Neues zu Riester

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Die NachDenkSeiten machen heute auf die Sendung m€x im Hessischen Rundfunk aufmerksam. Die lief gestern um 20:15 Uhr. Thema waren Riesterverträge und die kritische Aufarbeitung der darin enthaltenen versteckten Kosten.

Es ist ja ausdrücklich zu loben, dass immer mehr Journalisten den Betrug mit der Altersvorsorge zum Thema machen. Doch die Redaktion der Sendung m€x zieht überhaupt keine Schlüsse aus dem erarbeiteten Material, das aus Testberatungen gewonnen wurde. Im Gegenteil. Der Zuschauer bleibt mit der Feststellung zurück, dass sich in den durch den Staat geförderten Finanzprodukten enorme Kosten verbergen, auf die in fast allen Beratungsfällen gar nicht oder nur sehr unzureichend hingewiesen wurde. Am Ende sagt die Moderatorin der Sendung gar, dass Riestern dennoch wichtig sei.

Ja was denn nun? Sind die Kosten nun okay, wenn sie vorher offen benannt werden? Worin liegt denn nun für den Versicherten der finanzielle Vorteil beim Riestersparen, wenn die zu erwartende Rendite dank Krise gegen null tendiert? Warum nimmt man nicht das ganze Geld, das als Kosten im Säckel der Versicherer und dann im globalen Casino landet und investiert es in die viel günstiger arbeitende gesetzliche Rentenversicherung? Die Demografie kann es ja nun nicht sein, wenn die Renditen, wie jetzt zu beobachten, eindeutig von der realwirtschaftlichen Entwicklung abhängig sind, statt von einer unseriösen Bevölkerungsprognose. Diese Fragen hätte ich als Zuschauer der Sendung gerne beantwortet gesehen.

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Neues aus der Ideenschmiede Post

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Die Deutsche Post will künftig eine Neuerung bei der Briefzustellung einführen. Den Satz lasse ich jetzt einfach mal so stehen und bitte sie, sich mal kurz zu überlegen, was man an der Briefzustellung ändern könnte oder gar sollte. Also bisher war es doch wohl so, dass der Postmann einmal pro Tag (von Montag bis Samstag) am Briefkasten vorbei kam, um etwas durch den Schlitz zu werfen, sofern er auch etwas zum einwerfen dabei hatte (Kleiner Wortwitz von mir, man hat ja davon gehört, dass immer mehr Arbeitnehmer etwas einwerfen, um den stressigen Alltag zu überstehen. Aber das führt jetzt zu weit).:>>

Was ist an dieser Art der Zustellung nun verbesserungswürdig. Okay, es wäre vielleicht schön, wenn es die Post schaffen würde, überall gleichzeitig – und zwar am besten früh – zu sein. Doch das geht nun mal nicht mit einer recht dünn gewordenen Personaldecke. Und Personal muss man sich leisten können, gell? Deshalb soll nun auch der Kunde mit seinem Geld entscheiden, wie und wann er denn gern seine Post zugestellt haben möchte.

Erste Neuerung: Zum bisherigen Portopreis gibt es montags überhaupt keine Zustellung mehr, sondern nur noch in dem Zeitraum zwischen Dienstag und Samstag! Wobei ich mich da jetzt nicht auf jeden Tag festlegen möchte.

Zweite Neuerung: Wer künftig will, dass seine Post auch am Montag den Empfänger erreicht, klebt bitte eine etwas teurere Premiummarke auf den Brief. Es kann dann aber sein, dass die Sendung bereits am Sonntag zugestellt wird. Denn premium heißt nun mal, dass an sieben Tagen der Woche der Postmann klingeln könnte.

Diese Änderung gehört zum neuen Konzept „Strategie 2015“, an dem Post-Chef Frank Appel angeblich seit Monaten unter höchster Geheimhaltung herumwerkelt. Ist das nicht krank? Ich will ja gar nicht davon anfangen, dass bei der Liberalisierung des Postmarktes einmal versprochen wurde, es würde alles günstiger werden, sondern einfach mal den praktischen Nutzen dieses Wahnsinns demonstrieren und dem Leser die Möglichkeit eröffnen, bei klarem Verstand ein entsprechendes Urteil zu fällen.

