Koalitionsverhandlungen unterbrochen

Geschrieben von: am 27. Mrz 2023 um 20:03

SPD, Grüne und FDP haben ihre nächtlichen Koalitionsverhandlungen unterbrochen, um wieder den Regierungsgeschäften nachgehen zu können. Mit anderen Worten und zwar mit denen der taz: Bundesregierung geht schlafen.

Knapp 20 Stunden haben sie im Kanzleramt zusammengesessen. Leider kam dann ein Termin in Holland dazwischen. Dort sagte der Kanzler wiederum, dass man daheim viele Fortschritte in netter Atmosphäre gemacht habe. Und: „Jahrzehnte sind Dinge liegen geblieben, das muss und wird sich ändern.“ Das heißt, an der Länge der Gespräche und dem bislang fehlenden Ergebnis ist Merkel und ihre Union schuld.

Damit erübrigen sich auch die in Endlosschleife wiederholten Aufzählungen von Themen, bei denen es angeblich haken würde. Das ist auch eine echt schwache Leistung von Bild, BamS und Glotze, nicht mehr herausbekommen zu haben. Dabei hatte sich der Vizekanzler in der ARD neulich noch über undichte Regierungsstellen beklagt, durch die bewusst etwas hindurchgeträufelt werde, um dem Vertrauen in der Regierung zu schaden.

Wo sind die Stehpinkler, wenn man sie mal braucht? Stattdessen meldet die eingebettete Hauptstadtpresse, dass Scholz, Habeck und Lindner gemeinsam im Heli zum Flughafen gebracht würden, um jene Konsultationen in Rotterdam zu erreichen, die nach Aussage des Kanzlers eine gute Unterbrechung für die in Berlin laufenden Koalitionsverhandlungen seien. Nur wie können die Holländer der deutschen Ampel helfen?

Nach den niederländischen Provinzwahlen vor ein paar Tagen steht die Viererkoalition von Mark Rutte dem Vernehmen nach unter Druck. Grund seien die Klimaschutzpläne, gegen die sich die Bauern wenden. Wenige Tage vor den Provinzwahlen waren in Den Haag rund 25.000 Menschen auf die Straße gegangen, um gegen die Politik der Regierung zu protestieren. An der Wahlurne fuhr die Bürger- und Bauernbewegung BBB nun einen Erfolg ein.

In Berlin scheiterte derweil ein lokaler Volksentscheid für einen Neustart in der Klimapolitik. Gut möglich, dass sich dieses Votum auch auf die Ampel in Berlin auswirkt. Das Gerede ums Klima scheint den Leuten allmählich auf die Nerven zu gehen. Wie soll man sich auch noch vor einer zunehmend heißeren Erde anständig fürchten und daher folgsam seine Gasheizung gegen eine Wärmepumpe eintauschen, wenn die Regierung nicht einmal mehr Anstoß an der Lieferung von Uranmunition in ein Kriegsgebiet nimmt?

Die Ampel hat ein Glaubensproblem

Diese Klimapolitik ist lächerlich und jeder weiß das auch. Kernproblem der Ampel ist sie daher auch nicht, sondern etwas ganz anderes. Mit der Unterzeichnung des Koalitionsvertrages sind die Verhandlungen doch nie wirklich abgeschlossen worden. Den Koalitionsausschuss gibt es nur deshalb, um sie fortzusetzen. Nötig ist das immer wieder, weil der eine Teil der Koalition immer noch fest an die Schuldenbremse glaubt und der andere eben nicht. Die Fortschrittskoalition hat also ein Glaubensproblem. Und zwar von Beginn an.

Haben Sie schon etwas von den Eckwerten des Haushaltes gehört? Vor zwei Wochen verschob der Finanzminister eine Vorlage, die für eine Beratung im Kabinett vorgesehen war. „Wir werden im Kabinett noch einmal gemeinsam über finanzielle Realität sprechen müssen“, sagte Lindner. Der FDP-Chef will Prioritäten setzen, was eine höfliche Umschreibung für Kürzungen ist. Als Beispiel nennt er dann die üppige Erweiterung des Bundeskanzleramtes für 800 Millionen Euro, auf die man nun wahrlich verzichten könne.

