Eine Abdeckplane für Fukushima I

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Die Meldungen aus Japan werden immer skurriler. Nachdem bekannt wurde, dass giftiges Plutonium in die Umwelt gelangt ist und die radioaktive Belastung im Meerwasser und der Umgebung erheblich zugenommen hat, wird durch den Betreiber Tepco und die japanische Regierung weiter Desinformation betrieben. Am Nachmittag war im Radio sogar zu hören, dass sich die Lage nach Angaben von Tepco leicht verbessert habe, die Reaktoren 1-4 aber weiterhin außer Kontrolle seien.

Nun erwägt der Kraftwerksbetreiber offenbar, die zerstörten Blöcke mit speziellen Abdeckplanen zu überspannen, um den Austritt weiterer Radioaktivität zu unterbinden. Wahrscheinlich ist damit nur ein Mantel des Schweigens gemeint oder aber eine hübsche Verhüllung, damit die kaputten Gebäude unsichtbar werden. Man wird sie wohl auf unabsehbare Zeit weder reparieren noch abreißen können. Dennoch will Tepco nicht auf die noch intakten Reaktoren fünf und sechs verzichten und verhandelt ungeachtet eines erneuten Zwischenfalls im Atomkraftwerk Fukushima II mit der japanischen Regierung um den Weiterbetrieb der noch „operationsfähigen Reaktoren“.

Im Prinzip sei ja die ausgetretene Strahlung nur dann gefährlich, wenn unter Zwang arbeitende Mitarbeiter ohne Stiefel im kontaminierten Wasser herum waten oder die heimlich nach oben geänderten Grenzwerte überschritten werden. Ansonsten setzt das Management vor Ort auf Beruhigungspillen und Daten, die mal richtig und mal falsch abgelesen werden bzw. gar nicht zur Verfügung stehen. Allerdings rät die internationale Atomenergiebehörde (IAEA) zu weiteren Evakuierungen infolge erhöhter Strahlungswerte.

Im Tagesspiegel mahnt Alexander Kekulé, Direktor des Instituts für Medizinische Mikrobiologie des Universitätsklinikums Halle (Saale) und Mitglied der Schutzkommission beim Bundesministerium des Innern, einmal mehr dazu, zur Sachlichkeit zurückzufinden.

Gesunder Menschenverstand hilft, die Gefahr richtig einzuschätzen.

Mein Ratschlag ist: Genau nachlesen, wer seine Argumente sauber begründet. Dazu braucht man zum Glück kein Diplom in Kernphysik, sondern nur einen gesunden Menschenverstand – dem kann man auch bei wissenschaftlichen Fragen durchaus vertrauen. In diesem Sinne versuche ich weiter, einen sachlichen Blick auf die Ereignisse in Fukushima zu bewahren.

So so, gesunder Menschenverstand. Und zu was führt diese Besinnlichkeit bei Kekulé? Zum Optimismus, weil das gefundene Plutonium nicht aus einer Kernschmelze stammen kann, da es bereits unmittelbar nach den Explosionen vor gut zehn Tagen gemessen wurde. Nach Auffassung Kekulés könne man anhand der Daten nicht auf eine Kernschmelze schließen bzw. auch nicht darauf, dass es noch zu einer finalen Katastrophe kommen könnte, wie einige immer wieder behaupten würden, die sich der allgemeinen Hysterie hingeben.

Dabei geht es überhaupt nicht um eine finale Katastrophe – als ob die nicht schon eingetreten wäre – oder um eine weitere Einstufung auf der sog. INES-Skala oder um die Frage Super-GAU oder nicht, sondern schlicht um die Tatsache, dass mehrere Reaktoren eines Kernkraftwerks außer Kontrolle geraten sind, es Explosionen, Brände und einen Austritt von Radioaktivität gegeben hat. Welchem Optimismus soll man da eigentlich folgen? Dass die Umwelt vielleicht nicht ganz so stark verseucht wird, wie befürchtet?

Welchem Zweck soll die neue Sachlichkeit eigentlich dienen?

Die Gefahr durch Plutonium ist, das muss allen anders lautenden berichten zum Trotz wiederholt werden, derzeit nicht das größte Problem. Die hier relevanten Plutoniumisotope Pu-238, Pu-239 und Pu-240 sind Alphastrahler, das heißt ihre radioaktive Strahlung führt nur bei Aufnahme in den Körper (Inhalation oder mit Lebensmitteln) zu schweren Schäden. 

Na dann ist ja alles okay. Kein Grund zur Aufregung. Falls sie Plutonium rechtzeitig schmecken, riechen oder mit ihrem persönlichen Messgerät zu Hause erkennen, schlucken sie es nicht runter und schmeißen sie es auch nicht in den Hausmüll, sondern verständigen bitte sofort ihren zuständigen Mikrobiologen.     

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Nach der Wahl folgt der Tag der Gremien

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Es ist immer dasselbe. Nach einem Urnengang heißt es am Wahlabend immer, es sei zu früh, das Ergebnis zu analysieren. Da müsse man in Ruhe drauf schauen und seine Schlüsse ziehen. Das passiert freilich nie. Da Wahlen in der Regel am Sonntag stattfinden, treffen sich am Montag die sogenannten Gremien in den Parteizentralen, um über das weitere Vorgehen zu beraten. Heute war wieder so ein Montag und unterm Strich muss man sagen, dass durchaus Konsequenzen an den Stellen gezogen wurden, wo es keinem wehtut.

So ist zum Beispiel Rainer Brüderle als Landesvorsitzender der FDP in Rheinland-Pfalz zurückgetreten, pardon, hat angekündigt, nicht mehr für den Vorsitz kandidieren zu wollen. Auch Stefan Mappus gab an, nicht mehr als Landesvorsitzender seiner Partei antreten zu wollen. Dafür steht jetzt Mappus-Klon Tanja Gönner in den Startlöchern.

Ansonsten war nix. Die FDP hat personelle und inhaltliche Veränderungen durch ihr Generalsekret Lindner ankündigen lassen, aber aus Mangel an beidem, also Personal und Inhalt, hat sich Parteichef Westerwelle vorerst für eine Vertagung der basisdemokratischen Debatte entschieden. Dennoch habe er die Botschaft der Wähler verstanden. Nur warum löst er seinen Laden dann nicht auf? Die FDP wird nicht mehr gebraucht.