Ich hätte da noch ein weiteres Beispiel dieser grotesken Privatisierung einer unteilbaren Aufgabe, die eigentlich zur staatlichen Daseinsvorsorge gehört. Letzte Woche habe ich doch tatsächlich erleben dürfen, wie drei Paketzustelldienste mit ihren sperrigen Transportern meinen privaten Parkplatz, die Zufahrt zum selbigen und die angrenzende Straße blockierten. Von diesen drei Zustellern liefen mindestens zwei im Paarlauf mit zahlreichen Paketen bepackt von Hauseingang zu Hauseingang. Wahrscheinlich haben beide nacheinander bei denselben Anwohnern geklingelt und diese gebeten, doch die Pakete der Nachbarn anzunehmen.

Ist das nötig? Ist das effizient? Um mal eine beliebte Floskel der Privatisierer aufzunehmen. Na klar ist das effizient. Denn dem Post-Unternehmer X ist ja nur wichtig, dass sein Zusteller möglichst zeitnah (deshalb Parkplatz blockiert) und flink (deshalb keine Benachrichtigung im Briefkasten, dass das Paket beim Nachbarn abgegeben wurde) die ihm anvertrauten Päckchen wieder loswird. Was andere machen, ist dem emsigen Betriebswirtschaftler egal. Das sind nur lästige Konkurrenten. Und nun stellen sie sich vor, in unserer Regierung sitzen genau solche betriebswirtschaftlich denkenden Pappnasen, die aufgrund dieser reinen Kostenüberlegungen handeln und Gesetze beschließen.

Die volkswirtschaftlichen Folgen bekommen die Beschäftigten solcher Unternehmen und letztlich die Verbraucher zu spüren, die allesamt die weiterhin sprudelnden Gewinne der Post und anderer am Markt aufgetauchten Akteure finanzieren dürfen. Mehr noch, sie dürfen auch noch mit laufendem Motor im eigenen Auto vor dem eigenen Parkplatz warten, bis alle Zustelldienste abgeschlossen sind. Apropos, hat eigentlich schon jemand die Auswirkungen dieses aberwitzigen Zustands auf die Klimabilanz der Bundesrepublik Deutschland und insbesondere den vermeidbaren CO2-Ausstoß untersucht? Ergebnisse schicken sie bitte direkt ins Bundeskanzleramt.

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Deutsche Wirtschaft schrumpft auch im 4. Quartal 2008

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Die deutsche Wirtschaftsleistung ist im vierten Quartal 2008 deutlich zurückgegangen: Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) war – preis-, saison- und kalenderbereinigt – im vierten Quartal 2008 um 2,1% niedriger als im dritten Quartal; das war der größte Rückgang gegenüber einem Vorquartal im wiedervereinigten Deutschland. Eine rückläufige Wirtschaftentwicklung verzeichneten bereits die beiden Vorquartale, in denen das BIP um jeweils 0,5% gesunken war. Lediglich in den ersten drei Monaten des Jahres 2008 ist die deutsche Wirtschaft gewachsen (+ 1,5%).

Quelle: destatis

Damit ist die deutsche Wirtschaft wie zu erwarten war mit am härtesten von der weltweiten Krise betroffen. Wenn man dann noch mal die Aussagen von „Experten“ und Politikern vor dem geistigen Auge Revue passieren lässt, insbesondere das Gerede von der robusten deutschen Wirtschaft fragt man sich, was da eigentlich gemeint war. Was ist denn nun mit den angeblich so erfolgreichen Reformen? Für was sind sie jetzt gut? Für was waren sie vorher gut?

Wir werden es nicht erfahren. Eine kritische Bilanz wird es wieder nicht geben. Im Gegenteil, es wird weiter einer Erhöhung der Reformdosis das Wort geredet werden. Die Schuldenbremse ist ja schon fast Gesetz. Sie verhindert, das künftige Regierungen, den durch die Reformen angerichteten Schaden wieder beheben können. Das nenne ich mal nachhaltige Politik. Wenn man also über Generationengerechtigkeit redet, sollte man sich die Schuldenbremse und die „Reformen“ der letzten Jahre genau anschauen. Sie sind es, die die künftigen Generationen deutlich belasten werden.

