Was da Mindestlohn genannt wird

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Derzeit spricht ganz Deutschland über faule Eier. Die Diskussion um den Mindestlohn gehört auch dazu. Da hat der Bundesrat eine Initiative gestartet, wonach Deutschland einen flächendeckenden Mindestlohn in Höhe von 8,50 Euro bekommen soll. Die Bundesregierung lehnt das natürlich ab, die Arbeitgeber auch und der Vize der Agentur für Arbeit Heinrich Alt meint, der Mindestlohn würde an der Zahl der Aufstocker nichts ändern.

Recht hat er, denn die 8,50 Euro machen bei einer Vollzeitbeschäftigung von 160 Stunden im Monat gerade mal einen Bruttomonatslohn von 1360 Euro aus. Und wer hat schon einen Vollzeitarbeitsvertrag? „Von den 1,2 Millionen Aufstockern, die wir haben, sind 320 000 Vollzeit beschäftigt“, sagt Alt im Interview. Die niedrigen Löhne sind das eine, die prekäre Beschäftigung das andere. Darüber redet nur keiner.

Doch was ist von dem Vorstoß des Bundesrates zu halten? Der SPD-Chef Sigmar Gabriel plustert sich schon mal mächtig auf und brüllt in Richtung FDP: „Ein Mindestlohn ist der Lohn, den man braucht, um trotz Vollzeitarbeit nicht zum Sozialamt gehen zu müssen.“ Das sagt der Richtige, der wie einst bei der Geburt der Agenda 2010 jetzt auch wieder nicht merkt, wie missgebildet die Realität doch ist.

Hinzu kommt, dass erst kürzlich die Mathematik-Genies im Arbeitsministerium herausgefunden haben, was von der rot-grünen Senkung des Rentenniveaus am Ende übrig bleibt. Demnach führe ein Bruttomonatsgehalt von unter 2500 Euro nach 35 Beitragsjahren zwangsläufig zur Altersarmut. Das heißt, wenn Gabriel wirklich wollte, dass niemand trotz Vollzeitarbeit zum Sozialamt gehen muss, müsste er in Kenntnis der großen Rentenreform seiner Partei einen Mindestlohn von wenigstens 15,63 Euro fordern, statt lumpige 8,50 Euro als einen noch größeren sozialdemokratischen Wurf zu bezeichnen. Denn, so betont Erzengel Gabriel ja immer, nur gerechte Löhne würden vor echter Altersarmut schützen.

Doch um eine vernünftige Politik geht es schon lange nicht mehr. Die jetzige SPD-Initiative für den Mindestlohn ist genauso verlogen, wie das fast geschlossene Nein der SPD-Fraktion zum Mindestlohn im Jahr 2007. Damals meinten die Sozialdemokraten als Juniorpartner der CDU noch, die Linken würden nur einen Politzirkus veranstalten wollen. Den Zirkus veranstaltet die SPD nun wieder selbst. Sie fordert den Mindestlohn immer nur dann, wenn sicher ist, dass sie ihn nicht durchsetzen kann.

Die Arbeitgeber halten den Mindestlohn für „Gift“. Diese drastischen Worte wählte DIHK-Präsident Hans Heinrich Driftmann. Er sagte, vielen Geringqualifizierten würde damit der berufliche Einstieg erschwert. Das ist interessant. Heute war ich in Hannover auf der jährlich stattfindenden Berufs- und Ausbildungsmesse. Dort referierte ein Vertreter der IHK Hannover. Er meinte, dass der Fachkräftemangel in Niedersachsen und die hohe Jugendarbeitslosigkeit in Spanien eine Win-Win-Situation darstellen würde. Das sagt eigentlich alles.

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Gescheitert und überflüssig

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Zwei Meldungen sind in dieser Woche höchst interessant. Im Vermittlungsausschuss des deutschen Bundestages ist darüber diskutiert worden, ob Versicherungskonzerne Gelder einbehalten dürfen, die den Kunden mit Lebensversicherungen eigentlich zustehen. Als Grund für die Regelung wird die Niedrigzinsphase angegeben, durch welche die Konzerne in die Bredouille geraten seien. Die zweite Meldung dreht sich um die Zuwanderung. Sie ist angestiegen. Vor allem aus den Krisenstaaten des Euroraumes kommen mehr Menschen nach Deutschland. Die erste Meldung zeigt nun an, dass die private Altersvorsorge gescheitert ist und die zweite macht deutlich, dass die Begründung für den Umstieg auf die private Rente, nämlich ein angeblich dramatisch verlaufender demografischer Wandel, nunmehr weggefallen ist.