In der CDU hat sich derweil die Chefin zu Wort gemeldet und mit einem klaren „Weiter So“ geantwortet. Die Wahlen änderten nichts an den Beschlüssen der Union zum Moratorium. Das werde jetzt durchgezogen und drei Monate intensiv darüber nachgedacht, wie schnell man aus der Atomenergie aussteigen könne. Basta!

„Wir werden die Zeit des Moratoriums nutzen, um eine Energiewende mit Augenmaß hinzubekommen.“

Ich frage mich an dieser Stelle immer wieder, warum man noch darüber reden muss. Es hat doch einen Vertrag zwischen dem Gesetzgeber und den Energieversorgern gegeben, den Schwarz-gelb ohne Not aufkündigen ließ, der aber den Ausstieg aus der Atomenergie ganz klar geregelt hat. Im Prinzip hätte der Umstieg auf erneuerbare Energien längst gelaufen sein können, samt Investitionen in die nötige Infrastruktur, deren Fehlen gegenwärtig beklagt wird, wenn die Versorger den Ausstieg nur ernstgenommen hätten.

Das haben sie aber von Anfang an nicht, weil sie immer darauf hofften, eine schwarz-gelbe Regierung würde den Atomkompromiss schon wieder rückgängig machen. Was ja auch genau so geschehen ist. Schließlich wurden die tatsächlichen Restlaufzeiten einzelner Kernkraftwerke ganz bewusst an eine Gesamtreststrommenge geknüpft, die beliebig zwischen den AKWs hin und her verteilt werden durfte. So konnten Kernkraftwerke länger am Netz bleiben, weil andere wegen Pannen still standen und somit Reststrommengen einsparten, die dann einfach übertragen oder solange zurückgehalten wurden, bis endlich die ersehnte Regierung im Amt war.

„Ein Atomausstieg in Deutschland, um anschließend Atomenergie aus anderen Ländern zu importieren, den halte ich nicht für ehrlich.“ 

Quelle: Tagesschau

Zu dieser abstrusen Begründung der Bundeskanzlerin vielleicht der konservative Herausgeber der FAZ Frank Schirrmacher, der sich heute über die Rhetorik der Atomfreunde seine Gedanken gemacht hat:

5. Auch wenn wir aussteigen, sind wir von Atomkraftwerken umgeben

Das ist vielleicht das erbärmlichste aller Argumente, denn es bezeichnet die Selbstaufgabe von Politik. Man kann die Argumentation versuchsweise auf die Atomwaffenproliferation oder den Atomwaffensperrvertrag übertragen. Selbst wenn wir keine Atomwaffen haben, werden die anderen welche haben. Das war in der Vergangenheit kein Grund, sich selbst welche zuzulegen, sondern andere davon abzuhalten, sie zu bauen.

Quelle: FAZ

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Karikatur: Klaus Stuttmann

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Zu den Grünen

Geschrieben von:

Jens Berger hat sich mit den Grünen beschäftigt und, wie ich finde, einmal mehr einen sehr lesenswerten Beitrag geschrieben. Darin zeigt er den Transformationsprozess einer Partei auf, die sich aus einer konkreten gesellschaftlichen Bewegung heraus gebildet und sich mit den Lebensbiografien ihrer Unterstützer verknüpft, über die Zeit von etwa 30 Jahren zu einer zweiten Klientelpartei neben der FDP gewandelt hat. So gesehen, hätte Jens Berger ruhig von der Öko-FDP sprechen können.    

Die „linken“ Studenten der 80er sind heute ökonomisch gut situierte Angestellte, Selbstständige und Beamte und haben ganz andere Sorgen als die Probleme von damals. Ging man früher gegen den NATO-Doppelbeschluss und für eine klassenlose Gesellschaft auf die Straße, kämpft man heute für verkehrsberuhigte Zonen in gehobenen Stadtvierteln und die steuerliche Förderung von Solarzellen auf den schicken Einfamilienhäusern. Dieser Gesinnungswandel drückt sich auch in den politischen Positionen und den Themengewichtungen der Wählerschaft aus. Atomausstieg und Solarförderung liegen den Grünen-Wählern näher als Mindestlohn und Verteilungsgerechtigkeit.

Folgt man der Annahme, dass Parteien zuallererst immer die Interessen der eigenen Wählerschaft vertreten, verwundert es auch nicht, dass grüne Politik eben keine „linke“ Politik ist, deren oberstes Ziel immer Gerechtigkeit und Chancengleichheit sein muss. Die Zahnarztfrau hat nun einmal kein gesteigertes Interesse daran, dass ihre Kinder auf einer Gesamtschule gemeinsam mit Kindern aus „bildungsfernen Schichten“ lernen. Die Grünen kokettieren vielmehr mit einem „linken“ Image, das bei näherer Betrachtung jedoch nicht haltbar ist.

Mit der Koalitionsführerschaft in Baden-Württemberg steigt die Gefahr, dass die Grünen den Spagat zwischen linker Wohlfühlrhetorik und knallharter neokonservativer Realpolitik nicht mehr meistern können. Was heißt es für die Grünen, wenn Stuttgart 21 unter einem grünen Ministerpräsidenten weitergebaut wird? Wird Kretschmann Stuttgart-21-Gegner zusammenprügeln lassen, wenn die Proteste sich wieder verschärfen sollten?

Quelle: NachDenkSeiten

Man könnte auch Volker Pispers aus dem Jahr 2000 zitieren:

Der Marsch durch die Institutionen sei doch immer nur als schöne Polonäse gedacht gewesen. Der Weg sei das Ziel. Da müsse man immer im Kreis laufen, sonst werde das nix. Im Grunde sei ein Grüner ein Liberaler, der für Dosenpfand ist. Im Kern gehe es bei den Grünen um die Transformation von einer Sekte zur Kirche. Früher waren es Sektierer (Fundis), die jeden Quatsch geglaubt hätten, heute seien es gelassene Kirchgänger (Realos), die nur einmal in der Woche sagen müssten, dass sie an den Quatsch glauben. 

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Alberne Kritik an Urban Priol

Geschrieben von:

Der Prozessberichterstatter der Süddeutschen Zeitung Hans Holzhaider beklagt sich in einem Kommentar über Priols Auftritt auf der Anti-Atomkraft-Kundgebung in München am Wochenende.

