Die Presse spuckt Gift und Galle

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Wie erwartet spuckt die deutsche Presse Gift und Galle. Mit 100 Milliarden soll Europa und vor allem Deutschland für das Versagen spanischer Banker aufkommen, so der Tenor in den Redaktionsstuben. Dabei ist das Versagen spanischer Banker erst möglich geworden, weil deutsche Banker und Versicherer die Mittel zur Verfügung stellten, um den Immobilienboom in Spanien finanzierbar zu machen.

Den meisten deutschen Journalisten bleiben die Kapitalströme innerhalb Europas noch immer verborgen. Sie kapieren einfach nicht, welche Auswirkungen vor allem das deutsche Wirtschaftsmodell innerhalb der Eurozone hat. Aufgrund der binnenwirtschaftlichen Sparsamkeit (erzwungen durch permanenten Lohnverzicht und Gürtel-enger-schnallen) ist Deutschland ein großer Geldexporteur und damit auch Gläubiger spanischer Banken geworden.

Diese Tatsache lässt eine mehr oder weniger bedingungslose Rettung spanischer Banken aus politischer Sicht notwendig erscheinen, wenn man denn verhindern will, dass deutsche Institute erneut ins Straucheln geraten und wohlmöglich private Riesterrenten und Lebensversicherungen mit in den Abgrund ziehen. Denn der deutsche Michel hat kaum Kohle für ein eigenes Haus, aber für die sinnlose private Altersvorsorge, die vom Staat und damit wieder von ihm selbst, üppig subventioniert wird.

Spanische Staatsanleihen waren eine sichere Anlage, weil das Land auf der iberischen Halbinsel vor und auch während der Krise einen solide finanzierten Haushalt sowie eine niedrige Staatsverschuldung vorweisen konnte. Gerade mit Blick auf letzteres steht das Land noch immer besser da als beispielsweise Großbritannien oder auch Deutschland. Dennoch treiben marktkonforme Demokraten, kurz: Spekulanten, das Land an den Rand des Abgrunds.

Doch mit Gerüchten um den aufgeblähten Immobiliensektor wird den Anlegern suggeriert, spanische Banken könnten auf faulen Krediten sitzen, die letztlich das ganze Land nach unten ziehen. Damit steigen die Risikoaufschläge und die Prophezeiung eines Finanzierungsproblems erfüllt sich wie vorhergesagt.

Nun fordert die Presse aber nicht ein Ende der Spekulation oder ein Recht, seine eigene Währung auch drucken und ausgeben zu dürfen, sondern sie verlangt nach einer Bestrafungspolitik auch für Spanien. Die Sorge einiger Presseleute ist nicht etwa die, dass noch mehr Länder von Spekulanten ins Visier genommen werden, sondern dass die Griechen nach der Wahl die Bedingungen ihres Austeritätspaketes mit Verweis auf die spanische Lösung noch einmal nachverhandeln wollen.

Das wäre unerhört und ein Affront gegenüber der Kanzlerin, die den Euro schließlich nur retten will. Dabei ist nicht einmal klar, über welchen Mechanismus die 100 Milliarden, die Schäuble am Wochenende als ausreichend bezeichnete, an die spanischen Banken verteilt werden sollen. Es könnte sich dabei um ein Manöver handeln, den noch nicht ratifizierten ESM-Vertrag samt Fiskalpakt mit der nötigen Portion Druck durchzupauken. Denn ohne diesen Vertrag wäre die bereits als sicher verkaufte Rettung der spanischen Banken wohl hinfällig.

Mit viel Getöse dürfte erneut vor einem Scheitern der Eurorettung gewarnt werden und der lächerliche Streit um die Börsenumsatzsteuer in den Hintergrund treten. Bei diesem beschweren sich SPD und Grüne ja augenscheinlich über die Öffentlichkeitsarbeit der Union. Denn sowohl Kanzleramtsminister Pofalla wie auch Finanzminister Schäuble haben mit ihren Äußerungen, die Steuer überhaupt und schon gar nicht vor der nächsten Wahl umsetzen zu wollen, den schönen Plan der rot-grünen Vernebelungskünstler durchkreuzt.

Man könnte auch sagen, die CDU hat die Maske, mit der SPD und Grüne ihr Gesicht wahren wollten, einfach heruntergerissen. Zu Recht beklagen sich nun Gabriel und Trittin über einen schlechten Umgang innerhalb der großen Koalition. Nee, falsch: Gabriel hat das so formuliert:

Was die Union am Wochenende getan habe, sei „das Gegenteil von vertrauenswürdigem Verhandeln“, sagte Gabriel in der ARD-Sendung „Bericht aus Berlin“.    

Die Bundesregierung betonte indes, dass sie seit Jahren für eine solche Steuer eintrete. Leider haben andere Staaten etwas dagegen, hieß es zur Begründung. Man kann schließlich nicht jede Maßnahme so radikal und über Widerstände hinweggehend durchsetzen wie das beispielsweise bei dem ein und anderen (allen) Austeritätskurs in den Südländern geschehen ist.

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Um was wird bei der Euro2012 gespielt?

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Die vergangene Woche stand ganz im Zeichen der Euro2012. Nein nicht der in Polen und der Ukraine, sondern der in Brüssel, Berlin, Athen und Madrid. Wer darf den Euro behalten und wer nicht? Wer bekommt den Euro gegen Auflagen, um Banken zu retten und wer die Zustimmung zu seinem Fiskalpakt?

