP-Spende war laut der Liste in dem Parlamentsbericht Cornelius Boersch, der nach eigenen Angaben dem FDP-Vorsitzenden Guido Westerwelle seit Jahren als Wirtschaftsberater zur Seite steht. Vor seinem Wechsel ins Außenamt saß Westerwelle im Beirat einer auch im schweizerischen Zug gemeldeten Beratungsfirma, an der Boerschs Mountain-Partner-Gruppe Anteile hält.

Wie war doch gleich die liberale Haltung zu deutschen Steuerflüchtlingen, die den Staat jedes Jahr um weitaus mehr Geld betrügen, als es ein Arno Dübel je tun könnte? Ziemlich eindeutig oder?

Doch nun kurz zum Inhalt seiner Bild-Ansprache und dem gestiegenen Anteil am Haushalt, der inzwischen für den Sozialstaat aufgewendet werden muss. Gestern hat die Bild-Zeitung ja wahrheitswidrig behauptet, dass die Sozialausgaben pro Einwohner in dem Zeitraum von 1992 bis 2007 um 35 Prozent gestiegen seien. Das war natürlich wie immer eine Lüge. In dem Zeitraum zwischen 1992 und 2007 stieg die Arbeitslosigkeit um 45 Prozent und die Sozialausgaben um lediglich 16 Prozent (Quelle: Jahnkes Infoportal). Bild und Westerwelle wollen wohl vergessen machen, dass es mit den Hartz-Reformen zu massiven Leistungskürzungen kam, die nun wirklich niemand mehr bestreiten kann. Staatliche Leistungen herunterzufahren, war Ziel der Agenda 2010. Dass das Gegenteil eingetreten ist und der Staat für immer mehr Menschen gekürzte Leistungen vorhalten muss, hat weniger mit Arno Dübel und seinesgleichen zu tun, als vielmehr mit dem Scheitern dieser Schwachsinnsreform, an der Herr Westerwelle im Vermittlungsausschuss seinerzeit kräftig mitgebastelt hat.

Zu den Bild-Zahlen noch einmal Jahnke klarstellend:

Erstens, ist der Zeitvergleich verlogen, denn 1992 gab es mit 2,6 Mio Menschen ein Rekordtief an Arbeitslosigkeit, während es 2007 um 45 % mehr Arbeitslose waren. Auch gab es 1992 nicht den wuchernden Niedrigstlohnsektor in Deutschland, der Arbeitnehmer zwingt, neben ihrem Arbeitslohn Sozialleistungen in Anspruch zu nehmen. Zweitens, stieg nach den Zahlen des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales das deutsche Sozialbudget pro Einwohner zwar auf 8636 Euro, jedoch waren das nach Abzug der Verbraucherpreisinflation lediglich 16 % (Abb. 15595). Die Zahlen zeigen auch, wie seit 2003 die realen Sozialleistungen rückläufig waren, obwohl bis 2005 die Arbeitslosigkeit noch anstieg, auch und gerade eine Folge der Hartz-IV-Reformen.

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Deutschland mit finanziellem Rettungsplan für Griechenland

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Plötzliche Kehrtwende im Fall Griechenland. Die Bundesregierung will aus angeblichen Euro-Stabilitätsgründen heraus ein Rettungspaket für Griechenland schnüren und finanzielle Hilfen bereitstellen, um das Land vor dem Bankrott zu bewahren (siehe FTD). Kaum zu glauben. Hatte doch die Bundeskanzlerin vor kurzem noch getönt (in ihrer Regierungserklärung vom 17.12.2009), dass jeder Mitgliedsstaat für seine öffentlichen Finanzen selbst verantwortlich sei und auch dafür, dass Haushaltsschieflagen wieder ausgeglichen werden:

„Stabilität ist die Grundlage für Wachstum und Wohlstand. Der Pakt bildet den entscheidenden Rahmen, um das Vertrauen von Privathaushalten, Investoren und Anlegern in die öffentlichen Finanzen und die Stabilität des Euro zu sichern. Ich sage auch mit Blick auf einzelne Länder mit sehr hohen Defiziten: Jeder einzelne Mitgliedstaat ist verantwortlich für gesunde öffentliche Finanzen.

