Zu Neues aus der Anstalt – Folge 41 und mit Einschub über zu Guttenberg

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In meinem letzten Beitrag schrieb ich am Ende: Sogar den Anhängern des Ölprinzen zu Guttenberg müsste auffallen, dass hier etwas nicht stimmt. Nur von denen zieht keiner mehr die Notbremse. Daran möchte ich anknüpfen und Urban Priols Schlusssatz von gestern anfügen: „Es ist ‚Schuh-spät'“.

Die Tage des Zorns mögen in der arabischen Welt ausgebrochen sein, aber hierzulande regt sich keine Maus, nicht einmal die Frauen, für deren Quote in Dax-Vorständen aufopferungsvoll gestritten werde, für die gleiche Bezahlung bei gleicher Arbeit hingegen nicht.

In Deutschland würden die Menschen wahrscheinlich erst dann zornig auf die Straße gehen und die Schuhläden plündern, wenn ihnen jemand ihren Karl-Theodor zu Guttenberg wegnehmen oder er selber zurücktreten würde. Die Masse liebt eben ihren Lügen-Karl, summa cum laude sozusagen. Deshalb wollte Pelzig das auch probieren und kupferte kurzerhand den zuvor von Priol gehaltenen Redebeitrag ab. Dafür setzte ihm Dr. Priol, der freilich nicht mehr so genannt werden will, einen Doktorhut auf.

Doktorhut

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Kurzer Einschub, weil überall im Fernsehen das Programm auch unterbrochen wurde:

Ich habe auch der Fragestunde im Bundestag gelauscht und mich doch arg über die parlamentarischen Frager und Fragerinnen gewundert. Was gibt es eigentlich zu fragen, die Täuschungsabsicht des Ministers ist doch erwiesen? Nein, zu Guttenberg durfte immer wieder betonen, nur unabsichtliche Fehler gemacht und seine Konsequenzen daraus gezogen zu haben. Sie werden das bestimmt noch ein paar Mal in den Hauptnachrichten unter der Schlagzeile „Guttenberg steht Rede und Antwort“ hören.

Dass er aber erstens eine Konsequenz gezogen hat, die er gar nicht selber ziehen kann, weil das nur die Universität, die er beschissen hat, tun darf und zweitens eine Erklärung unterschrieben hat, die man auch nicht mit dem Eingeständnis, lediglich unbewusst eine Verletzung der Zitierregeln begangen zu haben, aushebeln kann, verschwand im Schatten des einstudierten Auftritts.

Die einzig mögliche Konsequenz, zurückzutreten, mochte er freilich nicht ziehen, weil er weiterhin ein Vorbild sein möchte (Gelächter im Saal). Ein Vorbild, das sich eben gerade dadurch auszeichne, Fehler einzugestehen.

Das hätte ich dann aber doch etwas genauer gewusst. Bisher hat zu Guttenberg nur das zugegeben, was ohnehin schon bekannt war. Bisher seien ihm zum Beispiel nur die bereits entdeckten Ausarbeitungen des wissenschaftlichen Dienstes bei seiner eigenen Nachprüfung aufgefallen, auch aufgefallen, müsste es richtig heißen. Ob noch mehr Fremdwerke aus dieser Quelle in seiner Dissertation enthalten seien, könne er zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht sagen. Ich schätze, dass muss die Internetgemeinde für ihn erst noch herausfinden.

Keiner hat die Frage gestellt, was denn eigentlich gewesen wäre, wenn die Arbeit nicht zufällig redigiert worden und im Internet Stück für Stück auseinandergenommen wäre. Die Antwort darauf hätte ich zu gerne gehört. Na ja, nix halt, wo kein Ankläger auch kein Plagiat. Wahrscheinlich hätte er aber gesagt, dass er nicht zu etwas Stellung nehmen könne, das gar nicht eingetreten sei. Und dann hätte man sehr schön fragen können, ob er das immer so handhabt, also erst etwas sagen, wenn die Beweislast erdrückend ist.

An diesem Vorgang kann man sehr eindrucksvoll sehen, wie die demokratischen Sanktionsmechanismen ausgehebelt und beiseite gelabert werden. Am Ende kommt zu Guttenberg damit durch, weil, wie er es so schön sagte, die Menschen sich selber ein Urteil bilden. Und das Ergebnis ist eben aus seiner Position heraus und mit den Mitteln, die ihm zur Verfügung stehen, plan- und vor allem beeinflussbar.
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Aber zurück zur Anstalt. Priol war ja noch nicht fertig mit den Programmheuchlern und Heuchlerinnen, die nicht nur einem Blender wie zu Guttenberg auf den Leim gehen, sondern auch einem Ex-Diktator wie Mubarak. Erst jubeln sie dem jahrelang zu, um dann, als er plötzlich verschwunden war, von einem großen Tag für die Demokratie zu schwadronieren. Was sagt Merkel eigentlich wenn zu Guttenberg doch noch zurücktritt? Ein großer Tag für die Wissenschaft?

Angela Merkel und Hillary Clinton, von der Bunten mit dem Titel „Zwillingspaar der Macht“ versehen, machten mit Blick auf Ägypten wahrlich keine gute Figur. Die eine, nämlich unsere Ommma äh Tante, mahnte die Ägypter kurz vor dem Sturz des Machthabers zur Zurückhaltung und die andere blieb gänzlich stumm. Zwei feige Trullas nannte Priol diese Damen dann auch zurecht.

Mit Blick auf zu Guttenberg fügte Pelzig noch an, wer in Deutschland etwas werden will und vor allem bleiben möchte, der sollte immer daran denken, Friede sei mit dir. Wenn man die beiden mächtigsten Frauen in diesem Land, Friede Springer und Liz Mohn betrachte, stimme das Sprichwort, hinter jedem Mann stehe eine starke Frau, nicht mehr. Vielmehr müsste es heißen: Hinter jeder erfolgreichen Frau liege häufig auch ein toter Mann.

Bei zu Guttenberg müsste es heißen, hinter einem schummelnden, angebenden und geltungssüchtigen Adelssproß liegt meistens noch ein Vorfahre, der auch was sagen durfte und posthum einen Witz auf Kosten seiner lebenden Nachfahren machen kann. Und tatsächlich, Karl-Theodors Großvater, Karl-Theodor, hatte ein Buch geschrieben, mit dem Titel „Fußnoten“. Na wenn das keine lustige Pointe ist.