Gestern in der Halbzeitpause des Auftaktspiels der deutschen Mannschaft begrüßte Wolfgang Schäuble in den Tagesthemen die “Entscheidung” Spaniens, unter den europäischen Rettungsschirm zu schlüpfen. “Wir lösen die Probleme in den Ländern schrittweise”, so Schäuble in der ARD. Damit war er einen Tick offensiver eingestellt als Jogis Jungs, die im Spiel gegen Portugal oftmals einen Schritt zu spät kamen.

Auf die Frage, warum die ominöse Telefonkonferenz am Samstag stattfand, antwortete Schäuble souverän: “Weil da die Märkte geschlossen haben.” Ist das nun unfair gegenüber den Spekulanten, denen bei der Euro2012 gute Siegchancen eingeräumt werden oder einfach nur taktisch klug gespielt, um die vermeintlichen Rettungsgelder auch als solche erscheinen zu lassen?

Jedenfalls sieht der Plan aus Schäubles Schublade “Hilfs”Gelder von bis zu 100 Milliarden Euro vor, die laut dem deutschen Finanzminister ausreichen, um das Problem Spanien zu lösen. Die ganz große Endlösung ist derweil noch nicht in Sicht, da sich bedauerlicherweise erst vier Länder freiwillig dazu “entschlossen” haben, den sogenannten Rettungsfonds in Anspruch zu nehmen.

Neben den “faulen Griechen” und den zu “stolzen Spaniern” haben bereits Portugal und Irland unter dem Schirm ihren Platz einnehmen dürfen. Wer folgt nun als nächstes und sorgt damit für eine kollektive “Erleichterung”? Kandidaten sind reichlich vorhanden. Die Finanzmärkte werden bei ihrem Gegenangriff am Montag eine erste Duftmarke in diese Richtung setzen wollen. 

Unklar ist aber noch, ob die Berliner Variante der Euro2012 auf Fanfesten mit Public Viewing Angeboten begleitet wird. Denn nachdem SPD und Grüne mit ihrer Forderung nach einer Finanztransaktionssteuer einen linken Flügellauf erneut bloß antäuschten und nicht mal das Erreichen des Spielfeldes bereits als Durchbruch feierten, dürfte sich die Begeisterung der deutschen Schlachtenbummler eher in Grenzen halten.

Außerdem ist der deutsche Michel dank Aufklärungssendungen wie “Mein Revier – Ordnungshüter räumen auf” bestens informiert über den Fauxpas von Entwicklungshilfeminister Dirk Niebel, der einen Orientteppich an Zoll und Steuer vorbei mit Hilfe des BND ins Land schmuggelte. Allerdings sind einige Zuschauer irritiert darüber, dass es neben dem grünen und roten Kanal auch einen gelben für FDP-Minister außerhalb des Terminals zu geben scheint.

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Krisengipfel: Immer dieselben dämlichen Fragen

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Vor dem neuerlichen EU-Sondergipfeltreffen in Brüssel hat Bundesfinanzminister Schäuble noch einmal betont, an den Spardiktaten festhalten und gemeinsamen Staatsanleihen eine Absage erteilen zu wollen. Die griechische Wirtschaft sei nicht wettbewerbsfähig und müsse daher tiefgreifende Einschnitte und Reformen akzeptieren, so Schäuble. Ich wundere mich immer wieder, dass Moderatoren und Journalisten nicht einmal die Frage stellen, wo denn die Erfolge der seit Jahren andauernden Reform- und Sparpolitik in Griechenland zu beobachten seien. Es ist doch das Gegenteil von dem eingetreten, was Schäuble permanent predigt.

Trotz aller Bemühungen und des Verzichts hat sich die Krise verschlimmert und der Schuldenstand erhöht. Als objektiver Berichterstatter muss man doch zu dem Ergebnis kommen, dass die Rettungspolitik der Troika krachend gescheitert ist, zumindest mit Blick auf Griechenland. Der Finanzsektor kann sich ja nach wie vor über eine Absicherung seiner Risiken freuen.

Gleichzeitig streut die Bundesregierung mit ihrer Haltung der deutschen Öffentlichkeit Sand in die Augen. Wachstum durch Strukturreformen ist ein hanebüchener Unsinn und trotzdem fallen reihenweise Redakteure darauf herein. Strukturreformen heißen doch übersetzt Kürzungen bei den Löhnen und Sozialleistungen. Wie soll das aber, zumal die Kanzlerin ja auch kein Geld für Konjunkturprogramme ausgeben will, zu Wachstum führen. Werden die Menschen in Griechenland, Spanien, Portugal oder Italien mit weniger Geld in der Tasche etwa mehr konsumieren?

Ich begreife einfach nicht, warum Volkswirte und Journalisten immer denselben dämlichen Fragen nachgehen wie die, ob Eurobonds der richtige oder falsche Weg aus der Krise sind. Viel wichtiger ist doch die Frage, warum die Bundesregierung mit der Bemerkung, ein Austritt Griechenlands aus der Eurozone wäre verkraftbar, die Spekulationen gegen das Land fahrlässig wieder anheizt und die Krise damit insgesamt verschärft.

Könnte man nicht auch einfach kriminelles Kalkül unterstellen, wenn Schäuble am Wochenende mit seinem Statement über den Verbleib Griechenlands in der Eurozone den Grundstein dafür gelegt hat, um heute eine Bundesanleihe von über vier Milliarden am Kapitalmarkt zu platzieren, für die der deutsche Finanzminister keine Zinsen mehr zahlen muss?  

Deutschland profitiert von der Krise. Kann es deshalb ein Interesse an einer schnellen Lösung haben? Die Diskussion um eine Pleite Griechenlands macht deutsche Staatsanleihen immer beliebter, so dass Anleger sogar noch Geld drauflegen, damit sie ihr Kapital an den deutschen Finanzminister verleihen dürfen. Gleichzeitig hat die deutsche Wirtschaft nach einer Meldung des statistischen Bundesamtes im Jahr 2011 den bestehenden Exportüberschuss noch einmal auf 158,1 Mrd. Euro steigern können.