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Die Rückkehr der Kümmerin

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Die Bundeskanzlerin will noch vor der Wahl ein Gesetz gegen Altersarmut auf den Weg bringen. Was für eine Schlagzeile nach dem Treffen mit den Spitzen des Gewerkschaftsbundes. Rechtzeitig vor den Wahlen wird das Image der Kümmerin wieder nach vorn geschoben. Kämpfen will sie und das klingt dann so:

“Ich habe deutlich gemacht, dass die Bundesregierung die Absicht hat, hier auch gesetzlich noch tätig zu werden in dieser Legislaturperiode.“ 

Taktisch dürfte das Manöver der schwarz-gelben Regierung damit mal wieder aufgehen. Jetzt zählt nur noch das rasche Vorgehen und nicht mehr jener Murks, der da ursprünglich zwischen den Koalitionsparteien ausgehandelt worden war. Nun denkt ja jeder, die sog. Lebensleistungsrente die unter bestimmten Voraussetzungen zwischen 10 und 15 Euro über der Grundsicherung liegen soll, schütze vor der Altersarmut.

Damit das auch jeder glaubt, wird mit leicht verständlichen Größenvergleichen agitiert. Beispiel FDP: Falls das “große” nicht geht, wünschen sich die Liberalen zur Not ein “kleines Rentenpaket”. Ach wie niedlich. Wissen sie eigentlich, was in dem “kleinen Rentenpaket” drinsteckt? Eine Anhebung der Zuverdienstgrenzen beim früheren Renteneintritt. Sie dürfen also als Ruheständler weiterarbeiten und mehr hinzuverdienen. Ist das nicht toll? Die Kanzlerin meint nein und besteht auf der Vollvariante, dem Superlativ. Also den etwa 10 bis 15 Euro mehr, wenn sie 40 Jahre eingezahlt und zusätzlich privat vorgesorgt haben.

Tja und der DGB bietet als nützlicher Idiot die Startrampe für dieses Nebelgeschoss. Am Mittwoch schaut dann Fettnäpfchen-Peer beim Obergewerkschafter Michael Sommer vorbei.

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Tag des Widerrufs

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Der heutige Tag steht im Zeichen des Widerrufs. Die gottesfürchtige CSU widerruft freiwillig ihre aus voller Überzeugung mitgetragene Entscheidung zur sogenannten Lebensleistungsrente™. Ketzerei schallt es aus dem Munde des schnurrenden Kätzchens. Fürsorge und Versicherung dürften nicht miteinander vermischt werden. Dabei hat von der Leyens Teufelszeug mit keinem der beiden Prinzipien etwas zu tun.

Dafür kommt die überführte Ankündigungsministerin aus Niedersachsen, dem Land, in dem auch Professor Pfeiffer forscht. Der Kriminologe soll nun nach dem Willen der Katholischen Kirche auch widerrufen. Und zwar seine Behauptung, die Kirche würde das zensieren wollen, was in ihren vernichteten Akten steht – oder so ähnlich. Eine schriftlich formulierte Unterlassungserklärung hat die juristische Abteilung der klerikalen Würdenträger – die Inquisitions AG – bereits versandt.

Da möchte man doch glatt Jean-Claude Juncker zitieren:

„Ohne die Deutschen wäre einiges machbar gewesen“

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Private Altersvorsorge ist die moderne Kirchensteuer

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Die Grünen haben auf einmal entdeckt, dass die private Altersvorsorge unübersichtlich und verbraucherfeindlich ist. „Der deutsche Steuerzahler buttert jährlich Milliarden in die private Altersvorsorge. Das soll die Rentnerinnen und Rentner reich machen, nicht die Banken und Versicherungsmakler“, sagte die verbraucherpolitische Sprecherin der Grünen, Nicole Maisch, der Berliner Zeitung. Tja, wo liegt das Problem? Die Grünen wollen es erkannt haben. Schuld sind die Versicherungskonzerne und deren Vermittler, die ihre Kunden über die tatsächlich anfallenden Kosten im Unklaren ließen, ja diese sogar verschleierten.

Doch wer nun gesunden Menschenverstand von den Grünen erwartet, sieht sich getäuscht. Denn nicht die Beseitigung eines Geschäftsmodells, das nur unter den Bedingungen Angst und Täuschung funktioniert, bildet die Conclusio, sondern die alberne Forderung nach mehr Transparenz. Die angebotenen Produkte müssten im Vergleich zum staatlichen Rentensystem ähnlich transparent, verständlich, kostengünstig und leistungsstark sein, empfiehlt der Finanzwissenschaftler Andreas Oehler, der im Auftrag der Grünen mal nachgeforscht hat und den Gesamtschaden für die Verbraucher auf 50 Milliarden Euro pro Jahr beziffert.