„Am Samstag auf dem Münchner Odeonsplatz mokierte sich Urban Priol vor etwa 30.000 Zuhörern über Wolfgang Bosbach, den Vorsitzenden des Innenausschusses im Bundestags, der vor einem „Rückfall in die Terrorspirale der siebziger Jahre“ gewarnt habe.

Er höre schon das Stammtischgegrummel, sagte Priol: „Die hätten heute wieder gut zu tun in Deutschland.“ Aber wen „von diesen Nasen“ solle man denn heute entführen? Einer wie der Brüderle „der textet die doch so zu, dass die den Kofferraum aufsperren und sagen: Bitte geh!“

Zur Ehrenrettung des Publikums muss man sagen, dass niemand lachte, und dass etliche Pfiffe zu hören waren. Die angemessene Reaktion wäre gewesen, Priol in derselben Sekunde das Mikrofon aus der Hand zu nehmen.“

Quelle: Süddeutsche

Etliche Pfiffe waren zu hören, was aber auch an den Trillerpfeifen gelegen haben könnte, die auf solchen Protestveranstaltungen obligatorisch sind. Deren Einsatz muss also nicht zwangsläufig etwas mit einer Ablehnung, Priols Äußerung betreffend, zu tun haben. Aber das schreibt Herr Holzhaider auch nicht, er erweckt nur den Eindruck. Herr Holzhaider, der sich bei der SZ zuletzt mit dem Kachelmannprozess und Alice Schwarzer beschäftigte, scheint ein wenig mehr als alle anderen vernommen zu haben. Schließlich hat aber niemand Urban Priol das Mikrofon aus der Hand gerissen und sich darüber empört, dass hier der Terror der RAF verherrlicht werde.

Im Gegenteil. Im Publikum konnte man zum Beispiel ein Plakat mit der tollen Aufschrift, „Die Lüge hat ein kleines Brüderle bekommen!“ erkennen. Aber um den RAF-Vergleich und Brüderle geht’s dem Autor auch nicht, sondern wahrscheinlich um Wolfgang Bosbach, der als innenpolitischer Kümmerer gerngesehener Talkshowgast zu allen Themen ist. Dabei wäre es angebracht, ihm, dem CDU-Gegenentwurf zum SPD-Wiefelspütz, das Mikrofon zu entreißen, um künftig von dem albernen Angstmachegeschwafel verschont zu bleiben.  

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Zu den Wahlergebnissen

Geschrieben von:

Die Wahlergebnisse der Parteien vom heutigen Sonntag sind allesamt Atomunfallfolgeerscheinungen. Das behaupten Union und FDP, wie auch SPD, Grüne und Linke. Die einen, die Wahlverlierer CDU und FDP, tun so, als hätte deren Abstrafung durch die Wähler überhaupt nichts mit ihrer Politik zu tun. Herr Gröhe von der CDU, den Frau Bundeskanzlerin vorgeschickt hatte, rechnete erst einmal die Erfolge der CDU geführten Regierung in Baden-Württemberg vor, so als ob er zeigen wollte, dass die Wähler gegen eine Erfolgsgeschichte gestimmt haben, nur weil in Japan ein Atomkraftwerk in die Luft geflogen ist.

Die FDP ist eigentlich nicht mehr der Rede wert, Bier hat mehr Prozente als sie. Entscheidend ist aber auch hier, dass die Liberalen glauben, mit Fukushima habe höhere Gewalt ein besseres Ergebnis verhindert und nicht deren grottenschlechtes Führungspersonal, das in jedes Fettnäpfchen tritt, dennoch an seinen Stühlen klebt und vor allem eine Klientelpolitik betreibt, die nirgendwo so offensichtlich wurde wie in den Reihen der FDP.

Die Liste der Wahlverlierer ist aber noch länger. Die SPD tut gerade so, als hätte sie etwas gewonnen. Dabei hat sie nur verloren. In Baden-Württemberg hat sie ihr schlechtestes Ergebnis eingefahren und in Rheinland-Pfalz verliert sie rund 10 Prozentpunkte im Vergleich zur letzten Wahl. Herr Gabriel bezeichnete die Ergebnisse als Entscheidung über die Atomkraft in Deutschland. In Baden-Württemberg will sie nun auf Augenhöhe mit den Grünen mitregieren. Der Erfolg der Grünen wäre auch ein Erfolg der SPD, hieß es. Das ist auch eine schwere Form des Realitätsverlustes.

Herr Schmid, der Spitzenkandidat der SPD möchte gern Ministerpräsident werden. Bisher habe ich noch keinen aus den Reihen der Sozialdemokraten gehört, der auch einen Grünen zum MP wählen würde. Da will man noch das Endergebnis abwarten. An dem Rückstand auf die Grünen wird sich aber nichts mehr ändern. Möglicherweise steigt Herr Schmid doch noch mit den Schwarzen ins Bett, wenn der Preis stimmt.

Die Grünen können sich zurecht als Wahlgewinner feiern lassen. Ihre Ergebnisse sind herausragend. Allerdings haben sie schon heute an Glaubwürdigkeit verloren. Stuttgart 21 wird auch mit den Grünen gebaut, wie der Spitzenmann Kretschmann im Freudentaumel bereits einräumte. Die Atomkraftwerke, die Herr Mappus vor der Wahl noch schnell mit einem dubiosen wie kostspieligen EnBW-Deal gekauft hatte, erben nun Grüne und SPD. Abschalten heißt nun auch Milliardenverluste für die Landeskasse in Kauf zu nehmen. Am Ende freuen sich dann die Schwarz-gelben wieder, die zusammen mit der gekauften Öffentlichkeit über angeblich finanzpolitische Unzulänglichkeiten von SPD und Grünen herziehen können.

Die Partei die LINKE hat ebenfalls verloren. Die SPD schreibt das als Erfolg auf ihre Fahnen. Diese Partei werde nicht gebraucht, heißt es. Wenn man sich nun aber anschaut, was kommen wird, bleibt festzuhalten, dass es nach wie vor einer dringenden Alternative bedarf. Vor allem wenn man nach Hessen schaut, wo heute auch, quasi unter Ausschluss der Öffentlichkeit, gewählt wurde. Dort wurde in den Kommunen gewählt und über die Frage abgestimmt, ob das Land eine in der Verfassung verankerte Schuldenbremse bekommt.