Doch was heißt das? Die richtigen Strukturreformen müsste eigentlich Deutschland vornehmen, das mit seinen wieder zunehmenden hohen Bilanzüberschüssen die Stabilität der gesamten Eurozone gefährdet. Doch über die Überschüsse redet man auf dem Sondergipfel nicht, sie gehören schließlich zum Qualitätsnachweis des selbsternannten Musterschülers, der solange wie möglich von der Krise profitieren will. Die nächste Bundestagswahl rückt schließlich auch immer näher.

Apropos Wahlen. Die Griechen dürfen bald wieder ran, weil der letzte Urnengang keine “stabilen Verhältnisse” zu Stande brachte. Unter “stabilen Verhältnissen” versteht Herr Schäuble zum Beispiel eine Regierung aus jenen Parteien, die der griechischen Bevölkerung über Jahre hinweg den Schlamassel erst eingebrockt haben.   

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Der Tag nach dem Tag danach

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Nach der ersten Aufregung über das politische Erdbeben, das Europa am Sonntag heimsuchte, brechen nun die vermeintlich sachlich geführten Diskussionen vom Zaun. Dabei setzt sich die Behauptung der düpierten Sparer durch, dass in ihren Fiskalpakten schon immer auch ein Wachstumsprogramm gesteckt habe, so zumindest der Schäuble. Doch welche Strategie er wirklich verfolgt, konnte man bei einem unfreiwilligen Mitschnitt eines Gesprächs zwischen ihm und einem Vertreter Portugals studieren. 

Die öffentliche Meinung in Deutschland müsse glauben, dass wir es ernst meinen. Und natürlich muss sie das, weil etwas anderes ja bedeuten würde, dass die Deutschen ihren Gürtel all die Jahre umsonst enger geschnallt hätten. Sollte sich nämlich Hollandes Neustart für Europa durchsetzen, wären die deutschen Exportüberschüsse, die die deutschen Arbeitnehmer durch Lohnverzicht und Verlängerung von Arbeitszeit und Arbeitsintensität über mehr als ein Jahrzehnt bezahlt haben, vergebens gewesen.

Lustig ist in diesem Zusammenhang Schäubles Bemerkung, dass Europa gut damit gefahren sei, nicht nach jeder Wahl bereits geschlossene Verträge neu zu verhandeln. Das sagt einer, dessen Chefin innen- wie außenpolitisch von einer Kehrtwende zur anderen stolpert, wenn es ihr nur opportun erscheint.

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Kräftige Bremsspuren beim europäischen Konsum

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Diese Woche meldete das statistische Bundesamt freudig einen Anstieg der Umsätze im Einzelhandel für den Monat März. Folglich war gleich wieder von einer Frühjahrsstimmung die Rede, die sich die Verbraucher selbst durch die hohen Spritpreise nicht verderben lassen wollten. Bei der Einordnung des mickrigen Anstiegs tun sich die Redakteure allerdings schwer. Die einen schreiben von einer deutlichen Zunahme und die anderen von einem leichten Umsatzplus, das hinter den Erwartungen zurückgeblieben sei.

Besser als diese Kaffeesatzleserei um ein reales Plus von 0,8 Prozent im Vergleich zum Februar ist der europäische Vergleich. Denn inzwischen hat es die sparwütige deutsche Regierung mit ihren strengen Vorgaben wie Einkommenskürzungen, Fiskalpakt und Schuldenbremse geschafft, die meisten europäischen Staaten beim Konsum auf das erbärmliche deutsche Niveau herunterzuziehen. Allein in Frankreich herrscht noch so etwas wie eine Kauflaune, die auch von den Menschen durch reales Geldausgeben untermauert wird. Es fragt sich nur, wie lange noch.

 

Quelle: Querschuesse

Dem möglichen Gewinner der Präsidentschaftswahl in Frankreich Francois Hollande bläst schon ein eisiger Austeritätswind ins Gesicht. Offen ausgesprochene Warnungen von den erklärten Schuldenbremsern sind nicht zu überhören. Auch wenn sich neoliberale Sprechblasenautomaten wie Bundeskanzlerin Angela Merkel bereits verstärkt auf Hollande einzustellen versuchen, indem sie immer häufiger davon faseln, neben der Sparerei das Wachstum nicht aus den Augen verlieren zu wollen, so halten sie doch im Kern an ihrem Kürzungskurs fest. Bei Merkel heißt das ja seit neuestem “Wachstum durch Strukturreformen”, was in Wirklichkeit nichts anderes als die Einhaltung von Fiskalpakt und Schuldenbremse bedeutet.

Die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) hatte aber ebenfalls in dieser Woche in einer Studie genau das Gegenteil herausgefunden und gesagt, dass Wachstum durch Strukturreformen nicht festzustellen und die bisher angewandte Sparstrategie kontraproduktiv und wenig durchdacht gewesen sei.

„Die Strategie des Sparens und Regulierens sollte zu mehr Wachstum führen, was jedoch nicht geschieht“, sagte der ILO-Direktor für internationale Arbeitsmarktstudien und Hauptautor des Berichts, Raymond Torres, in Genf. Die Spar-Strategie sei damit „kontraproduktiv“ gewesen. Torres bescheinigte den EU-Staaten, „wenig durchdachte“ Sparprogramme aufgelegt zu haben. Als Beispiel nannte er Spanien, wo das Haushaltsdefizit trotz drastischer Einsparungen nur von gut neun Prozent im Jahr 2010 auf 8,5 Prozent 2011 gesunken sei.

