Georg Schramm zum Rücktritt von Horst Köhler

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Vergessen sie den Mist, der in den Zeitungen geschrieben steht. Vergessen sie die Spekulationen von Journalisten, die mit ihrem Geschwafel zum Rücktritt Horst Köhlers den Anschein erwecken wollen, als täten sie doch noch etwas Sinnvolles. Das Beste was ich bisher gehört habe, war die Unterstellung, um mal beim Vokabular des Ex-Bundespräsidenten zu bleiben, Köhler sei ein Seiteneinsteiger gewesen, also jemand, der nicht! dem politischen Tagesgeschäft entsprungen sei. Da habe ich mir verwundert die Augen gerieben bzw. die Ohrmuschel massiert. Je nach Bedarf halt. Das ist natürlich ausgemachter Blödsinn und dient nur dazu, das Bild vom Bürgerpräsidenten zu pflegen.

Wobei ich inzwischen merke, dass sich der Ton gegen den Ex-Bundeshorst verschärft. Die respektvolle Distanz zum ehrenwerten Herrn Bundespräsidenten weicht allmählich der aggressiven Fußvolk-Floskel von einst, „Horst WER?“ Was hat den da eigentlich geritten, die Brocken einfach hinzuschmeißen, tönt es von den Qualitätsschreihälsen aus den Redaktionen. Damit beschädige er ja nicht nur sich, sondern auch das schöne Amt, welches uns schließlich den Monarchen ersetzt. Da können sie prima sehen, dass die deutsche Presse noch lange nicht an ihrem Tiefpunkt angekommen ist.

Ich will Horst Köhler nicht in Schutz nehmen, aber ihm zu unterstellen, er sei ein politischer Seiteneinsteiger, wird seiner grandiosen Rolle als rechte Hand Helmut Kohls nun wahrlich nicht gerecht. Wer war denn als Staatsminister im Bundesfinanzministerium 1990-1993 an dem Griff in die Rentenkasse zur Finanzierung der Deutschen Einheit beteiligt? Wer hat denn in der Wendezeit die Strippen bei der Abwicklung ostdeutscher Banken gezogen? Wer hat denn an dem Vertrag von Maastricht und damit an einer Beschneidung von Steuerungsmöglichkeiten nationaler Finanz- und Wirtschaftspolitik mitgeschrieben? Wer war denn der Sherpa des Bundeskanzlers Kohl, also der höchste Regierungsbeamte, der in Weltwirtschafts- und Finanzfragen im Auftrag der Regierung verhandelte?

Und wer war der Mann, der an der Spitze des IWFs den Staatsbankrott Argentiniens abwickeln sollte? Köhler ist kein Seiteneinsteiger, sondern ein Schreibtischtäter der besonderen Art. Nur Reden kann er halt nicht. Aber darauf kommt es nun einmal an, wenn man das oberste Staatsamt bekleidet. Aber auch dort war er alles andere als bürgernah. Haben die Berliner Schmierfinken schon vergessen, das Horst Köhler nach eigener Aussage ein unbequemer Präsident sein wollte, der sich in die Tagespolitik einmischen würde? Haben diese Schmierfinken ferner vergessen, dass er das auch tat? Und haben diese Schmierfinken ebenfalls vergessen, dass Horst Köhler ausschließlich auf der Seite der neoliberalen Reformer das Wort ergriff und die Rolle, die ihm von Merkel, Westerwelle, Schröder und Co. zugedacht wurde, ein Reform-Einpeitscher zu sein, willig übernahm?

Nein Köhler war kein Seiteneinsteiger, sondern ein nützlicher Idiot mit herausragenden Fähigkeiten für eine politische Beamtenkarriere, die nur leider im Amt des Bundespräsidenten völlig unbrauchbar sind. Da kommt es auf die Kraft des gesprochenen Wortes an, wie Georg Schramm es in einem aktuellen Interview mit dem Deutschlandradio treffend formuliert.