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Anhaltende Reallohnverluste

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Seit 2004 sinken in Deutschland die Reallöhne. Das geht aus einer aktuellen Bilanz des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) in der Hans-Böckler-Stiftung hervor (siehe hier).

Reallohnentwicklung

Und das Ganze trotz der bejubelten Aufschwungsjahre. Das ist einmalig in der Geschichte der Bundesrepublik. Die Reformen wurden fälschlicherweise für das Wirtschaftswachstum verantwortlich gemacht. Richtig ist, dass sie die abfallende Lohnentwicklung verursacht und beschleunigt haben. Denn nur durch den massiven Ausbau des Niedriglohnsektors, verknüpft mit der Förderung von Leiharbeit und prekärer Beschäftigung, der Einführung von Hartz IV und den damit verbundenen Druck auf die Tarifverträge sowie das jahrelange Gerede von der Lohnzurückhaltung, ist diese Entwicklung zu erklären.

In den Jahren 2000 – 2007 sind die Löhne in Deutschland nach Angaben der Europäischen Kommission inflationsbereinigt gerade einmal um 1,4 Prozent gestiegen. Damit belegt Deutschland in dieser Statistik den vorletzten Platz. Im Durchschnitt aller 27 EU-Länder stiegen die Löhne im selben Zeitraum um 7,5 Prozent. In den 15 alten EU-Staaten stiegen sie um 6,4 Prozent – also über viermal so viel, wie in Deutschland. Das Volkseinkommen wuchs dagegen zwischen 2000 und 2007 um 20 Prozent oder 300 Milliarden Euro an. Davon haben die Beschäftigten aber nur 80 Milliarden Euro abbekommen – der Rest landete im Geldbeutel einiger weniger.

Das gutbetuchte obere Zehntel der Bevölkerung verfügt derzeit über mehr als 60 Prozent des Gesamtvermögens von 6,6 Billionen Euro – das sind also rund 4 Billionen Euro. Die unteren 70 Prozent besitzen dagegen nur neun Prozent des Gesamtvermögens. Über ein Viertel aller Erwachsenen haben nach FR-Informationen gar nix oder sind verschuldet. Und dennoch wird bei den beginnenden Tarifverhandlungen im Öffentlichen Dienst, bei der Bahn sowie bei der Telekom schon wieder gemauert und gedroht. Diesmal wird die Wirtschaftskrise vorgeschoben, um abermals auf die Lohnbremse drücken zu können.

Die Bundesregierung spricht in ihrem Wirtschaftsbericht davon, dass der konjunkturelle Einbruch nur vorübergehend sein werde und fordert in ihrer Erklärung optimistisches Denken ein. Christoph Slangen quasselt in der Neuen Presse Hannover mit „Zweckoptimismus im Superwahljahr“ mal wieder völlig am Thema vorbei. Bis zum Jahreswechsel war in diesem Blatt eine Kaufrausch-Geschichte nach der anderen zu lesen, und nun heißt es auf einmal, dass die Konsumlust doch nicht so rasch um sich greifen werde, obwohl den Menschen „wegen niedrigerer Rohstoffpreise“ angeblich mehr Geld zur Verfügung stünde (Zitat: Christoph Slangen).

Über die katastrophale Lohnentwicklung und dem damit einhergehenden anhaltenden Kaufkraftverlust sowie die realen Vermögensverhältnisse verliert der Berliner Honorarschmierfink mal wieder kein Wort. Die Binnennachfrage wird also auch in diesem Jahr nichts zur wirtschaftlichen Entwicklung beitragen können, dabei wäre sie ein wirksames Instrument gegen die Rezession.

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Die SPD und ihre Garantien

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Haben sie sich mal angeschaut, wer alles von Garantien und Schutzschirmen profitiert? Nun ja, sie gehören wahrscheinlich nicht dazu, wenn sie abhängig beschäftigt sind. Ganz aktuell zum Beispiel bringt es ein sozialdemokratischer Arbeitsminister fertig, Garantien für die Wirtschaft abzugeben, auf Kosten der Arbeitnehmer, die sich mit dem realen Szenario Arbeitslosigkeit auseinandersetzen müssen.

