DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben zum Bahnstreik

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Wenn die Lokführer streiken, hat das große Auswirkungen. Für die Menschen, die auf die Bahn als öffentliches Verkehrsmittel angewiesen sind, aber natürlich auch für die Wirtschaft, deren Güter zu einem großen Teil auf der Schiene transportiert werden. Deshalb liegt es nahe, sich darüber zu beschweren, dass mit den Lokführern eine relativ kleine Gruppe von Arbeitnehmern es in der Hand hat, ein ganzes Land lahmzulegen. Das ruft dann fast automatisch die Interessenvertreter der Wirtschaft auf den Plan, deren Meinungen zwar immer wieder erfragt werden, aber aus meiner bescheidenen Sicht keineswegs erwünscht sind, vor allem dann nicht, wenn sie von solchen Gestalten wie dem Arbeitgeberpräsidenten Hundt oder aber vom Hauptgeschäftsführer des DIHK Martin Wansleben geäußert werden.

Letzterer gab dem Deutschlandradio ein Interview zum Bahn-Streik. Der käme natürlich zur Unzeit.

„Ich glaube, wir müssen zwei Dinge auseinanderhalten. Konjunkturell bricht nicht gleich der Himmel ein, wenn jetzt mal ein Streik stattfindet. Ich meine, das ist die Welt gewohnt, das gibt es immer mal wieder. Ich glaube, das ist auch am Ende keine Rufschädigung Deutschlands, dass so was ist, und die Freiheit dazu ist ja auch ein Teil unseres demokratischen Gemeinwesens. Auf der anderen Seite ist es so, dass wir schon mit unserem Wohlstand davon abhängig sind, hoch produktiv und vernetzt zu agieren in Deutschland, europaweit und weltweit. Insofern gehört die Verkehrsinfrastruktur schon zu einem ganz sensiblen Teil unseres Nervensystems, wenn Sie so wollen, unserer Volkswirtschaft, und wenn dann eine relativ kleine Gruppe, also in diesem Falle ja „nur“ die Lokführer, einen solchen Nerv lahmlegen können, ist das immer wieder die Erinnerung daran, dass wir ganz schöne Abhängigkeiten haben, und insofern ist das Thema nicht zu unterschätzen.“

Also ich kenne noch eine relativ kleine Gruppe, die man nicht unterschätzen sollte. Und zwar jene selbsternannte Expertenriege, die gerade wegen ihres angeblichen Sachverstandes in Ausfsichts- und Beratungsgremien berufen wird. So auch Martin Wansleben, der als Mitglied des Beraterkreises der IKB seine unglaublich weitsichtigen Fähigkeiten auch bei der ehemaligen Mittelstandsbank eingebringen durfte und immer noch darf.

Nur zur Erinnerung diese Bank hat den Steuerzahler rund 10 Mrd. Euro echtes Geld gekostet, also keine Garantien oder Bürgschaften. Die IKB war 2007 die erste Bank, die faktisch pleite war, weil sie sich im Finanzkasino verzockte. Damals wurde schon die Frage aufgeworfen, warum eine Bank, die für die Kreditversorgung des deutschen Mittelstands zuständig war, mit US-Hypothekenpapieren spekulieren musste. Diese Frage könnte der Berater Wansleben endlich mal beantworten, bevor er Tipps für den Tarifstreit zwischen Bahn und GDL verteilt und darüber jammert, dass die deutsche Wirtschaft so abhängig von der Verkehrsinfrastruktur sei und eine kleine Gruppe von „nur“ Lokführern einen beträchtlichen volkswirtschaftlichen Schaden anrichten könne.

Wie viel eigentlich? Von Millionen ist da die Rede. Das ist immer noch weniger, als die verpulverten 10 Mrd. Euro für eine Minibank, bei der ein Herr Wansleben beratend tätig war und ist. Für mich ist Martin Wansleben ebenfalls Teil einer kleinen Gruppe, die durch ihr Verhalten einen bedeutend größeren volkswirtschaftlichen Schaden angerichtet hat und immer noch anrichtet.

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Deutscher Einzelhandel mit leichtem Umsatzplus im Januar

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Einen Beitrag zu den Einzelhandelsumsätzen bin ich letzte Woche noch schuldig geblieben. Das hole ich hiermit nach.

Wie das statistische Bundesamt am vergangenen Donnerstag mitteilte, haben die Umsätze im Einzelhandel im Januar um real 2,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat zugelegt. Bevor deswegen einmal mehr Jubelstürme losbrechen und das Märchen vom Konsumboom neue Nahrung erhält, sollte man die Daten einordnen und die Entwicklung der Umsätze anhand einer grafischen Darstellung genauer betrachten.

Umsatz (2005=100, kalender- und saisonbereinigt)
Einzelhandel bis Januar 2011
Die Grafik werde ich für die folgenden Monate fortsetzen

Im Januar gab es also einen kleinen Schritt nach oben auf der Treppe im Umsatzkeller. Aber wie sie an der Grafik sehr schön sehen können, ist das nicht außergewöhnlich. Der erkennbare Abwärtstrend wurde immer mal wieder von positiven Ausschlägen begleitet. Gründe für eine Trendumkehr gibt es aber nach wie vor keine. Insgesamt bewegt sich das Niveau der Umsätze immer noch deutlich unterhalb des Vorkrisenzeitraums und selbst da kann von einem Konsumboom keine Rede sein.