Nun also der Schwenk. Ein stabiler Euro habe oberste Priorität, wird der stellvertretende Fraktionschef der CDU/CSU im Bundestag, Michael Meister, zitiert. Der Euro stand zuletzt unter Druck, weil, und jetzt kommt’s, gegen ihn gewettet wird. Geht’s noch? Schon wieder schreiben Spekulanten den Regierungen vor, wie sie sich zu verhalten haben. Allein das wäre schon ein Skandal für sich.

Nur dürften im Fall Griechenland auch ganz andere Interessen im Fokus stehen. Und zwar die, des Herrn Ackermann und seiner Deutschen Bank. Die hält nämlich Forderungen in Höhe von etwa 47 Milliarden US-Dollar gegenüber dem Staat Griechenland und den dort ansässigen Banken in der Hand. Im Falle eines Staatsbankrotts wären die hinfällig bzw. müssten als Abschreibungen in den gerade wieder toll glänzenden Bilanzen eingestellt werden. Offenbar will man die positven Zahlen der obersten deutschen Systembank erneut mit öffentlichen Geldern absichern. Griechenland ist der Bundesregierung dabei doch völlig Wurscht:

„Wenn Griechenland Hilfen erhält, dann nur unter strengen Auflagen und wenn die griechische Regierung den Staat tiefgreifend reformiert“, so Meister.

Schön gebrüllt. Nur wird wahrscheinlich das griechische Volk schneller sein und die amtierende sozialistische Regierung zuerst tiefgreifend reformieren…

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Griechenland: Thomas Fricke legt nach

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Thomas Fricke von der Financial Times Deutschland findet in seiner Kolumne klare Worte gegen den Unsinn, der hierzulande über Griechenland verbreitet wird. Bereits vor ein paar Tagen wartete er mit Fakten gegen den Meinungsmainstream auf (siehe hier im Blog).

Quelle: FTD

„Da wird der „Niedergang“ des Landes beschworen, der Grieche per se zum Schummler und die gesamte Wirtschafts- und Finanzpolitik für „schlecht“ erklärt. Meist von Sesselkommentatoren, die sich bis vor Kurzem bestenfalls mit Ouzo auskannten. Und der Chefökonom der Europäischen Zentralbank ( EZB ) empfiehlt gleich mal durchweg sinkende Löhne. Hau ruck. Mit Gewissenhaftigkeit hat das ähnlich viel zu tun wie das Tricksen der Zahlenmeister aus Athen. Dabei spricht viel dafür, dass die Krise allein durch griechische Mentalitätsmängel kaum erklärbar ist. Manch europäischer Moralapostel scheint da eher davon ablenken zu wollen, dass er zum Desaster beigetragen hat.“

Genau und wie Spiegel Online meldet, hatte zum Beispiel die „systemische“ Bank Goldman Sachs ihre Finger im Spiel, als es darum ging, die Haushaltszahlen zu beschönigen. Warum wirft man Griechenland versagen vor und droht unverhohlen mit Sanktionen, während die federführende Bank unbehelligt weiter Gewinne scheffeln darf, nachdem sie ihre Verluste in der Finanzkrise sozialisieren durfte? Eine spanndende Frage, sicherlich auch für Ouzo saufende Sesselkommentatoren. :D

Aber Fricke schreibt noch mehr. Zum Beispiel weist er zurecht darauf hin, dass die Entwicklung Griechenlands bis zum Ausbruch der Krise nahezu als musterhaft angesehen wurde. Die jetzigen Unterstellungen und klischeehaften Zuschreibungen würden jeder Grundlage entbehren.

„Klar pflegen griechische Lohnzuwächse höher auszufallen als die Vereinbarungen braver deutscher Metallgewerkschafter. Das hat auch den Verteilungsspielraum hin und wieder gesprengt. Nur stiegen die Lohnstückkosten in den drei Jahren bis 2007 auch nicht schneller als in den USA, wo das Plus historisch eher moderat blieb. Sonst wären Griechenlands Exporte seit 1993 sicher nicht um real 150 Prozent gestiegen. Und die Zahl der Jobs wäre von 1998 bis 2007 nicht jedes Jahr um 1,3 Prozent gestiegen – bei angeblich überteuerten Arbeitskräften. Die griechische Arbeitslosigkeit fiel zwischen 2000 und Mitte 2008 um 40 Prozent, die strukturell bedingte Quote laut OECD seit 2005 um immerhin einen halben Punkt – und damit etwa so stark wie im Land der gelobten Agenda 2010.“

Doch die eigentliche Pointe liefert Fricke mit seinem kritischen Blick auf Deutschland, das mit seiner falschen Wirtschaftspolitik dazu beigetragen habe, dass Griechenland im Verdrängungs-Wettbewerb abgehängt wurde.