Herr Scholz möchte den Beitrag zur Arbeitslosenversicherung dauerhaft bei 2,8 Prozent belassen und nicht, wie bisher geplant, nur bis zum Jahr 2010 befristen. Er bezeichnet das als eine Art „Garantie“ vor weiteren Belastungen für die Betriebe. Das muss man sich mal vorstellen. Der SPD-Mann Scholz folgt immer noch blind dem Arbeitgeber-Mythos der angeblich zu hohen „Lohnnebenkosten“. Inzwischen bleibt den Arbeitnehmern die gesetzliche Garantie auf „Hartz IV“ bzw. die Gewissheit, dass mit dem Ausdünnen des Etats der Agentur für Arbeit, auch deren Leistungen weiter radikal zusammengestrichen werden. Mit den veranschlagten 300 Millionen für Kurzarbeitergeld kommt der Minister nie und nimmer hin. Vor allem dann nicht, wenn die Krise länger dauert. Der Chef der Agentur rechnet deshalb auch mit rund einer Milliarde.

Damit hält die SPD auch in der Krise an ihrer Agenda-Reform-Dogmatik fest und ruiniert weiter die gesetzlichen Sozialsystme zu Gunsten von zweifelhaften Garantien für die Klientel anderer Parteien und wirtschaftlicher Einzelinteressen. Eine Arbeitslosenversicherung, die ihren Namen verdient, wird es dank der SPD nicht mehr geben. Selbst Union und FDP staunen über so viel Eifer, im Hinblick auf den von den Soziademokraten weiter voran getriebenen Sozialstaatsabbau.

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Die Crux mit der ideologischen Verblendung…

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…diese konsequent durchzuhalten fällt zunehmend schwerer. Nachdem Udo Harms schon gestern einen ziemlichen Bock zum Thema Konjunkturpaket II geschossen hat, meldet er sich heute wieder auf Seite 1 mit einem Leitkommentar zu Wort. Diesmal zu den Arbeitsmarktdaten.

„In den vergangenen Monaten hat sich der Arbeitsmarkt sehr robust gezeigt, […] Der Job-Boom ist vorbei. Beunruhigend ist nicht nur der aktuelle Anstieg der Arbeitslosenzahlen. Auch die Kurzarbeiter-Zahlen sind drastisch hochgeschnellt. Viele Firmen haben ihre Mitarbeiter zudem in Zwangsurlaub geschickt. Und zehntausende Leiharbeiter mussten Ende des vergangenen Jahres gehen. Inzwischen geraten auch Zeitarbeitsfirmen in Not.“

Wie kann man eigentlich schreiben, der Arbeitsmarkt sei robust gewesen, wenn man gleichzeitig zur Kenntnis nehmen muss, dass nun vor allem zehntausende Leiharbeiter auf die Straße gesetzt werden und damit auch Zeitarbeitsfirmen in Not geraten? Schöner kann man eigentlich nicht das Scheitern der sog. „Reformen“ beschreiben. Denn die entlassenen Leiharbeiter kriegen ja nicht mal das verlängerte Kurzarbeitergeld, sondern die sichere Gewissheit, zeitnah in Hartz IV zu landen. Wie kann man also von einem vorausgegangenen Job-Boom sprechen, wenn Harms weiter unten über die Verlängerung des Kurzarbeitergelds schreibt, dass diese Maßnahme im Grunde nur Arbeitslosigkeit verdecke? Hat denn dann Leiharbeit keine Arbeitslosigkeit verdeckt und die Statistik geschönt?

Aber Harms vergisst natürlich auch wieder bewusst eine Menge wichtiger Fakten. Die NachDenkSeiten haben dankenswerterweise mal aus dem aktuellen Arbeitsmarktbericht aufgelistet, worin dieser angebliche „Job-Boom“ eigentlich bestand.