Immerhin dämpfen die Einzelhändler selber die Erwartungen, die beispielsweise durch GfK-Konsumklima- und ifo-Index sowie Rainer Brüderle immer wieder realitätsfern formuliert werden. Steigende Preise für Kraftstoffe und Energie könnten die Geschäfte der Händler belasten, heißt es. Man sei vorsichtig optimistisch. Steigende Preise für Kraftstoffe sind natürlich das eine, aber viel wichtiger ist doch die Tatsache, dass die Einkommen auch in diesem Jahr weiter stagnieren werden.

Löhne und Gewinne
Quelle: ver.di

Nehmen sie als Beispiel die bevorstehenden Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst. Erste Warnstreiks hat es dort bereits gegeben. Rainer Brüderle hatte letztes Jahr noch einen kräftigen Schluck aus der Lohnpulle gefordert, weil der Aufschwung auch bei den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ankommen müsse. Nun hätte er also Gelegenheit seinem Länderkollegen Möllring aus Niedersachsen, der mal wieder Verhandlungsführer für die Arbeitgeber spielt, auf die Finger zu klopfen. Doch Brüderle bleibt still. Finanzminister Hartmut Möllring hingegen gibt weder ein Angebot ab, noch hält er es für nötig, auf die Gewerkschaften zuzugehen. Im Gegenteil. Er sendet, wie all die Jahre zuvor, eine klare Botschaft.

Die Gewerkschaft Verdi müsse «einsehen, dass sowohl drei Prozent als auch 50 Euro mehr pro Monat nicht gehen», sagte er der «Stuttgarter Zeitung» (Samstag) mit Blick auf die leeren Kassen der Länder. «Und wenn schon jede Einzelforderung für sich nicht geht, ist offenkundig, dass beides zusammen gar nicht geht. Diese Einsicht muss bei der Gewerkschaft noch greifen, dann werden wir ein Ergebnis bekommen.»

Quelle: Süddeutsche

Bei den Einkommen der Menschen geht gar nichts. Das ist die Botschaft, die sie bitte kapieren sollen, also neben der Tatsache, dass Aufschwung ist, die Wirtschaft boomt und die Menschen künftig mehr einkaufen werden.

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Mal eine unverdächtige Stimme zum Aufschwung

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„Ein paar lästige Details zum Aufschwung“ liefert die Financial Times Deutschland in einem bemerkenswerten Artikel, um dann ganz nüchtern festzustellen:

Es geht hier nicht darum, Fortschritte zu leugnen. Aber der Rummel, der wegen der diversen Firmen- und Verbraucherumfragen veranstaltet wird, ist mit Blick auf die echten Zahlen mehr als albern. Das BIP ist auf dem Niveau vom vierten Quartal 2007. Was, bitte schön, gibt es denn da zu bejubeln?

Quelle: FTD

Bitte auch die Grafik beachten. Zum Brüderle sage ich erst einmal nix. Vielleicht zu späterer Stunde und nach einem Glas Wein. ;)

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Schuldenrekord trotz Schuldenbremse

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Gestern hatte ich über die Meldung des statistischen Bundesamts berichtet, wonach die öffentliche Verschuldung im letzten Jahr um 18 Prozent auf rund 2 Billionen Euro zugenommen habe. Dabei schlage vor allem die Bankenrettung zu buche. Von den 304,4 Mrd. Euro entfallen allein 232,2 Milliarden Euro, also über 76 Prozent der Neuverschuldung, auf Maßnahmen zur Stabilisierung maroder Finanzinstitute.

Das ist natürlich ein Pfund, weil über diese unglaublichen Summen, die die Staatsverschuldung nach oben getrieben haben, bei weitem nicht so lange gestritten und verhandelt wurde, wie über die läppische Hartz-IV-Erhöhung im Umfang von ein paar Hundert Millionen Euro pro Jahr.

Aber das ist jetzt gar nicht so interessant, vielmehr stellt sich doch die Frage, wie die Rekordneuverschuldung mit dem Anpreisen der deutschen Schuldenbremse in Europa in Einklang zu bringen ist. Die soll doch nach dem Willen Merkels und des abgebrochenen Franzosen-Duce Sarkozy überall in der EU per Zwang eingeführt werden, nach dem Motto, am deutschen Wesen sollen auch die anderen genesen. Oder untergehen, denn wie will Frau Bundeskanzlerin die Schuldenbremse den europäischen Partnern schmackhaft machen? Was kann sie denn anbieten, auf was verweisen?

Okay die Schuldenbremse greift ja erst in diesem Jahr, dennoch ist überhaupt nicht klar, wie das funktionieren soll. Ein Abbau der Neuverschuldung ist nicht in Sicht, weil keiner genau sagen kann, wie viel Geld noch bereit gestellt werden muss, um Banken und inzwischen ja auch ganze Staaten vor dem Untergang zu retten. Kürzlich ist bekannt geworden, dass die Bundesbank klammheimlich Milliardenhilfen an Mitglieder der Eurozone gewährt hat. Sollten diese Forderungen aber nicht mehr bedient werden können, hafte natürlich der deutsche Steuerzahler.