Ja warum nehmen wir denn dann nicht das staatliche Modell, Herrgott noch mal?

Diese Frage stellt sich aber nicht, weil jener Glaube es verbietet, den auch die Grünen predigen. Private Altersvorsorge sei zwingend notwendig wegen Demografie und so. Das steht halt in der neoliberalen Bibel. Doch wenn dieser Satz gilt, fällt es auch den aufgeklärtesten Grünen schwer, den logischen Gedankenschritt zu der Frage hin zu gehen, ob ein privates Geschäftsmodell mit der Altersvorsorge unter den von Oehler beschriebenen Voraussetzungen überhaupt funktionieren kann. Denn wäre die Riester-Rente oder ein anderes dieser “Produkte” transparent und verständlich würde jeder erkennen, dass diese niemals kostengünstig und leistungsstark arbeiten können.

Ganz im Gegenteil wird der Beschiss der Verbraucher durch eine gigantische staatliche Subvention, genannt Riester-Förderung, zusätzlich verschleiert. Nur so ist die private Altersvorsorge überhaupt erst attraktiv geworden. Politik und Versicherungswirtschaft sitzen als Komplizen im selben Boot und animieren den Verbraucher permanent zur Mitnahme staatlicher Subventionen, die er ohnehin selber zu zahlen hat. Auch diejenigen, die sich aus gesundem Menschenverstand der Verblödung entziehen und bewusst oder aus Mangel an finanziellen Möglichkeiten ganz auf den privaten Ablasshandel verzichten, werden als Steuerzahler an der Finanzierung von Abschluss-, Vertriebs- und Mietmaulgebühren in Funk und Fernsehen beteiligt.

Es ist wie mit der Kirchensteuer. Sie können aus der Herde austreten, einem völlig anderen Glauben angehören oder Atheist sein, sie finanzieren beide Läden trotzdem mit. Immerhin bleibt neben all den Ritualen und Gebeten auch etwas für das Gemeinwohl übrig, wohingegen die private Altersvorsorge nur dazu dient, Beiträge aus einem effizient und sicher arbeitenden System auf die Mühlen einer kriminell agierenden Finanzindustrie umzuleiten. Maschmeyers Ölquelle dürfte inzwischen als feststehender Begriff in der Enzyklopädie der Versicherungswirtschaft zu finden sein, gleich neben dem passenden Bild.

Der Skandal um die private Altersvorsorge ist nicht neu. Doch warum entdecken die Grünen ihn erst jetzt? Na weil das Geschäft insgesamt ins Stottern geraten ist. Der Verbraucher ist verunsichert. Da wollen die Grünen mit ihrem scheinkritischen Getue verlorenes Vertrauen zurückgewinnen.

Inzwischen läuft die Debatte in den Medien ausschließlich in Richtung Kündigung von Verträgen. Hier müsse der Verbraucher über Stornogebühren und Verluste schon beim Abschluss besser informiert werden. Den Mist abschließen, soll er ja weiterhin. Würde man dagegen verstärkt die hohen Kosten einer privaten Versicherung von bis zu 40 Prozent des Beitragssatzes unter die Lupe nehmen und mit den moderaten Verwaltungsgebühren von weniger als 5 Prozent bei der gesetzlichen Umlage vergleichen, wäre sehr schnell vieles klar. Man braucht nicht mehr Transparenz, sondern schlichtweg offene Augen, um genauer hinzusehen. Aber das wollen weder Politiker und Medien noch die Stiftung Warentest, die durch das Geschäft mit der vermeintlichen Absicherung sozialer Risiken finanziell profitieren und damit mehr verdienen als mit der Recherche und Weitergabe von Informationen.   

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Grundrechenarten

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Reicher Mann und armer Mann, standen da und sahn sich an. Und der Arme sagte bleich: “wär ich nicht arm, wärst du nicht reich.”

Bertolt Brecht hat mehr von Volkswirtschaft verstanden, als 90 Prozent der deutschen Ökonomen oder führende Politiker, die als Abgeordnete des deutschen Bundestages oder als Regierung über Maßnahmen entscheiden, die unser aller Schicksal bestimmen.

In dieser Woche erreichten uns neue Zahlen zur Vermögensverteilung, die eigentlich niemanden überraschen dürften. Daneben tobt die Rentendebatte, in deren Schlepptau eine neuerliche PR-Offensive der Versicherungslobby folgt. Selbst diesen unbedeutenden Blog erreichen Mails von irgendwelchen Agenturen, deren Texte und Grafiken über tolle Anlagemöglichkeiten zur Vermeidung von Altersarmut ich doch gern verwenden könne.

