Bei Hartz IV arbeiten sie alle zusammen

Geschrieben von:

Wenn sie noch daran zweifelten, dass wir in Wahrheit seit Ewigkeiten von einer ganz großen, kriminell zu nennenden, Konsenssoßen-Koalition regiert werden, bei der nur ab und zu und unter großem Getöse die Farbzusammenstellung wechselt, dann müssen sie sich mal die aktuelle Einigkeit zwischen Regierung und Opposition (namentlich SPD) bezüglich der angetrebten Verfassungsänderung bei der Hartz-IV-Verwaltung anschauen. Die gegenwärtige Mischverwaltung hat das Bundesverfassungsgericht vor geraumer Zeit klar für grundgesetzwidrig erklärt und dem Gesetzgeber aufgetragen, diesen Zustand bis Ende 2010 zu beenden.

Doch statt eine sachliche Diskussion zu führen, die vielleicht auch einen Beitrag zur Unsinnigkeit des gesamten Hartz-IV-Gesetzes hätte liefern können, kam lange nichts, bis der neuen Regierung plötzlich einfiel, dass man die gemeinschaftliche Betreuung einfach nur wieder aufheben müsse, um dem BverfG-Urteil zu genügen. In der Praqxis geht das natürlich nicht, weshalb man sich nun darauf geeinigt hat, die zweitleichteste Lösung zu nehmen. Verfassungsänderung. Diese Lösung funktioniert aber nur, wenn man im Bundestag eine zwei Drittel Mehrheit organisiert. D.h., Schwarz-Gelb allein kann so etwas nicht beschließen. Doch Oppositionsführer Frank-Walter Steinmeier bot schnell seine Unterstützung an.

Man könnte es auch zugespitzter formulieren. Die SPD-Führung macht mal wieder gemeinsame Sache mit dem hessischen Volksverhetzer und Hassprediger Roland Koch, der sein „erfolgreiches“ Modell der Optionskommunen für allgemeinverbindlich erklären möchte. Es ist wie zu Steinbrücks Zeiten. Der konnte in seiner Funktion als nordrhein-westfälischer Ministerpräsident und später Bundesfinanzminister erwiesenermaßen auch besser mit Roland Koch zusammenarbeiten als mit seiner eigenen Partei. Politische Gegner sehen anders aus. Warum fusionieren SPD und Union nicht einfach?

Nun also Verfassungsänderung. Egon W. Kreutzer schreibt dazu heute in seinem Tagebuch:

„Manchmal wünsche ich mir einen Strafrechtsparagraphen, der besagt: Wer die Verfassung nachmacht, oder verfälscht, oder eine nachgemachte oder verfälschte in Umlauf bringt, oder ein verfassungswidriges Gesetz einbringt und/oder an seiner Verabschiedung mitwirkt, wird mit Gefängnis nicht unter 10 Jahren bestraft.“

Mit einem Kopfschütteln zitiert er dazu den Paragraphen 129 des Strafgesetzbuchs, in dem die wichtigen Stellen durch Kreutzer hervorgehoben sind.

Kriminelle Vereinigung

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Heute schon durch die Bundesregierung manipuliert worden?

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Die Medien offensichtlich schon. Ich beginne auch diesen Text mit dem Satz, den ich für den vorherigen Beitrag bereits verwendet habe. Denn es ist schon lustig, wie sich die Medien die Schlagzeilen durch die PR-Abteilungen der Bundesregierung diktieren lassen. Vorhin hieß es als Meldung im Deutschlandfunk noch, dass die Bundesregierung beabsichtige, deutsche Truppen aus Afghanistan abzuziehen. Mittlerweile haben auch die begriffen, dass die Nachricht nicht der Abzug von Truppen ist, sondern die erneute Aufstockung des Kontigents. Man kann das den Obama-Trick nennen. Auch der hatte ja zunächst angekündigt, Truppen irgendwann abziehen zu wollen, um gleichzeitig die Aufstockung des US-Kontigents zu verkünden und so zu tun, als sei die Aufstockung die Bedingung für den Abzug.