Fußnoten

Einen Satz aus dem Buch habe sich der Enkel wohl zu seinem Lebensmotto erklärt, wie Priol und Pelzig fanden:

„Sie (gemeint ist Adenauer, Anm. von Pelzig) sind so glaubwürdig, dass die Leute Ihnen manchmal sogar gestatten, zu lügen.“

Was war noch? Ach ja, wir haben immer noch Aufschwung. Ein Aufschwung auf „Pump(s)“ sozusagen. Im Zuge der Diskussion um die Frauenquote hat Hausmeister Malmsheimer als Frau verkleidet versucht, das Thema kurz zu gendern…

Aufschwung

Falls sie nicht vom Aufschwung überzeugt sind oder vielleicht kein Geld haben, um ihre von der Gesellschaft für Konsumforschung im Auftrag der Bundesregierung gemessene Kauflaune richtig ausleben zu können, dann sollten sie einfach mal schlampig einkaufen gehen. Denn wenn „schlampiges Zitieren“, also das Stehlen von fremdem geistigen Eigentum, laut Bild-Zeitung keine große Sache sei, dann Ladendiebstahl doch wohl auch nicht oder?

Aber der Aufschwung ist natürlich partiell schon zu beobachten. Nur der einzige Erfolg, den die Bundesregierung beim Angeben nicht angebe, so Pelzig, ist das ungebrochen gute Geschäft der deutschen Rüstungsindustrie. Deutschland sei da immer noch auf Platz 3 in der Welt, hinter den USA und Russland. Trotz Krise habe sich der Umsatz im letzten Jahr durch den Verkauf von Waffen und Munition verdoppelt. Das scheint der Bundesregierung ein wenig peinlich zu sein, wie Pelzig spitzfindig anmerkte. Wenigstens versteht man nun, was die Koalition unter einem „verantwortungsbewussten“ statt „restriktiven“ Umgang mit Waffenexporten gemeint hat.

Es bleibt bei der verantwortungsbewussten Genehmigungspolitik für die Ausfuhr von Rüstungsgütern.

Quelle: Koalitionsvertrag

Die Tage des Zorns seien deshalb so unerträglich, weil sie von einer penetranten Scheinheiligkeit begleitet werden. Dazu Priol im original…

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Die Sendung finden sie wie immer in der ZDF-Mediathek:
http://www.zdf.de/ZDFmediathek/hauptnavigation/startseite/#/beitrag/video/1265990/Neues-aus-der-Anstalt-vom-22022011

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Kurzer Einwurf

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Aufgrund einer Familienfeier, die auch am Wochenende noch weitergehen wird, konnte ich gestern weder dem Westerwelle in Stuttgart zuhören, noch der Kommunisten-Sau zusehen, die die verspätet aufgeschreckte Scheindemokratie durchs Dorf getrieben hat. Aber lustig war’s als ich mir für einen kurzen Moment vorstellte, dass Gesine Lötzsch von der Linkspartei einen Rettungsschirm für Guido Westerwelle aufspannte. Brilliante Taktik. An irgend einer Stelle, soll der Westerwelle ja wieder davon gesprochen haben, dass das Land nicht in linke Hände fallen dürfe. Ich glaube es war gleich nach dem Absatz mit der neuen Forderung nach S T E U E R S E N K U N G E N. :>>

Zwar konnte die Rede über den Kommunismus, in der es aber gar nicht um den Kommunismus als solchen ging, sondern um eine sehr zutreffende Analyse der aktuellen Lage, den ARD-Deutschlandtrend nicht beeinflussen, aber gewohnt absurd war dieser Wahlforschungsmist von Jörg Schönenborn allemal. Das der selber nicht merkt, was für einen demoskopischen Unsinn er zusammenredet, ist bezeichnend für diese wache Mediendemokratie.

Mit Blick auf das FDP-Desaster heißt es einerseits.

74 Prozent machen die Tatsache verantwortlich, „dass die im Wahlkampf von der FDP versprochenen Steuersenkungen bisher ausgeblieben sind“.

Aha, aber unter der Prioritätenliste für 2011 steht:

Auf dem vorletzten Platz stehen die Steuersenkungen mit 26 Prozent.

Komisch oder? D.h. die Mehrheit der Befragten meint, dass die FDP an Zustimmung verloren habe, weil die versprochenen Steuersenkungen ausgeblieben sind, die man aber selber für gar nicht so wichtig hält. Und die gleiche Mehrheit, die an erster Stelle eine bessere Ausstattung für Schulen und Hochschulen und eine bessere Qualität in der Pflege alter und kranker Menschen wünscht, meint auch, dass die gegenwärtige wirtschaftliche Lage gut oder sehr gut sei.

Was läuft da nur schief? Gar nichts. Denn die Verwirrung ist perfekt. Und das war auch die Absicht.

Inzwischen redet ganz Deutschland über Westerwelle, dem schon mitleidiges und zum Teil aufbauendes Journalistengetue entgegenschlägt, und über den Kommunismus, der unsere XXL-Aufschwungsdemokratie gefährdet, obwohl bisher jede scheinbürgerliche Regierung mit ihren Gesetzen gegen die Verfassung nachweislich verstoßen hat.

Neulich hörte ich einen interessanten Gedanken, dass der Verfassungsbruch auch ein kalkulierter Akt kurzfristig denkender Finanzpolitik sein könnte. Frau von der Leyen hätte so zum Beispiel einplanen können, dass ihr Gesetz zu den Regelsätzen erneut vom Bundesverfassungsgericht kassiert werden würde. Das mache aber nichts, weil bis zu einem Urteil genug Zeit verstreichen würde, in der man den grundgesetzwidrigen Zustand als haushaltspolitischen Erfolg abfeiern könnte.

Eine Demokratie muss soetwas aushalten. Den Kommunismus verträgt sie freilich nicht. Das ist doch klar. Ein viel zu gefährliches Gedankengut. Geradezu verfassungsfeindlich. Es hätte nur noch gefehlt, wenn der CSU-Schreihalsbeauftragte Dobrindt gefordert hätte, die Linke als terroristische Vereinigung zu klassifizieren. Das hat er nicht, ich weiß. Er sprach zurückhaltend von der Wiedereinführung der flächendeckenden Beobachtung durch die Stasi den Verfassungsschutz und von einem Verbotsverfahren.

Die selbsternannten bürgerlichen Parteien wissen eben ganz genau, wie man Kurs hält, was richtig und gut für das Land ist. An dieser Stelle darf ich an Georg Schramm erinnern, der natürlich nicht tot ist, aber uns dennoch schrecklich fehlt.