Die große Volksverdummungs-Stiftung mit Namen Warentest veröffentlicht wieder Berichte über Riester-Renten und stellt völlig überraschend fest, dass nur 5 von 29 Policen im Sinne der Versicherten “gut” seien. Man fragt sich verwundert, was unabhängig vom Sinn der Riester-Rente aus der staatlichen Zertifizierung geworden ist, die angeblich all diesen Verträgen geprüfte Seriosität verleihen sollte. Es wird einfach weiter manipuliert und dummes Zeug erzählt.

Heiner Flassbeck hat unterdessen herausgefunden, dass die Sparquote der privaten Haushalte seit der Einführung der Riester-Rente im Jahr 2002 praktisch unverändert geblieben ist. Messerscharf kombiniert der Ökonom:

“Der Staat hat mehr als zehn Milliarden an Subventionen dafür ausgegeben, dass die Haushalte Ersparnisse, die sie ohnehin gehalten hätten, teilweise durch Riester-Produkte ersetzt, insgesamt aber weniger gespart haben. Sinnloser kann eine Subvention nicht sein.”

Es ist doch vollkommen klar, dass die Versicherungsbranche bei solch einem Befund leicht in Panik gerät und ein Versiegen der vom Staat am Sprudeln gehaltenen, kommerziell sehr lukrativen Ölquelle befürchtet. Denn im Gegensatz zu den Politikernasen beherrschen die Damen und Herren Finanzvertreter die Grundrechenarten und setzen sie für ihre Zwecke ein.

Möglicherweise könnte ja ein Blitzerwarner helfen, um die Zunahme absurder Entscheidungen zu verhindern. Geblitzt wurde auf der herbstlichen Sommerpressekonferenz der Bundeskanzlerin ja viel. Doch relativ unbemerkt und unwidersprochen durfte sie Unglaubliches in die Notizblöcke diktieren:

“Wegen der sehr hohen Verschuldung sind die Finanzmärkte in Sorge, ob wir die Schulden jemals zurückzahlen können.” Deshalb müssten die Ausgaben für den öffentlichen Sektor in vielen Euro-Staaten zurückgeschnitten werden, auch wenn dies in einer Übergangsphase sicher zu “negativen Wachstumsimpulsen” führe, sagte Merkel. Dafür zeige sich etwa in Spanien und Portugal aber bereits, dass durch den eingeschlagenen Reform-Kurs wieder Arbeitsplätze in der Industrie- und Exportwirtschaft entstünden.

Quelle: Reuters

Ihr blute übrigens das Herz, weil vor allem die Griechen mit niedrigem Einkommen unter der Krise zu leiden hätten. Die Sorge der Finanzmärkte wiege aber schwerer und der Hunger, den die Menschen im angeblich wieder aufstrebenden Portugal verspüren und der sie deshalb zu Tausenden auf die Straße treibt, scheint bei Frau Merkel und den Hauptstadtjournalisten in Berlin noch nicht angekommen zu sein. Der Reform-Kurs wirke ja, so die Botschaft. Wen interessieren schon die Realitäten. Zum Beispiel, dass Portugals Wirtschaft in diesem Jahr um weitere 3,3 Prozent geschrumpft und die Arbeitslosigkeit auf das Rekordniveau von 15,7 Prozent angestiegen ist.

Das sei ja nur eine Übergangsphase mit “negativen Wachstumsimpulsen”. Aha. So etwas kann Frau Merkel, kann auch jeder andere heute einfach sagen, ohne das jemand die betreffende Person für einen Schwachkopf oder eine Schwachköpfin hält. Wie gut, dass es da noch ehemalige Finanzminister gibt, die mit “frischen Konzepten” zur Regulierung der Kapitalmärkte aufwarten. Bei der Vorstellung der Steinbrück-Biografie – ich dachte, die hätte Su-Peer schon mit dem Buch “Unterm Strich” abgeliefert – rührt ein weiterer Ex-Finanzminister (Theo Waigel) die Werbetrommel für den Starökonomen der SPD.

“Ja, er kann es”, sagte Waigel. Nur was? Schach vielleicht? Im vergangenen Jahr hatte diesbezüglich Altkanzler Helmut Schmidt wohl unbeabsichtigt aber dennoch “Zug um Zug” Steinbrücks Schwächen offengelegt. Waigel attestiert ihm nun ökonomischen Sachverstand und das Gerede um die Kandidatenfrage, wer auch immer das für wichtig hält, breitet sich weiter aus.

Dabei hätte ich von allen Kandidaten und der amtierenden Regierung einmal die fünf Konten der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung erklärt bekommen, von denen der oben zitierte Bertolt Brecht offenbar mehr verstanden zu haben scheint.