Die deutsche Regierung folgt also nun der PR-Strategie Obamas und die deutschen Medien leiten das ungefiltert nach unten durch. Westerwelle darf den Obama spielen und das Ganze wird dann wie folgt dargestellt (Quelle: NDR-Info):

Westerwelle: Abzug aus Afghanistan ab 2011

Der Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan soll nach den Worten von Außenminister Westerwelle im kommenden Jahr beginnen. Ziel der neuen Strategie der Bundesregierung sei es, eine Perspektive für den Abzug deutscher Soldaten zu schaffen. Bundeskanzlerin Merkel und die zuständigen Minister haben verabredet, verstärkt afghanische Kräfte auszubilden, damit diese in der Lage sind, eigenständig die Sicherheit in dem Land zu gewährleisten. Deutschland will in diesem Jahr 500 weitere Soldaten an den Hindukusch schicken und eine Einsatzreserve von 350 Soldaten bilden.

In klaren Worten! Die Strategie des Abzugs besteht in der Aufstockung militärischen Personals!

Das klingt nicht nur bescheuert, das ist auch bescheuert. Und Westerwelle widerlegt sich mal wieder selbst, sogar doppelt. London wird erstens zu einer reinen Truppenstellerkonferenz, zu der der Außenminister ja nicht fahren wollte und zweitens verhandelt Deutschland gar nicht mehr, sondern stellt neue Truppen bereits vorab zur Verfügung. Westerwelle fährt also schon mit der Absicht nach London, neue Truppen nach Afghanistan schicken zu wollen und dies den Verbündeten auch anzubieten. Toll gemacht, Herr Außenminister oder sollte man sagen, Herr Truppensteller?

Zur SPD sage ich jetzt nix. Deren Verhalten ist echt das Letzte. Ich sehe es schon kommen. Die winken das zusammen mit den Grünen durch…

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Noch einmal Afghanistan

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Langsam regt mich die nahezu kritik- und hirnlose Berichterstattung, auf Zuruf wie mir scheint, gehörig auf. Gestern konnten sie wohlmöglich verfolgen, wie die Medien darüber berichteten, dass Ex-Außenminister und aktueller Oppositionsführer Frank-Walter Steinmeier in die Kritik geraten sei, weil sein Haus direkt nach dem Angriff bei Kunduz über tote Zivilisten unterichtet worden war.

Die schwachsinnige Diskussion darüber, ob diesmal neben den Unions-Deppen mit FJS nun auch ein SPD-Depp in der Regierung was wusste, geht erneut von vorne los. Dabei ist das überhaupt nicht mehr interessant. Die Regierung log damals geschlossen und lügt noch heute geschlossen unter Einbeziehung eines Teils der Opposition. Die Medien sollten das endlich mal zur Kenntnis nehmen, auf den Scheinausschuss spucken und anfangen, den Einsatz in Afghanistan genauer zu betrachten, wenn sie der Regierung schon nicht kontrollierend auf die Finger gucken wollen. Also fernab von Schlagworten wie „Taliban“, „Terror“ oder „Luftschlag“. Der Konflikt in diesem Land ist etwas komplexer als die gängige Darstellung dauernd zu vermitteln versucht.

Im Freitag findet sich dazu ein sehr schöner Artikel von Hans Wallow, in dem er die jämmerliche deutsche Berichterstattung über den Afghanistan-Krieg beschreibt.

Es ist hauptsächlich das öffentlich-rechtliche Fernsehen, das die Klischees über Afghanistan zementiert, zum Beispiel die ARD-Sendung Hart, aber fair: Ein völlig ahnungsloser Frank Plasberg diskutierte über den Einsatz der Bundeswehr. Mitten im verbalen Schlagaustausch sah sich Jürgen Todenhöfer, Kritiker des deutschen Militäreinsatzes, Afghanistan-Kenner und ehemaliges Mitglied des Bundestags, mit einer Film­einblendung konfrontiert, in der lachende Mädchen Fußball spielten.