Weil wir gerade bei 1933 waren, sollten wir uns in Erinnerung rufen, wie die deutsche Regierung damals auf die Weltwirtschaftskrise reagierte: mit dem Gesetz „zur Beseitigung von Not und Elend des Volkes“, verabschiedet am 24. März 1933, bekannt geworden als „Ermächtigungsgesetz“, das die demokratischen Rechte außer Kraft setzte. Das bürgerliche Lager, inklusive Adenauers Zentrum und dem liberalen Theodor Heuss, haben damals zugestimmt. Der Grund für diese Zustimmung ist rückblickend ungeheuerlich: Hitler hatte ihnen versprochen, die Funktion des Reichspräsidenten Grußaugust Hindenburg zu erhalten.

Quelle: Financial Crimes Deutschland

Und Grußaugust ist ein gutes Stichwort, als ich in diesem Zusammenhang vom „Marxisten-Blatt“ Junge Welt hörte, in dem der schrecklich gefährliche Text von Gesine Lötzsch abgedruckt wurde.

Vor über einem Jahr war es nämlich nur dieses angebliche Marxisten-Blatt, das durch eine journalistische Rechercheleistung den damaligen Grußaugust Horst Köhler der Lüge überführte, weil dieser im Zusammenhang mit einer Rede zum Festakt „20 Jahre Friedliche Revolution“ in Leipzig falsche Fakten als Wahrheit verkaufte. Er bezog sich dabei auf eine Studie, deren Autor selbst einräumte, für seine Angaben noch keine ausreichenden Belege zu haben. Damals wurde von der großen Welt auf die jüngere Welt eingedroschen, aber indirekt bestätigt, dass die Recherche der jungen Welt richtig war.

Und das beschreibt schön unser Problem. Es ist nicht Westerwelle oder der Kommunismus, sondern die Produktion von Öffentlichkeit. Sie geschieht inzwischen unter total verrückten Bedingungen und Personen, die sich noch immer als Journalisten bezeichnen. Man hat sich ja daran gewöhnt, dass die Distanz zum journalistischen Gegenstand nahezu verschwunden ist und die Berichtenden zunehmend als Enddarmbewohner (Urban Priol) derer auftreten, über die sie eigentlich berichten sollen. Dass nun auch die Themen immer absurder, wilder und mit erhöhter Schlagzahl durch den Raum schießen, ist kaum noch reflektierbar. Man hat gar nicht die Zeit, sich mit einer Obskurität zu beschäftigen, weil schon die nächste, aus dem Zusammenhang gerissene, Sau durchs Dorf getrieben wird.

Was also tun? Ignorieren? Was Westerwelle und den Kommunismus angeht sicherlich. Die beiden werden miteinander noch genug zu tun haben, da sollte man sich lieber raushalten. Aber das, was dahinter verschwindet, wie die heute bekannt gegebenen Umsätze im Einzelhandel für den Monat November sollte man doch diskutieren, weil wieder einmal deutlich wird, wie die Öffentlichkeit mit Jubelmeldungen zum Kaufverhalten an der Nase herumgeführt wird.

Im Vergleich zum Vormonat Oktober geht es wieder deutlich nach unten. Das statistische Bundesamt meldet unter irreführender Überschrift im Text versteckt:

Im Vergleich zum Oktober 2010 ist der Umsatz im November 2010 unter Berücksichtigung von Saison- und Kalendereffekten nominal um 1,9% und real um 2,4% gesunken.

Der Einzelhandel mit Lebensmitteln, Getränken und Tabakwaren setzte im November 2010 nominal 2,3% mehr und real 0,2% weniger um als im November 2009.

Seit dem Sommer fallen damit die Umsätze und das obwohl die Deutschen angeblich wieder mehr einkaufen und den Aufschwung XXL in Konsum umsetzen. Selbst die frohe Botschaft, dass über das Jahr gesehen mit einem Plus von 1,5 Prozent gerechnet werde, hieße ja, dass man den Verlust aus dem Krisenvorjahr nicht einmal wettmachen und die Erwartungen des Einzelhandelsverbandes, der schon mit einem Plus von zwei Prozent gerechnet hatte, nicht erfüllen könne. Aber lange Gesichter wird es auch dieses Mal nicht geben, weil keiner der Kaufrausch-Propheten in den Redaktionen darüber ähnlich groß berichten würde, wie über das Weihnachtsgeschäft. Stattdessen wird munter weitergelogen wie in Springers Märchen-Welt.

„Import-Rekord: Warum die Deutschen wieder kräftig Geld ausgeben“

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Zur Neujahrsansprache der Kanzlerin

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Zunächst einmal hätte ich als Bürger dieses Landes gerne den Text der Ansprache, um ihn Stück für Stück auseinander nehmen zu können. Aber ich habe gar keinen Zutritt zum Internet-Informationssystem der Bundesregierung. Da dürfen sich nur Journalisten einloggen, die bei der Anmeldung eine Reihe persönlicher Daten einzugeben haben, wie Name, Adresse, Arbeitgeber, Art der Anstellung, ob frei oder fest und die Position.

Alle anderen müssen sich das Video anschauen und sich die dümmlichen Formulierungen der Staatsratsvorsitzenden diktieren lassen. Da hat man schnell keine Lust mehr, überhaupt etwas darüber zu schreiben. Zum Glück stellen die von uns allen gebührenfinanzierten Medien Transkripte der Ansprache ins Netz.

Von dem ganzen Gesabbel ist es dann auch nur eine Passage, die ich näher besprechen will, um daran beispielhaft zu zeigen, dass es mit „Dinner for One“ nur eine Sendung zum Jahreswechsel gibt, die man immer wieder anschauen und über deren Inhalt man jedes Jahr auf’s Neue lachen kann. Immerhin haben den Kultsketch in den dritten Programmen mehr als vier Millionen Zuschauer verfolgt. Aber die Neujahrsansprache der Kanzlerin sahen sogar etwas mehr als sieben Millionen.

Was hatten sich diese Menschen erhofft? Eine Frau Bundeskanzlerin, die ähnlich überraschend wie der Bundespräsident im Stehen zum Volke spricht oder eine Regierungschefin, die als Miss Sophie verkleidet, den 90. Jahrestag ihrer Regentschaft feiert und dabei ihren Diener James Pofalla dazu verpflichtet, die Drinks für die imaginären Gäste „Kotz“ Koch, Köhler, von Beust, Rüttgers, Wulff und Oettinger in sich hineinzukippen, während er ständig über das auf dem Boden liegende Tigerfell mit dem Konterfei von Friedrich Merz stolpert?

Oder wollten die Menschen tatsächlich den Worten der Mutti lauschen? Ich denke, viele sind einfach von der Sendung im Anschluss an die Hauptnachrichten heute und Tagesschau überrumpelt worden.