Allein die Forderungen an nationale Notenbanken in Euro-Ländern belaufen sich auf 326 Milliarden Euro. 2006, also vor Ausbruch der Finanz- und folgender Euro-Schuldenkrise, lagen die Forderungen insgesamt bei nur 18 Milliarden Euro.

Dieser ungebremste Anstieg der Schulden des Euro-Raums gegenüber der Bundesbank „macht Fachleute fassungslos“, sagt ifo-Präsident Hans-Werner Sinn. „Wenn Länder, deren Banken die Kredite gegeben wurden, zahlungsunfähig werden, haftet Deutschland.“ Diese Haftung wurde aber weder demokratisch legitimiert – etwa durch den Bundestag – noch von der Bundesregierung beschlossen.

Quelle: Wirtschaftswoche

Da hat der Professor (Un)Sinn einmal recht. Für die unterstellte Funktion der Schuldenbremse bedeutet das aber ein ziemlich hohes Ausfallrisiko. Denn in Artikel 115 GG, in dem die Schuldenbremse festgeschrieben wurde, fällt die Rettung von Banken und Staaten unter den Passus „außergewöhnliche Notsituationen“, „die sich der Kontrolle des Staates entziehen und die staatliche Finanzlage erheblich beeinträchtigen“.

D.h., sollte die Bundesbank auf den dreistelligen Mrd. Forderungen sitzen bleiben, weil zum Beispiel die Schuldnerstaaten nach deutschem Vorbild sparen müssen, dann fällt dieses finanzielle Desaster in die gleiche Kategorie wie eine Naturkatastrophe und die Schuldenbremse somit spiegelbildlich ins Wasser.

Bleiben also nur die regulären Ausgaben im Staatshaushalt und da betrifft es vornehmlich jene Posten, die im Sozial-, Bildungs- oder Kulturetat angesiedelt sind. Eine sparsame Haushaltsführung definiert sich also immer über die Kürzungsbereitschaft in Bereichen, von denen Millionen Staatsbürger unmittelbar betroffen sind, sofern diese keine Großaktionäre oder Großgläubiger von Banken, AKW oder Hotelbesitzer sind, die auf der anderen Seite auch weiterhin großzügig beschenkt werden.

Unterm Strich soll von dieser Form der Schuldenbremse und einer Reihe weiterer Maßnahmen, wie die Erhöhung des Renteneintrittalters auf einheitlich 67 Jahre oder dem Kürzen von Löhnen ein Wachstumsschub ausgehen, von dem dann alle innerhalb der EU profitieren. Deutschland macht es gegenwärtig schließlich vor, so Merkel verheißungsvoll. Aber genau in der Frage, woher das Wachstum eigentlich kommen soll wenn alle gleichermaßen sparen und nur die Bedienung von Schulden erlaubt und erwartet wird, stellen sich Merkel und Sarkozy, also die neue Wirtschaftsregierung, einfach dumm.

Diesen Unsinn müssen sie eben glauben. Damit es für sie einfacher wird, darf beispielsweise der oben zitierte Professor Unsinn seinen ifo-Geschäftsklimaindex weiter präsentieren und der Öffentlichkeit irgend welche bedeutungslosen Rekorde vermelden sowie die Gesellschaft für Konsumforschung im Auftrag der Bundesregierung, die nun wirklich schon abgehangene und bereits übel stinkende Botschaft verbreiten, die Deutschen befänden sich in irgend einer Art von Kauflaune.

Sogar den Anhängern des Ölprinzen zu Guttenberg müsste auffallen, dass hier etwas nicht stimmt. Nur von denen zieht keiner mehr die Notbremse.

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Wirtschaft auf Talfahrt

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Wie das statistische Bundesamt heute mitteilte, ist die deutsche Wirtschaft im vierten Quartal 2010 um lediglich 0,4 Prozent im Vergleich zum Vorquartal gewachsen.

Bip_2010_graph

Wenn man keine Ahnung hat und auch sonst glaubt, dass die Menschen sich für blöd verkaufen lassen, kann man dieses Ergebnis auch als positive Nachricht verkünden. Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle, immer noch im liberalen Regierungscabrio auf der Schnellstraße zur Vollbeschäftigung unterwegs, lässt propagandistisch verkünden, dass das Wachstum dem Winter trotzt.

„Die deutsche Wirtschaft hat im vierten Quartal ihren klaren Wachstumskurs fortgesetzt und trotzt damit dem strengen Wintereinbruch. Die Wachstumseinschätzung unserer Jahresprojektion vom Januar wird durch die amtlichen Daten des Statistischen Bundesamtes bestätigt.

Die Ergebnisse zeigen, dass die Aufwärtsdynamik der deutschen Wirtschaft nach wie vor ungebrochen ist. Die Wachstumslokomotive Deutschland fährt weiter mit viel Kraft voraus.“

Quelle: BMWi

Das Dumme ist nur, dass der Minister in seinem Suff das Glatteis unter seinen Rädern nicht bemerkt. Vor einer Woche behauptete er noch, der Aufschwung stünde fest auf zwei Beinen, obwohl sein Ministerium zuvor noch kleinlaut zugeben musste, dass die Auftragseingänge in der Industrie im Dezember 2010 zurückgegangen waren und der Umfang der Großaufträge gar „unterdurchschnittlich“ ausgefallen sei.