Die Aussage des nur sekundenlangen Streifens strotzte vor Einseitigkeit, die Botschaft der Bilder war: Mit dem Militäreinsatz im Jahre 2002 begann für Afghanistan die moderne Zeitrechnung. Todenhöfer war angesichts der platten Manipulation sichtlich sprachlos. Fair wäre es wohl gewesen, einen der 3.012 afghanischen Flüchtlinge, die allein in den ersten 11 Monaten des Jahres 2009 Asyl in der Bundesrepublik beantragt hatten, zu fragen.

Insgesamt leben in der Bundesrepublik Deutschland 48.437 anerkannte afghanische Asylflüchtlinge. Sie stammen nicht allein aus den ärmeren Schichten, sondern sind oftmals in akademischen Berufen ausgebildet und werden in Afghanistan zum Aufbau benötigt. In ihrer Mehrheit sind sie der Auffassung, dass das ausländische Militär nur eine korrupte, völlig marode Regierung, kriminelle Warlords und Drogenbarone in Staatsfunktionen schützt. Zu Verhandlungen mit den gemäßigten Taliban sehen sie keine Alternative.

Und witzigerweise hat Freigeist zu Guttenberg seine Afghanistan-Strategie eben erst angepasst. Unter Umständen würde er auch mit den „Taliban“ sprechen (siehe Welt). Das ist vor allem deshalb sonderbar und verlogen, weil derselbe zu Guttenschnösel 2007, als der damalige SPD-Vorsitzende Kurt Beck einen ähnlichen Vorschlag unterbreitete, abfällig sagte:

„Ich kenne niemanden, der je einen vernünftigen Taliban getroffen hätte.“

Der Guttenberg dackelt da ja nur der neuen Linie der Amerikaner hinterher, die seit Sommer des Jahres gilt. Der geölte „Raubritter-Abkömmling“ aus dem Bayerischen hat eben keine eigene Meinung oder gar ein querdenkerisches Profil, das ihm seit seinem NEE zur Opelrettung zugeschrieben wurde. Damals hat er ja sogar mit Rücktritt gedroht, es aber dann doch sein lassen, weil, wie er fand, seine ablehnende Position sich in der Schlusserklärung der gesamten Regierung niederschlug. Darauf reagierte auch Urban Priol in seinem satirischen Jahresrückblick mit Unverständnis und fügte süffisant hinzu:

Früher habe der Adel nach so einer Niederlage noch Anstand besessen und beschlossen: „Schublade auf – Beretta raus – Feierabend“.

Ein politisches „Kaltstelllen“ würde mir persönlich ja schon genügen. Das träfe dann allerdings auch auf den Frank-Walter Steinmeier zu. Denn wenn die SPD in Sachen Afghanistan wirklich ein Stück Glaubwürdigkeit zurückgewinnen will, reicht es nicht aus, jetzt auf einmal für einen baldigen Abzug zu sein. Um Glaubwürdigkeit zurückzugewinnen, muss die Partei ihren Fraktionsvorsitzenden Steinmeier mit entschiedener Haltung vom Thron stoßen. Das wird aber nicht passieren. Und so nimmt das öffentlich inszenierte Theater um die Schuldfrage, die durch Zuruf der PR-Agenturen, ein wenig zwischen den Seiten hin und her schwankt, kein Ende. Und die dummen Medien folgen diesen Brocken auch weiterhin meist kritiklos.

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Ich tippe mal: Nach dem Rücktritt Jungs wird es wohl keinen Untersuchungsausschuss geben

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Der aktuelle Bundesverteidigungsminister zu Guttenberg hat ja nach der Sitzung des Verteidigungsausschusses die Öffentlichkeit darüber informiert, dass er dem Bundestag ein „Höchstmaß an Transparenz“ bieten werde. Nach dem Rücktritt Jungs zweifle ich aber daran, dass es dazu und insbesondere auch zu einem Untersuchungsausschuss kommen wird. Zunächst einmal trat Jung mit den Worten ab, dass er keine Schuld trage, sondern die Verantwortung dafür übernehme, dass der Informationsfluss zwischen Ministerium und Minister nicht ordnungsgemäß funktioniert habe. Ja wie jetzt? Hätte Mitarbeiter XY dem Minister beim Zubettgehen aus dem brisanten Bundeswehrbericht etwa vorlesen sollen?

