Wie der Aufschwung regional ankommt

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In der kostenlosen Anzeigenzeitung meiner Heimatstadt lese ich einen Bericht über die aktuelle Ausgabe des Sozialberichts. Daten und Fakten zu den Lebenslagen in der Region Hannover, heißt es in der Überschrift. Darin enthalten, sind auch Zahlen zur Entwicklung der Beschäftigungssituation. Sehr interessant.

So bestätigt der Sozialbericht, dass es in der Region Hannover immer weniger sozialversicherungspflichtige Vollzeitarbeitsplätze gibt (minus 3,3 von 2003 bis 2009). Dafür ist im gleichen Zeitraum der Anteil der Teilzeitbeschäftigungen (plus 20,8 Prozent) und der geringfügig Beschäftigten gestiegen (plus 109,8 Prozent im Nebenjob, plus 13,8 Prozent im Haupterwerb).

Quelle: Wunstorfer Stadtanzeiger, abgeschrieben von Hannover.de

Darüber hinaus heißt es in dem Bericht, dass kaum Bewegung bei der Zahl der Langzeitarbeitslosen festzustellen ist. Wer einmal in das Hartz-IV-System abgerutscht ist, kommt selten wieder heraus. Die Arbeitsmarktmaßnahmen versagen auf ganzer Linie.

Mit Blick auf die Arbeitslosigkeit in der Region Hannover zeigt sich, dass sich die Situation speziell für die Empfängerinnen und Empfänger von SGB-II-Leistungen (Arbeitslosengeld II), die Ende 2009 einen Anteil von 72,0 Prozent aller Arbeitslosen ausmachten, kaum verändert hat. „Vieles deutet darauf hin, dass sich die Arbeitslosigkeit hier verfestigt hat, weil viele Menschen trotz Maßnahmen keine existenzsichernden Beschäftigungsverhältnisse finden“, sagte Sozialdezernent Erwin Jordan von der Region Hannover. 

Insgesamt liege eine starke Spreizung zwischen arm und reich vor.

So sieht die Schnellstraße in der Region aus, auf deren Überholspur die liberalen Wirtschaftsminister Brüderle und Rösler ihren Aufschwung abfeiern.

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Zum Sozialbericht 2009

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Eigentlich habe ich heute einen Kommentar von Christoph Slangen in der Neuen Presse Hannover zum Sozialbericht 2009 erwartet. Ich hatte angenommen, dass gerade er auf den Zug derer aufspringt, die steigende Sozialausgaben anprangern. Das hätte dann auch gut zum gestrigen Steuerzahlergedenktag gepasst. Komisch. Ist der Slangen krank oder strickt er bereits an einer größeren Story?

Jedenfalls druckt die Neue Presse heute auf Seite 1 eine dpa-Grafik über die Entwicklung der Sozialleistungen. An der kann man schön studieren, wie die Öffentlichkeit auch mit Hilfe visueller Darstellungen getäuscht werden soll. Denn bei dieser Abbildung springt sofort die steigende Kurve ins Auge, auf der die absoluten Mrd. Beträge eingetragen sind, die bisher jedes Jahr für Sozialleistungen aufgewendet werden mussten.

Sozialleistungen_NP

Das soll schocken und die Botschaft transportieren, der Sozialstaat verteile immer mehr „Wohltaten“. Aber neben scheinbar gekonnter Manipulation steckt in dem Schaubild auch ein Beleg für offensichtliche Dummheit. Denn im unteren Teil der Grafik steht korrekterweise der Anteil der Sozialleistungen am jeweiligen Bruttoinlandsprodukt. Und für jeden nachvollziehbar kann man nun ablesen, dass die Aufwendungen gemessen an der Wirtschaftsleistung seit 2003 kontinuierlich zurück gegangen sind und im Jahr 2008 mit 29 Prozent sogar noch unterhalb des Wertes für das Jahr 1992 gelegen haben.

Und nun kommt Herr Slangen ins Spiel. Der hat nämlich immer behauptet, die Regierung hätte nie richtig gespart und deshalb würden sich die Defizite in den Kassen der öffentlichen Hand vergrößern. Am 22.11.2008 schrieb Slangen unter der Überschrift Die Fehlkalkulation der Koalition in der Neuen Presse Hannover:

„Dass es nun 2011 mit der Nullneuverschuldung wieder nichts werden wird, kann man der Regierung dennoch zum Teil vorwerfen. Es sind jedoch nicht Konjunkturprogramme oder Bankenschutzschirm, die kritisch gesehen werden müssen. Zu ihnen gibt es kaum eine Alternative. Der Fehler ist in den ersten Jahren der Koalition gemacht worden. Union und SPD verließen sich zu sehr auf Steuererhöhungen und darauf, dass die Konjunktursonne weiter scheinen werde, mindestens bis zum Wahltag 2009. Das war eine Fehlkalkulation. So zeigt sich jetzt, dass die Finanzen des Bundes gerade in der wirtschaftlich guten Phase der Großen Koalition mit mehr Ehrgeiz hätten saniert werden müssen. Und zwar durch entschlosseneres Sparen.

Und am 18.12.2008 schrieb er unter der Überschrift Höhere Schulden in Kauf nehmen:

„Statt Haushaltskonsolidierung heißt es nun Konjunkturstützung um jeden Preis. Die neue Priorität ist der Regierung nicht zu verdenken, im Gegenteil. Alle Maßnahmen zu ergreifen, um den Einbruch der Wirtschaft so gering wie möglich zu halten, ist die Aufgabe der Stunde. Wenn dazu deutlich höhere Schulden aufgenommen werden müssen, ist das in Kauf zu nehmen. Hätte sich die Regierung allerdings in den vergangenen Jahren weniger auf die Konjunktur verlassen, stattdessen mit strikterem Sparen besser vorgesorgt, wäre die antizyklische Konjunkturstützungspolitik jetzt aus einer besseren Position darstellbar. Das ist das Versäumnis der Koalition.

Und am 26.01.2009 schrieb er es noch mal hin unter der Überschrift Regierung war nicht sparsam genug:

„Geld auszugeben, um den Konjunktureinbruch abzufedern, sei das Gebot der Stunde. Doch ist das nur ein Teil der Wahrheit. Die schwarz-rote Regierung hatte sich von Beginn an zu sehr auf Steuererhöhungen und konjunkturellen Rückenwind verlassen. Sie hätte bei der Sanierung des Haushalts schon weiter sein können, wenn sie sparsamer gewesen wäre.

Tja, wie sich auch dieses Mal wieder zeigt, hat Slangen einfach nur etwas behauptet, was nicht der Wahrheit entspricht. Die Originalgrafik aus dem Sozialbericht ist übrigens aufschlussreicher.

Sozialleistungen

Denn hier werden neben der Sozialleistungsquote auch die Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts und der Sozialleistungen im Verhältnis zueinander angegeben. In der NP-Grafik oben wurden ja nur die absoluten Zahlen für die Sozialleistungen genommen und isoliert dargestellt. Daneben müsste aber auch eine Kurve sein, die das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts abbildet. Die Tabelle mit den entsprechenden Werten findet sich ebenfalls in dem Sozialbericht, der für jeden Journalisten auf der Seite des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales zugänglich ist.

Sozialleistungen_Tabelle

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