Professor Bontrup, Sprecher der Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik übernimmt:

Auf Konto eins, das sind die privaten Haushalte haben sich zwischen 1991 und 2010 1986,7 Mrd. Euro an Vermögen angesammelt. Das sind im Schnitt rund 100 Mrd. pro Jahr. Wo die gelandet sind, steht im aktuellen Armutsbericht. Auf Konto zwei, das sind die nichtfinanziellen Kapitalgesellschaften, also produzierende Unternehmen, standen zum selben Zeitpunkt 414,9 Mrd. Euro Schulden, was auch vollkommen normal ist, da Unternehmen für Investitionen Kredite aufnehmen müssen. Auf Konto drei haben die Finanzinstitute, also Banken, Versicherungen und die Bundesbank ein Vermögen von 260,1 Mrd. Euro zwischen 1991 und 2010 angesammelt, was durchaus verwunderlich ist, wenn man das Gerede vom Misstrauen und einer angeblichen Kreditklemme in Erinnerung hat.

Auf Konto vier kommen nun endlich die nächsten Schuldner. Der Staat, also alle öffentlichen Haushalte (Bund, Länder, Kommunen) und die Sozialversicherungen. Sie haben zwischen 1991 und 2010 Schulden in Höhe von 958,9 Mrd. Euro angehäuft. Das sind durchschnittlich rund 48 Mrd. Euro neue Schulden pro Jahr. Wenn man jetzt mal alles zusammenaddiert, fehlt etwas, damit die Bilanz ausgeglichen ist. Und zwar noch weitere Schulden in Höhe von 873 Mrd. Euro. Die sind in Konto fünf verbucht, das die Überschrift “Ausland” trägt. In diesem Konto ist das in diesem Blog immer wieder thematisierte Bilanzungleichgewicht erkennbar. Der Exportweltmeister hat Forderungen in gigantischer Höhe angehäuft. Dafür hat der deutsche Michel nun seinen Gürtel enger geschnallt. 

Zwischen all diesen Konten besteht ein Zusammenhang. Die rund 2 Billionen Euro Vermögen brauchen zwangsläufig einen Schuldner, um überhaupt als Vermögen existieren zu können. Will man also die Schulden abbauen oder neudeutsch bremsen, muss man zwangsläufig auch Vermögen reduzieren oder dessen Vermehrung einbremsen. Da dass aber nicht im Interesse der Vermögenden ist, werden zwischen den Konten allerhand trickreiche Umbuchungen vorgenommen. Meistens fällt dem Konto vier dabei die Rolle des Schurken zu. Allein in den Krisenjahren 2009 und 2010 hat sich die Staatsverschuldung um 72 Mrd. bzw. 82 Mrd. Euro erhöht.

Das musste so sein, weil die Vermögenden ihre Verluste an den Finanzmärkten nicht durch einen Vermögensverlust bezahlen wollten. Die privaten Haushalte haben im Gegenteil im Jahr 2009 ihr Vermögen um zusätzliche 136 Mrd. Euro steigern können. Um das zu realisieren, mussten auf der anderen Seite auch die Schulden in den Konten vier und fünf steigen.

Bei der politisch veranlassten Umbuchung hat übrigens der oben kurz erwähnte und ach so kompetente Ökonom Steinbrück als Finanzminister und Best-Krisenmanager-Ever im Verwendungszweck des Überweisungsträgers  das Wörtchen “systemrelevant” eintragen lassen. Sie erinnern sich? Nun brauchte nur noch eine sprachliche Umdeutung der Vermögenskrise in eine Staatsschuldenkrise zu erfolgen und der Drops war gelutscht.

Es ist übrigens witzig, dass Steinbrücks angeblich bahnbrechendes Konzept den Umbau der Deutschen Bank vorsehen soll. Die Manager müssten sich warm anziehen, heißt es. Wie warm Steinbrück im Herbst 2008 wohl angezogen war, als ihn Ackermann über den Tisch gezogen hat und er kreidebleich mit seiner Chefin Angela vor die Presse trat, um eine Garantie für die Spareinlagen aller Deutschen abzugeben, können wir wohl jenseits des Protokolls in Steinbrücks Biografie nachlesen.

Und morgen suchen wir alle einen Namen für die neue Billig-Airline der Lufthansa.

Gute Nacht.      

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Die SPD macht sich lächerlich (Teil 2)

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In der Rentendiskussion hat sich die SPD zu Verhandlungen mit der Union grundsätzlich bereiterklärt, sofern ein paar Bedingungen erfüllt würden. Die Chancen für einen Kompromiss hält SPD-Chef Gabriel allerdings für sehr gering. Das politische Schwergewicht findet, dass die Löhne endlich wieder steigen müssten, um Altersarmut wirksam zu bekämpfen.