Trotzdem verkündete der Brüderle blumig:

„Die deutsche Wirtschaft hat sich schneller als andere Länder von der Wirtschaftskrise erholt und steht fast schon in voller Blüte. Dass aus winzigen Knospen ein prächtiger Konjunkturstrauß werden konnte, haben wir auch der Flexibilität und der Wettbewerbsfähigkeit unserer Exportwirtschaft zu verdanken. Die Warenausfuhren für das Gesamtjahr 2010 reichen schon fast wieder an die alten Rekordmarken heran. Die Einfuhren erholten sich im vergangenen Jahr sogar noch schneller. Unser Aufschwung steht fest auf zwei Beinen: dem Außenhandel und der Binnennachfrage. Das sind gute Voraussetzungen für eine ausgewogene wirtschaftliche Entwicklung im laufenden Jahr.“

Das Bein der Binnennachfrage ist in Wirklichkeit durch die schwarz-gelbe Finanz- und Wirtschaftspolitik bereits endgültig abgeschlagen worden. Untermauert wird diese Tatsache vor allem auch dadurch, dass die Städte und Kommunen das angebliche XXL-Aufschwungsjahr 2010 mit einem Rekorddefizit (knapp 10 Mrd. Euro) in ihren Hauhalten abgeschlossen haben und nun bereits ankündigen, Gebühren und Steuern kräftig erhöhen zu wollen/müssen.

Die Bürger müssen sich auf weitere Erhöhungen bei kommunalen Gebühren und Einschnitte bei städtischen Leistungen einstellen. „Die Sparmaßnahmen verschärfen sich“, kündigte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, Stephan Articus, in Berlin.

Quelle: Focus Online

Vor allem die Sozialausgaben würden den Kommunen zu schaffen machen.

Die Sozialausgaben stiegen 2010 um 2 Milliarden auf einen Spitzenwert von mehr als 42,2 Milliarden Euro. 2011 werde ein Plus auf 43,1 Milliarden Euro erwartet.

Das ist schon komisch, wenn man sich vorstellt, dass Herr Brüderle, scheinbar standfest auf zwei Beinen stehend, der Öffentlichkeit weismachen will, einen prächtigen Konjunkturstrauß vor seinem geistigen Auge erblickt zu haben. Da kommen zum regelmäßigen Alkoholkonsum wohl auch noch harte Drogen hinzu. Die mangelnde Qualität unserer Führungspersönlichkeiten ist wirklich beschämend.

Warum und wofür sollte sich die Jugend eigentlich noch anstrengen?

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Nicht zu fassen! Die GfK darf schon wieder positive Konsumstimmung verbreiten

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Es ist noch keine Woche vergangen, als durch das statistische Bundesamt bekannt wurde, dass das Weihnachtsgeschäft und das gesamte letzte Jahr im Einzelhandel eine einzige Katastrophe war – keinen hat es interessiert – und heute darf die Gesellschaft für Konsumforschung schon wieder positive Konsumstimmung verbreiten. Deutschland sei im Höhenflug steht in der Überschrift zum Ausblick der GfK für das Jahr 2011 und die Medien berichten schon wieder unkritisch über die Konsumlüge, die sie als solche natürlich nicht erkennen wollen.

Die Deutschen finden immer mehr Gefallen am Geldausgeben.

Quelle: Reuters

Worauf begründet sich diese Aussage? Natürlich auf den absolut zuverlässigen Prognosen der GfK, die stets weit von dem entfernt sind, was tatsächlich durch reale Umsätze gemessen wird. Die Anschaffungsneigung befinde sich erneut auf Rekordniveau, heißt es. Doch was bedeutet das? Rein gar nichts. Angesichts der Tatsache, dass die Kauflaune ungebrochen hoch sei, die Umsätze im Einzelhandel aber stetig zurückgehen, müsste sich die GfK und vor allem die Medien doch einmal fragen, ob die Methode noch angebracht und das Ergebnis überhaupt aussagefähig ist. Besonders seltsam finde ich diesen Absatz in der Pressemitteilung der GfK:

Vom „Konsum-Muffel“ zum „Konsum-Optimisten“

Der europäische Vergleich zeigt deutlich, dass Deutschland derzeit eine Sonderstellung einnimmt. Der Aufschwung beflügelt nicht nur die Unternehmen, auch die Stimmung der Verbraucher hat sich nachhaltig gebessert. Galten die Deutschen früher als Angstsparer und äußerst preissensible Konsumenten, so achten sie heute immer stärker auf Qualität und geben ihr Geld gerne aus.

Im europäischen Vergleich zeigt sich vor allem, dass sich ganz Europa in einem Abwärtsstrudel befindet. Deutschland nimmt keine Sonderstellung ein, allenfalls bei der offiziellen Leugnung einer sehr deutlichen Kaufzurückhaltung. Im aktuellen Eurostat-Bericht findet sich demnach auch kein Vermerk über eine deutsche Sonderrolle. Dafür einmal mehr eine ziemlich eindeutige Tabelle:

Einzelhandel_2010

Wie sie dort sehen können, steht bei Deutschland über das gesamte Jahr 2010 ein Wert unter 100 Prozent. Als Basis fungieren die Umsätze aus dem Jahr 2005! D.h, dass der deutsche Einzelhandel zu keinem Zeitpunkt eine Konsumparty erlebt haben kann. Im Gegenteil, wir liegen noch weit unter dem Niveau von 2005. Wenn es also eine deutsche Sonderrolle gäbe, wie es die GfK behauptet, dann besteht die zweifelsohne aus einer nach wie vor schwachen Binnennachfrage.