Quelle: dradio

Das Amt des Bundespräsidenten sei ein symbolisches Amt und lebe nur von der Macht des gesprochenen Wortes. „Und ausgerechnet Horst Köhler, ein Mann, der für jeden erkennbar genau darüber nicht verfügt, über die Kraft des gesprochenen Wortes, den macht man zum Bundespräsidenten.“

Nicht der Köhler oder die Öffentlichkeit mit ihrer berechtigten Kritik an dem Ausgeschiedenen hätten das Amt beschädigt, sondern gerade die politischen Führungspfeiffen von CDU, CSU und FDP, die Horst Köhler damals aus reinem parteipolitischen Geschacher, denn etwas anderes wird seit Jahrzehnten nicht betrieben wenn es um die Wahl des Bundespräsidenten geht, quasi während einer Sitzung in Guido Westerwelles Einbauküche dorthin geschoben haben. Und genau diese Leute warnen nun wieder davor, die kommende Wahl nicht als Plattform für eben dieses parteipolitische Geschacher aus Respekt vor dem Amt zu missbrauchen. Das ist einfach nur lächerlich.

Und Lothar Dombrowski regt sich deshalb darüber auf, wenngleich er, wie auch sein Alter-Ego Georg Schramm den Rücktritt des Bundespräsidenten freudig zur Kenntnis nehmen und sagen, dass diese Entscheidung das Beste war, was Horst Köhler in seiner Amtszeit gemacht habe.

(eigener Audio Mitschnitt eines Teils des Interviews als Zitat – keine Kopie der original Datei!)

Das vollständige Gespräch mit Georg Schramm und Lothar Dombrowski können sie auf der Seite von dradio noch mindestens bis zum 31.10.2010 nachhören (Über so eine bescheuerte Angabe könnte man sich auch totlachen).

Es wird also weitergeschachert nach dem Motto, Deutschland sucht den Superpräsidenten (DSDS). Mal sehen, wer es wird. Die Befürchtung von Dombrowski, dass es der Arbeiterführer Rüttgers werden könnte, ist gar nicht so abwegig. Denn dafür bekäme die SPD dann ihre Ministerpräsidentin Kraft in NRW. So könnte es doch tatsächlich laufen, wenn man die Botschaft der Kanzlerin richtig interpretiert, gesucht werde ein Kandidat, der auch die Zustimmung der Opposition fände. Rent a Rüttgers als Präsident. Was für eine üble Vorstellung. Ein korrupter Sprachfehler an der Spitze des Staates? Ein Supergau.

Am besten, Merkel träte auch noch ab, denn die fehlt noch auf der Liste, meint Georg Schramm. Westerwelle solle man behalten, um die FDP auch dauerhaft unter die Fünf-Prozent-Hürde zu drücken. Aber die Merkel müsse noch weg. Denn die sei schlussendlich unersetzbar.

6

Der Grußonkel mit dem Sparbuch tritt endlich zurück!

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Ich mache keinen Hehl aus der Tatsache, dass ich es sehr begrüße, dass mit Horst Köhler zum ersten Mal in der Geschichte der inzwischen zur Bananenrepublik verkommenen BRD, ein Bundespräsident von seinem Amt zurücktritt. Hurra!!!

Und wieder behält Georg Schramm recht, der in der letzten Folge „Neues aus der Anstalt“ über eine Fahndungsliste sprach, von der man schon einige Pappnasen hat streichen können. Zum demolierten Bild des Bundespräsidenten meinte er spontan wie richtig:

„Den kriegen wir auch noch!“

Schramm zu Köhler

Und nun ist es genau so gekommen. Die Republik fliegt in dieser Woche auseinander. Davon bin fast überzeugt. Seehofer stellte am Wochenende die Koalitionsfrage, sollte die Regierung über allgemeine Steuererhöhungen am Ende dieser Woche entscheiden und der Westerwelle sichert sich vorsorglich in NRW eine neue Machtperspektive mit SPD und Grünen. Die Regierung ist am Ende. Gescheitert an allem. Selbst die Bildzeitung entzieht der Kanzlerin das Vertrauen. Friedes Tintenknechte arbeiten bereits gegen Merkel.

Wann tritt auch sie zurück?

Laut Verfassung muss nun innerhalb von 30 Tagen ein neuer Bundespräsident gewählt werden. Wer soll das machen? Lena Meyer-Landrut? Im Grunde geht nur ein Kompromiss zwischen Union und SPD, da es wohl ausgeschlossen scheint, dass sich die streitenden Parteien CDU, CSU und FDP auf einen Kandidaten einigen, während sie sich bei der Frage um die richtige Krisenbewältigungsstrategie selbst zerfleischen.