Und was soll man sagen. Die Bürgerinnen und Bürger in Hessen werden nach ersten Ergebnissen für den Blödsinn mit der Schuldenbremse votieren. Da ist noch viel Aufklärungsarbeit nötig. Insgesamt lag die Wahlbeteiligung bei nur 39,5 Prozent. Das ist furchtbar wenn man bedenkt, welche Folgen für alle Bürgerinnen und Bürger aus der Abstimmung über die Schuldenbremse drohen.

Urban Priol sagte übrigens gestern in München vor seinem Auftritt auf der Anti-Atomkraft-Protestkundgebung:

„Schwarz-Gelb hat den Überblick verloren, die anderen haben nie einen gehabt.“

Quelle: tz

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Wahlsonntag

Geschrieben von:

In Baden-Württemberg sowie Rheinland-Pfalz zeichnen sich höhere Wahlbeteiligungen ab. Aber wie vor einer Woche in Sachsen-Anhalt muss man dazu sagen, dass die Wahlbeteiligungen bei den vorangegangenen Urnengängen ebenfalls niedrig waren. In Baden-Württemberg 2006 lag die Beteiligung auf einem historischen Tiefpunkt bei 53,4 % und in Rheinland-Pfalz 2006 bei 58,2 %. Leider verwechseln einige Medien in ihrer Wechsel- und Spannungseuphorie schon wieder höhere mit hoher Wahlbeteiligung.

„Hohe Wahlbeteiligung zeichnet sich ab“

Es kann aber nur eine höhere Wahlbeteiligung auch niedrig sein. Man muss nur wissen, dass die Beteiligung an Landtagswahlen in Baden-Württemberg seit 1972 kontinuierlich abgenommen hat.

1972 waren noch 80 Prozent zur Wahl gegangen.

Quelle: Südwestpresse Neckar Chronik 

Möglicherweise erreicht die Wähler gerade noch rechtzeitig die Meldung aus Japan, dass am havarierten Atomkraftwerk in Fukushima eine zehn Millionen Mal höhere Strahlung gemessen wurde als normal.

Aus dem stark beschädigten Reaktor Nummer 2 ist heute offenbar extrem radioaktiv verseuchtes Wasser ausgetreten. Der Grad der Kontamination sei zehn Millionen Mal höher gewesen, als die Radioaktivität des Wassers in einem funktionierenden Reaktor.

Zudem fließt offenbar immer mehr radioaktiv verseuchtes Wasser ins Meer. Bei Proben 300 Meter südlich des Atomkraftwerks hätten die Werte radioaktiven Jods 1850-mal über dem Normalwert gelegen, sagte ein Sprecher der japanischen Atomsicherheitsbehörde.

Man kann nur daran erinnern, dass Herr Mappus bereits wieder darüber nachdenkt, seine vorübergehend abgeschalteten Atomkraftwerke wieder ans Netz gehen zu lassen. Vielleicht hilft einigen unentschlossen Wählern bzw. Wahlverweigerern folgendes Szenario eines Super-GAUs in Baden-Württemberg, wie wichtig es ist, sein Kreuz an der richtigen Stelle zu machen.

Der Bodensee ist Europas größter Trinkwasserspeicher. Rund 4,5 Millionen Menschen hängen von ihm ab. Im Umkreis von 180 Kilometern stehen 13 Reaktoren. Was, wenn ein schwerer Unfall mit massiver radioaktiver Freisetzung sein Wasser verseuchen würde?

Eine Ausbreitungskarte von Greenpeace zeigt, dass die Entfernung keinen Schutz vor radioaktivem Fallout bietet. Ein Super-GAU in Neckarwestheim würde bei ungünstiger Windrichtung zu schwerer Kontamination des Bodensees führen.

Bitte gehen sie zur Wahl!

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Edit: Die Betreiberfirma Tepco hat Meldungen zurückgezogen, wonach Strahlenwerte gemessen wurden, die zehn Millionen Mal höher liegen als normal.

Möglicherweise seien Messwerte falsch abgelesen worden. Neue Untersuchungen wurden angekündigt. Die Angabe, wonach die erhöhten Werte 1000 Millisievert pro Stunde betragen hätten, sei aber korrekt.

Quelle: Tagesschau

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Die Woche: Im Zeichen der Krisen

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An Reaktor 3 sieht es so aus, als könnte da etwas mehr kaputt sein, heißt es heute in den Nachrichten, die uns aus Fukushima erreichen. Wenn es nicht so fürchterlich schlimm wäre, könnte man über eine derart naive Berichterstattung lachen. So aber bleibt es beim Kopfschütteln. Anzunehmen, dass nach Explosionen, Bränden und unkontrolliertem Bewerfen mit Meerwasser, keine Schäden entstanden seien, grenzt schon an große Dummheit. Jetzt wird aber mit Süßwasser gekühlt. Das beruhigt.

Die Woche stand erneut unter dem Eindruck der Atomkatastrophe in Japan. Nicht zuletzt die bevorstehenden Landtagswahlen in Baden-Württemberg und mit Abstrichen Rheinland-Pfalz werden dadurch bestimmt. Am Sonntag wird im Ländle gewählt und man hat den Eindruck, als hätte sich alles dieser Regionalwahl unterzuordnen, sogar die deutsche Außenpolitik. Mit einem klaren sowohl als auch positionierte sich die Bundesregierung zu dem Angriff der westlichen Wertegemeinschaft auf Libyen.

„Ziel dieser Mission teilen wir uneingeschränkt. Unsere Enthaltung ist nicht mit Neutralität zu verwechseln.“

Quelle: Focus Online

Das ist wohl die sprichwörtliche deutsche Bündnistreue und politische Zuverlässigkeit, die international so geschätzt wird und derentwegen Deutschland in den UN-Sicherheitsrat gewählt wurde.

Gestern nun verabschiedete der Bundestag mit den Stimmen der Koalition und der SPD eine Ausweitung des Afghanistanmandats. Künftig darf die Bundeswehr noch mehr AWACS-Aufklärungsflüge übernehmen, damit die Amerikaner ihr Personal für den Libyen-Einsatz abziehen können. D.h. auch, dass nicht nur der zivile Luftverkehr überwacht, wie immer behauptet, sondern auch militärisch aufgeklärt werde, um die Kämpfe gegen Aufständische aktiv zu unterstützen. In der Aussprache begründete der verteidigungspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion Gernot Erler die Haltung seiner Partei wie folgt:

Herr Außenminister Westerwelle, ich habe den Eindruck, dass Sie ein Problem nicht verstehen. Wir alle haben in der Vergangenheit versucht, miteinander eine auf möglichst breitem Konsens gestützte Afghanistan-Politik zu verabreden. Das ist für sich schon ein schwieriges Thema. Das, was wir Ihnen vorwerfen, ist, dass Sie uns im Grunde genommen dazu zwingen, jetzt bei einer so wichtigen Abstimmung wie dieser über den AWACS-Einsatz zu überlegen, ob unsere Zustimmung nicht auch als eine Zustimmung zu Ihrer völlig verfehlten Libyen-Politik missverstanden werden kann.