Aber nun zur angesprochenen Passage.

„Gemeinsam haben wir Enormes geleistet. Wir haben erfahren, was möglich ist.

Das ist wichtig, denn wir Deutschen sind uns unserer Stärken selbst nicht immer bewusst. Unsere Fußball-Nationalmannschaft hat in Südafrika ganz wunderbar genau die Tugenden gezeigt, die uns stark machen: Fleiß und Disziplin, Ideenreichtum und Technik auf höchstem Niveau.“

Nein, Deutschland hat die WM nicht gewonnen, sondern ist kläglich einmal mehr am Defizitsünder Spanien im Halbfinale gescheitert. Wahrscheinlich auch deshalb, weil Merkel nach dem grandiosen Viertelfinalsieg über die Argentinier in die Kabine marschierte und den Spielern androhte, zum Finale wiederkommen zu wollen. Denn zu einer deutschen Fußballtugend gehört es zweifelsfrei, dass seit eh und je Funktionsträger aus ihren Ehrenlogen in die Katakomben der Stadien stolzieren, um sich im Schweiße der Kicker zu suhlen und anschließend nach einem gemeinsamen Bier und dem Anblick halbnackter Männer von einem Traum zu reden.

Das konnte nicht gutgehen. Merkels Problem ist die Wahrnehmung, die sie in sedierender Weise auch auf das Volk überträgt. Allein die Beschwörung deutscher Tugenden reicht nicht aus, um über die offen zu Tage liegenden Defizite hinwegzukommen. Aber es ist schon durchaus bezeichnend, wie ruhig das deutsche Volk es hinnimmt, dass es trotz Fleiß und Disziplin kaum ein höheres Niveau erreichen kann, vom höchsten einmal ganz zu schweigen.

Denn Wohlergehen und Wohlstand – das heißt nicht nur „mehr haben“, sondern auch „besser leben“.

Ihr sollt nicht mehr haben, sondern besser leben, indem ihr für andere da seid. Zum Beispiel für Event-Manager, Banker, Börsenanalysten, Unternehmensberater und FDP-Jungschnösel, die allesamt nichts können, nichts produzieren außer heißer Luft, aber ne Menge Kohle damit verdienen, weil es inzwischen zu einer deutschen Tugend geworden ist, Rettungsschirme aufzuspannen, die nun ganz offen unter dem Stichwort Solidarität firmieren, in Wirklichkeit aber nichts weiter sind, als die legale Absicherung von Verlusten, die durch kriminelle Machenschaften der oben genannten Berufselite zu Stande gekommen sind.

Mit dieser Erkenntnis lebt man eben auch besser, obwohl man nicht mehr hat.

Oder doch nicht???

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Im Schnee versunken

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Im Saarland hat die FDP II unter ihrem, der Korruption verdächtigen, Vorsitzenden Hubert Ulrich angekündigt, am Freitag nicht für die Hartz-IV Reform der Arbeitsministerin im Bundesrat stimmen zu wollen. Die Bild machte daraus übrigens ein verdorbenes Weihnachtsfest für alle Hartz-IV Bezieher, die nun auf die freudig erwartete üppige 5-Euro-Erhöhung im nächsten Jahr verzichten müssen, weil der Vermittlungsausschuss nun angerufen werden müsse.

6,4 Millionen Millionen Hartz-IV-Empfänger freuen sich auf eine Erhöhung ihres Regelsatzes um fünf Euro auf 364 Euro zum 1. Januar.

Doch jetzt kommt heraus: Die Erhöhung fällt wohl vorerst aus!

Quelle: Bild

Das Ganze läuft bei Bild unter Krieg. Dagegen wird Stephanie zu Guttenberg weiter vorne im Blatt als mutigste Baronin Deutschlands gefeiert.

Woher nimmt sie diesen Mut?

Ja woher? und wofür eigentlich? Will sie sich etwas im Glanz ihres Mannes erholen, von den schweren Vorwürfen, die ihr zu Hause gemacht werden? Diese belanglosen Fragen wird ihr sicherlich Johannes B. Kerner live vor Ort stellen oder auch nicht. Insgesamt hat das schon etwas Komisches. Im Land der Taliban fragt mit Johannes Baptist, quasi der Täufer des christlichen Dummfunks, eine Nachfahrin des Raubrittertums zu ihren Eindrücken von der Front. Da wird die Quote bei Sat.1 aber zur späten Stunde am Donnerstag durch die Decke gehen.

Derweil versinken wir an der Heimatfront wieder im Schnee. Hier ein paar Bilder von heute Abend.

Schnee 002Schnee 003Schnee 012

Zum eigentlichen Thema, der Eurokrise

Der Euro versinkt übrigens auch irgendwie. Denn so langsam wird es Zeit für eine Entscheidung, wie man das Ganze den Bach runtergehen lassen will. Der Wessi-Honni, pardon, der Westerwelle meinte gestern im Fernsehen, dass Deutschland nicht zum Zahlmeister der EU werden dürfe. Dabei ist das gar nicht mehr die Frage. Deutschland ist es doch längst als größter Gläubiger. Immerhin schulden die Defizitländer den deutschen Banken rund eine halbe Billion Dollar. Wer ernsthaft daran glaubt, dass die das mit Hilfe von Sparpaketen zurückzahlen werden, leidet an mehr als einer Politbürostarre.

Die Deutschen müssen endlich begreifen, dass ihre jahrelange Lohnzurückhaltung für die Exportüberschüsse sinnlos war. Die unter Lohnverzicht und Überstunden produzierten Güter für’s Ausland hat man im Prinzip verschenkt. Denn die Schuldscheine, die Deutschland im Gegenzug von den Defizitländern erhalten hat, müssen demnächst im Wert berichtigt werden. Das ist eben das Problem mit schön bedrucktem Papier. Man kann’s in Krisenzeiten eben nicht essen, sondern nur zusehen, wie der aufgedruckte Wert verloren geht.

Offensichtlich will man dem Problem nicht durch einen Ausgleich der Ungleichgewichte beikommen, also etwa dadurch, dass Deutschland höhere Löhne zulässt und mehr für die Binnenkonjunktur macht, der Arbeitgeber Hundt bellt ja schon wieder lautstark dagegen an, sondern mit einer Transferunion, in der Deutschland immer mehr Geld, dass uns laut Finanzminister Schäuble ja nix kostet, für den Rettungsschirm zur Verfügung stellt. Das darf nur keiner wissen, dass Angela Merkel die EU genauso abwickeln will, wie Helmut Kohl die DDR.