Horst Köhler ist schon ein selten dämliches Exemplar Mensch. Jetzt tritt er zum zweiten Mal der amtierenden Regierung, die ihn als ihr Symbol ins Amt gehievt hatte, gehörig in den Arsch. Auch dafür müssen wir alle dem gelernten Sparkassendirektor dankbar sein. Er hat die Kriegspolitik der Bundesregierung aus dem Reich der Sprechblasen zurück auf den Boden der harten Realität geholt, unfreiwillig wohlgemerkt, und nun sorgt er mit seinem Rücktritt dafür, dass Deutschland ohne gewählten Grußonkel dasteht.

Was für ein Drama.

5

Kabarett kurios

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Nach dem angekündigten Rückzug von Georg Schramm aus der Anstalt wird inzwischen munter über die Motive spekuliert. Da kann es ja nicht mit rechten Dingen zugegangen sein beim ZDF. Es kann natürlich sein, dass Schramm aufhört, weil der Sender mosert. Ich kann mir das im Augenblick nicht vorstellen, zumal Neues aus der Anstalt ein Quotenhit ist und öffentlich kaum ein kritisches Wort gegen die Sendung zu vernehmen war.

Vielleicht sollte man zunächst einmal akzeptieren, dass Schramm genau aus den Gründen aufhört, die er angegeben hat. Weil er sein Soloprogramm und die Anstalt zugleich nicht unter einen Hut bringen kann. Es lohnt sich, einen Moment darüber nachzudenken. Die Sendung Neues aus der Anstalt ist ja nicht bloß ein originäres Kabarettprogramm mit lustigem Moderator, einzelnen festen Programmteilen und Gästen, die nacheinander auftreten. Neues aus der Anstalt ist eine Live-Inszenierung mit grandioser Interaktion, die nicht mal eben über Nacht aus dem Ärmel geschüttelt werden kann.

Erinnern sie sich nur an das Dreigestirn Malmsheimer, Priol und Schramm in der Sendung über die Spätrömische Dekadenz. Wenn die drei zusammen auf der Bühne spielen, gehört da mit Sicherheit akribische Vorbereitung und Abstimmungsarbeit dazu. Monat für Monat müssen sich also die beiden Kabarettisten Priol und Schramm ein Storyboard überlegen und die Umsetzung detailgenau planen. Da wird nichts dem Zufall überlassen und die eingeladenen Kollegen müssen zum Teil aktiv eine Rolle übernehmen. Das ist eine große Aufgabe. Insofern ist das Argument von einem zu hohen Zeit- und Kraftaufwand, den Georg Schramm neben seiner Soloarbeit nicht mehr leisten möchte und könne absolut nachzuvollziehen.

Vielleicht aber gibt es auch andere Beweggründe. Wenn das so sein sollte, wird er sie selbst mitteilen bzw. in seine künftigen Programmen einfließen lassen.

Auf der anderen Seite geht das ZDF natürlich gegen unliebsame Kollegen vor, wie der Fall Martin Sonneborn zeigt, der für die heute show loszog, um einen Pharmalobbyisten zu interviewen, sich aber nicht als Komiker zu erkennen gab, sondern sich als Mitarbeiter der heute-Redaktion vorstellte. Dabei demonstrierte Sonneborn auf amüsante Weise, wie dem Zuschauer wahrscheinlich regelmäßig wichtige Informationen vorenthalten werden, weil Journalisten und Lobbyisten gemeinsame Absprachen treffen, was vor der Kamera gesagt wird und was nicht.

Quelle: Telepolis

Sonneborn hatte Peter Schmidt, einen Lobbyisten der Pharmaindustrie, nämlich mit einer durchaus wahrheitsgemäßen aber missverständlichen Aussage für ein Interview geködert und damit eines der typischen Täuschungsmittel verwendet, die auch PR, Werbung und Politik gegenüber der Öffentlichkeit einsetzen. Konkret hatte der Ex-Titanic-Chefredakteur „um ein Interview für das ZDF“ gebeten, das er „nach Möglichkeit in einer der ‚heute‘-Sendungen, bevorzugt im ‚heute-journal‘ platzieren“ wolle.

Und hier der Beitrag:

Nachdem sich Peter Schmidt beim ZDF beschwert hatte, ging der Sender umgehend gegen Sonneborn und die heute show vor.