Quelle: Stern Online

Lohnsteigerungen sind im rechten Maß mal wieder voll OK

Nun stellt sich aber auch die Frage, wer in Zukunft die Maden aus Germany kaufen soll. Die Deutschen selber? Bundesfinanzminister Schäuble meint ja. Er findet Lohnsteigerungen voll OK.

Deutschland habe seine Hausaufgaben gemacht und könne sich höhere Tarifabschlüsse besser leisten als andere Staaten. „Wir haben viele Jahre der Reformen hinter uns“, fügte er hinzu.

Deutschland kommt nach Schäubles Worten mit höheren Lohnabschlüssen auch Forderungen anderer Länder nach. Deren Vorwurf: Deutschland wirtschafte durch seine Exportstärke auf Kosten der anderen Länder und mache zu wenig für die Stärkung der Inlandsnachfrage – und damit für Absatzchancen anderer Staaten.

Die Lohnsteigerungen trügen daher auch zum Abbau von Ungleichgewichten innerhalb Europas bei, ergänzte Schäuble. Zugleich warnte er jedoch vor Übertreibungen. „Das rechte Maß müssen wir wahren.“

Zu der Einsicht, dass die Ungleichgewichte in Europa etwas mit der deutschen Lohnpolitik der letzten Jahre zu tun haben, gesellt sich dennoch der seit jeher ins Feld geführte Leitspruch vom Maßhalten. Dabei ist ein Gleichgewicht nur durch die Umkehr des Ungleichgewichts auf mittelfristige Sicht herstellbar. Deutschland dürfte also nicht Maßhalten, sondern müsste bei den Lohnabschlüssen übertreiben und selbst Defizite hinnehmen, um die Verzerrungen beim europäischen Binnenhandel auflösen zu können.

Das zeigt im Prinzip ganz klar, dass die deutsche Regierung in Sachen Volkswirtschaft nicht etwa völlig doof agiert, sondern knallhart kalkuliert, um die eigenen Wettbewerbsvorteile im Interesse der Exportindustrie ja nicht aus der Hand geben zu müssen. Den deutschen Monetaristen sind die Zusammenhänge durchaus bewusst, sie wissen also, dass die Überschüsse der Bundesrepublik die Defizite der Südeuropäer provoziert haben. Nur ändern wollen sie daran nichts. Vor einiger Zeit hatte sich die Bundesregierung noch erfolgreich dagegen gewehrt, für seine permanenten Außenhandelsüberschüsse als Störer des europäischen Gleichgewichts zur Rechenschaft gezogen zu werden. Auf der anderen Seite dürfen aber Defizitsünder mit der vollen Härte der europäischen Fiskalpaktierer rechnen.

Von Tarifabschlüssen profitieren immer weniger

Wenn sich die Tarifparteien in Deutschland nun irgendwo in der Mitte treffen und einen Abschluss auf die Reihe kriegen, kommt vielleicht wie beim öffentlichen Dienst ein Ergebnis für die Beschäftigten heraus, welches die erlittenen Einkommensverluste der letzten Jahre, in denen auch immer Lohnzurückhaltung gepredigt wurde, kaum auszugleichen vermag. Gewonnen hätte man damit aber nichts und gar ein Beitrag zum Abbau der Handelsungleichgewichte geleistet auch nicht. Zudem profitieren immer weniger Menschen von Tarifverträgen.

Die meisten Arbeitnehmer sind in Unternehmen beschäftigt, die für den Binnenmarkt produzieren oder Dienstleistungen anbieten. Vergleichsweise gute und hohe Löhne werden dort aber nicht gezahlt, sondern vor allem in den exportabhängigen Branchen, die ihrerseits immer stärker auf das tolle Modell Leiharbeit setzen wollen. Gerade für Exportunternehmen im verarbeitenden Gewerbe hat sich die Leiharbeit im großen Krisenjahr 2009 mehr als gelohnt. Nie war es einfacher und bequemer, Beschäftigte bei einem Einbruch der weltweiten Nachfrage loszuwerden.

Außerdem half die großzügige Kurzarbeiterregelung der Bundesregierung (6 Mrd. Euro Kosten für die Bundesagentur in 2009) ebenfalls den Unternehmen. Denn die rund 1,1 Millionen Kurzarbeiter mussten auf gut 3 Mrd. Euro Gehalt verzichten. Es ist kaum anzunehmen, dass diese Einbußen aus vergangenen Jahren, in denen Deutschland laut Schäuble so gut durch die Krise gekommen sei, weil es seine Hausaufgaben ordentlich gemacht habe, nun durch die Gewerkschaften wieder herausgehandelt werden.

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Steuerabkommen oder von der Steuer abkommen

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Das bisher mit der Schweiz ausgehandelte Steuerabkommen stößt im Bundesrat auf Widerstand. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble will die noch fehlende Zustimmung der Opposition nun durch einen neuen Anlauf doch noch erobern. Dabei soll das Steuerabkommen überarbeitet werden. Demnach könnten für Zinseinkünfte 35 Prozent erhoben werden und für alle anderen Kapitaleinkommen wie Dividenden oder Kursgewinne der pauschale Abgeltungssatz von etwas mehr als 26 Prozent.