Das Problem dabei ist nur, dass die EU der BRD formal nicht beigetreten ist. Wenn die Transferunion kommt, können Merkel und Schäuble noch so vehement auf ihren Sparprogrammen bestehen. Die Defizitländer werden diese Verpflichtung zum ökonomischen Selbstmord nicht länger hinnehmen. Sie werden ihre Märkte einfach schließen, wenn Deutschland bockt und keine Kohle locker macht, Wirtschaftsunion hin oder her. Frau Merkel ist ja nur die Volkskanzlerin der dummen Deutschen und nicht der Iren, die bereits nachverhandeln wollen oder der randalierenden Briten oder der protestierenden Griechen, Spanier und Portugiesen. Diese Menschen kann man nicht so einfach einlullen. Die kämpfen um ihre Souveränität.

Deutschland zahlt als größter Gläubiger. Daran führt kein Weg mehr vorbei, solange man an der krankhaften Exportorientierung festhält.

Deshalb wird der Westerwelle zum neuen Honecker gemacht, die FDP zur SED und Frau zu Guttenberg zur mutigsten Baronin Deutschlands.

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Zur Lage der Wirtschaft und Volker Pispers über die geschätzte Erwartung

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Die Politiker und Haushaltsexperten der FDP könne man auch als Fachmmänner für Luftbuchungen ohne Bodenhaftungsrückkehrversicherung bezeichnen, da die jetzt schon wieder fordern, die erwarteten Steuermehreinnahmen für Steuersenkungen zu verwenden. Volker Pispers befasst sich in seiner heutigen Dienstags-Botschaft auf WDR2 mit der jüngsten Steuerschätzung, in der ja bekanntlich die Erwartungen auf Mehreinnahmen des Staates formuliert wurden.

„D.h., in einer Situation, in der der Staat auf jeden Fall deutlich weniger einnehmen wird, als er ausgibt, wollen sie mögliche Mehreinnahmen für noch höhere Ausgaben nutzen, wohl um das Einnahmen-Ausgaben Abstandsgebot nicht zu verletzen.“

Das Problem sei halt, dass bei Erwartungen nicht abgewartet werde, ob sie sich denn auch erfüllen, sondern bereits jetzt darüber gestritten wird, wie man die erwarteten Mehreinnahmen wieder ausgeben kann. Andere Ereignisse, wie etwa das Zusammenbrechen von Banken und ganzen Finanzmärkten konnte man nie erwarten und schon gar nicht schätzen, wie Pispers anhand eines Beispiels über die Erwartungen des Super-Krisen-Managers Peer Steinbrück verdeutlicht. Dieser hatte bekanntlich zu Beginn des Jahres 2008 aufgrund einer günstigen Steuerschätzung erwartet, dass er am Ende des Jahres einen ausgeglichenen Haushalt präsentieren könne. Es kam unerwartet anders.

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Volker Pispers bricht eine Bilanze über die rabenschwarz-gelbe Bundesregierung

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Volker Pispers bricht zum Jahrestag der rabenschwarz-gelben Machtübernahme eine Bilanze. Diese Regierung sei nicht unfähig, sondern zu allem fähig, so Pispers. Die Umfragen ließen inzwischen auch die Illusion zu, dass so mancher FDP-Wähler in den letzten 12 Monaten mehr begriffen habe, als je zu hoffen war. Schließlich mache sich der viel umjubelte Aufschwung vor allem am Wachstum der Krankenkassenbeiträge bemerkbar.

Vor einem Jahr war Angela Merkel die beliebteste Politikern. Jetzt liege sie in Umfragen hinter Jürgen Trittin. Und es gab Zeiten, da lag Trittin nur knapp vor Bin Laden.

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Konjunkturdaten: Mal wieder zwischen Wunsch und Wirklichkeit

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Ich habe natürlich auch deshalb zwei Tage lang nix geschrieben, weil ich die offizielle Verlautbarung des statistischen Bundesamts zu den Einzelhandelsumsätzen von heute abwarten wollte und die neuesten Arbeitsmarktdaten von der Arbeitsagentur. Beide Meldungen widerlegen einmal mehr die auch diesmal wieder vorausgegangenen Jubelschreie über eine boomende Wirtschaft und angeblich brummenden Konsum.

Das statistische Bundesamt führt dabei mal wieder komplett in die Irre. Einzelhandelsumsatz im August 2010 real um 2,2% gestiegen heißt es in der Meldung von heute. Gemeint ist der Vergleich zum Vorjahresmonat August 2009. Dieser Monat war bekanntlich ein Krisenmonat, der schlimmste wenn ich mich nicht irre, in dem viele Menschen entweder keinen Job hatten oder in der Kurzarbeit zu entsprechend weniger Bezügen verharrten. Ein Vergleich ist daher nur zulässig, wenn man das Vorkrisenjahr 2008 miteinbezöge. Das tun die Statistiker natürlich nicht, weil man sonst sofort erkennen würde, dass es sich aktuell nicht um einen neuerlichen Kaufrausch handeln kann, sondern lediglich um eine Anpassung der Umsätze im Vergleich zum Einbruch im Krisenjahr 2009.

Ich habe die Meldung von damals natürlich wieder für sie herausgesucht und am 1. Oktober 2009 hieß es entsprechend verkartert:

Einzelhandelsumsatz im August 2009 real um 2,6% gesunken

Hier wird also keine Krise weggekauft, wie man Anfang der Woche in nahezu allen Medien unter der Schlagzeile „Kaufrausch“ nachlesen konnte, sondern lediglich ein katatrophal tiefes Niveau beim privaten Konsum beibehalten und noch nicht einmal egalisiert. In der heutigen Nachricht ist auch wieder zu lesen, dass die Umsätze im Einzelhandel mit Lebensmitteln, Getränken und Tabakwaren abermals rückläufig waren. Das liegt zum einen an der nach wie vor bestehenden Kaufzurückhaltung, aber auch an dem ruinösen Preiswettbewerb der Handelsketten, die inzwischen nicht mehr darum kämpfen, mehr Marktanteile bei höheren Gewinnen zu erzielen, sondern bei weniger Verlusten im Vergleich zu den Konkurrenten. Wirtschaftlich gesund ist das nicht.