Solange die schwarz-gelbe Regierung den Niedriglohnsektor ausbauen wolle, Leih- und Zeitarbeit nicht vernünftig bezahlt werde und es Lohnunterschiede zwischen Frauen und Männern für die gleiche Arbeit gebe, „solange gibt es keinen Konsens“, betonte Gabriel in der ARD.

Quelle: ARD

Mal abgesehen von der Tatsache, dass es die SPD war, die den Niedriglohnsektor ausgebaut und die Leiharbeit dereguliert hat, setzt Gabriel noch einen drauf. Den Forderungen der Parteillinken und der Jusos, die eine Anhebung des Rentenniveaus fordern, erteilte er eine klare Absage.

Diese Forderung würde rund 30 Milliarden Euro kosten, die die Beitragszahler aufbringen müssten. Zusammen mit Problemen im Bereich der Erbwerbsminderungsrente und den Erwerbstätigen, die zu niedrige Renten hätten, würden sogar Kosten von mehr als 40 Milliarden Euro entstehen. Das sei schlichtweg unbezahlbar.

Wäre die Rentenkasse eine Bank, würde man sagen: „Was, nur 40 Milliarden?“

Vielleicht erinnert sich Gabriel noch an den Finanzmarktstabilisierungsfonds (SoFFin), der in diesem Jahr noch einmal verlängert wurde. Er stützt derzeit Banken mit Hilfen in einer Gesamthöhe von 30,8 Milliarden Euro. Vor vier Jahren erblickte der Fonds binnen einer Woche im deutschen Bundestag das Licht der Welt. Damals sagten auch die Sozialdemokraten ja zu 480 Milliarden Euro.

Unbezahlbar? Diese Frage stellte damals keiner in der SPD, weil alle daran glaubten, dass die Banken systemrelevant seien und deren Rettung alternativlos. Die Rente hingegen ist ein System minderer Relevanz, wie es scheint. In dieser Sache weiß Sigmar Gabriel jetzt schon ganz genau, dass er sie nicht bezahlen kann. Deshalb habe es auch keinen Sinn, eine Wiederherstellung der Rentenformel den Wählern zu versprechen. Doch was will der Vorsitzende der SPD seinen Wählern anbieten? Mal wieder einen Kompromiss mit der CDU?

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Die "Renten-Uschi" wirbt für private Altersvorsorge

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Die überraschende Erkenntnis von Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen, wonach vielen Menschen mittelfristig Altersarmut drohe, ist wirklich der Gipfel der Schamlosigkeit. Von der Leyen gibt sogar zu, dass die Rentenkürzung auf 43 Prozent politisch herbeigeführt worden ist. Das sei aber gar keine Fehlentwicklung. Vielmehr böte die Tatsache Anlass zur Sorge, dass viele Geringverdiener, zu denen schon, man höre und staune, Menschen mit einem monatlichen Bruttoeinkommen von 2.500 Euro zählen, zu wenig die private Altersvorsorge nutzen würden.

„Viele realisieren nicht, dass auch sie von Altersarmut bedroht sind, und dass sie zwingend eine zusätzliche Altersvorsorge brauchen, um der Armutsfalle im Rentenalter zu entkommen.“

Quelle: Welt Online

Diese grässliche Frau betreibt schamlos Werbung für Versicherungskonzerne, denen dumme Arbeitnehmer gefälligst ihr Geld hinterherwerfen sollen, damit die Ölquellen der Maschmeyers ja weiter sprudeln können. Hier ein Foto der Hannover-Connection, auf dem jede Person nachweislich irgendwie Dreck am Stecken hat. Nur bei Ursula von der Leyen hat das noch zu keiner politischen Konsequenz geführt. Sie darf weiter als “Renten-Uschi” (Zitat: Dieter Hildebrandt) durch die Gazetten hüpfen.

Die Armutsfalle drohe also durch fehlende private Altersvorsorge und nicht durch eine mutwillig herbeigeführte und völlig überflüssige Zerstörung der Rentenformel, die die Politik unter dem scheinheiligen Argument bevorstehender demografischer Verwerfungen und unter dem Beifall der Versicherungsbranche bestrieben hat. Wie sehr die Rentenkasse unter der Demografie leidet, zeigen die Überschüsse, die man nun, damit das neoliberale Weltbild wieder passt, durch eine Beitragssatzsenkung abermals mutwillig abbauen möchte.