Wohl gemerkt, wir reden hier von Schwarzgeld. Also von jenem Kapital, dass illegal am deutschen Fiskus vorbei auf Schweizer Bankkonten transferiert wurde. Mit den moderaten Abgeltungssätzen können sich Steuerflüchtige von ihrer Schuld quasi freikaufen. Eine Strafverfolgung fände nicht statt. Darüber hinaus würde in dem Abkommen eine Begrenzung der Fälle geregelt, in denen deutsche Behörden von den Schweizer Kollegen Auskunft verlangen können. CDs mit Daten von Steuerhinterziehern dürften zudem nicht mehr zu Ermittlungszwecken angekauft werden.

Kriminelle werden belohnt

Da wiegt die Kleinkriminalität, mit der vertrauliche Daten beschafft werden, eben schwerer, als die hohe kriminelle Energie von Vermögenden, mit der Millionen und Milliarden an Steuern hinterzogen werden. Statt wertvoller Informationen zur Strafverfolgung gibt es halt die Abgeltungssteuer, mit der sich kriminelle Vermögende wie auch die Banken in der Schweiz einfach freikaufen können.

Das ist ein toller Deal für die Besitzer von vorsichtig geschätzt rund 130 und mehr Mrd. Euro Schwarzgeld allein aus Deutschland. Angeblich sollen dem deutschen Fiskus durch diese Regelung Einnahmen in Höhe von rund zehn Milliarden Euro zufließen. Das wäre dann der Preis für die staatliche Mittäterschaft an der Steuerhinterziehung und die Reinwaschung der kleinen Bankenrepublik zum “Discount-Steuersatz”. Zudem bliebe das heilige Bankgeheimnis, das hierzulande schon längst nicht mehr für alle Bevölkerungsgruppen gilt, weiterhin gewahrt.

Die amerikanische Politik hat derweil längst erkannt, dass dieses Bankgeheimnis vor allem zur jahrelangen Steuerflucht und zum Steuerbetrug verleitet habe, dem die Behörden schließlich mit einer rigorosen Politik begegneten. Ein Verzicht auf Offshore-Banking für US-Bürger plus einer Entschuldigung vor dem US-Senat durch die größte Bank UBS folgten. In Deutschland wäre so etwas schlicht undenkbar. Warum nur? Vielleicht will man gar kein Steuerabkommen, sondern eher von der Steuer abkommen.

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Schäuble holt zum nächsten Schlag aus

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Derzeit ist die Öffentlichkeit total gebannt vom neuerlich stattfindenden Geschacher um den Posten des obersten und an sich bedeutungslosen Grußonkels der Republik. Abseits davon hat Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble angekündigt, schon 2014 – also zwei Jahre früher als geplant – die Schuldenbremse einhalten zu wollen. Dafür plant er ein weiteres Sparpaket in Höhe von etwa zehn Milliarden Euro aufzulegen, das im Kampf gegen das eigene Volk als weiterer Schlag verstanden werden muss.

Vor zwei Jahren nannte Georg Schramm das erste Sparpaket der Bundesregierung eine Kriegserklärung an die absolute Mehrheit des Volkes, das gar kein Vermögen hat, das man in Sicherheit bringen könnte.

Und so ist es auch jetzt wieder. Schäuble weiß, dass die Wirtschaft an Fahrt verliert. Europa versinkt in der nächsten Rezession und Deutschland wird das hart zu spüren bekommen. Noch glauben viele das Märchen vom nie endenden Aufschwung und einem robusten Arbeitsmarkt, der vor allem dafür sorge, dass der private Konsum gestärkt werde, auf den die konjunkturelle Entwicklung letztlich angewiesen sei. Allein die offensichtlich mit Absicht nicht erkannte Realität straft diese Darstellung Lügen.

Geplant sind vor allem Kürzungen im Bereich der Sozialversicherung. So sollen die Bundeszuschüsse zur Kranken- und Rentenversicherung um Milliardenbeträge gekürzt werden. Bei der Arbeitslosenversicherung sind noch einmal Einsparungen von mehreren hundert Millionen Euro vorgesehen.

Das einst mit viel Getöse eingeführte Elterngeld soll nun gedeckelt werden. Offensichtlich ist auch bei der Regierung die Botschaft angekommen, dass von der Sozialleistung vor allem gutverdienende Eltern profitieren. Gerade bei der Gruppe der Besserverdienenden ist somit ein Mitnahmeeffekt feststellbar, während Geringverdiener oder Eltern mit gar keinem Einkommen nach Abschaffung des Erziehungsgeldes mit deutlich weniger oder gar keinem Elterngeld (Hartz-IV-Empfängern wurde die Leistung zum 1. Januar 2011 komplett gestrichen) auskommen müssen.

Bei der Kürzung von Bundeszuschüssen zu den Sozialversicherungen spielt Schäuble das bekannte neoliberale Spiel der systematisch betriebenen Verarmung des Staates. Dabei werden zunächst mit diversen “Reformen” die Arbeitnehmer/Versicherten durch Aufkündigung der paritätischen Finanzierung sowie durch eine Übertragung von Leistungen auf die Versicherungsgemeinschaft, für deren Finanzierung eigentlich die Allgemeinheit, also alle Steuerzahler, zuständig sind, einseitig belastet. Danach schießt der Staat Steuermittel zu, um die entstandene Finanzierungslücke auszugleichen. Im Anschluss werden diese Mittel nun mit Verweis auf eine angeblich gute Konjunktur sowie die schlechte Kassenlage und die Schuldenbremse wieder eingespart.

So bekommt niemand mit, dass die Mehrheit der Bevölkerung schlichtweg um Leistungen betrogen wird. Gleichzeitig gelingt es dem Bundesfinanzminister, in der Öffentlichkeit als erfolgreich agierender Politiker dazustehen, dem die Haushaltskonsolidierung nach so vielen Jahren der gescheiterten Versuche nun endlich zu gelingen scheint. 