Mit Erfolg: Denn der ZDF-Programmchef Thomas Bellut ordnete nicht etwa – wie man erwarten könnte – eine Überprüfung und Säuberung jener Nachrichtenproduktionsteams an, die bei Schmidt und Konsorten den Eindruck erweckt haben könnten, dass die Anstalt alles für die Pharmaindustrie negative ganz selbstverständlich verschweigt, sondern verbot Sonneborn und anderen Autoren der heute show, bei ihrer Arbeit die geschützten Marken „heute“ und „heute-journal“ zu verwenden.

Bellut hat wahrscheinlich gedacht, dass die Seriosität des öffentlich rechtlichen Rundfunks Schaden nehmen könnte, wenn die Marken „heute“ und „heute-journal“ bei künftigen Interviewpartnern beschmutzt rüberkämen. Wer wollte sich dann noch mit dem ZDF unterhalten? Eine wahrlich fürchterliche Vorstellung. Dann lieber ein Wechselspiel aus Stichwortgebern und Phrasendreschern. Da ist der Zuschauer zufrieden und ruhiggestellt.

3

Zwei Rücktritte die unterschiedlicher nicht sein können: Schramm und Koch ziehen sich zurück

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Georg Schramm verlässt die Anstalt. In der nächsten Ausgabe im Juni, das ist die Folge 36, wird er seinen letzten Auftritt im ZDF absolvieren. Das ist sehr schade. :( Aber er bleibt uns als Kabarettist erhalten. Das ist die gute Nachricht. Zu den Hintergründen des Rücktritts siehe hier.

http://www.presseportal.de/pm/7840/1619795/zdf

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Roland, das Ekel, Koch tritt ebenfalls zurück. Und zwar von allen Ämtern. Er will der Politik gänzlich den Rücken kehren, drohte aber heute in Wiesbaden an, in anderer Funktion präsent zu bleiben und allen auf den Geist zu gehen. Das kann eigentlich nur bedeuten, dass der mehrfach überführte Verfassungskriminelle zur Atomlobby wechselt. Mal schauen, wer da das Portemonnaie aufmacht und die Drehtür öffnet. Ich sage an dieser Stelle schon einmal völlig wertfrei:

K O R R U P T I O N !!!

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Wortspiele und Aufklärung: Zu Neues aus der Anstalt – Folge 35

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Oft hört man ja vom sog. Vermittlungsproblem. Die politischen Entscheidungen müssten dem Volk nur besser erklärt werden und schon ernte man Verständnis und Zustimmung. So simpel klingt die Logik seit der Umsetzung der Agenda 2010. Und wenn der Wähler nicht mehr wählen geht, stattdessen lieber zu Hause bleibt, dann liegt das keinesfalls daran, dass sämtliche jemals an der Regierung beteiligten Parteien vielleicht falsche Entscheidungen getroffen hätten, nein, es läge halt immer daran, dass das Volk die Volksvertreter nicht verstehe. Die Wahlniederlage sei sogesehen eine Aufforderung, die Absichten besser zu erklären.

Deshalb kann Westerwelle auch von einem Warnschuss faseln, obwohl er lieber von einem Gnadenschuss hätte reden sollen, wie es Urban Priol zum Einstieg in die gestrige Sendung bissig auf den Punkt brachte. Der Primat der Politik auf der Anklagebank. Mit Merkel gehe ein Gespenst in Europa um (das war nicht der letzte Hinweis auf Karl Marx), die als neue Mis(s)Management durch die Krise stolpere, wie ein Qualitätsprüfer bei Toyota und dabei ganz offen eine Politik im Sinne der Finanzindustrie betreibe, die das Kabarett genau beobachten werde. Über die Fahndungsliste wacht der Patientensprecher. Ganz oben stehen Merkel und Ackermann.

En passant: Oskar Lafontaine beschrieb letztes Jahr vor den Bundestagswahlen einmal sehr schön, wer Bundeskanzler ist. Im Grundgesetz stehe ja, dass der Bundeskanzler die Richtlinien der Politik bestimme. D.h., dass derjenige, der die Richtlinien der Politik bestimmt (Richtlinienkompetenz), Bundeskanzler ist. Wenn man sich nun anschaut, was bei der IKB, der HRE, der Commerzbank, der Postbank und jetzt bei Griechenland sowie der EU geschehen ist, welche Geldsummen da auf Empfehlung oder sollte ich sagen auf Drohung Ackermanns in Bewegung gesetzt wurden, kann man nur zu dem Schluss kommen, dass Josef Ackermann unser Bundeskanzler ist und damit zurecht seinen Geburtstag im Bundeskanzleramt feiern darf.