Quelle: Bundestag

Die SPD sorgt sich also um ihr Image. Es soll der Eindruck vermieden werden, die Sozialdemokraten seien nur ein Wurmfortsatz der schwarz-gelben Koalition. Dabei entspricht genau das der Wirklichkeit. Wenn morgen in Baden-Württemberg gewählt wird und das Ergebnis so ausfällt, wie derzeit prognostiziert, dann kann man doch nicht ernsthaft glauben, dass die SPD einen Grünen zum Ministerpräsidenten wählt. Sie wird als Juniorpartner in einer große Koalition eintreten und einen möglichen Verzicht von Mappus auf den Posten des Regierungschefs als Erfolg verkaufen. Wer eine andere Regierung will, muss auch anders wählen.

Ein weiterer Beleg für die Selbstliquidierung der SPD war der Auftritt von Peer Steinbrück bei der am Donnerstag stattgefundenen Aussprache um die Ausweitung des Euro-Rettungsmechanismus‘. Allein schon die Benennung Steinbrücks als Redner spricht Bände. Der Mann, der einer Fortsetzung der großen Koalition auch gegen die Beschlusslage seiner Partei immer das Wort geredet hatte und auf eine harmonische Zweisamkeit mit Angela Merkel zurückblicken kann, die bekanntlich immer nur an seinen Lippen gehangen haben soll, wird nun von der Opposition in Stellung gebracht, um der Kanzlerin Paroli zu bieten.

Und wieder steht dabei nur der Effekt im Vordergrund und nicht die Sache. Steinbrück ist ein glänzender Unterhalter mehr nicht. Seine ökonomischen Fähigkeiten sind kaum messbar. Als Brandstifter war er zusammen mit seinem immer noch in der Regierung sitzenden Mitarbeiter Jörg Asmussen (jetzt persönlicher Berater von Merkel) erfolgreich und als Feuerwehrmann ein großer Versager. In seiner Rede sagte er dann auch:

Das im Europäischen Rat jetzt anstehende Paket ist richtig.

Ihr Paket für Wettbewerbsfähigkeit, Frau Merkel, ist ebenfalls prinzipiell richtig,.

Quelle: Bundestag

Gregor Gysi verglich die Verschärfung der Sanktionen gegen Staaten mit Defiziten mit der Politik von Versailles. Wenn man nur die Absicht sieht, ist das sicherlich richtig, aber praktisch ist dieser Vergleich natürlich falsch, weil die europäische Union oder besser gesagt die Gläubigerbanken keine militärische Option verfolgen können. Der Ackermann wird eben nicht in Irland, Griechenland oder Portugal mit einem Heer einmarschieren, um sicherzustellen, dass die Zinsen auch bezahlt werden. Realistisch ist eben etwas anderes. Nämlich der sprichwörtliche Zerfall der Eurozone und der gesamten Union. Am Ende bleiben die Gläubiger auf ihren Forderungen sitzen und die Bundesregierung muss erklären, warum der jahrelange Verzicht deutscher Arbeitnehmer zu Gunsten der Exportstärke umsonst gewesen war.

Was soll auch passieren, wenn betroffene Staaten sagen, sie halten sich nicht an die vorgegebenen Maßnahmen zur Konsolidierung ihrer Haushalte? Strafe zahlen? Wovon? Die neue irische Regierung verhandelt bereits die Bedingungen neu, die Portugiesen haben im Parlament die Sparvorschläge einfach abgelehnt und die Griechen boykottieren im Alltag die steigenden Gebühren für Fahrkarten im öffentlichen Nahverkehr, die Verpflegung in Kindergärten und Horten sowie die Krankenhausgebühr.

Den Rücktritt des portugiesischen Premierministers Sócrates sowie die Ablehnung seines Sparpakets nannte Guido Westerwelle eine besorgniserregende Entwicklung. Für ihn sei klar, dass Solidarität keine Einbahnstraße sei und Portugal seine Hausaufgaben erledigen müsse, wahrscheinlich ungeachtet der demokratischen Mehrheitsmeinung. Es gilt der neue Slogan, Solidarität nur gegen Solidität, auch um den Preis der Demokratie. Schließlich gehe es ja um die Stabilität der Gemeinschaftswährung, beteuerte Westerwelle, aber nicht nur er. Immer wieder wird behauptet, die Maßnahmen dienten der Rettung des Euro, dabei geht es schlicht darum, die Forderungen der Gläubiger zu retten, die sonst Abschreibungen in größerem Umfang vornehmen müssten.

Politiker wie Westerwelle und Merkel halten schlechtere Bankbilanzen für schlimmer als schlechtere Lebensbedingungen der EU-Bürger. Sie akzeptieren den unausweichlichen Ruin ganzer Volkswirtschaften, damit die systemrelevanten Ackermänner ihre Renditeversprechen auf Kosten der Allgemeinheit erfüllen können. Denn nicht sie, die ihren Reichtum trotz Krise immer weiter vergrößern konnten, leben über ihre Verhältnisse, sondern jene Völker, die den deutschen Exporterfolg auf Pump finanzieren durften, ohne das ein Ausgleich stattgefunden hätte. Denn während der Konsum der Südeuropäer den Absatz deutscher Waren und Dienstleistungen befeuerte, verordnete die deutsche Politik und Wirtschaft dem eigenen Volk Verzicht und Rücklagenbildung fürs Alter.

So entstanden entgegen der europäischen Stabil
itätsidee enorme Handelsungleichgewichte, die die Bundesregierung und die EU nun dadurch bekämpfen wollen, in dem es die Defizitländer dem deutschen Vorbild gleichtun. Das hieße im Klartext einen Wettbewerb um die Leidensfähigkeit der Völker in Gang zu setzen, um eine Antwort auf die Frage zu finden, wessen Gürtel sich am engsten schnallen lässt?