“Nicht aus Notwendigkeit solle der Staat machtloser und ärmer werden, sondern aus Prinzip.”  (zit. nach Barbara Supp, via NachDenkSeiten)

Nach dem volkswirtschaftlichen Sinn eines ausgeglichenen Haushalts fragt indes niemand mehr. Ihn zu erzielen, gehört aber für viele in diesem Land zu einem unumstößlichen Anspruch, kurzum zu einem Dogma, dem mit Argumenten kaum beizukommen ist.    

“Der gute deutsche Haushaltspolitiker sorgt für die Zukunft vor, indem er spart und den Gürtel enger schnallt, wenn es einmal schlecht läuft. Er wird unterstützt von vielen, die fest daran glauben, dass buchstäblich jeder seine Ausgaben und Einnahmen ausbalancieren muss. Das ist aber sogar im Lichte der herrschenden ökonomischen Lehre falsch. Wenn in einer Wirtschaft investiert werden soll – und in welcher sollte nicht investiert werden?-, würde selbst diese Lehre sagen, man müsse unbalanciert vorgehen, einer müsse also sparen, sprich weniger ausgeben als einnehmen, und ein anderer müsse sich verschulden, um zu investieren.

Suggeriert man den Bürgern jedoch, dass sie zwar sparen dürfen, die anderen aber gleichwohl ihre Einnahmen und Ausgaben ausgleichen sollen, dann ist dies gefährlicher Unsinn, weil man damit ein Rezept verordnet, das zwingend darauf hinausläuft, dass die Wirtschaft in einer schweren Rezession und einer immerwährenden Schrumpfung versinkt.”

Quelle: Heiner Flassbeck, Zehn Mythen der Krise, S.20

Menschen, die es dennoch versuchen und der herrschenden Lehrmeinung widersprechen, werden bezichtigt, einer Sinnestäuschung zu unterliegen, schreibt Jens Berger in seinem ersten Buch “Stresstest Deutschland”. Positionen, die nicht im Einklang mit der vorherrschenden Meinung stünden, würden von den Medien lieber “links liegengelassen” oder ausgeblendet, sagt er. Dabei ist klar:

“Wann immer über die angeblich horrende Staatsverschuldung palavert wird, sollte man im Hinterkopf behalten, dass Deutschland nahezu schuldenfrei wäre, wenn die Regierungen Kohl, Schröder und Merkel die Staatseinnahmenquote nach der Wiedervereinigung nicht durch teilweise groteske Steuersenkungen für Unternehmen und Besserverdienende gesenkt hätten.” (S.14)

Der Verlauf der Krise zeige aber noch etwas anderes. Dringend benötigte Konjunkturprogramme könnte Deutschland im Augenblick so günstig finanzieren wie nie. Zwar sei der Schuldenstand absolut und auch real gestiegen, die Zinslast während der Finanzkrise aber erheblich gesunken.

“Die populäre Behauptung, nach der Deutschland aufgrund der Schuldenproblematik keinen Spielraum hätte, um haushaltspolitisch gegen die massiven Folgen der Finanzkrise anzugehen, ist bei näherer Betrachtung nicht haltbar. Doch statt mit Hilfe antizyklischer Finanz- und Wirtschaftspolitik die Krisenfolgen einzudämmen, die Binnennachfrage zu stärken und damit als stärkste Europäische Volkswirtschaft die dringend benötigte Rolle einer Wachstumslokomotive zu übernehmen, verfolgt die deutsche Regierung eine prozyklische Sparpolitik und nutzt ihren gewonnenen Einfluss darüber hinaus auch noch dazu, ihre neoliberale Schockstrategie auf die gesamte Eurozone auszudehnen. Deutschland nutzt die Gunst der Stunde, um ganz Europa auf den neoliberalen Kurs deutscher Machart zu zwingen.” (S.218)

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Perfektes Timing: Wulff rettet Plan zur Bankenrettung

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Bundespräsident Wulff hat eine Erklärung für 11 Uhr angekündigt. Vielleicht gibt er seinen Rücktritt nach der Aufhebung seiner Immunität bekannt. Das würde dann zeitlich perfekt zur anstehenden Verabschiedung des nächsten Bankenrettungspakets am 27.02.2012 passen, das ja fälschlicherweise als Hilfsmaßnahme für Griechenland bezeichnet wird. Die Bundeskanzlerin meldet sich übrigens eine halbe Stunde später zu Wort. Ihre Italienreise wurde abgesagt. 

Damit dürfte das Hilfspaket im Volumen von 130 Milliarden Euro hinter einen möglichen Wulff-Rücktritt verschwinden und die Frage in den Vordergrund treten, wer ihm im Amt des Bundespräsidenten folgen könnte.  Über eine Aufhebung von Wulffs Immunität würde der Bundestag auf einer regulären Sitzung ebenfalls erst übernächste Woche abstimmen.

Das ist perfektes Timing. Denn in Sachen Euro-Rettung sieht es ganz danach aus, als ob Griechenland die deutschen Bedingungen nicht erfüllen kann. Der verschärfte Ton von Finanzminister Schäuble, der kürzlich noch beteuerte, die Griechen gar nicht quälen zu wollen, zeigt, dass es im Augenblick nur noch darum geht, an der Heimatfront Stimmung zu machen.

EDIT: Die griechische Staatsverschuldung steigt und zwar nicht trotz, sondern wegen der geforderten Sparmaßnahmen!  