Es ist auch überhaupt nicht nachvollziehbar, woher die GfK und die berichtenden Medien die Gewissheit nehmen, dass im Jahr 2011 der private Konsum gerade in Deutschland an Fahrt gewinnen soll. Interessant ist dabei die Begründung, warum man das in anderen Ländern gerade nicht erwartet. Im Reuters-Bericht heißt es zusammenfassend:

Innerhalb Europas geht es den Deutschen der GfK zufolge derzeit sehr gut. Die Franzosen befürchteten, dass ihr Lebensstandard abnehmen werde. Auch die Italiener schränkten ihren Konsum ein. In Großbritannien bremse das scharfe Sparpaket der Regierung die Konsumausgaben, in Spanien die Immobilienkrise und die hohe Arbeitslosigkeit. Am stärksten seien aber die Griechen und Rumänen von der Krise getroffen worden. Ihnen stünden nun höhere Steuern und ein schwächerer Sozialstaat ins Haus.

So als ob es das 80 Mrd. Sparpaket der deutschen Bundesregierung nicht geben würde. Unsere Regierung streicht genau wie alle anderen vor allem im öffentlichen und sozialen Bereich. Bei allen anderen führt das, wie oben zu lesen ist, zu einem Konsumverzicht, nur bei uns Deutschen nicht. Sehr seltsam. Wahrscheinlich werden die Deutschen den Kosum jetzt richtig anfeuern, nachdem sich das schwarz-gelbe Pannenkabinett auf eine Erhöhung der Werbungskostenpauschale rückwirkend zum 1. Januar geeinigt hat. Bei einigen Steuerzahlern soll sich diese schwere politische Totgeburt mit zwei bis drei Euro bemerkbar machen. Wie gut, dass der Beitrag zur Krankenversicherung nur um 0,6 Prozentpunkte (etwa 10-20 Euro pro Monat mehr) gestiegen ist, da wirkt die Ersparnis aus der großen Steuervereinfachung, auf der sich vor allem die FDP besonders viel einbildet, etwas dämpfend auf den Netto-Verlust.

Es ist einfach nicht zu fassen!

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Frau Merkel hat wieder etwas entschieden und Volker Pispers ist zurück

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Nein, sie hat sich für keine neuen Maßnahmen zur Regulierung der noch immer völlig frei agierenden Finanzmärkte entschieden, sie hat auch keine Entscheidung hinsichtlich einer aktiven Konjunkturpolitik getroffen, um die Wirtschaft sowie die Beschäftigung zu fördern. Sie hat sich auch noch nicht für einen gesetzlichen Mindestlohn oder zumindest für eine Lohnuntergrenze bei der Leiharbeit entschieden, vom Streit um die Hartz-IV-Neuregelung einmal ganz zu schweigen. Mit dem seit sechs Jahren anhaltenden Verfassungsbruch scheint die Kanzlerin gut leben und ruhig schlafen zu können.

Merkel hat eine viel wichtigere Entscheidung getroffen. Sie lehnt eine gesetzlich vorgeschriebene Frauenquote in der deutschen Wirtschaft ab. Na ja, vorerst, wie ihr Seibert rasch noch nachschob. Merkel, ein Schilfrohr in der Brandung, meinte Volker Pispers einmal sehr treffend. Sie lege sich nicht so gern fest, also wie zum Beispiel Obama, der sich wählen ließ, einen Plan mitbrachte und den dann Stück für Stück abarbeitete. Nein, Frau Merkel sei eine Physikerin, die komme mehr von der Heisenbergschen Unschärferelation, auch Unbestimmtheitsrelation genannt.

Nun hat sie das mit der Frauenquote scheinbar klar geregelt. Ein Streit, der in Wahrheit nichts weiter ist, als ein ziemlich durchschaubares Nebelkerzenfeuerwerk zwischen der Unionsbarby Ursula von der Leyen und ihrer unter Mutterschutz stehenden Kabinettskollegin Kristina Schröder, die noch in dieser Legislaturperiode das erste Bundesbaby der Geschichte zur Welt bringen wird. Warum scheinbar? Nun ja, Frau Merkel wolle der Wirtschaft noch einmal eine Chance geben, freiwillig zu Fortschritten zu kommen. Dieser Glaubensgrundansatz gilt übrigens auch für die restliche Regierungsarbeit. Bei der Finanzmarktregulierung, der Wirtschafts- und Gesundheitspolitik oder bei den Löhnen.

Seibert meinte dann auch, die Kanzlerin suche einen „pragmatischen Weg, der aber das Ziel nicht aus den Augen verliert“. In der Tat, so kann man Tatenlosigkeit auch umschreiben.