Doch nun zurück zur Anstalt: Dombrowski versteht nicht, dass es Aufgabe der Kanzlerin sein soll, also jener Frau oder Sache, die die Richtlinienkompetenz dejure inne hat, das Vertrauen in das organisierte Verbrechen der Finanzmärkte wiederherzustellen. Misstrauen müsste wachsen und nicht Vertrauen, so Dombrowski. Warum, das zeigt die folgende Kasino Szene. Im Spielkasino gäbe es Tische mit realen Chips, die einen Gegenwert darstellen, mit klaren Regeln und Aufpassern, die Vertöße gegen die Regeln gnadenlos mit einem Rauswurf ahnden. Derweil spielt Dombrowski Roulette, setzt auf Rot und verliert. Er sagt ganz bewusst

„Schwarz, alles an die Bank!“

In Wirklichkeit kam nämlich die rote 36. :>> Das hat das Publikum leider wieder nicht richtig verstanden. Ich gebe zu, ich zuerst auch nicht.

Danach kamen Bildstörungen und ich bin mir zu 100 Prozent sicher, die Sendung lief von da an zeitversetzt. Warum auch immer. Um vielleicht rechtzeitig abzuschalten, wenn es dem ZDF zu bunt wird? Sie können das in der ZDF-Mediathek nachschauen. Auch dort sind die Störungen ab Minute 9:11 zu sehen. Die Bildqualität war im Anschluss grottenschlecht. Eben die Wiedergabe einer Aufzeichnung.

Die Anstalt wurde aber nicht vom Sender genommen, sie lief weiter. Der Zuschauer bekam eine schöne Erklärung, wie das Glücksspiel auf den Finanzmärkten funktioniert. Mit Sachen, die nicht da seien und mit Geld, das auch nicht da sei. So ein Konstrukt muss man natürlich „alternativlos“ schützen, damit der dumme Bürger nicht auf die Idee kommt, an der Systemrelevanz zu zweifeln.

Doch Urban Priol schlug zurück, in dem er zum Beispiel die Unfähigkeit der FDP-Ikone und stellv. EU-Parlamentspräsidentin Silvana Koch-Mehrin vorführte, als diese bei hart aber fair einmal schätzen sollte, wie hoch die Staatsverschuldung nach gut 75 Minuten Sendezeit gestiegen sei. Es sind rund 20 Millionen Euro, aber Koch-Mehrin meinte 6000 Euro. Dazu Priol bissig, Koch-Mehrin sei der überflüssigste Kostenposten, den wir je zur Endlagerung nach Brüssel geschickt haben und die wir nun, wahrscheinlich alternativlos, durchfüttern müssten, so wie die inkompetente, machtversessene Zonenwachtel, die alle ins komatöse Politikdesinteresse wegverwalte. :>>

Kein Schnitt, die Anstalt sendete weiter, wahrscheinlich weil Günther Zieschong, alias Uwe Steimle, auftrat und sagte, dass Priol im Prinzip Recht habe, aber wir nun Demokratie hätten und er deshalb lieber nichts mehr sage. :>>

Tat er aber doch mit seiner Brötchen-Analogie. Einfach klasse. Während es in der DDR nur zwei Brötchensorten gab, die am ersten Tag richtig lecker schmeckten und am zweiten Tag bereits so hart waren, dass man jemand damit hätte erschlagen können, brachte der Westen ein Mehr an Auswahl. Aber: Man hätte bereits am westdeutschen Brötchen erkennen können, was da im Zuge der „deutlichen Wiedervereinigung“ auf uns zukam.

„Luft! Unglaublich viel Luft!“

Aber nicht nur in der Backware selber, sondern vor allem auch bei den Namen der Produkte wie Wellness-Semmel zum Beispiel. Solche Bezeichnungen kann sich doch nur ein Unternehmensberater ausgedacht haben, der für so einen Schwachsinn eine Menge Kohle kassiert hat, während die armen Verkäuferinnen mit einem Hungerlohn abgespeist und mit diesen nichtssagenden Zungenbrechern allein gelassen werden.