“Per 31.12.2011 stieg der Schuldenstand der Zentralregierung in Athen auf 367,978 Mrd. Euro, wie das griechische Finanzministerium gestern mitteilte. Diese Daten verdeutlichen erneut, dass hoffnungslose Unterfangen bei einem schrumpfenden BIP, sinkenden Investitionen, sinkender Wertschöpfung, sinkenden Einkommen und Konsum die Staatsschulden abzutragen. Die Situation in Griechenland verschärft sich im Gegenteil immer weiter, so das das Ponzi-Scheme welches hinter der Finanzierung Griechenlands stand und die hoffnungslos unterentwickelte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Landes nicht mehr zu überdecken sind.”

Quelle: Querschuesse

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Niemand hat die Absicht…

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…die Griechen zu quälen, meint Wolfgang Schäuble auf Nachfrage.

Die griechische Bevölkerung muss da wohl etwas missverstanden haben. Der Schmerz, den die Griechen verspüren, müsse wohl als gnadenvolle Hilfe begriffen werden.

Denn Schäuble wie auch Bundeskanzlerin Angela Merkel versuchten am Montag den offenbar falschen Eindruck zu zerstreuen, dass ein Paket mit der fetten Aufschrift “Sparen”, ausschließlich etwas mit Kürzungen zu tun haben könnte. Vielmehr handele es sich um ein mehr oder weniger loses Maßnahmenbündel, das auch glückseligmachende “Strukturreformen” beinhalte, erklärte die Kanzlerin nach dem Treffen mit ihrem Beratergremium “Neue Finanzmarktarchitektur”, das von Otmar Issing, der auch auf der Gehaltsliste der Investmentbank Goldman Sachs steht, angeführt wird.

Goldman Sachs ist übrigens jenes Kreditinstitut, das Griechenland zu Beginn des neuen Jahrtausends mit Bilanzierungstricks half, sein Haushaltsdefizit zu verschleiern und sich für diese erstklassige Beratungsleistung mit rund einer Milliarde Euro bezahlen ließ. Den ganzen Prozess begleitet, haben damals all jene Gestalten, die auch nun wieder an vorderster Front als Krisenmanager in Erscheinung treten. So war der aktuelle griechische Ministerpräsident Papadimos damals griechischer Zentralbankchef, und der Chef des Euro-Rettungsfonds ESFS, Klaus Regling, hatte zwischen 2001 und 2008 die Aufgabe, die griechische Finanzentwicklung zu überwachen. 

Merkel

Nach deren aller Überzeugung habe die griechische Regierung nach den Beschlüssen vom Wochenende nun ausreichend bis 2020 Zeit gewonnen, um die Schuldenlast auf ein Maß zu reduzieren, das eine Refinanzierung an den Kapitalmärkten wieder ermögliche. Die Wut der griechischen Bevölkerung sei zwar verständlich und nachvollziehbar, die beschlossenen Maßnahmen aber alternativlos, erklärt Schäuble, der seine Hände stellvertretend für die deutsche Misswirtschaft seit Einführung des Euro in Unschuld wäscht. Die FAZ schreibt sogar:

“Deutschland ist nicht schuld an den griechischen Kalamitäten. Das hat die Elite eines Landes schon selbst besorgt, für das der Euro ein Danaergeschenk war. Doch die verantwortungslosen Teile dieser Elite suchen einen Sündenbock und meinen ihn in der deutschen Politik gefunden zu haben. Deutschland hilft – und wird doch dämonisiert, ausgerechnet von Leuten, die sich den Weg in die Währungsunion erschwindelt und sie an den Rand des Abgrunds gefahren haben. Das ist ein starkes Stück.”

Quelle: dradio Presseschau

Ein starkes Stück ist, dass die Helfer des Bilanzbetruges immer noch beratend tätig sind und nicht nur am Betrug verdienten, sondern auch an genau jenem drohenden Abgrund, in den die Griechen und die gesamte Eurozone zu stürzen drohen. Aber soweit reicht der mit seiner Affinität zu Fremdwörtern aufgeblasene bildungsbürgerliche Horizont nicht, wie auch nicht dafür, dass Deutschland mit seinen dauerhaften Leistungsbilanzüberschüssen ebenfalls gegen die so heiligen europäischen Stabilitätskriterien schon immer straflos verstoßen hat.

Werden die Regeln auch für Deutschland verschärft und die Löhne in Anlehnung zum griechischen Kürzungsprogramm zwangsweise erhöht, um für einen gesamtwirtschaftlichen Ausgleich in der Handelsbilanz zu sorgen?

Nein, in der kleingeistigen Welt deutscher Wirtschaftsjournalisten bricht sich peinliches Überheblichkeitsdenken bahn. So wie in der Neuen Osnabrücker Zeitung, die kurzer Hand und mit Schaum vorm Mund das “Kaputtsparen” zu einem wirksamen Mittel vernünftiger Wirtschaftspolitik erklärt:

“Auch wenn es paradox klingt: Nur wenn das Land kaputtgespart wird, hat es eine Zukunft. Was jetzt zerschlagen wird, stand auf tönernen Füßen, war eine wirtschaftliche Illusion von geradezu sozialistischem Ausmaß. Löhne und Lebensstandard in Griechenland müssen in einem Maße sinken, dass daraus ein Wettbewerbsvorteil gegenüber dem restlichen Europa erwächst. Dies lockt Investoren, dies schafft Kreativität und Wagemut, dies ermuntert Gründer. Nur so kann ein neues Fundament entstehen, um nicht dauerhaft auf Transfers angewiesen zu sein.”  

Quelle: dradio Presseschau

Es ist schon richtig, niemand hat die Absicht, die Griechen zu quälen, wenn es bloß darum geht, ihnen dadurch eine kreativ gestaltete Zukunft in Demut und Armut zu verschaffen, die sich dann mit den zerstörten Perspektiven anderer Völker deckt. Die Quälerei muss nur zum allgemeinen Handlungsprinzip erklärt werden und schon hat sie in den Augen der Folterer, die sich fälschlicherweise Reformer nennen, ihren Schrecken verloren. 