Und weil Angela Merkel es mit einer Frauenquote besonders ernst meint, hat sie die Personalchefs und Arbeitsdirektoren der 30 Dax Unternehmen zu einem Treffen im März eingeladen. Also nicht, dass sie das jetzt falsch verstehen. Sie hat nicht Josef Ackermann eingeladen, damit der seinen Geburtstag zusammen mit 30 Freunden, die er sich frei hätte aussuchen dürfen, im Kanzleramt feiert. Sie hat die 30 Freunde von Ackermann direkt zum Gespräch eingeladen. Nur damit das klar ist.

Aber mal was anderes, sie werden es nicht glauben, aber gestern war endlich wieder Dienstach. Volker Pispers hat seine Pause beendet und ist zurück im Programm von WDR 2. Diesmal gibt es ein schönes Stück mit dem Titel Demokratie. Hörenswert.

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Wirtschaft und Arbeitsmarkt: Tricksen, Täuschen, Tarnen

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Der Februar ist kurz, dennoch wird das Wunschdenken der harten Realität weiterhin vorgezogen werden. Beim privaten Verbrauch konnte man das gestern schon sehen. Trotz niederschmetternder Umsatzzahlen im Einzelhandel wird weiterhin die frohe Botschaft verkündet, dass die Kauflaune der Deutschen ungebrochen hoch sei und dass der Auschwung XXL bei allen ankäme. Dass die im Vorfeld geäußerten Erwartungen an eine stattfindende Konsumparty bitter enttäuscht wurden, verschwiegen nahezu alle Medien.

Das ist nur allzu verständlich, da man sich vor Weihnachten extensiv an der Verbreitung des GfK-Kaffeesatzindex beteiligt hatte, wonach die Verbraucherstimmung auf einem Höhepunkt sei. Hier noch einmal Tom Buhrows Kaufrausch-Propaganda in den Tagesthemen vom 18.12.2010. Ein ebenfalls trauriger Höhepunkt journalistischen Totalversagens.

Fakt ist, dass der angebliche Aufschwung zu keinem Zeitpunkt von der privaten Nachfrage getrieben wurde!

Der private Konsum wird auch in diesem Jahr keinen nennenswerten Beitrag zum Wachstum leisten. Merkel und Brüderle haben sich einmal mehr verschätzt und falsche Behauptungen in die Welt gesetzt. Nahezu alle Medien haben diesen Kaufrausch-Unsinn dennoch immer wieder nachgebetet und eine eigentümliche Interpretation der wirtschaftlichen Lage vorgenommen, bei der sie sich eben nicht auf solide Fakten stützen, wie es der journalistischen Sorgfaltspflicht entsprochen hätte, sondern vielmehr den Weissagungen der akademischer Kaffeesatzleser Vertauen schenkten.

Auch auf der Straße zur Vollbeschäftigung scheint Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle mit seinem Regierungs-Bulli falsch abgebogen zu sein. Selbst die offiziell heruntergerechneten Arbeitslosenzahlen steigen im Januar deutlich auf über 3,3 Millionen. Und auch hier überlagert vorwiegend Wunschdenken die noch übrig gebliebenen Fakten. Inzwischen hat man sich ja daran gewöhnt, dass die monatlichen Arbeitsmarktdaten mit äußerster Vorsicht zu genießen sind, da nur etwa 54 Prozent aller ALG I und II Bezieher auch tatsächlich als arbeitslos gezählt werden. Aber die Ausreden des Chefs der Bundesagentur Weise und der zuständigen Fachpolitikerin Ursula von der Leyen sind an Peinlichkeit kaum noch zu überbieten.

Denn trotz Anstieg der geschönten Arbeitslosigkeit sei die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt immer noch überraschend positiv. Der Winter sei halt schuld. Wenn man aber genau hinschaue, ließe sich viel Gutes aus dem durch und durch manipulierten Zahlenwerk herauslesen:

BA-Chef Frank-Jürgen Weise sagte: „Die Arbeitslosigkeit ist im Zuge der Winterpause zwar gestiegen, saisonbereinigt ergibt sich jedoch ein Rückgang. Die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung und die Erwerbstätigkeit nehmen erneut deutlich zu, und auch die Nachfrage nach Arbeitskräften steigt weiter.“

Und Frau von der Leyen schoss den Vogel mit folgendem Vergleich ab:

Zum ersten Mal seit 1992 liege die Januar-Arbeitslosenquote – aktuell 7,9 Prozent – unter der Acht-Prozent-Marke. „Auffallend gut“ nannte die Ministerin die Entwicklung bei der Beschäftigung.

Quelle: FAZ

Was hat denn dieser Vergleich mit dem Januar 1992 für eine Relevanz? Die Wahl klingt nicht nur, sie ist willkürlich, weil Frau von der Leyen in ihrer Not wahrscheinlich nix mehr einfällt. In den Neunzigern wurde nachweislich völlig anders gezählt. Demzufolge ist eine damals gemessene Quote überhaupt nicht vergleichbar mit einer, die unter den heutigen Bedingungen festgestellt wurde. In meinen Augen betreibt Frau von der Leyen propagandistische Irreführung. Sie will einen Zaubertrick vorführen und blamiert sich bis auf die Knochen.