Sozialversicherungspflichtige Beschäftigung

  • Im Juni waren 27,46 Mio. Arbeitnehmer sozialversicherungspflichtig beschäftigt, 603.000 oder 2,2 Prozent mehr als vor einem Jahr.
  • Dabei nahm die Vollzeitbeschäftigung um 373.000 oder 1,7 Prozent auf 22,44 Mio. zu, während die Teilzeitbeschäftigung um 230.000 oder 4,8 Prozent auf 5,00 Mio. zulegte.
  • In Westdeutschland hat die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung in den letzten drei Jahren um 1,03 Mio oder 4,9 Prozent zugenommen. Damit wurde der letzte Höchststand des Jahres 2001 allerdings immer noch knapp um 28.000 oder 0,1 Prozent verfehlt.
  • Vor allem bei unternehmensnahen Dienstleistungen gab es einen kräftigen Anstieg. Von Juni 2007 bis Juni 2008 um 6,2 Prozent oder 225.000 auf 3,85 Mio erhöht. Zum Teil beruht dieser Zuwachs auf Arbeitnehmerüberlassung, die um 61.000 oder 9,6 Prozent zugenommen hat; ihr Anteil an allen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten belief sich auf 2,6 Prozent.
  • Die sozialversicherungspflichtig Beschäftigten stellen mit 68,0 Prozent zwar den größten Teil der Erwerbstätigen; ihre Bedeutung hat aber im Trend über die Jahre abgenommen: 2000 lag der Anteil noch bei 71,1 Prozent und 1994 bei 75,3 Prozent. Über die Jahre an Gewicht gewonnen haben vor allem Selbständigkeit und geringfügig entlohnte Beschäftigung.
  • Bei den Minijobs gab es 2008 ein weiteres deutliches Plus. Ihre Zahl ist um 160.000 oder 7,8 Prozent auf 2,20 Mio. gestiegen. Beinahe jeder 12. oder 8,0 Prozent der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten hat einen solchen Nebenjob.
  • Die Zahl der ausschließlich geringfügig entlohnt Beschäftigten blieb im Vorjahresvergleich praktisch unverändert bei 4,88 Mio. Ihr Anteil an allen Erwerbstätigen beläuft sich auf 12,1 Prozent.
  • Die Arbeitsgelegenheiten in der Mehraufwandsvariante, die als Rechtsverhältnisse eigener Art in die Erwerbstätigenrechnung eingehen, lagen etwas unter dem Vorjahresniveau. Ihre Zahl hat sich um 10.000 auf 291.000 verringert.

Quelle: NachDenkSeiten

Was Harms also als „Job-Boom“ bezeichnet ist vor allem eine Ausweitung prekärer Beschäftigung, die alles andere als „robust“ ist. Herr Harms will seine Leser somit täuschen bzw. bewusst in die Irre führen. Ganz zum Schluss schreibt er, dass die Reserven der Agentur in der Rezession nicht reichen würden. Er sucht aber nicht wirklich nach Gründen und fragt schon gar nicht, warum die Bundesregierung trotz dieser bekannten Lage, dennoch die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung senkt. Die Entlassenen haben nämlich davon überhaupt nichts und mehr Arbeitsplätze entstehen dadurch auch nicht, obwohl man das immer noch behauptet. Kurzum: Herr Harms entzieht sich mal wieder der kritischen Aufarbeitung und gibt sich stattdessen einer sehr bedenklichen Manipulationstechnik hin.

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Deutschland eine Bananenrepublik

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Für viele wird diese Überschrift nicht sonderlich aufrüttelnd sein, weil sie schon längst der Überzeugung sind, Deutschland sei schlicht eine Bananenrepublik. Doch bisher fehlten anschauliche Beispiele aus dem poiltischen Alltag, die das auch belegen. Hinter die Fassade von PR-Kampagnen ließ sich nur schwerlich direkt blicken. Umso erstaunlicher ist da ein Bericht aus der Süddeutschen über die Montägliche Sitzung des Koalitionsausschusses zum Thema Konjunkturpaket II.

Wenn man das liest, kann einem wirklich schlecht werden. Was wurde nicht alles im Vorfeld über den 5. Januar geschrieben und berichtet. Da sollte endlich etwas Handfestes gegen die Krise beschlossen werden. Selbst die Bundesregierung tat immer wieder so, als würde das Ende der besonnenen Zurückhaltung an diesem Termin erreicht werden und von da an forsch ans Werk gegangen. Doch dann liest man davon, dass die CDU nicht mal ein Konzept bzw. eine eigene Tagesordnung mitgebracht hat und sich lieber darauf beschränkte, den Maßnahmenkatalog der Sozialdemokraten gewohnt unsachlich nach dem Motto, Daumen hoch, Daumen runter zu beantworten.