Für Wirtschaftsminister Brüderle ist das natürlich kein Argument. Eine Pulle Wein in den Rachen geschüttet – er kann es sich ja leisten, da er schließlich Diäten und nicht Hartz-IV aus Steuermitteln kassiert – und schon sieht die Welt im Taumel des Rausches wieder positiv aus. Die Wirtschaft boome nach Auffassung des Ministers. Eine Herbstbelebung sei angesagt, da die Arbeitsmarktdaten blendend aussehen würden. Nüchtern betrachtet muss man klar festhalten, dass die Beschäftigungsentwicklung seit Monaten stagniert. Die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ist sogar zurückgegangen. Zum scheinbar positiven Ergebnis beigetragen, haben neue Jobs in der Leiharbeit und vor allem der Rückgang an Arbeitskräften durch demografische Effekte. Joachim Jahnke bringt es in seinem Infoportal auf den einfachen wie wahren Satz:

Ohne die demographische Entwicklung und ohne die minderwertige Leiharbeit wäre die Arbeitslosigkeit also gestiegen.

Zur Leiharbeit fällt mir noch etwas ein, was ich heute morgen im Deutschlandfunk gehört habe. In der morgendlichen Presseschau um kurz nach halb sechs wurden Kommentare zum Tarifabschluss in der Metallbranche verlesen. Nahezu alle ausgewählten Zeitungen geißelten die zwischen den Tarifparteien vereinbarte Gleichbehandlung von Leiharbeitern und Festangestellten. Springers Märchen-Welt mal wieder vorne weg mit diesem unsäglichen Schwachsinn:

Besorgt stimmt eher, wie unbekümmert dabei zugleich einem der wesentlichen Motoren für den Jobaufschwung, der Zeitarbeit, neue Fesseln angelegt werden. So richtig es ist, Dumpinglöhne zu unterbinden – die Leiharbeit jeglichen Kostenvorteils zu berauben bedeutet, langfristig auf wirtschaftliche Dynamik und damit auch auf neue Beschäftigungschancen für Arbeitslose zu verzichten. Hier werden nicht die Früchte des Geleisteten geerntet – es handelt sich schlicht um einen Fall von Übermut.

Sie können davon ausgehen, dass die Bundesregierung und weite Teile von SPD und Grünen ganz genauso borniert denken und in der Leiharbeit noch immer einen Motor für den kostengünstigen „Jobaufschwung“ sehen, der die Arbeitslosenzahlen zu schönen vermag, aber gleichzeitig dafür sorgt, dass reguläre Arbeitsplätze unwiederbringlich verdrängt werden. Zu etwas anderem taugt die deutsche Leiharbeit, die Wolfgang Clement reformiert und deformiert hat, nämlich auch nicht. Und wer heute die Debatte um die Rente mit 67 aufmerksam im deutschen Bundestag verfolgt hat, konnte schnell begreifen, worum es der Regierung auf allen Feldern ihres asozialen Tuns geht. Um Planungssicherheit für die Wirtschaft und die Unternehmen. Das ist primäres Ziel. An die Planungssicherheit von Arbeitnehmern, Rentnern und Sozialleistungsbeziehern, die der Definition nach eigentlich auch Teil des Volkes sind, wurde hingegen kaum ein Gedanke verschwendet.

Rückblickend auf 20 Jahre Deutsche Einheit lässt sich daher feststellen, dass das mit der Planwirtschaft im Osten anscheinend besser funktioniert hat. Da hätte man sich durchaus etwas abgucken können.

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Haushaltsdebatte als Farce – der Lobbyismus als Staatsprinzip

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Im letzten Jahr saß Frau Merkel bei Anne Will und beschrieb sich und ihre Amtsführung mit folgendem Satz:

„Ich bin mal liberal, mal christlich-sozial, mal konservativ.“

Man könnte das für ein schönes Beispiel Merkelscher Beliebigkeit halten, und ich habe das anfangs auch gedacht, in Wirklichkeit aber folgt ihre Politik nur einem ganz konkreten Muster. Und zwar den Lobbyismus zum Staatsprinzip zu erklären. Quasi unter Ausschaltung des deutschen Bundestages dürfen Banken und Finanzwirtschaft darüber bestimmen, was sie zu zahlen haben und was sie vom Staat bekommen. Ferner dürfen Pharmaunternehmen und private Krankenkassen bestimmen, was sie zu bezahlen haben und was sie vom Staat bekommen. Und nun ist auch klar, dass die Atomwirtschaft bestimmt, was sie zu bezahlen hat und was sie vom Staat bekommt.

Geheimabkommen machen es möglich. Das ist nicht neu. Wahrscheinlich erinnert sich noch jemand an den tollen Deal der SPD-Gesundheitministerin for ever Ulla Schmidt mit den Apothekern. Dafür, dass nämlich die Menschen dank Praxisgebühr und Medikamentenzuzahlung weniger Pillen konsumierten und damit für Einsparungen bei den Arzneimittelkosten sorgten, mussten die Apotheker natürlich aus den nunmehr entstandenen Einsparungen/Gewinnen entschädigt werden, weil die ja auf dem ganzen Pillendreck sitzen geblieben waren. Dieser Vertrag mit der rot-grünen Bundesregierung trug auch die Unterschriften von Union und FDP und regelte die Existenzsicherung der Apotheken auf deren Umsatzbasis aus dem Jahre 2002. Toll oder? Da hätte man die Pillen auch gleich weiterfressen können, meinte Georg Schramm in seinem damaligen Kabarettprogramm Thomas Bernhard hätte geschossen und fügt sehr scharf hinzu, dass das selbe Argument für Hartz IV-Empfänger freilich und bewusst nicht gegolten habe, weil die Existenzsicherung des Einzelnen in Zeiten der Globalisierung angeblich nicht mehr möglich sei.

Das wiederum gilt auch heute in Zeiten der scheinbaren Merkelschen Beliebigkeit. Wenn es um Kürzungen im Sozialetat geht, wird die Debatte sehr offen im Parlament und in der Bild-Zeitung geführt. Da gibt es keine geheimen Deals und Absprachen. Der Pöbel soll sich schließlich aufregen und seine Wut gegen jene richten, die noch weniger haben, als man selbst. Klassenkampf im Armenhaus lautet da das Motto. Mit dummen Argumenten und absurden Zusammenhängen wird demenstprechend die aktuelle Haushaltsdebatte geführt. Allein schon der Auftritt – es müsste viel eher das Aufrollen heißen – von Dr. Wolfgang Schubladen-Schäuble ist albern durch und durch. Gerade mal einen oder zwei Tage nach der erneuten 40-Mrd. Garantie an die HRE schwafelt der Finanzminister von der dringenden Notwendigkeit der Haushaltskonsolidierung.