Wie sieht es denn mit der Zahl der Leistungsbezieher aus? Als vor sechs Jahren Hartz-IV umgesetzt wurde, zählte man im Januar 2005 7.676.457 Personen im Leistungsbezug ALG I, ALG II und Sozialgeld. Heute, im Januar 2011, zählt die Arbeitsagentur 7.579.690 Personen im Leistungsbezug ALG I, ALG II und Sozialgeld (Quelle: Sybilla via Mein Politikblog).

Das sind ziemlich genau 96.767 Personen weniger (also 0,3 Prozent) im Vergleich zum Startjahr der allseits gelobten letzten Arbeitsmarktreform, genannt Hartz-IV, mit deren Hilfe die Arbeitslosenzahl „signifikant“ gesenkt werden sollte. Was für ein beschäftigungspolitischer Erfolg!

Fakt ist, dass zu keinem Zeitpunkt ein nennenswerter Abbau der Arbeitslosigkeit stattgefunden hat!

Daran ist aber auch kein strenger Winter schuld, sondern einzig und allein die Politik, die unter Missachtung ökonomischen Sachverstands die Arbeitsaufnahme seit Jahren schlicht verweigert und statt die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen, lieber den Arbeitslosen den Krieg erklärt, obwohl es nachweislich nicht genug Arbeit für alle gibt. Laut Agentur für Arbeit gibt es derzeit 375.000 offene Stellen.

Angesichts dieser schlechten Daten müssten eigentlich alle Beteiligten von großen Selbstzweifeln geplagt sein. Nicht so bei Brüderle. Der wird schon wieder lyrisch.

Brüderle: „Arbeitsmarkt schüttelt die Kälte ab“

„Der Arbeitsmarkt schüttelt sich langsam, aber sicher die Kälte aus den Knochen. Die aktuellen Zahlen sind für die nächsten Monate sehr ermutigend. Erstmals verzeichnet auch das Verarbeitende Gewerbe wieder einen Stellenzuwachs im Vorjahresvergleich. Der Beschäftigungsaufschwung macht offensichtlich keine Winterpause.

Besonders erfreulich ist der kräftige Anstieg der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung. Das ist eine feine Aufwärtsdynamik.

Die Arbeitsmarktzahlen sind auch ein Beleg für die vernünftige Politik der Bundesregierung. Jetzt gilt es, mit klugen Entscheidungen dafür zu sorgen, dass Wachstum und Beschäftigung auf einem stabilen Pfad bleiben.“

Quelle: BMWi

Da hat man keine Wort mehr. :roll:

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Das bittere Ende der Kaufrausch- und Konsumlüge 2010

Geschrieben von:

Wie war das noch vor Weihnachten? Bombengeschäfte für die Einzelhändler. Trotz des Winterwetters würden die Menschen in die Einkaufspassagen strömen. Das XXL-Aufschwungsjahr 2010 käme auch bei den Verbrauchern an. Ein Superlativ jagte den nächsten. Es gab zwar keine verlässlichen Zahlen, dafür aber ein gutes Gefühl, das GfK-Konsumklima und den ifo-Geschäftsklimaindex. Alle auf Rekordhöhen. Jeder hat darüber berichtet. Und heute warte ich noch immer auf die erste Meldung in den Nachrichten, die über die tatsächlichen Umsätze im deutschen Einzelhandel Auskunft gibt. Mal wieder nichts, gar nichts.

Deshalb gibt es hier im Blog einmal mehr die aktuellen Daten. Im angeblichen Kaufrauschmonat Dezember sind die Umsätze im Vergleich zum Vorjahr (nur zur Erinnerung: da war offiziell noch Krise) real zurückgegangen.

Im Dezember 2010 erzielte der Einzelhandel in Deutschland nach vorläufigen Ergebnissen aus sieben Bundesländern nominal 0,3% mehr und real 1,3% weniger Umsatz als im Dezember 2009. Der Dezember 2010 hatte mit 26 Verkaufstagen einen Verkaufstag mehr als der Dezember 2009. Im Vergleich zum November 2010 ist der Umsatz im Dezember 2010 unter Berücksichtigung von Saison- und Kalendereffekten nominal und real um 0,3% gesunken.

Quelle: destatis

Insgesamt stiegen die Umsätze im Jahr 2010 um nur magere 1,2 Prozent. Der Einzelhandelsverband hatte noch mit einem realen Plus zwischen 1,5 und 2 Prozent gerechnet. Für das Weihnachtsgeschäft erwartete man gar eine Zunahme um 2,5 Prozent. Einmal mehr stellen sich die Erwartungen und Hoffnungen als vollkommen übertrieben und realitätsfremd heraus. Es berichtet nur wieder niemand darüber. Und das ist ärgerlich.

Folgt man den Statistikern hat sich der Rückgang nicht nur im November, sondern auch im Dezember fortgesetzt. Damit ist auch klar, dass die bereits als Rekordwachstum verkauften Zahlen zum Bruttoinlandsprodukt nach unten revidiert werden müssen, da man bei den Berechnungen einen höheren Wachstumsbeitrag aus dem privaten Konsum unterstellte. Das vierte Quartal wird demnach richtig schlecht ausfallen.