Aber zurück zum eigentlichen Thema: Finanzkrise. In einem Zwischenspiel führte Dombrowski vor, wie die Menschen mit der Angst vor einem Staatsbankrott systematisch belogen werden. So, als ob es das noch nie gegeben hätte. Jedes große europäische Land sei schon einmal insolvent gewesen. Die Spanier hätten in einem Jahrhundert gar sechs Pleiten hingelegt. Trotzdem gibt’s das Land immer noch. Oder Frankreich. Dort habe der französische König zum Beispiel seine Zahlungsunfähigkeit dadurch auszugleichen verucht, in dem er seinen Gläubigern den Kopf abschlagen ließ. Bei uns gäbe es viele Laternen im Land, meinte Priol später an anderer Stelle.

Zur Finanzkrise sollte auch Piet Klocke einen Beitrag beisteuern. Das müssen sie sich aber angucken, denn beschreiben kann man das nicht: :>>

Nach dem etwas wirren und lustigen Auftritt von Piet Klocke wurde es wieder ernst. Oberstleutnant Sanftleben betrat die Bühne, um die zuletzt als Angriff auf die Eurozone bezeichnete Spekulation gegen Länder und Währung endlich mal nachvollziehbar zu übersetzen. Frau Merkel hat das ja bis heute nicht vollbracht. Seit Sonntag wissen wir zudem, dass auf den Finanzmärkten Krieg herrsche. So reden jetzt zumindest die Eurofighter. Doch was heißt das konkret? Warum greift uns der Feind, Big Money, überhaupt an? Der erste Weltkrieg mit virtuellen Massenvernichtungswaffen. Geld gegen Staaten. Ein aussichtsloser Kampf aus Sicht der Staaten. Oberstleutnant Sanftleben erklärt der Heimatfront den Krieg. Ein unverztichtbares Stück Aufklärung:

Und Wilfried Schmickler prophezeit eine düstere Zukunft. Bitter ernst und doch so wahr, denn wer menschlich aussieht, ist schon verloren:

10

TV-Tipp: Neues aus der Anstalt – Folge 35

Geschrieben von:

Es ist wieder so weit. Ein Monat ist rum, die Wahl in NRW gelaufen, das restliche Geld der Steuerzahler in den Händen von Politikern, Banken und Spekulanten und der Deutsche geht noch immer brav zur Arbeit, als wäre nichts gewesen. Es ist halt so, sagt er sich. Da kannste doch nur Irre werden. Dehalb, verpassen sie nicht Neues aus der Anstalt am Dienstag, den 11.05.2010 wie immer um 22:15 im ZDF live und direkt nach dem heute-journal.

Gäste diesmal: Piet Klocke, Wilfried Schmickler und Uwe Steimle

Quelle: ZDF

5

Finanzhilfen und festliche Galas: zweimal Georg Schramm

Geschrieben von:

Im letzten Beitrag ging es um die Griechenland-Hilfen einerseits und zum Ende um festliche Galas andererseits. Dazu habe ich zweimal Georg Schramm herausgesucht, dessen Beiträge zum heutigen Tag sehr gut passen. Einmal erklärt er uns, was Schuldendienst in Wirklichkeit bedeutet und im zweiten Beitrag geht es um eine neue Bedeutung von Wohltätigkeit… :>>

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Zu Neues aus der Anstalt – Folge 34

Geschrieben von:

Zu dieser Sendung fehlen mir fast die Worte. Ich glaube, dass war eine der besten Ausgaben von Neues aus der Anstalt, die ich bisher gesehen habe. Sogar der Bundespräsident verneigt sich. Ich weiß daher gar nicht, wo ich da anfangen soll. Mit Oberstleutnant Sanftlebens Trauerrede über das militärische Scheitern in Afghanistan, mit dem Steinmetz, der darüber nachdachte, wie man ein Denkmal für die Gefallenen eines umgangssprachlichen Krieges gestaltet, mit dem Pharmareferenten, der klarmachte, dass es völlig egal sei, wer unter seiner Lobby regiert oder einem Priol, der am Ende zum Dombrowski wurde und die NRWler dazu aufrief, schwarz-gelb zu wählen, weil dann „die Kanzlerin einmal gezwungen wird, all das zu zeigen, was sie nicht kann, wenn sie es einmal können muss.“

Eine Zusammenfassung ist sehr schwer. Man würde wahrscheinlich auch deshalb daran scheitern, weil man vieles vergisst. Daher müssen sie sich die komplette Sendung unbedingt selbst anschauen.