Es gäbe halt keine Alternative, um die HRE langfristig zu sanieren. Das ist schon klar, wenn man sich vor Augen hält, dass die HRE bis dato jedesmal mit der Pleite drohte, um weitere Garantien vom Staat zu erpressen. Wer garantiert denn, dass die Banker in Staatsdiensten nicht noch einmal 40 Mrd. oder vielleicht ein bissel mehr fordern? Wonach richten sich überhaupt die Zusagen für weitere Staatsgarantien, die immer sehr zügig am Parlament vorbei gewährt werden? Dazu schweigt Schäuble bzw. heuchelt Verständnis für die vielleicht etwas verstörte Bevölkerung. Aber der Mann für Finanzen hat ja den Sozialbereich, der sich prima zum Vorführen öffentlicher Kürzungsorgien eignet. Da ist jeder mit dabei, kann mitreden und glaubt wahrscheinlich auch, gar nicht zu jenen zu gehören, die am Ende beim Tritt in die Wichteile betroffen sein werden.

Besonders widerwärtig war dann auch Schäubles Behauptung, mit dem Sparpaket der Bundesregierung würde sich die Politik vertärkt darauf konzentrieren, dass die Menschen wieder Arbeit aufnähmen. Konkret steht in dem Kürzungsprogramm aber drin, dass gerade die Eingliederungshilfen der Arbeitsagentur, die, wie der Name es schon sagt, für die Eingliederung Arbeitsloser/-suchender in den Arbeitsmarkt als Versicherungsleistung bisher vorgesehen waren, einfach ersatzlos gestrichen werden sollen. Was ist das nun?

Liberal? Christlich-Sozial? oder konservativ?

Oder einfach nur dummes Geschwätz? Es muss wohl an den Genen liegen, dass so viel Unsinn vor einer breiten Öffentlichkeit vorgetragen wird. Herr Sarrazin hat sich übrigens ebenfalls mit einem Deal von seinem Bundesbanker-Posten verabschiedet. Die aktive Rolle der Bundesregierung, wird dabei natürlich wieder dreist geleugnet. Rund 1000 Euro mehr Rente und der Rückzug war perfekt. Da fragt man sich, wie viele Dosen Ravioli und warme Pullover sich ein Herr Sarrazin eigentlich zulegen möchte, um über die Runden zu kommen. Das wird den Stammtisch aber wieder nicht interessieren. Was sind schon 1000 Euro mehr für einen Banker. Peanuts! Aber ein auf Steuerzahlerkosten finanzierter Rollkragenpullover für einen Hartz IV-Empfänger, das geht nicht. Auf diesem Niveau in etwa bewegen sich die Denk- und Hasshorizonte der von Sarrazin und auch Schäuble verseuchten Massenhirne.

Und nur der Gysi warnt…

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Zur wirtschaftlichen Lage (Einzelhandel und Arbeitsmarkt)

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Vor einer Woche jubelten die Medien wieder über das gestiegene Verbraucherklima und den ifo-Geschäftsklimaindex. Die Erholung der Wirtschaft schreite mit großem Tempo voran, hieß es. Die Wirklichkeit sieht indes anders aus. Das statistische Bundesamt hat kürzlich seine Methode zur Messung der Einzelhandelsumsätze geändert und prompt eine nachträgliche Verbesserung der Lage gemeldet. Dennoch kann auch die neue Messmethode nicht darüber hinwegtäuschen, dass der private Konsum weiter im Keller bleibt. Für den Monat Juli melden die Statistiker heute einen Anstieg der Umsätze im Einzelhandel im Vergleich zum Vorjahreskrisenmonat Juli um schlappe 0,8 Prozent (Quelle: destatis). Im Vergleich zum Vormonat Juni allerdings gingen die Umsätze schon wieder zurück. Und das zu einem Zeitpunkt, von dem die Wahrsager der GfK meinten, dass die Kauflaune der Deutschen in realen Konsum umgesetzt werden würde.

Pustekuchen. Wie immer eigentlich. Besonders auffällig ist mal wieder der Rückgang beim Handel mit Lebensmitteln. Das kann auch den statistischen Laien nicht verwundern. Denn wer mit wachen Augen durch die Discounter dieser Republik seinen Einkaufswagen schiebt, wird sicherlich bemerkt haben, dass eine Angebotswoche mit neuen Tiefstpreisen der nächsten folgt. Inzwischen werden Lebensmittel regelrecht verramscht. Ob XXL-Wochen oder Kampfpreise im Cent-Bereich. Der Kunde braucht schon gar nicht mehr auf Aktionsware zu warten, weil die entsprechenden Produkte bereits dauerrabattiert sind, immer im Wechsel zwischen den großen Handelsketten. Ich frage mich an dieser Stelle, ob dieser Prozess überhaupt noch umkehrbar ist.

Am Arbeitsmarkt sieht es ähnlich trübe aus. Unreflektiert feiert man eine angeblich positive Entwicklung. Der Einzelhandelsverband entblödet sich auch nicht zu behaupten, dass gerade wegen der guten Aussichten auf dem Arbeitsmarkt die Umsätze im Einzelhandel ansteigen würden.

„Die sinkende Arbeitslosigkeit und der kräftige Aufschwung heben die Kauflaune“, sagte der Sprecher des Handelsverbandes HDE, Kai Falk. „Die hochsommerlichen Temperaturen führten außerdem dazu, dass den Händlern Bade- und Sommerbekleidung geradezu aus den Händen gerissen wurde.“

Quelle: ZDF

Dabei hat sich auf dem Arbeitsmarkt im August gar nichts verändert (-0,1 Prozent im Vergleich zum Juli 2010, Quote unverändert bei 7,6 Prozent). Über das Jahr betrachtet entpuppt sich die angebliche Erholung als ein reiner statistischer Effekt. Im Vergleich zum letzten Jahr sind nämlich hunderttausend Personen aus der Statistik verschwunden, weil diese in Rente gegangen sind und weitere Zehntausende, die einfach nicht mehr mitgezählt werden, wie Arbeitssuchende z.B., die durch private Vermittler betreut werden (siehe Spiegel Online). Der Anteil der Langzeitarbeitslosen hat im Vergleich zum Vorjahr sogar um zwei Prozent auf rund eine Million zugenommen.

„Mehr als zwei Drittel (69,0 %) des Abbaus von Arbeitslosigkeit im Jahresvergleich geht allein auf das Konto der Zunahme an unsicherer und schlechter bezahlter Leiharbeit.