Jung tat das, was er im Jahr 2000 in Hessen auch tat. Er opfert sich für etwas Größeres, wie mir scheint. Er hat es ja selbst gesagt. Er wolle seinen Beitrag leisten, dass die Bundesregierung uneingeschränkt und erfolgreich weiterarbeiten könne. Die Frage ist also, kommt der Untersuchungsausschuss oder sehen wir den Auftritt des allseits beliebten und vertrauenserweckenden Edel-Barons zu Guttenberg, der uns mit Charme die ungeschönte Wahrheit präsentieren wird? Zumindest wirkt der Rücktritt Jungs bei der Opposition bereits spalterisch. Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses Susanne Kastner von der SPD sagte zum Rücktritt Jungs der Saarbrücker Zeitung:

„Ich bin erleichtert. Das erspart uns einen Untersuchungsausschuss.“

Quelle: Welt

Die SPD kann ja nun auch gar kein Interesse mehr an einer parlamentarischen Untersuchung haben. Denn dann müsste wahrscheinlich der Oppositionsführer Steinmeier als Zeuge aussagen. Deshalb tippe ich mal auf großes Theater in Berlin. Man spielt uns etwas vor.

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Umfrage: SPD unter 20 Prozent

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Man soll ja nichts auf Umfragen geben und schon gar nicht, wenn sie von Forsa kommen. Dennoch sollte man darauf hinweisen, dass die SPD nunmehr bei 19 Prozent angekommen ist. Ein bissel Personalkarussell hier, ein bissel Vermögenssteuer da und ansonsten viel Schulterklopfen für das, was man erreicht hat, vor allem für die Versager Müntefering, Steinbrück und Steinmeier scheint die Menschen nicht sonderlich zu beeindrucken. Sie sehen ganz genau, dass bei der SPD sehr wenig Erneuerung, wenn überhaupt, stattgefunden hat.

Trotz seiner umjubelten Antrittsrede auf dem Dresdner Parteitag punktet der neue SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel bei den Wählern nicht. Auf die Frage, wen sie direkt zum Kanzler wählen würden, entschieden sich nur 19 Prozent der Deutschen für Gabriel, 60 Prozent zogen Merkel vor. Damit schnitt Gabriel schlechter ab als der damalige Parteichef Kurt Beck, der zu Beginn seiner Amtszeit im Mai 2006 auf eine Zustimmung von 25 Prozent kam.

Quelle: Stern

Wer ernsthaft mit einem anderen Ergebnis gerechnet hat, ist wirklich zu bedauern. Allerdings könnte man das Ergebnis auch wieder anders deuten. Und ich bin mir sicher, dass die Agenda-Verfechter es auch tun werden. Denn Steinmeier hat die besseren Zustimmungswerte. Forsa-Chef Güllner spielt dabei mal wieder den nützlichen Idioten und weist gesondert auf diesen Umstand hin.

Alarmierend für Gabriel sei, dass sich lediglich 15 Prozent der Jüngeren (18- bis 29-Jahre) für ihn entscheiden würden. Und nur 46 Prozent der SPD-Wähler würden ihn zum Kanzler wählen, Steinmeier habe dagegen im Augenblick noch 54 Prozent der SPD-Wähler hinter sich.

Ich könnte mir jetzt vorstellen, dass Steinmeier, Steinbrück und der kümmerlich Rest der Bundestagsfraktion nun behaupten werden, dass die aktuellen Umfragewerte eine Quittung für den angeblichen Linksschwenk von Dresden sei. Na dann, Gute Nacht. :yawn:

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Die SPD will Tür für Rückkehrer offen halten oder einfach nur der Lacher des Tages

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Die neue stellvertretende SPD-Vorsitzende Hannelore Kraft sagt in der heutigen Ausgabe der Berliner Zeitung:

„Ich mache die Tür weit auf für die bei der Linkspartei, die zurückkommen wollen.