„Zu einem negativen Saldo gehören auch immer zwei Seiten: zum Beispiel eine deutsche, deren Protagonisten jahrelang alles darangesetzt haben, die eigene Wirtschaft durch Reform und Verzicht wettbewerbsfähiger als andere zu machen – und die sich jetzt wundern, dass die anderen nicht mehr wettbewerbsfähig sind und dann in Krisen stürzen.“

Der Vorwurf ist klar, deutlich und vor allem auch systemkritisch. Denn Fricke sagt im Grunde nichts anderes, als dass die bisherige Wirtschaftspolitik einzelner im gemeinsamen Wirtschaftsraum zu katastrophalen Folgen führe. Da stimme etwas an der Grundkonzeption nicht, wenn es wirtschaftspolitisch immer nur darum ginge, andere Ökonomien niederzukonkurieren. An die Adresse der EU-Kommission heiß es dann auch folgerichtig:

„Dazu gehört mehr: eine EU-Kommission, die aufhört, einen angeblich tollen Steuersenkungswettlauf zu predigen, den am Ende keiner bezahlen kann; eine Notenbank, die ihren Job auch darin sieht, überteuerte Wechselkurse zu verhindern; oder eine Bundesregierung, die aufhört, Moralapostel zu spielen, und stattdessen das naive Modell aufgibt, Deutschland via sinkende eigene Ansprüche auf Kosten anderer sanieren zu wollen.“

Es ist eigentlich bescheuert, diesen wirtschaftlich gebildeten Irrlichtern in Politik, Wissenschaft und Medien immer wieder erklären zu müssen, dass die Summe aller Bilanzen am Ende eine Null ergeben muss. Wenn man aber nun wie bekloppt dem deutschen Vorbild des Gürtel enger Schnallens folgt, um auf Kosten der eigenen Binnenwirtschaft Wettbewerbsfähigkeit herzustellen, deren zweifelhafter Erfolg sich dann in Außenhandelsüberschüssen und Marktanteilen niederschlägt, fragt man sich doch zwangsläufig, wer am Ende die zunehmenden Schulden jener bezahlt, die über ihre Verhältnisse leben müssen, um die Überschüsse der Exportgiganten abzunehmen, während die Kaufkraft in den exportorientierten Ländern immer weiter zurückgedrängt wird.

Heiner Flassbeck schreibt dazu in seinem aktuellen Buch „Gescheitert – Warum die Politik vor der Wirtschaft kapituliert“ sehr anschaulich:

„Noch mehr solide Gläubiger also braucht die Welt und noch weniger schlechte Schuldner. Wer aber nimmt die Kredite, die die Gläubiger vergeben wollen, wenn am Ende alle von den Deutschen gelernt haben und solide Gläubiger sind? Der Mond? Der Mars? Oder doch wieder die Amerikaner?“

Flassbeck hat Recht, wenn er von einem neoliberalen Tsunami spricht, der in den letzten 20 Jahren über die globalisierte Wirtschaft hinwegrollte und nahezu jeden kritisch ökonomischen Verstand wegspülte. Was für ein Drama. :'(

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An Herrn Westerwelle: Was passiert wenn man wie vernagelt Steuern senkt

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Am Beispiel Griechenlands kann man sehr schön studieren, wohin der praktizierte neoliberale Steuersenkungsfetischismus führt. Direkt in den Staatsbankrott und den Verlust an Souveränität. Ich fürchte, dass Griechenland zu einem explodierenden Pulverfass mitten in der EU werden könnte, sollte die bekloppte Führung in Brüssel mit Frau Merkel eingeschlossen darauf bestehen, den harten Sparkurs dort tatsächlich durchziehen zu wollen.

Thomas Fricke von der Financial Times Deutschland erklärt anhand ökonomischer Fakten mal wieder sehr deutlich und einleuchtend, dass nicht übertriebene und vor den EU-Offiziellen verheimlichte Ausgabenexzesse die griechischen Staatsfinanzen ruinierte, sondern die praktische Umsetzung neoliberaler Ausgaben- und Abgabensenkungspolitik. Griechenland ist damit ein Beispiel, von dem ein Herr Westerwelle lernen könnte, wie man es nicht machen sollte.