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Hornberger Schießen oder wie man die Krise meistert

Geschrieben von:

Ohne die regelmäßigen Gipfeltreffen der Regierungschefs oder der Finanzminister auf EU-Ebene geht es nicht mehr. Wer bis jetzt aber noch nicht begriffen hat, dass diese Konferenzen nicht deshalb veranstaltet werden, weil Entscheidungen zu treffen sind, dem erteilt Wolfgang Schäuble Nachhilfe:

Der deutsche Finanzminister hatte das Eurogruppentreffen schon vor Beginn zum Hornberger Schießen erklärt: “Sie brauchen gar nicht auf heute Nacht zu warten, denn es wird keine Ergebnisse geben.”  

Quelle: Tagesschau

Das musste mal deutlich gesagt werden, nachdem Bundeskanzlerin Angela Merkel mit ihrer regelmäßig vorgetragenen gedämpften Erwartungshaltung vor diversen Gipfeln die Schreibenden von der Sinnlosigkeit dieser Veranstaltungen noch nicht abschließend überzeugen konnte.

Aber trotz Schäubles klarer Ankündigung, keine Ergebnisse liefern zu wollen, berichten alle Medien brav von einer Vertagung der Griechenland-Rettung mit dem Zusatz “Ultimatum statt Hilfsmilliarden”. Dabei müsste man doch fragen, wozu man die Griechen noch gestern zur Eile drängte, den Sparmaßnahmen der Troika zuzustimmen, wenn man davon ausgehen konnte, dass die Eurogruppe die Freigabe der Rettungsgelder an zusätzliche Bedingungen knüpfen würde.   

Man muss einfach sehen, dass den Menschen hier bewusst Sand in die Augen gestreut wird. Die griechische Regierung wurde bereits vorsorglich auf Druck von EU und Deutschland umgebaut. Der griechische Premierminister Loukas Papadimos ist von Haus aus Banker. Bei seiner Einsetzung wurde ihm gerade von deutscher Seite eine hohe Kompetenz angedichtet. Gewählt wurde er aber nicht, sondern zum Chef einer Übergangsregierung ernannt, von der keiner so genau weiß, wie lange sie amtieren darf und durch wen sie eigentlich legitimiert ist. 

Griechenland muss liefern

Das der griechischen Übergangsregierung nun gerade von Deutschland vorgeworfen wird, die Bedingungen nicht schnell genug umzusetzen, hat Methode und gehört wohl zu einer Strategie, die nicht die Rettung Griechenlands zum Ziel hat, sondern die Durchsetzung einer Fiskalunion unter der Führung Deutschlands. Beide Seiten arbeiten deshalb auch Hand in Hand an einer Verschleppung des gesamten Rettungsprozesses. Das sieht man auch daran, dass der ehemalige Ministerpräsident Papandreou ebenfalls an den Verhandlungen teilnimmt, wie auch an der Vorgabe, dass alle Parteien in Griechenland unwiderruflich den diktierten Bedingungen zustimmen sollen.

In Deutschland wird derweil schon wieder über die Medien verbreitet, dass Angela Merkel um die Zustimmung des Bundestags zu weiteren Rettungsmilliarden bangen müsste. Ende Februar sollen die Abgeordneten auf einer Sondersitzung über das zweite Rettungspaket für Griechenland entscheiden, wie nach einem Treffen Merkels mit den Partei- und Fraktionsvorsitzenden am Freitag im Kanzleramt bekannt wurde. Dabei hänge die Zustimmung natürlich davon ab, ob Griechenland jetzt auch liefere und seinen Ankündigungen auch Taten folgen lasse, wie zum Beispiel Volker Kauder öffentlichkeitswirksam forderte.

Ein Schauspiel für den Wähler

Allerdings lässt die Anberaumung des Termins für eine Sondersitzung des Bundestages darauf schließen, dass die Hilfen ohnehin beschlossen werden müssen, egal ob Griechenland die geforderten Bedingungen erfüllt oder nicht. Hierbei handelt es sich um reine Symbolpolitik, da selbst eine Zusage der Oppositionsparteien in Griechenland, etwaige Abmachungen der aktuellen Regierung bei einem Machtwechsel (wann auch immer) nicht wieder rückgängig zu machen, keinesfalls bindend wäre.

Deutschland braucht für den Beschluss weiterer Hilfen eine vorzeigbare Gegenleistung, um dem eigenen Volk den abermaligen Transfer von Milliarden irgendwie glaubhaft vermitteln zu können. In dem Schauspiel muss es also am Ende so aussehen, als würden die Griechen tatsächlich noch mehr Anstrengungen unternehmen. Es muss aber auch so aussehen, als ob der Deutsche Bundestag eine Wahl hätte, um dem Eindruck entgegenzutreten, bloß Erfüllungsgehilfe der herrschenden Exekutive zu sein.

Eine Pleite Griechenlands ist für beide Seiten hingegen keine Option, da auch in diesem Fall Milliarden Euro Zahlungen aus Deutschland fällig wären.

Richtig scheint aber zu sein, dass sowohl die griechische Übergangsregierung wie auch die Bundesregierung, beide von denselben Bankern beraten, an einem gemeinsamen Strang ziehen, um Europa zu Lasten ihrer Völker umzubauen. Dafür braucht es vor allem Zeit, die Stück für Stück und in letzter Minute immer wieder theatralisch erkauft werden muss. 

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