Ich glaube, wir können jetzt wieder ein gutes Angebot für viele SPD-Abwanderer und Gewerkschafter sein. Die sind bei uns gut aufgehoben.“

Warum? Weil man die Vermögenssteuer wieder einführen will? Eine selbstkritische Bestandsaufnahme, wie Kraft meint, hat am Wochenende in Dresden jedenfalls nicht stattgefunden. Das sieht man letztlich auch wieder daran, dass die SPD-Spitzenkandidatin für die wichtige NRW-Wahl im nächsten Jahr bereits jetzt schon einer Koalition mit der Linkspartei eine Absage erteilt.

Kraft, die Spitzenkandidatin der SPD in Nordrhein-Westfalen für die Landtagswahl im kommenden Frühjahr ist, bezeichnete die Linkspartei dort als nicht koalitionsfähig. Ihr Wahlprogramm zeige, dass sie weder regieren wolle noch könne. Die SPD strebe an, bei der Wahl wie früher in NRW stärkste Partei zu werden. Mit der neuen programmatischen Klarheit und dem Rückenwind des Parteitages könne ihr das gelingen.

Über so viel Realitätsverlust kann man nur mit dem Kopf schütteln.

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Quelle: http://www.ad-hoc-news.de/bestandsaufnahme-kraft-tueren-der-spd-fuer-rueckkehrer–/de/Politik/20708345

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Zur SPD nur soviel

Geschrieben von:

Der Gabriel war ja sehr unterhaltend bei seiner Bewerbungsrede. Aber das kennt man ja von ihm. Doch was kommt nun hinten raus? Eine Wende in der Betrachtung der eigenen Politik? Nein. Man habe Fehler gemacht, bla bla, aber man könne vor allem stolz sein auf das, was man in den zurückliegenden 11 Regierungsjahren zu Stande gebracht habe. Man habe sich an die vermeintliche Mitte angepasst. Gut und fein beobachtet, aber dann wieder Lob an die Versager wie Steinbrück, dem er attestierte, den richtigen Ton in der Finanzkrise gefunden zu haben. Häh? Der Mann war doch verantwortlich für die beklagte Anpassung an eine fiktive Mitte, die der neue SPD-Chef nun durch die Zurückgewinnung der Deutungshoheit über zentrale gesellschaftpolitische Fragstellungen neu besetzen will.

Doch wie sieht es mit einer Antwort auf z.B. die Rente mit 67 aus? Die neue Deutungshoheit bei dieser wichtigen Frage lautet nicht etwa Abschaffung aus der Erkenntnis heraus, einer geldgeilen Versicherungslobby auf den Leim gegangen zu sein, also sich einer vermeintlichen politischen Mitte angepasst zu haben, nein, die Antwort Gabriels lautet flexiblere Übergänge in den Ruhestand zu ermöglichen, in einem sog. Korridor zwischen 60 und 67. Ein Witz oder? Wer entscheidet denn dann, wie lange jemand zu arbeiten hat?

Auch Gabriel drückt sich um die kritische Auseinandersetzung mit dem falschen Kurs seiner Partei, die sich nicht nur einem falschen Begriff von Mitte angepasst hat, sondern vor allem die Interessen der Wirtschaft und des Kapitalmarkts bediente. Das haben die Wähler verstanden und keinen Unterschied mehr feststellen können zu den anderen Parteien, die schon immer unter dem Verdacht standen, Klientelpolitik zu betreiben. Es war wirklich unterhaltend, mit anzuhören, wie Gabriel die Politik von Schwarz-Gelb kritisierte, doch hätte er sich gleichzeitig an die eigene Nase fassen können. Später reichte ihm Frau Nahles ja auch ein „Tempo“.