Wer will da widersprechen? Lindner selbst geht mit gutem Beispiel voran. Den Erweiterungsbau für sein Ministerium hat er der Streichliste schon hinzugefügt. Klingt toll, ist aber nur ein Trick, um öffentliche Zustimmung für die schmerzhaften Kürzungen zu ergaunern, die er für die Einhaltung der Schuldenbremse braucht. „Ideenreichtum, #Schlafmangel – #Koalitionsausschuss.“, hat der Finanzminister heute getwittert. Das stimmt. Es ist wohl ein Schlafmangel vonnöten, um Ideen zu entwickeln, wie die Steuern auf E-Fuels für reiche Porschefahrer zu senken, die Steuern auf Lebensmittel für den ärmeren Teil der Bevölkerung aber nicht.

Aufgrund von Schlafmangel werden vermutlich auch immer wieder die üblichen Märchen verbreitet, wonach der Staat nur ausgeben könne, was ihm zur Verfügung stünde. Und der vergessliche Kanzler, der auch mal ein deutscher Finanzminister war und deshalb wusste, was gegen alle Logik zu tun ist, stimmt zu.

Dabei kann der Staat nicht mehr einnehmen, als er ausgibt. Kürzt er seine Ausgaben, entzieht er der Wirtschaft und den Privathaushalten unmittelbar Einkommen. Zum Ausgleich erweckt der amtierende Finanzminister mit seiner Ankündigung von Steuererleichterungen aber den Eindruck, alle zu entlasten. Dabei gilt das lediglich für Großkonzerne und Superreiche, dessen Lobbyist er letztlich auch ist.

Es heißt immer, der Staat müsse seine Schulden begrenzen, um künftige Generationen damit nicht zu belasten. Er hat aber kein Problem damit, eine zunehmend kaputte Infrastruktur auf den Nacken eben jeder Jugend zu legen, die, wie der Kanzler messerscharf erkannt hat, wegen des anhaltenden Lehrermangels auch gar keine vernünftige Bildung mehr zu erwarten hat. „Das wird ’ne große Nummer“, scholzte er, bevor er und seine Regierung sich wieder in gutem Glauben an den politischen Erfolg der Ampel schlafen legten.


Bildnachweis: Screenshot, ZDF heute-journal, 26. März 2023

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Über den Autor:

André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.
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Kommentare

  1. Jörg Wiedmann  März 29, 2023

    Das Gerede ums Klima geht den Menschen auf die Nerven weil es mit der Realiät einfach nichts mehr zu tun hat. Herr Habeck ist ein ideologisch Getriebener und seine Pläne sind freundlich ausgedrückt Schwachsinn.
    Der Klimawandel pöses pöses Co2, aber dann die Kernkraftwerke abschalten und fleissig Kohle verfeuern.
    Macht Sinn.
    Einbau von Heizungen die mit einem Anteil von 65% mit regenerativer Energie betrieben werden müssen.
    Zwischen November und März liegt Anteil regenerativer Energie im Durchschnitt deutlich unter 50% , an manchen Tagen unter 5% bei Dunkelflaute nahe Null.
    Geheizt wird aber trotzdem und die so gelobte Wärmepumpe dann eben mit fossilem Strom betrieben, oder darf man an diesen Tagen dann nicht mehr heizen.
    Fragen über Fragen.
    Im Endeffekt das gleiche Lügenmärchen wie die CO2 freie Mobilität mit dem E-Auto.
    Mit dem derzeitigen Strommix betankt ist das E-Auto eben nicht CO2 frei, das ist pure Propaganda und Greenwashing vom Feinsten.
    Selbst wenn Deutschland bis 2045 „klimaneutral“ sein sollte ändert sich -bei einem Anteil von 2% am weltweiten CO2 Ausstoß- für das Weltklima überhaupt nichts. Selbst wenn die EU dazu kommt sind die Auswirkungen auf das Weltklima zu vernachlässigen.
    Derzeit sind weltweit 1360 Kohlekraftwerke geplant oder im Bau. Wir können in Deutschland Kohlekraftwerke abschalten so viel wir wollen und so früh wir wollen es wird sich am Klimawandel nichts ändern.

    Die geplante Lieferung von Uranmunition an die Ukraine muss man nicht kommentieren.
    Das ist ein Verbrechen. Die Folgen sind in Ex Jugoslawien und im Irak deutlich zu sehen.
    Der Uranstaub der sich überall ausbreitet ist sicher gut für den Getreideanbau.