Dabei ist die Rentenkasse das einzige System, das funktioniert. Die ersten 20 Jahre des Lebens profitiert man davon, dann zahlt man 40 Jahre drauf und profitiert anschließend wieder rund 20 Jahre davon. Etwas Gerechteres gibt es nicht, so fern jeder mit einem bestimmten Prozentsatz seines Gesamteinkommen – Mieten, Zinsen etc. zählen auch dazu -zur Finanzierung des Systems herangezogen wird. Basis ist die volkswirtschaftliche Leistungsfähigkeit und der Verteilungsspielraum, der sich aus ihr ergibt. Das kann in einem Jahr mal mehr sein und in einem anderen Jahr mal weniger. Die Rente wird aber nie ganz weg sein, erklärte Volker Pispers einmal sehr einleuchtend.

Ganz anders die kapitalgedeckte Altersvorsorge, deren Beiträge schon zu Beginn der Anlage zu einem erheblichen Teil auf den Konten der Versicherungskonzerne verschwinden. Zwischen 10 und 40 Prozent betragen die Kosten einschlägiger Altersvorsorgeprodukte, weil Werbung und Akquise Geld kosten und Aktionäre vorrangig bezahlt werden wollen. Hier versickern Milliardenbeträge von Beitragszahlern, die sich auf eine sichere Rente verlassen, aber am Ende mit einem dicken Minus ihren Ruhestand genießen dürfen, sofern der Riester-Vertrag nicht mit der Grundsicherung verrechnet wird.

Doch mit dem Versickern hat Frau von der Leyen so ihre Erfahrungen. Die Gelder aus dem Hartz-IV-Bildungspaket verschwinden ebenfalls zweckentfremdet an anderer Stelle, wie vergangene Woche bekannt wurde. Hier habe der Bund keinen Überblick, teilte das Laienspiel Ministerium der verdutzten Öffentlichkeit mit.

Zudem palavert die Arbeitsministerin über den skandalösen Zustand eines breiten Niedriglohnsektors einfach mal hinweg und tut so, als könnten sich Minijobber, Leiharbeiter und befristet eingestellte Erwerbspersonen, kurz: prekär Beschäftigte ein auf Dauer ausgelegtes Altersvorsorgeprodukt leisten. Gerade im letzten Arbeitsmarktbericht wurde doch wieder deutlich, dass rund ein Drittel der offenen Stellen im Bereich der Leiharbeit angesiedelt sind. Wie sollen diese Menschen Vorsorge leisten?

Der Vorwurf der Ministerin, die Betroffenen würden ihre absehbare Altersarmut nicht realisieren, ist eine infame Schweinerei. Da spricht eine Berufspolitikern, die ihre eigene geistige Armut nicht erkennen will. Von der Leyen verschließt ihre Augen vor einer zunehmenden gesellschaftlichen Spaltung wie auch vor steigender Ausgrenzung von immer mehr Menschen. Dafür ist ihr die neue Brille des Aushilfskanzlers Rösler während einer von ihm geleiteten Kabinettssitzung aufgefallen. Fälschlicherweise hatte von der Leyen zunächst angenommen, der Philipp (O-Ton von der Leyen) hätte sich ein neues Image zugelegt, aber dann habe sich im Rahmen der Sitzung herausgestellt, dass die alte Brille nur kaputtgegangen sei und Rösler zu einem neuen Designermodell greifen musste.

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Plänkeleien im Sommerloch

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Von der Vermögenssteuer, die in Deutschland nicht abgeschafft, sondern wie die Wehrpflicht bloß ausgesetzt ist, über einen lächerlich geringen Ehegattensplittingvorteil, der unter viel „Getöns“ gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften mehr oder weniger vorenthalten werden soll, damit die Moralvorstellungen von Sittenaposteln bestehen bleiben können, bis hin zur milliardenschweren Umverteilung durch die Mehrwertsteuer, über die niemand redet, obwohl sie gespartes Einkommen (also Vermögen) schont, hat sich Egon W. Kreutzer im aktuellen Paukenschlag einmal Gedanken um das Steuergeplänkel im Sommerloch gemacht.

Passend dazu lohnt sich aber auch ein Blick auf die Pläne der Sozialministerin Ursula von der Leyen, die den Beitragssatz in der Rentenversicherung mal eben um 0,6 Prozentpunkte absenken will, um auch weiterhin Armutsrenten ab 67 garantieren zu können. Offensichtlich wirft das gesetzliche Rentensystem trotz permanent betriebener politischer Demontage unter dem Vorwand eines dramatisch stattfindenden demografischen Wandels immer noch Überschüsse ab. Die dürfen aber keinesfalls den Rentnern zugute kommen, weil sonst ja der Eindruck entstehen könnte, dass man sich den ganzen Schwachsinn mit der teuren und verlustreichen privaten Altersvorsorge auch sparen könnte, ja müsste.