Aber das kann keine Lösung sein, wie es auch keine ist, die Rettung von Banken zur Daueraufgabe zu erklären. Gerade die Katastrophe von Japan führt vor Augen, um welches Ausmaß es eigentlich geht. Der durch Erdbeben und Tsunami angerichtete Schaden beläuft sich nach ersten Schätzungen auf 235 Mrd. Euro. Jeder hat die Bilder der Zerstörung gesehen. Wenn man nun die Gelder dagegenstellt, die allein für die Rettung von Banken in Europa und speziell Deutschland bereitgestellt werden, bekommt man eine Vorstellung über die Verhältnismäßigkeit. Allein die kleine Münchner Hypo Real Estate musste mit über 100 Mrd. Euro gerettet werden. Der deutsche Rettungsschirm beträgt 500 Mrd. Euro, der europäische nun schon fast eine Billion Euro (950 Mrd. Euro).

Insgesamt setzt sich der dauerhafte ESM also aus folgenden drei Bestandteilen zusammen:

  • 80 Milliarden Euro werden von den Mitgliedstaaten direkt einbezahlt (die Zahlungen fließen ab dem Jahr 2013 in fünf Raten zu jeweils 16 Milliarden Euro) und stehen dem ESM unmittelbar zur Verfügung.
  • 420 Milliarden Euro werden von den Mitgliedstaaten als Kreditgarantien für ESM-Anleihen bereitgehalten. Um für ESM-Anleihen insgesamt ein AAA-Rating zu erzielen, muss jeder Mitgliedstaat allerdings für mehr als nur seinen eigenen Anteil bürgen. Die Garantiesumme ist damit insgesamt höher, nämlich rund 620 Milliarden Euro.
  • 250 Milliarden Euro stellt gegebenenfalls weiterhin der IWF als Kredit zur Verfügung.

Quelle: Wikipedia

Hier werden Gelder für etwaige Schäden vorgehalten, die das Ausmaß von Naturkatastrophen bei weitem übersteigen, ohne dass auch nur eine Bank deswegen neuaufgebaut werden müsste. Hier wird weiter frech umverteilt und die Verursacher der Krise geschont. Diese unglaublich hohen Mittel müssen natürlich an anderer Stelle erspart werden. Was folgt, ist also eine Zerstörung von Wirtschaft, gesellschaftlichen Einrichtungen ganz ohne Erdbeben und Tsunamis. Man muss kein Prophet sein, um den nächsten Crash vorauszusehen. Nur dann müssen die Regierungen erklären, wieso es ihnen nicht gelungen ist, das Finanzkasino zu schließen, als die Gelegenheit dazu bestand, sondern sich damit begnügten, ein paar windelweiche Auflagen zu erteilen.

Die Finanztransaktionssteuer wurde von allen gefordert, auch von Merkel, Steinbrück und Schäuble. Betont haben sie aber immer, dass diese nur international durchgesetzt werden könne. Ein durchschaubares Manöver, welches nun wieder mit Blick auf die vorübergehende Aussetzung der Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken angewendet wird. Auch die Abschaltung von AKWs sowie der Übergang in das Zeitalter der erneuerbaren Energien könne nur gemeinschaftlich geschehen, nationale Alleingänge brächten hingegen nichts.

Nach Brüderles Fauxpas fühlt sich in Baden-Württemberg Stefan Mappus in der Atom-Frage sogar schon wieder so sicher, die Wiederinbetriebnahme derzeit abgeschalteter Meiler unter dem Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit zu diskutieren.

Baden-Württembergs Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) gibt dem Atomreaktor Philippsburg 1 Chancen, nach der dreimonatigen Auszeit wieder ans Netz zu gehen. „Ich schätze Philippsburg 1 rentabler ein als Neckarwestheim 1“, sagte der Politiker der Financial Times Deutschland. Beurteilen müsse dies jedoch am Ende der Betreiber EnBW.

Quelle: FTD

Und Chef des Betreibers ist er neuerdings selber. Da hat dann wohl nicht der besorgte Ministerpräsident gesprochen, der sich um die Sicherheit der schwäbischen Hausfrau sorgt, sondern der Unternehmer, dessen Interesse der Rentabilität seines Investments gewidmet ist. Persönlichkeitsspaltungen in der Union. Spätestens seit zu Guttenberg ist das augenscheinlich in Mode gekommen.

Man kann nur hoffen, dass es bei soviel innerer Spaltung nicht zur plötzlichen und unkontrollierten Schnellabschaltung kommt, wie im Atomkraftwerk Isar 1.

Eon hatte Isar1 nach eigenen Angaben am Donnerstag gegen 16 Uhr vom Netz genommen. Fünf Stunden später sank der Kühlwasserstand im Reaktordruckbehälter so rapide ab, dass sich die automatische Schnellabschaltung auslöste. „Beim Herabfahren eines Reaktors kommt es immer zu Schwankungen des Kühlwasserstandes“, erklärte die Eon-Sprecherin zu dem Vorfall. „Aber das Sicherheitssystem hat wie erwartet reagiert.“ Anschließend sei das Kühlwasser wieder auf Normalmaß angehoben worden.

Quelle: Süddeutsche

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Protokollfehler

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Mal wieder ein Verständnisproblem. Was der Protokollant verstanden und was eigentlich gemeint war, soll angeblich nicht übereinstimmen. Der BDI springt dem Bundeswirtschaftsminister bei und behauptet, dass Herr Brüderle in einer Sitzung mit den großen Energiebossen falsch zitiert worden sei. Ein Übersetzungsfehler sozusagen. Das könnte man noch nachvollziehen, aber was er nun genau gesagt hat, ist scheinbar nicht mehr feststellbar. Viel spannender ist doch die Frage, was der Bundeswirtschaftsminister Brüderle bei den Spitzen der Industrie überhaupt zu besprechen hatte. Oder wurde er besprochen?

Es soll sich ja um eine Sitzung des BDI-Vorstands bzw. Präsidiums gehandelt haben, an der auch die Vorstandschefs der Energiekonzerne RWE und Eon, Jürgen Großmann und Johannes Teyssen teilnahmen. Letzterer ist nach Bekanntgabe des Moratorium-Beschlusses durch die Bemerkung aufgefallen, nach drei Monaten begänne das Spiel mit der Bundesregierung und um die Atomkraftwerke neu. Es liegt also nahe, zwischen dieser Äußerung Teyssens und der angeblich nie abgegebenen Versicherung Brüderles, nur wegen der Landtagswahlen irrational, um nicht zu sagen berechnend, entschieden zu haben, einen Zusammenhang herzustellen.