„Relativ klar ist, dass Griechenland seit Jahren vergleichsweise hohe Staatsdefizite einfährt. Und die gängige Erklärung für Millionen Sirtaki- und Suvlaki-Spezialisten rund um den Globus ist: der Grieche kennt halt nichts vom Sparen, kann sich nicht beschränken und gibt einfach immer mehr Geld aus. Klar, so kennen wir den.

Kleiner Haken: Nach gängigen OECD-Statistiken kann man den Griechen nach Auffliegen diverser Tricks vorwerfen, dass sie über Jahre hinweg – wenn auch nicht desaströs, so doch relativ – hohe Staatsdefizite haben. Nur lag das nach den selben Statistiken gar nicht daran, dass die Staatsausgaben stetig übermäßig gewachsen sind. Im Gegenteil: die griechische Staatsquote ist seit 1992 nicht mehr gestiegen, zwischen 2000 und Ausbruch der globalen Finanzkrise fiel sie sogar um mehrere Prozentpunkte von rund 46 auf 43 Prozent des BIP.

Mehr noch: die griechische Staatsausgabenquote lag seit 1991 Jahr für Jahr immer unter der deutschen (zur Wiederholung: unter, nicht über). Das hat sich erst mit der Finanzkrise geändert.

Der Grund für die hohen Staatsdefizite ist demnach eher: die Griechen zahlen für ihre (international relativ gängige) Staatsquote relativ wenig Steuern und Abgaben. Diese Quote wurde in den vergangenen Jahren sogar unter 40 Prozent gedrückt. Sie merken etwas? Ja. Damit haben die Griechen etwas gemacht, was die EU-Kommission über Jahre hinweg gepredigt und als Wundermittel im Namen der Lissabon-Agenda verkauft hat.

So wie es übrigens Hans Eichel und Gerhard Schröder auch ganz eifrig getan haben, als sie die Steuern Anfang der 2000er-Jahre so kräftig senkten, dass die Staatsdefizite hochschnellten, obwohl zeitgleich die Staatsausgabenquote tendenziell sank. Eine Aktion, die nach Lesart von Eichel-Nachfolger Steinbrück zur Konsequenz führte, dass man – via Mehrwertsteuer – nur wieder eine breitere Steuerbasis schaffen müsse.

Und was hat das mit Guido Westerwelle zu tun? Tja, der hat irgendwie gerade dasselbe vor. Die Steuern um (fast) jeden Preis senken. Willkommen bei den Griechen.“

Griechenland ist also schon längst da, wo Westerwelle mit Deutschland hin will. Nur hat das unser erster Leistungsträgerrepräsentant im Außwärtigem Dienst auch kapiert? Der sagte nämlich anlässlich seines Besuches in Athen am Dienstag:

„Ich bin zuversichtlich und davon überzeugt, dass dieses Konsolidierungs-, dieses Reform-, dieses Wachstumsprogramm eine Chance verdient hat und wirken wird. Es ist auch ein Grund, warum ich hier bin: Wir stehen solidarisch an der Seite Griechenlands.“

Quelle: Deutsche Welle

Da sollen sie sich jetzt was aussuchen. Nur ist das Programm weder ein Konsolidierungs-, ein Reform-, noch ein Wachstumsprogramm, sondern ein radikales Kürzungsprogramm, bei dem die EU billigend in Kauf nimmt, dass die griechische Bevölkerung in eine Notlage gerät. Dementsprechend entschlossen ist auch der Ton aus Brüssel:

Die Einrichtung eines Sonderbeauftragten zur Überwachung eines Mitgliedslands wäre beispiellos in der EU. Klinz sagte weiter, „könnte die griechische Regierung beraten, konkrete Sparmaßnahmen vorschlagen und zugleich als möglicher Blitzableiter für unpopuläre Maßnahmen dienen“. Das Land stehe vor schmerzhaften Reformen, die Politiker würden daher unter erheblichen Druck geraten. „Der Hohe Beauftragte kann als unabhängige Instanz helfen, die notwendigen Maßnahmen mit aller Härte durchzusetzen“, sagte Klinz, ein Parteifreund des neuen EU-Währungskommissars Olli Rehn ist.

Quelle: Welt

Sollten wir dann nicht zusätzlich und rein präventiv über ein Bundeswehr-Mandat nachdenken?

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