Aber nein. Lob für Steinbrück und auch noch Applaus für jemanden, der die Beschlüsse von Parteitagen mit Füßen getreten hat (Bahnprivatisierung) und sogar kurz vor der Bundestagswahl den eigenen Leuten zum wiederholten Male in den Rücken fiel (Große Koalition sei das Ziel). Den hätte man aus der Halle jagen sollen. Es spricht ja auch Bände, dass Steinbrücks engster Mitarbeiter und ebenfalls SPD-Mitglied, Jörg Asmussen, seinen Job unter Finanzminister Schäuble (CDU) einfach weitermachen darf. Wenn Gabriel also davon spricht, dass nun ausgerechnet die politischen Kräfte mit der Bewältigung der Finanz- und Wirtschaftskrise betraut sind, die den Weg in die Krise bereitet haben, wirkt diese Kritik auch wegen der Kontinuität im Finanzministerium doch sehr unglaubwürdig.

Die Finanzspekulationswirtschaft und die Heuschrecken wurden durch SPD-Finanzminister begünstigt und gefördert. Wer das nicht auch an den Personen festmacht, die immer noch in dreister Weise auf dem Podium Platz nehmen dürfen und erneut bejubelt werden, wird sein Glaubwürdigkeitsproblem nicht los. Da kann man noch so betonen, die Basta-Politik der Partei- und Fraktionsführung abschaffen zu wollen und mehr Demokratie innerhalb der Partei zu wagen. Ohne die Abspaltung der Köpfe (bildlich gesprochen), die für das Versagen und das Weiter so stehen, kann eine angestrebte Erneuerung nur im Selbstbetrug enden.

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Neue Presse Hannover reagiert auf Gabriels "Brandbief" und den angeblichen Neuanfang bei der SPD

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Und wieder gleichen sich die Kommentare. In den gestrigen Tagesthemen sprach Sabine Rau vom WDR über den Brief von Gabriel an die Partei. Sie lobte die offenen Worte und die Kritik Gabriels am bisherigen Basta-Kurs der Partei. Die Forderung, der Basis wieder mehr Mitspracherechte zu geben, wird begrüßt. ABER: Die Agenda 2010 sei natürlich nicht Schuld an der katastrophalen Lage der Partei. Die richtigen Reformen wurden halt nur falsch vermittelt. Bei Christoph Slangen, vom PR-Büro Slangen & Herholz, liest man heute ähnliche Einschätzungen.

„Ein Kardinalproblem vieler in der Partei ist, dass sie in der anstrengenden Gegenwart der Globalisierung nicht angekommen sind. Für Leistungen wie die Arbeitsmarktreform schämten sich die meisten. Die Erfolge der SPD-Agendapolitik, die sinkenden Arbeitslosenzahlen, konnte die Partei nicht für sich reklamieren.“

Wie auch? Slangen hat noch immer nicht begriffen, dass es keinen Zusammenhang zwischen den Arbeitsmarktreformen der Regierung Schröder und dem Rückgang der Arbeitslosenzahlen gibt. Einen Beweis des Gegenteils bleibt er auch wieder schuldig und redet statt dessen von Globalisierung, einem Schlagwort, das für alle Reformen Begründung genug zu sein scheint. Aber für welche Erfolge sollen sich die Genossen denn nicht schämen? Große Teile der Arbeitsmarktreformen sind doch, bis auf Hartz IV, zurückgenommen oder grundlegend verändert worden. Letztes Jahr gab es sogar ein Gesetz mit dem Namen Reform der „arbeitsmarktpolitischen Instrumente“.

Mit diesem Gesetz wurden zum Beispiel die ABMs abgeschafft, auch die Personalserviceagenturen, eine Art Leiharbeit via Jobcenter wurde einkassiert, das war übrigens Hartz I. Die „Jobrotation“, bei der ein Beschäftigter in eine Weiterbildung wechselte, während ein Erwerbsloser zeitweise auf die Stelle rutschte, wird auch nicht mehr gefördert. Diese Regelung wurde unter Rot-Grün 2002 erst ins SGB III aufgenommen. Die Organisation der JobCenter selbst ist in Teilen verfassungswidrig und muss geändert werden. Hartz II, die Regelung der Ich-AGs, mit der Arbeitslosen der Einstieg in die Selbständigkeit erleichtert werden sollte, wurde im Jahr 2006 wieder gekippt. Die Neuregelung von Mini- und Midijobs führte im Ergebnis zu einer Verlagerung von Vollzeitstellen in diese prekären Beschäftigungsverhältnisse. Hartz III, die Umbenennung der Bundesanstalt für Arbeit in die Bundesagentur für Arbeit hat vor allem viel Geld für neue Schilder und Stempel verschlungen.