Von Sachverstand keine Spur. Volker Kauder etwa quittiert den Vorschlag der SPD, einen Kinderbonus zu zahlen, plump mit dem Satz: „Von dem Geld kaufen die Leute dann Flachbildschirme aus Japan.“ Genauso hatte Steinbrück (SPD) die angedachte Kindergelderhöhung im letzten Jahr kommentiert, als er sagte, dass Geld würde doch nur versoffen und verraucht. Was soll man dazu noch sagen? Vielleicht mehr unbeschrankte Bahnübergänge im Berliner Regierungsviertel fordern? Ich fürchte nur, es gibt nicht so viele vorbereitete Nachrufe.

Jedenfalls ist klar, das unsere Regierung kein Interesse an der Lösung dieser Krise zu haben scheint, nicht nur, weil sie sich konsequent einem Lernprozess verweigert, sondern auch wegen der Tatsache, dass sich die Beteiligten auf solche lang vorher angekündigten und als richtungsweisend deklarierten Treffen offenbar überhaupt nicht vorbereiten und diese dann auch entsprechend armselig gestalten.

Derweil faseln Medien wie die Neue Presse Hannover von einer „Fetten Geldspritze“ und spinnen weiter an dem Schuldenmärchen, wonach hohe kreditfinanzierte Investitionen den Staatshaushalt und künftige Generationen über Gebühr belasten würden. Noch immer haben diese medialen Mietmäuler nicht begriffen, dass der Staat noch mehr Schulden macht, wenn er die Wirtschaft stattdessen in eine tiefe Rezession abgleiten lässt. Irgendwann ist einfach kein Platz mehr da für neue Ösen auf dem immer enger zu schnallenden Gürtel.

Wie dämlich in der Birne muss man eigentlich sein, um sowas zu schreiben, wie Udo Harms es heute auf Seite 1 in seinem Leitkommentar tut:

„Denn auf Dauer lässt sich Wachstum nicht auf Pump finanzieren – das ist die wichtigste Lehre der aktuellen Krise.“

In dieser dummen Aussage verbirgt sich der gesammelte Unverstand aus einer offenbar fremdgesteuerten Denkrichtung. Plötzlich ist nicht mehr die zerstörerische Dimension eines deregulierten Finanzsektors die wichtigste Lehre, sondern die Pflege alter wirtschaftspolitischer Feindbilder. Man ignoriert weiterhin bewusst die Fakten. Zum Beispiel, dass durch höheres Wachstum auch Schulden abgebaut werden und zwar deshalb, weil die Produktivität durch zuvor getätigte Investitionen steigt. Deshalb sollte auch alles getan werden, um das Wirtschaftswachstum zu stützen. Deutschland steht doch deshalb so schlecht da, weil bis zu letzt geleugnet wurde, dass es unsere angeblich robuste Wirtschaft hart treffen werde. Und sie wird deshalb hart getroffen, weil die bisherige Wirtschaftspolitik und vorherrschende Denkrichtung falsch sind, weil sie statt Produktivität zu fördern, lieber auf die Reduzierung von allem setzt, was Kosten verursacht – einschließlich der menschlichen Arbeitskraft.

Die schwache Binnennachfrage hätte man schon viel früher beklagen können, wenn man denn die volkswirtschaftlichen Daten fachkundig und ohne ideologische Verblendung analysiert hätte. Doch damals hat man über Konjunkturprogramme nicht nur gespottet, sondern sie auch als weltfremd zurückgewiesen. Stattdessen hat man von einem Boom gefaselt, der Dank der Reformen angeblich zu Stande gekommen sei und nicht wegen der guten Entwicklung der Weltwirtschaft. Von den Reformen will Udo Harms wohl jetzt in der Krise nichts mehr wissen. Die sei freilich in ihrer weltweiten Dimension Schuld an unseren Problemen. Wo sind denn aber die Nachweise für den Erfolg dieser zwingend „notwendigen“ Reformen geblieben? Wo die viel beschriebene „Nachhaltigkeit“? Wo stehen wir denn jetzt besser da?

Wie blind muss man sein? Es wird immer noch so getan, als bewege sich tatsächlich etwas. Dabei hören wir seit Monaten nur von Ankündigungen und Spitzentreffen. Nach dem Bericht der Süddeutschen ist doch außer den Glückwünschen zu Steinmeiers Geburtstag überhaupt nichts weiter passiert. Eine fachliche Diskussion fand doch gar nicht statt. In den Redaktionsbüros unserer Medien offenbar auch nicht. Dort ist man emsig darum bemüht, aus dem nachweislichen Nichts eine Geistergeschichte zu zimmern, nur um zu verhindern, dass sich etwas an der herrschenden Meinung ändert.