Da die “Ölquelle” (Zitat: Maschmeyer) der Versicherungsgesellschaften aber weiterhin sprudeln soll, haben nun jene Arbeitnehmer die Chance auf ein “Sozialhilfe plus” im Alter, die jetzt von ihren ohnehin schon niedrigen Einkommen trotzdem noch etwas an Allianz und Co verschenken. Damit würden die Betroffenen bei der Rente aber erneut über den Tisch gezogen. Denn erst findet aus haltlosen demografischen Gründen heraus eine politisch veranlasste Kürzung der Rente statt, die bei vielen kaum mehr das Grundsicherungsniveau übersteigen wird. Und nun sollen die Betroffenen aus ihren bisweilen viel zu niedrigen, aber politisch immer noch tolerierten Einkommen, Geld locker machen, um im Armenhaus später eine privilegiertere Position einnehmen zu können.

Über den Rest des Einkommens, das ja vollständig in die Lebenserhaltung und damit in Konsumgüter des täglichen Bedarfs fließen muss, freuen sich dann wiederum die Versicherungsgesellschaften, denen dank Riesterförderung der Zugriff auf zusätzliche Steuermilliarden erlaubt wurde. Diese, aus Sicht der Bundesregierung absolut notwendige Subvention, macht natürlich Einsparungen an anderer Stelle erforderlich.

Und so folgt nach der angeblich so segensreichen Arbeitsmarktreform “Hartz IV” nun mit Blick auf die sich abzeichnende Altersarmut ein “Beschiss im Quadrat”.

Denn Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble meinte heute in einem anderen Zusammenhang: “Wir halten nichts von Steuergerechtigkeit nach dem Zufallsprinzip.” Doch hält er überhaupt etwas von Gerechtigkeit? Bundesländer, die Steuer-CDs kaufen würden, hätten aus Sicht der Union “jedes Maߔ verloren und nicht etwa die kriminellen Steuerhinterzieher, denen Schäuble mit einer günstigen Nachveranlagung strafrechtliche Amnestie verspricht. Das Land habe ja auch kein Einnahmen- sondern ein Ausgabenproblem, wie es die Gegner des Aktionsbündnisses “Umfairteilen – Reichtum besteuern!” der Öffentlichkeit weismachen wollen. 

umFAIRteilen

Das “Qualitätspersonal” in der Bundesregierung und in den Redaktionen der großen Blätter bestimmt die öffentliche Meinung und das Sommerloch. Da passt es auch, dass der Bundeswehr-Oberst Georg Klein nun wegen seiner Verdienste in den Rang eines Generals erhoben wird. Ein Ministeriumssprecher sagte, der Oberst sei “dafür gut geeignet”. Zudem erfülle er auch alle fachlichen Voraussetzungen. Zu Guttenberg hätte ihn wahrscheinlich lobend als Original im wahrsten Sinne des Wortes bezeichnet.    

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Ruhestand für alle war gestern

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Ursula von der Leyen verdankt ihre politische Karriere Christian Wulff, der sie als niedersächsischer Regierungschef aus vermutlich seinem Hut zauberte. Allein das reicht schon, um an der Kompetenz der Ministerin zu zweifeln. Ihre politische Bilanz ist verheerend. So ziemlich alles. was diese Frau auf den Weg gebracht hat, wird oder wurde wieder einkassiert.

Sie hat den Blinden in Niedersachsen kaltherzig eine dringend notwendige Sozialleistung gestrichen, später wurde das wieder zurückgenommen. Sie hat im Internet Stoppschilder aufstellen lassen, damit Kinderschänder bei ihrem perversen Treiben einen Sichtschutz erhalten, und sie hat die Akademikerinnen-Wurfprämie aufgrund zweifelhafter Geburten-Statistiken, die ihr von dubioser Seite zugespielt wurden, erfunden. Inzwischen wird das Elterngeld wieder zusammengestrichen.

Dazu kommen 10 Euro für Hartz-IV-Kinder, die davon mehrere Schulessen finanzieren sollen, die es gar nicht gibt usw. usf. Nun hat Frau von der Leyen herausgefunden, dass Altersarmut nicht die Ausnahme, sondern zur Regel zu werden droht und erklärt den Ruhestand, die Rente, für abgeschafft. Denn wer zu wenig Rente bekommt, um davon leben zu können, soll künftig im Alter mehr hinzu verdienen dürfen. Eine tolle Sache, findet die Ministerin. Man kann das, nein man muss das anders sehen.

Roberto hat das, wie ich finde, treffend aufgeschrieben.

http://ad-sinistram.blogspot.de/2012/03/der-altersarmt-den-kragen.html

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