Mit Hartz IV beschäftigen sich zunehmend die Sozialgerichte, weil immer mehr Bescheide fehlerhaft oder ganz falsch sind. Die Regelsatzdiskussion ist gerade aktuell und die Frage, warum die Bundesregierung einem Säugling 11,90 € für Tabak und Alkohol zugesteht und nichts für Windeln, bleibt nach wie vor unbeantwortet, wie die ganze Regelsatzfindung überhaupt. Auch das Bundesverfassungsgericht meldet da bereits Zweifel an. Wer also, wie Slangen, die Botschaft verbreitet, dass man sich für diese rundum gescheiterten Arbeitsmarktreformen nicht zu schämen bräuchte, hat einfach nicht mehr alle Tassen im Schrank. Doch Slangen setzt noch einen drauf.

„Nun sind viele in der Partei so weit, sich die desolate Lage schönzureden: Sie hoffen darauf, schnell im Bündnis mit der Linken die Macht erobern zu können. Linksruck als Patentrezept? Das wird nicht klappen. Sigmar Gabriel wird es schwer haben mit der Basis.“

Wer redet denn die Lage schön? Das sind doch die Agenda-Verfechter, die sich gerade wieder die Posten zuschanzen anstatt das Weite zu suchen. Slangens Kommentar-Überschrift lautet übrigens, Weg von der „Basta-Partei“. Das sollte man durchaus als Aufforderung verstehen. Doch was soll dann das?

„Linksruck als Patentrezept? Das wird nicht klappen.“

Dahinter hätte Slangen auch sein persönliches „Basta“ schreiben können. Die SPD soll eben nicht selbst darüber bestimmen dürfen, mit wem sie in Zukunft koalieren möchte. Da will Christoph Slangen wohl mitreden.

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Verdauungsprobleme in Thüringen und im Saarland – Entschuldigung

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Es ist schon bemerkenswert. Aus den Berliner Koalitionsverhandlungen bekommt man jeden Furz mit, sogar die übel riechenden. Und was ist mit Thüringen? Nicht der leiseste Hauch dringt durch die Unterbuchse, in die sich SPD und CDU hinter verschlossenen Türen zwängten. Wahrscheinlich werden wir erst schlauer sein, wenn Matschie vor seinen Parteigenossen die eigenen Hosen herunter gelassen hat. Nur welch hässliche Bremsspur bekommen wir dann zu Gesicht?

Zwei Wochen hat der schwarz-rote Stuhlgang in Thüringen nun gedauert. Und Matschie meint,

„Wir haben faire Kompromisse hinbekommen.“

und Glaubens- wie Leidensgenossin Lieberknecht sagt,

„Es gibt viel Bewährtes, auf dem wir aufbauen können. Es war aber auch das gemeinsame Ziel, dass es neue Impulse gibt. Da haben wir gut miteinander gerungen.“

Mal ehrlich, die Wurst möchte doch keiner sehen oder? Man kann nur hoffen, dass die SPD-Basis den Mut findet, das richtige Papier auszuwählen, und sich bei allem Ekel dann noch überwindet, nicht nur den garantiert faulen Schiss des Herrn Matschie zu beseitigen, sondern auch ihn gleich mit wegzuputzen.

Im Saarland führt übrigens ein schwarzer Ministerpräsident gerade vor, wie man an einen Steigbügelhalter aus dem anderen Lager Zugeständnisse macht. Die Grünen glauben ja noch immer oder wollen vielmehr glauben machen, das konservative Lager hätte sich bewegt und sei zu Neuem bereit. Peter Müller beweist das, indem er sagt, dass eine Lohnuntergrenze von 4,50 Euro doch ganz gut sei. Na ja, für mich klingt das eher nach Durchfall.