Die Mitglieder der Bundesregierung sind schon famos. Der eine klaut jedes Zitat, das er kriegen kann und deklariert es als eigene Leistung und der andere lässt sich partout nicht zitieren. Er sagt auch nicht, wie er sich denn gern verstanden wissen möchte. Auf wikipedia findet man auch nur einen überlieferten Satz Rainer Brüderles, zu dem er wahrscheinlich auch heute noch kompromisslos steht.

„Wer nichts trinkt, ist verdächtig.“

Und über all dem schwebt die Kanzlerin der mit sprachmissbräuchlicher Klarheit ausgedrückten sachlichen Unverbindlichkeit. Mit der christlich-liberalen Koalition werde es keine Vergemeinschaftung der Schulden innerhalb der Eurozone geben, so die Chefin heute im Bundestag. Wohlwissend, dass die Exportfixierung Deutschlands und damit die weiter steigenden Bilanzüberschüsse ja schlussendlich zu neuen und höheren Defiziten im Rest der Eurozone führen müssen. Insofern hat Merkel recht, wenn sie garantiert, dass keine Vergemeinschaftung der Schulden stattfinden werde, weil Deutschland nach gegenwärtigem Stand am Ende allein auf sämtlichen Schulden sitzen bleiben und der Rest Europas damit beschäftigt sein wird, die Forderungen deutscher Banken zu bedienen.

Auch sie könnte im Nachhinein einen Protokollfehler geltend machen, wenn alle anhand der Zunahme deutscher Verpflichtungen bei der Rettung ganzer Staaten behaupten, die Merkel habe das Wahlvolk mit Ansage belogen und betrogen.

Was hat Brüderle denn schon gesagt? Er hat nur das etwas verständlicher wiedergegeben, was Merkel und Westerwelle bei Verkündigung des Moratoriums verklausuliert auch schon gesagt hatten. Das Moratorium sei eine befristete Aussetzung der Laufzeitverlängerung für drei Monate. D.h., dass die Kraftwerke, die vorübergehend vom Netz gegangen sind, zum größten Teil auch wieder laufen werden, weil nach Auffassung der Bundesregierung ohnehin keine Sicherheitsbedenken bestehen.

Okay, es wurde gesagt, Japan habe die Lage verändert und nichts werde so sein wie vorher. Aber konkret kann das auch bedeuten, dass die Sicherheitsprüfer sowie die neue Regierungskommission zu einem Ergebnis gelangen, wonach deutsche Atomkraftwerke weder durch die für Europa typischen Erdbeben noch für die Nord- und Ostsee typischen Sturmfluten bedroht seien. Vielleicht lässt sich das alte SPD-Schlitzohr Dohnanyi sogar zu der Bemerkung hinreißen, dass Deutschland im Gegensatz zu Japan nicht auf einer Insel liege. Im Falle eines regionalen GAUs wäre somit die Evakuierung ganzer Landstriche dank EU-Osterweiterung und Dank des Sieges des Kapitalismus über den Kommunismus problemlos möglich.

Die Protokolle dieses Gremiums zur Auslagerung parlamentarischer Entscheidungen möchte man gar nicht erst präsentiert bekommen. Hätten wir hingegen noch eine funktionierende Volksvertretung, müssten die Parlamentarier nach Artikel 67 GG der gewählten Bundeskanzlerin das Misstrauen aussprechen und dafür Sorge tragen, dass ein Nachfolger gewählt wird, der oder die die Rechte des Parlaments wieder ernst nimmt. Herr Lammert täte also gut daran, seine berechtigte Sargnagel-Rhetorik der letzten Tage in ein konstruktives Misstrauensvotum zu verwandeln und die Mitglieder seines Hauses zu ermuntern, der beinahe diktatorischen Willkür der Regierung einen Riegel vorzuschieben. In Portugal hat das gerade wieder funktioniert.

Das wäre wenigstens eine demokratische Antwort auf den Irrsinn der Exekutive in diesem Land. Leider verstehen sich viele Parlamentarier nicht mehr als Teil einer mit Bedacht gewählten Gewaltenteilung, sondern entweder als Mitglieder der Regierung oder der Opposition. Mit diesem Rollenverständnis sind sie aber nicht mehr als Abnicker und Statisten, die im fingierten Schlagabtausch der Öffentlichkeit ein wenig Demokratie vorspielen.

Am Ende ist es egal, was in einem Protokoll steht, denn wer schon die Verfassung nicht ernst nimmt, braucht sich über angebliche Protokollfehler nicht beklagen.

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Zu Neues aus der Anstalt – Folge 42

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Zunächst einmal muss man sagen, dass es das ZDF wieder nicht hinbekommen hat, die Anstalt pünktlich starten zu lassen. Etwa zehn Minuten Verspätung. Okay, bei der Bahn ist es schlimmer. Aber dennoch, ich habe nicht ganz erkennen können, woran das wieder lag. Lag es an dem dämlichen Wettrennen zum Südpol mit Markus Lanz oder doch am heute-journal? Kam Claus Kleber mit seinem virtuellen High-Tech Studio einmal mehr nicht zurecht? Pünktlich um viertel vor zehn ging die Nachrichtenschau auf Sendung, 36 Minuten später endete sie. Danach noch das Wetter und zahlreiche Programmtipps, Lanz war wieder dabei.

Von meiner Anstalts-Aufnahme fehlt somit der Schluss. Dafür habe ich Gundula Gauses Rubrik Börse und Sport ungewollt mitgeschnitten, aus der ich erfahre, dass die internationalen Finanzmärkte wegen der Lage in Japan und der anhaltenden Kämpfe in Libyen leicht ins Minus gedreht hätten. Die Anleger seien skeptisch und Franz Zink, der Börsenspezi des ZDF, sollte erklären, warum die Unternehmen zum einen riesige Gewinne meldeten, aber gleichzeitig vor schlechten Geschäften warnen würden. Erklärt hat der Mann gar nichts, sondern nur darauf hingewiesen, dass die einen „Experten“ Risiken sähen und die anderen halt nicht. Die Krönung war ein Einpieler mit dem Metro-Chef Cordes, der, nachdem es nur positive Meldungen und Aussichten für seinen Konzern gab, seine nun jüngst geäußerte Warnung vor schlechten Geschäften damit begründete, dass unvorhergesehene Ereignisse negative Auswirkungen haben könnten. Wissen, tue er das freilich noch nicht. Häh?