Quelle: ZDF-Mediathek

Trotzdem einige Höhepunkte. Besonders toll fand ich ja den Auftritt von Hagen Rether, der dem Papst ein Lied widmete. Er hätte ihn ja lieber ganz fest gedrückt. Aber der Eagles Klassiker „Desperado“ in der Johnny Cash-Version am Flügel wunderbar von Rether interpretiert, passte sehr schön. Einfach toll. Wobei es mir schwer fällt, sich den Papst als Cowboy vorzustellen. Aber Rether hat das einfach genial mit dem Papa-Mobil, dem modernen Gaul der Kriche, verknüpft.

You better let somebody love you,
You better let somebody love you,
You better let somebody love you,
Before it’s too late.

Es ist wahrscheinlich schon zu spät. Vor allem wenn man sich anschaut, was Georg Schramm an diesem Abend eindringlich zum Thema machte. Der Auftritt von Oberstleutnant Sanftleben hat mit Satire eigentlich nichts mehr zu tun, wie ich finde. Hier wird dem Zuschauer eine bittere Realität so deutlich vor Augen geführt, wie das kein anderer in diesem Land zu Stande bringen würde.

„So ein Pathos à la Guttenberg letzte Woche bei der Totenfeier. Das ist doch Trauerkitsch. Der Guttenberg soll weder seiner Tochter noch den Kindern der toten Kameraden erzählen, dass sie stolz sein sollen auf die Toten. Die sollen nicht stolz sein, die sollen traurig sein!“ Und ihr Weinen soll auch nicht übertönt werden von Politikern, die sich vorm Sarg ihr Image aufpolieren. Die sollen einfach dabei sein und ruhig schweigen. Alle Beide! Reden können sie vor dem Untersuchungsausschuss zu den 140 Toten in Kunduz! Ein militärstrategisches Desaster, sage ich ihnen.

Im Krieg sterbe zuerst die Wahrheit. Deshalb sollte auf einer Trauerfeier der Krieg draußen bleiben, um sich mit der Wahrheit beschäftigen zu können. Wir seien nur noch in Afghanistan und kämpfen, weil wir nicht den Mut hätten, zuzugeben, dass wir gescheitert sind. Eine Kultur des Scheiterns sei in unsererm westlichen Wertekatalog nicht mehr vorgesehen. Deshalb habe Clausewitz wohl geschrieben, nichts sei schwerer, als der Rückzug aus einer unhaltbaren Situation. Sanftleben appelliert regelrecht an den Zuschauer, der auch ein verantwortlicher Politiker sein darf, mutig zu sein, und das Schwere zu tun, in dem man das Scheitern eingesteht. Nur dann habe der Tod der Soldaten vielleicht noch einen Sinn gehabt.

Die Sendung war auch deshalb so grandios, weil das versprochene NRW-Wahlwatching nebensächlich war. Bei dieser Wahl geht es ja ohnehin nicht um Sachthemen oder die Probleme in der Gesellschaft, sondern um einen Ministerpräsidenten, der morgens Brötchen holt, damit er zu den FDP-Würstchen passt und eine SPD, die wahrscheinlich noch mit dem Spruch, wir haben die Kraft, plakatieren wird. Mit anderen Worten: Die Wahlen und der Wahlkampf sind überhaupt nicht mehr wichtig, sondern nur Ablenkung. Die Politiker spielen schließlich selbst Kabarett im Stück „Schicksalswahl“ und der Wähler soll sich unterhalten fühlen. Aber nicht mit Urban Priol. Der wurde zum Ende der Sendung erst zur Merkel und dann zum Dombrowski. Aber sehen sie selbst.

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TV-Tipp: Neues aus der Anstalt – Folge 34

Geschrieben von:

Nun ist schon wieder ein Monat rum. Und das heißt, am kommenden Dienstag, den 13.04.2010, öffnet die Anstalt im ZDF wieder ihre Pforten. Neues aus der Anstalt mit Urban Priol und Georg Schramm wie immer um 22:15 Uhr live und direkt nach dem heute-journal.

Gäste diesmal: Hagen Rether, Helmut Schleich und Christian Ehring.

Nach der Wahl ist vor der Wahl! Und so treffen sich Urban Priol und Georg Schramm im Foyer der Anstalt zum satirischen NRW-„Wahlwatching“. Sie spekulieren und disputieren über blutrote Visionen, grüne Optionen und mögliche Koalitionen. Nicht ohne das Berliner Treiben aus den Augen zu lassen, dessen Wahnsinn sie mit spitzer Zunge und scharfen Blick durchs kabarettistische Brennglas betrachten.