Aus dem Bericht der Süddeutschen zum Beispiel geht hervor, dass die SPD überhaupt nicht daran denkt, höhere Einkommen befristet stärker zu besteuern. Dennoch wurde dieses Detail gezielt gestreut, wahrscheinlich von der SPD Spitze selber, damit unsere Medien eine Skandalgeschichte daraus machen konnten. Gestern bezeichnete Anja Schmiedeke die SPD in der Neuen Presse deshalb auch als Partei, der nicht mehr zu helfen sei, weil sie sich als Steuersenkungsverhinderungspartei profiliere.

Die Kampagnen laufen also ganz gezielt gegen eine Alternative zur bisherigen Wirtschafts- und Sozialpolitik. Ziel ist eine Erhöhung der Dosis des bisherigen Gifts, an dessen Verkauf eine Minderheit ordentlich verdient. Und breit angelegte Irreführung, Betrug und Scharlatanerie sollen die schädlichen Wirkungen für die Masse verdecken helfen.

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Erhellendes über die INSM

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Die „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“ beherrscht die öffentliche Meinung. Ihr Ziel ist es, das Denken der Menschen so zu verändern, dass sie sich für Reformen begeistern oder sie als zwingend notwendig erachten. Bei Leo Trotzki gab es ja die permanente Revolution, die im Kern den Fortschritt beschrieb. Bei den Dogmatikern der Neuzeit heißt es nun permanente Reformen, und sie beschreiben im Grunde den Rückschritt in die Zeit der sozialen Rechtlosigkeit.

Die Bürgerinnen und Bürger sollen es gut finden, wenn sich der Staat aus der Daseinsvorsorge zurückzieht. Der Abbau des Sozialstaats soll als Freiheitsgewinn begriffen werden. Doch sehen sie selbst, welche Einflüsterer sich hinter den handelnden Figuren aus Politik und Medien verbergen. Erfahren sie mehr über Merkels „Neue Soziale Marktwirtschaft“…

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NP und der Gesundheitsfonds: Teil 2

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Es ist nicht zu fassen. Christoph Slangen schrieb am Montag dieser Woche, also im letzten Jahr, eine Mahnung an die Krankenkassen, ALLE SPARPOTENZIALE auszuschöpfen. Am Freitag lese ich in der ersten NP-Ausgabe des Jahres 2009 nun wieder einen Kommentar von Christoph Slangen zum Thema Gesundheitsfonds. Darin bedauert er die wahrscheinlichen Sparmaßnahmen der Krankenkassen beim Service und der Qualität.

Dieser freie Journalist, der mit ziemlicher Sicherheit auch in anderen regionalen Blättern seinen Stuss verbreiten darf, ist einfach nur erbärmlich schlecht. Und die Chefs der Neue Presse Hannover machen sich nur noch lächerlicher, wenn sie glauben, dass das Gedächtnis der Leserinnen und Leser so kurz ist…

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Die NP und der Gesundheitsfonds

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Das Thema ist ein bissel komplex, das gebe ich zu. Dennoch sollte man als Journalist mehr dazu beitragen können, als die übliche Leier von der Sparerei. Christoph Slangen, unser NP-Sparfuchs und Sozialversicherungsguru durfte einmal mehr über Belastungen der Bürger im kommenden Jahr klagen und das vorschlagen, was er immer vorschlägt. Sparpotenziale ausschöpfen! Ach nee, er schreibt: Alle Sparpotenziale ausschöpfen! Mal was Neues…:yawn:

Christoph Slangen legt wieder eine falsche Fährte und tut so, als sei das Ganze nur ein Problem falschen Haushaltens. Würden die Kassen mit dem Geld besser umgehen, wäre alles nicht so schlimm. Kluges Management sei nun vor allem gefragt, so Slangen. Daneben noch Fusionen der Kassen untereinander, um Stärken zu bündeln, das wäre ein guter Anfang. Unter Schwächen verringern versteht er wohl den Abbau von dann überflüssigen Arbeitsplätzen, ich weiß es nicht, er lässt das wie immer offen.