Der Kaufrausch- und Konsumlüge wird das aber nicht schaden. Sie wird auch weiterhin verbreitet werden, mit jedem veröffentlichten GfK-Konsumklimaindex. Gerade höre ich in den Nachrichten zwar nichts von den katastrophalen Zahlen der Statistiker, dafür aber von der immer noch vorherrschenden positiven Stimmungslage, die der Einzelhandelsverband erstmals in Eigenregie gemessen haben will. Da kannst du doch nur noch kotzen gehen…

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So eine SPD braucht kein Mensch

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Da hält der Bundeswirtschaftsminister im Bundestag einmal mehr eine propagandistische Regierungserklärung über den angeblichen „Aufschwung“ und der SPD fällt nichts besseres ein, als den Anspruch auf die Urheberschaft der Lügen Brüderles für sich zu reklamieren.

O-Ton: Steinmeier

„Viele Schultern tragen diesen Erfolg. Das hat auch mit mutiger Reformpolitik in der Mitte des letzten Jahrzehnts zu tun, die uns – das sage ich Ihnen ganz offen – belastet hat und über die wir gestritten haben. Aber das war eine mutige Reformpolitik, die wir von dieser Regierung erst einmal sehen wollen. Allerdings kommt von Ihnen nichts.

Das war eine mutige Reformpolitik, für die man sich entscheiden muss – da reicht es nicht aus, hier nur Parolen vom Pult zu verkünden -, und es war dann auch kluges Krisenmanagement in der Phase der Großen Koalition: eine Politik, Herr Brüderle, gegen die Sie und Ihre Leute von diesem Pult aus elf Jahre lang aus der Opposition gestritten haben, die Sie verdammt haben. Das ist Ihr Beitrag gewesen, allerdings kein Beitrag zum Wachstum.“

Quelle: Bundestag

Herr Steinmeier kann nicht aus seiner Haut. Er muss bei jeder Gelegenheit die von ihm zu verantwortende Agenda-Politik verteidigen und behauptet sogar, dass die wirtschaftliche Entwicklung etwas damit zu tun hätte. Gregor Gysi gab im Anschluss die richtige Antwort:

„Herr Steinmeier, mir ist aufgefallen, dass Sie gesagt haben, dass die Union und die FDP die Reformen von SPD und Grünen nutzen. Es sollte Ihnen aber nicht positiv auffallen, sondern negativ, dass den Konservativen und Neoliberalen Ihre Reformen so gut gefallen.“

Fakt ist, dass weder Brüderle, noch Steinmeier, noch sonst irgendwer aus der aktuellen Regierung oder aus einer davor für sich in Anspruch nehmen kann, ihm gehöre der „Aufschwung“. Was man aber mit Sicherheit sagen kann, ist, dass der Rekordeinbruch von 2009 sowie die größer werdende Spaltung der Gesellschaft in arm und reich durch eine massive Umverteilung des Volkseinkommens allen gehört, die je in einer Regierung Verantwortung übernommen haben. Ob Rot-Grün, Schwarz-Rot oder jetzt Schwarz-Gelb, alle drei Bundesregierungen standen und stehen noch immer für eine Volkswirtschaft, die sich der Unternehmerlogik zu unterwerfen hat.

Deshalb hat die SPD der Regierung auch nichts weiter entgegenzusetzen, als die wirtschaftliche Entwicklung, die sie selbst wahrscheinlich nicht einmal begreift, für sich zu reklamieren und darüber hinaus als Folge der sog. Reformpolitik darzustellen.

Es mutet doch gerade wie ein übler Scherz an, wenn ausgerechnet der eklige FDP-Schmierlappen Martin Lindner bei seinem Redebeitrag die SPD für deren Hartz-IV Politik lobt, um sie dann wegen angeblicher Distanzierung von der Hartz-Gesetzgebung zu kritisieren, was die SPD-Fraktion in ihrer Einfältigkeit natürlich nicht auf sich sitzen lassen kann.

bung der damaligen rot-grünen Regierung hat einen wesentlichen Anteil daran, dass wir bei der Erwerbstätigkeit heute so dastehen, wie wir dastehen; das macht Ihnen überhaupt niemand streitig. Das Problem ist, dass sich Ihre Partei selbst von alldem verabschiedet, was sie damals richtigerweise gemacht hat:

Sie verabschieden sich selbst von der Hartz-Gesetzgebung und von der Rente mit 67. Sie machen nur noch populistischen Dödelkram, seit Sie hier in der Opposition sitzen.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zuruf von der SPD: Wo denn?)

Eine SPD, die sich in den wesentlichen Punkten mit Union und FDP einig ist und ansonsten auch nichts weiter von Ökonomie versteht, braucht kein Mensch.

Gregor Gysi und die Linke hätten im übrigen auch gut daran getan, weniger Zeit auf eine differenzierte Betrachtung des „Aufschwungs“ zu verwenden, was durchaus gelang, als ihn vielmehr gänzlich infrage zu stellen. Der Punkt ist doch der, dass es keinen Aufschwung gibt, sondern nur eine Erholungsphase, die gerade davon lebt, dass andere Staaten mit ihren massiven Konjunkturprogrammen die globale Nachfrage angekurbelt haben. Sollte die aber wieder einbrechen, was nach gegenwärtigem Stand sehr wahrscheinlich ist – alle Experten rechnen auch damit -, dann wird Deutschlands Wirtschaft auch wieder deutlich auf Talfahrt gehen, weil die Binnennachfrage weiterhin schwach ist und bleibt.

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