Bei diesem Bericht aus Frankfurt, den sich die Redaktion wegen Informationsleere komplett hätte sparen können, hat man dann verstanden, warum Urban Priol ein paar Minuten später davon sprach, dass die Erde der Fiat unter den Planeten sein müsse.

Es geschehen einfach so viele verrückte Dinge auf einmal, dass man gar nicht mehr beim Verarbeiten des Wahnsinns hinterherkomme. Darunter litt meiner Meinung nach auch die Sendung. Im Augenblick ist es ja so, dass man buchstäblich auswählen könnte zwischen den Themen. Doch wenn man sich auf eines festlegt, würde man merken, dass es schon gar nicht mehr aktuell ist. So bleibt im Prinzip nur die Diagnose einer kollektiven Schizophrenie. Darauf versuchte sich die Anstaltsleitung einzurichten, in dem sie das Foyer zum provisorischen Krankenmehrbettzimmer umfunktionierte, weil damit gerechnet werde, dass spätestens nach der Landtagswahl in Baden-Württemberg am kommenden Sonntag eine Masseneinlieferung ins Haus stehe.

Für den noch Ministerpräsidenten habe Priol gleich zwei Liegen reserviert, um die gespaltene Persönlichkeit optimal versorgen zu können. Das ist okay, aber unterm Strich ein wenig dürftig. Georg Schramm hat es vor etwas mehr als einer Woche in Stuttgart besser gemacht als er über Mappus sagte, dass er wie eine aus dem Jahrhundert gefallene Figur wirke, die, ob sie nun die Wahl gewinnt oder nicht, eigentlich schon längst tot sei und man nur vergessen habe, sie auch zu begraben. Eine Therapie wäre also so gesehen der falsche Ansatz. Man müsse vielmehr die Frage stellen, wie es dazu kommen konnte, dass sich einer wie Mappus, der sich als Konservativer versteht, gerade diese Gruppe zum Feind mache.

Weil er kein Konservativer ist. Das habe er mit dem anderen Vorzeigekonservativen zu Guttenberg gemeinsam, meint Schramm vor den Stuttgart 21 Gegnern. Einer, der das Parlament belügt und einer, der es hintergeht, das habe nichts mit konservativ zu tun, das sei vielmehr ein Witz.

Immerhin gelang es Priol anhand der gestrigen Meldung, wonach sich zu Guttenberg auf Facebook bei seinen Unterstützern bedankt haben soll, treffsicher anzumerken, dass überall auf der Welt das Internet und vor allem Facebook dazu genutzt werde, sich gegen die herrschenden Tyrannen zu organisieren. Nur bei uns diene die Plattform dazu, dass obrigkeitshörige, adelsbesoffene Untertanenwürstchen glauben, die vermeintliche Ehre eines arroganten, aufgeblasenen, blasierten, schmierig, klebrigen Hochstaplers verteidigen zu müssen.

Aber die Lichtgestalt ist längst unter dem dichten Rauch von Fukushima I, dem Moratorium der Bundesregierung und der Bomben auf Libyen verschwunden. Für Priol und Pelzig hat die Haltung der Bundesregierung zu diesen Ereignissen, vor allem etwas mit den bevorstehenden Landtagswahlen zu tun. Das Ländle bestimme über die Weltpolitik. Merkel wollte es wie Schröder machen und sich mit einem mehr oder weniger klaren Jein zum Krieg gegen Gaddafi Wählerstimmen sichern. Pelzig meinte dazu nur:

Schade, dass der Weltuntergang nicht auch Ländersache ist, denn dann würde er garantiert nicht stattfinden.

Der Föderalismus und die Wahlen verstellen natürlich immer wieder den Blick auf wirklich wichtige Zusammenhänge. Schmickler forderte, dass die Vorstände der WestLB, die sich unter anderem mit Papieren des japanischen Energieunternehmens und Kernkraftwerkbetreibers Tepco verzockten, nach Fukushima geschickt werden sollten, um dort zur Kühlunterstützung an Block 3 zu pinkeln.  Pelzig erinnerte z.B. daran, dass die TÜV Süd AG, die die Atomkraftwerke kontrolliert, mehrheitlich den Energieversorgern selbst gehört. Pelzig erklärt den Erfolg des Atomlobbyismus, auf den die im Augenblick jammernde Branche doch aufbauen könne.

Und Frau Merkel scheint Borderliner für einen Kajalstift zu halten, meint Priol am Ende bissig.

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Wie immer finden sie die komplette Sendung, ohne lästige Berichte des heute-journals, in der ZDF-Mediathek.

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Nachricht von zu Guttenberg

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Karl-Theodor zu Guttenberg hat sich bei seinen Fans gemeldet und sich für die rege Unterstützung bedankt.

Er sei „aus bekannten Gründen“ erst in den vergangenen Tagen dazu gekommen, die Zehntausenden Kommentare zu lesen oder anzulesen. „Und ich habe mich immens gefreut. Danke dafür“, sagt Guttenberg. „Wir werden voneinander hören, und ich werde mich melden.“ Das klang wie Arnold Schwarzeneggers „I’ll be back.“

Quelle: Hamburger Abendblatt

So so, in den vergangenen Tagen habe er zehntausende(!) Kommentare ge- oder angelesen. Respekt. Vielleicht sollte er bei seiner mutmaßlichen Rückkehr über ein Engagement als Moderator in einem Internetforum nachdenken. Leute, die sich jeden Scheiß durchlesen, auch wenn er doppelt und dreifach als Beitrag eingestellt wird, werden händeringend gesucht. Somit würde auch die Gruppe von Autoren, zu denen zu Guttenberg nachweislich nicht zählt, entlastet.

Ein wenig erinnert das auch an die Behauptung, dass er an einem Wochenende mal eben 500 Seiten Doktorarbeit überflogen und festgestellt hat, Blödsinn geschrieben zu haben. Das war immerhin eine Beobachtung, die seinen summa cum laude Professoren-Prüfern bei längerer Sichtung der Arbeit gar nicht auffiel.

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