Jedenfalls schreibt Slangen auch etwas Teilrichtiges. Mit dem Gesundheitsfonds habe die Regierung Kosten auf die Versicherten und Steuerzahler verschoben. Das nun wieder ist nicht neu. Jede Gesundheitsreform bestand im Grunde darin, Kosten einseitig auf die Versicherten abzuwälzen. Und hätte Slangen genauer hingeschaut, wäre ihm aufgefallen, dass der Steuerzahler in den letzten Jahren eigentlich entlastet wurde. Es wurden nämlich vor allem jene entlastet, die sich eine private Krankenversicherung leisten können. Warum?

Das liegt schlicht an der Tatsache, dass der gesetzlichen Krankenversicherung in den vergangenen Jahrzehnten immer mehr Aufgaben übertragen wurden, die eigentlich in einem öffentlichen und allgemeinen Interesse liegen, die also sozial-, familien- oder gesellschaftspolitisch begründet sind und daher aus Steuermitteln finanziert werden sollten. Der Beitragssatz könnte auf 10,35 Prozent gesenkt werden, wenn die entsprechenden Leistungen nicht der einzelnen Gruppe der Beitragszahler, sondern der Allgemeinheit und damit auch jenen auferlegt würden, die sich aufgrund ihres Einkommens jenseits der Beitragsbemessungsgrenze aus der Solidargemeinschaft verabschiedet haben und jenen, die per Gesetz keiner Beitragspflicht unterliegen, wie Beamte und Selbstständige.

Zu diesen versicherungsfremden Leitungen zählen zum Beipsiel Schwangerschaft, Mutterschaft, Mutterschaftsgeld, Kuren und Kosten für Haushaltshilfen. Insgesamt geht es hierbei um ein Volumen von vier Milliarden Euro jährlich. Warum soll die Familienförderung nicht von der gesamten Gesellschaft getragen werden? Das gleiche gilt für die beitragsfreihe Mitversicherung von Kindern.

Und was ist mit den Beziehern von Arbeitslosengeld II und Sozialgeld? Auch dieser Personenkreis ist gesetzlich krankenversichert. Die Bundesagentur zahlt seit den Hartz-Reformen aber nur einen reduzierten Beitrag, was zu einer erheblichen Belastung des Systems in Höhe von 29 Mrd. Euro führt. Hier hätte Herr Slangen ein wenig journalistisches Gespür beweisen und den Verschiebebahnhof zwischen den Sozialversicherungen und dem Staat zu Gunsten einer zweifelhaften Haushaltskonsolidierungspolitik anschaulich machen können.

Diese Quersubventionierung bewirkt, dass andere Zweige der Sozialversicherung sowie der Staat entlastet werden und somit der Eindruck erweckt werden kann, man hätte einen Sparerfolg erzielt. Die eigentliche Aufgabe der Sozialversicherung, ein bestimmtes Risiko durch Umlage von Beiträgen abzusichern, verschwindet immer mehr. Die gesetzliche Krankenversicherung scheint mir neben der gesetzlichen Rentenversicherung, ein weiteres Spielfeld neoliberalen Sozialstaatsfeindlichkeitsdenkens zu sein. Denn die Privatisierung von Gesundheitsleistungen wird mit dem neuen Fonds weiter forsch vorangetrieben. Bald werden analog zur Rentenversicherung, die Leistungen auf einen Grundsockel zurückgefahren und wer mehr will, soll privat vorsorgen. Die durch die Finanzkrise in Mitleidenschaft gezogenen privaten Versicherer freuen sich schon.

Das ist und bleibt der eigentliche Skandal hinter diesem Gesundheitsfonds. Dieselben Leute, die in der Krise eben noch nach der starken Hand des Staates rufen, ein Miteinander beschwören und um die Wiederherstellung von Vertrauen werben, machen in zentralen Fragen einfach so weiter wie bisher. Dem Herrn Slangen fällt das natürlich nicht weiter auf, deshalb ist sein Fazit, dass das Thema Gesundheitsfonds und dessen Weiterentwicklung nun zum Wahlkampfgegenstand würde, auch so erschreckend beliebig gewählt und belanglos zugleich.

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