Nur noch knapp 55 % der Arbeitslosengeldempfänger werden ehrlich als arbeitslos ausgewiesen.“

Quelle: Jahnkes Infoportal

Angesichts dieser Fakten muss jede Aufschwungseuphorie als pures Fantasiegehabe betrachtet werden. Die Menschen werden nicht mehr Geld ausgeben, um die Wirtschaft zu stabilisieren. Dagegen spricht gerade die Entwicklung des Arbeitsmarkts. Prekäre Beschäftigungsverhältnisse führen eben nicht zu einem Mehr an Sicherheit oder höheren Konjunktur- und Einkommenserwartungen, wie die Wahrsager von GfK, ifo und andere immer wieder behaupten, sondern gerade zum Gegenteil. Die Menschen müssen sich immer öfter mit der Situation arrangieren, dass nichts mehr sicher ist. Viele hochintelligente Turboleister geben das auch ganz unverhohlen zu, wenn sie von der Notwendigkeit der Flexiblilisierung des Arbeitsmarktes faseln, dabei aber nur die Flexibilität der Arbeitnehmer meinen.

Über alledem schwebt natürlich auch die beabsichtigte Kürzungs- und Sparpolitik der Bundesregierung, die bereits jetzt Kommunen und Städte trifft. Die Menschen bekommen dort ganz konkret zu spüren, was es heißt, wenn die öffentliche Hand Subventionen und Aufgaben aus Sparzwängen heraus einstellen muss. Die offenen Beträge zahlt der Bürger. Diese simple Rechnung ist jedem klar vor Augen und gar nicht so schwer zu kapieren, nur die Medienverteter tun sich dabei schwer, weil sie sich so gern an den Schnittchenbuffets von Politik und Wirtschaft satt fressen und lieber das Hirn ausschalten, als ordentliche Arbeit zu verrichten…

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Belangloser Streit um die Kriegsausrüstung der Bundeswehr

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Der Wehrbeauftrage des Bundestags Königshaus (FDP) kritisiert auch weiterhin öffentlich die miserable Ausstattung der Bundeswehr in Afghanistan und stellt sich damit gegen seinen Koalitionskollegen und Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg, der die Vorwürfe als „maßlos“ zurückwies.

Königshaus meinte daraufhin:

Quelle: Spiegel Online

Auch ein Minister müsse in der Lage sein, Kritik auszuhalten. „Ich habe mich nirgendwo maßlos geäußert, zu keinem Zeitpunkt“, sagte Königshaus. Auch die Verwendung des Begriffs „Drama“ für einige Versorgungs- und Ausstattungsbereiche verteidigte er.

„Es ist eben auch ein Drama, dass wir hier nach acht Jahren immer noch in einer solchen Situation sind. „Königshaus bekräftigte, dass es zu wenig Übungsmunition gebe. Das führe dazu, dass sich die Soldaten nicht ausreichend auf Gefechte vorbereiten könnten. Auch von seiner Kritik an der Sicherung der Sanitätsfahrzeuge nahm Königshaus nichts zurück. Es würden weiterhin Fahrzeuge vom Typ „Yak“ eingesetzt, die „für diejenigen, die damit fahren, ein Risiko“ darstellten. Die weitaus besser geschützten „Dingo II“ könnten wegen unangemessener Zulassungsnormen dagegen nicht eingesetzt werden.

Die haben vielleicht Probleme. Nein, es ist kein Drama, dass wir seit fast zehn Jahren Krieg führen, es sei aber ein Drama, dass sich nach so langer Zeit noch nichts an der Ausrüstungssituation der kämpfenden Truppe geändert habe. Ja wie auch? Bisher waren wir doch als Brunnenbauer und Beschützer afghanischer Frauen im Einsatz! Oder etwa nicht? Offiziell Krieg führen wir doch erst, seitdem der Sprachwahrer des Jahres 2009 Karl-Theodor zu Guttenberg „klare Worte“, seine Worte, fand:

„Ich will ganz offen sein. In Teilen Afghanistans gibt es fraglos kriegsähnliche Zustände. Zwar ist das Völkerrecht eindeutig und sagt: Nein, ein Krieg kann nur zwischen Staaten stattfinden. Aber glauben Sie, auch nur ein Soldat hat Verständnis für notwendige juristische, akademische oder semantische Feinsinnigkeiten? Und: Manche herkömmliche Wortwahl passt für die Bedrohung von heute nicht mehr wirklich. Ich selbst verstehe jeden Soldaten, der sagt: In Afghanistan ist Krieg, egal, ob ich nun von ausländischen Streitkräften oder von Taliban-Terroristen angegriffen, verwundet oder getötet werde“. Der Einsatz in Afghanistan ist seit Jahren auch ein Kampfeinsatz, Wenigstens in der Empfindung nicht nur unserer Soldaten führen die Taliban einen Krieg gegen die Soldaten der internationalen Gemeinschaft.“

Quelle: Bundesregierung am 3. November 2009

Und schließlich hat der Verteidigungsminister längst reagiert und ein paar Haubitzen nach Afghanistan entsandt. Nun könne man auch selber „Wiederaufbauaufträge“ herbeischießen (siehe Egon W. Kreutzer) und müsse sich nicht allein auf die Taliban verlassen. Und überhaupt, was hat denn eigentlich der Wehrbeauftragte Königshaus von der notorischen Steuersenkungspartei FDP schon zu melden?

Karikatur Klaus Stuttmann
Quelle: Klaus Stuttmann

Künftig soll es, wenn man den Vorschlägen aus dem Hause zu Guttenbergs folgt, wieder einen Generalstabschef geben (siehe Spiegel Online). Die letzten beiden deutschen Exemplare dieser Art Alfred Jodl und Wilhelm Keitel baumelten übrigens als Kriegsverbrecher am Ende eines Strickes. Bevor dieser Vorschlag nun also ungeprüft in die Tat umgesetzt wird, sollte der geölte Aritokratenblitz zu Guttenberg vielleicht noch einmal, wie in seiner Zeit als Wirtschaftsminister, auf externen Sachverstand zurückgreifen. Seine Freunde von der Kanzlei Linklaters machen sich gegen entsprechendes Honorar sicherlich auch zu diesem Thema ihre Gedanken, die dann zu einem Gesetzestext verarbeitet werden können. Damals hieß es schließlich zur Begründung:

„Die Einbeziehung sowohl der Kanzlei als auch der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft bei der Errichtung einer GmbH und des Entwurfs eines entsprechenden Gesellschaftsvertrages ist aufgrund der komplexen Sach- und Rechtslage nicht nur geboten, es wäre aus Sicht des Ministeriums fahrlässig, dies nicht zu tun.“

Quelle: Spiegel Online

Es ist also alles ganz einfach, Gutti und strafbar offensichtlich auch nicht.

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