Quelle: ZDF

Lassen sie sich einliefern…

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Bild gibt den Takt vor und die Kanzlerin tanzt danach

Geschrieben von:

Es ist Krieg und Menschen sterben. Die Frage müsste eigentlich lauten, warum und für was zum Beispiel deutsche Soldaten ihr Leben riskieren und verlieren. Doch das bewegt die Meinungsführer in diesem Land nicht so sehr wie die Frage, ob die deutsche Regierungschefin an der Trauerfeier für die zuletzt gefallenen Kameraden teilnimmt oder nicht. Ursprünglich wollte Kanzlerin Merkel die delikate Angelegenheit wie immer unauffällig aussitzen. Schließlich hatte Kronprinz Gutti sein Kommen bereits angekündigt.

Doch heute rief Springers Sturmgeschütz Bild laut nach der Kanzlerin und sogar dem Bundespräsidenten. Und Merkel reagiert prompt und kündigt ebenfalls ihr Kommen zur Trauerfeier an. Ich erinnere noch einmal an Georg Schramm in Neues aus der Anstalt – Folge 28 (siehe hier im Blog):

„Ein Handstreich von Friede Springer würde reichen, und ihre Tintenknechte schreiben die Kanzlerin vom Thron herunter und werfen sie ihrer eigenen Partei zum Fraß vor.

Die wahrhaft Mächtigen, das ist gewiss, haben die Gunst des Volkes längst verloren. Deswegen ist diese Frau so wertvoll für sie. So lang die Frau die Gunst des Volkes hat, hat sie die Gunst der Macht.“

Es geht um die Macht der Mächtigen in diesem Land. Die ist nämlich bedroht, weil die Bevölkerung mit deutlicher Mehrheit den nutz- und sinnlosen Einsatz in Afghanistan verurteilt und ablehnt und damit auf sichtbare Distanz zum Puppentheater geht. Auf Dauer kann das eine Marionettenregierung wie die unsere nämlich nicht durchhalten, weshalb sie daran erinnert werden muss, ihre Außendarstellung oder ihr Spiel zu verbessern, damit der Pöbel bei Umfragen weiterhin angibt, dass Frau Merkel und Herr zu Guttenberg als einzelne Persönlichkeiten einen tollen Job machen, die Regierung als Ganzes aber nicht.

Der afghanische Präsident Hamid Karsai ist kein Verwirrter, der seine Verbündeten nur deshalb vor den Kopf stoße, weil er innenpolitisch etwas unter Druck geraten sei. Nein, er ist der einzige, der begriffen hat, dass der Krieg der NATO verloren und die ganze Operation nach acht Jahren sinnlosen Kampfes defacto gescheitert ist. Dass Karsai sich angesichts dieser Faktenlage andere Optionen sucht, ist logisch. Auf der anderen Seite sind die Schwachsinnsbekundungen eines Guido Westerwelle zum Beispiel völlig unlogisch und wirr. Ebenfalls via Bild lässt der Außenminister verbreiten:

„Es wäre falsch, jetzt einen exakten Abzugstermin festzulegen. Dann wüssten die Terroristen, wie lange sie noch durchhalten müssten, bis wir weg sind.“
[…]
„Wir haben vor wenigen Wochen eine neue Afghanistan-Strategie mit einer klaren Abzugsperspektive beschlossen. Wir wollen möglichst 2013 die Sicherheitsverantwortung an die Afghanen übergeben und 2011 erstmalig mit der Reduzierung des Bundeswehrkontingents beginnen.“

Ich bin ja immer noch dafür, dass es die bessere Strategie wäre, anstatt Soldaten lieber Herrn Westerwelle auf Staatskosten nach Afghanistan zu fliegen, er darf ruhig auch seine gewohnte Reisebegleitung als Unterstützung mitnehmen. Vor Ort könnte er dann den Kampf gegen die Taliban aufnehmen, indem er sich hinstellt und Vorträge über ein einfaches und gerechtes Steuersystem hält. Ich bin sicher, dass die Taliban und andere vor dem Westerwellschen Pickelgesicht und seinem rechtspopulistischen Geschrei in Scharen flüchten würden. Oder sie reagieren anders. Es wäre kein Verlu… >:XX

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