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Der Parlamentarismus in Deutschland ist weiterhin gescheitert und die Demokratie in Gefahr

Geschrieben von:

Wahlplakat Linke

Wie Recht Lafontaine doch hatte. Doch nun schreit die Scheinlinke Andrea Nahles von der SPD völlig wirr, Lafontaine sei Steigbügelhalter für einen abgehalfterten Ministerpräsidenten (siehe FAZ). Die Logik muss man sich mal vorstellen. In Thüringen darf die SPD-Matschbirne Matschie zum Steigbügelhalter des verhassten Systems Althaus werden und die neue SPD-Führung äußert dafür auch noch Verständnis, weil man sich von der Linken angeblich nicht vorführen lassen wolle. Und im Saarland wirft man nun die völlig irrsinnige Entscheidung der Grünen, Schwarz-Gelb zu unterstützen, den Linken vor, weil deren Spitzenkandidat Oskar Lafontaine in unverschämter Weise, das ihm entgegengebrachte Wählervertrauen in Anspruch nehmen will. :crazy:

Wenn sie an der praktizierten Demokratie in diesem Land zweifeln, haben sie hier wieder ein Beispiel für die Richtigkeit ihrer Vermutung. Das deutsche parlamentarische System ist am Ende. Als Schröder 2005 die fingierte Vertrauensfrage im Bundestag stellte und so tat, als ginge nichts mehr, um dann in der Zeit bis zur Auflösung noch zahlreiche Gesetze mit der Kanzlermehrheit zu beschließen, wurde der Parlamentarismus in Deutschland quasi beerdigt. Danach folgte ein unwürdiges Schauspiel dem anderen. Die Missachtung von Mehrheiten wurde zum Standardprogramm des Parlaments. Das Einbringen von SPD-Gesetzesvorschlägen durch die Linkspartei, wie den Mindestlohn, lehnte die SPD-Fraktion trotz vorhandener Mehrheit ab. Andrea Nahles sagte damals:

Auch SPD-Präsidiumsmitglied Andrea Nahles nannte den Antrag der Links-Fraktion eine Showveranstaltung und kündigte an, ihn abzulehnen. „Wir leben doch nicht in Italien und machen vor der entscheidenden Koalitionsrunde eine Politshow der Linkspartei mit“, sagte sie. Am Montag werde im Koalitionsausschuss ernsthaft mit der Union über das Thema verhandelt und man wolle im Interesse der Betroffenen zu Ergebnissen kommen.

Quelle: Süddeutsche vom 13.06.2007

Das ernsthafte Verhandeln mit der Union über einen Mindestlohn hat der SPD immerhin das schlechteste Ergebnis bei einer Bundestagswahl überhaupt eingebracht und Andrea Nahles wird zum Dank befördert. Hätte sie damals gemäß ihrer unterstellten Gesinnung mit den Linken gestimmt und offen Koalitionsbruch begangen, hätte man zeigen können, dass der Parlamentarismus noch funktioniert und Glaubwürdigkeit sich darin äußert, wichtige Entscheidungen mit Hilfe einer Mehrheit herbeizuführen. Die Mehrheit des Volkes hätte profitieren können. Nun regieren CDU und FDP im Bund. Sie vereinen eine Minderheit und werden dennoch ihre jetzt erlangte parlamentarische Mehrheit nutzen. Im Saarland und in Thüringen haben sie in den Parlamenten noch immer keine Mehrheit, aber offenbar das Recht, sich diese unbeanstandet zu erkaufen. Beschönigend nennt man das dann stabile Verhältnisse. Wolfgang Lieb schreibt heute auf den NachDenkSeiten:

„Die Methode von CDU, FDP, SPD und Grünen für eine Politik des „Weiter-so“ (man nennt das jetzt beschönigend „Stabilität“) ist in Deutschland ziemlich einfach gestrickt: Man erkläre die Linkspartei zum leibhaftigen Teufel und Lafontaine zum Beelzebub und schon darf man jedes politische Versprechen brechen und alle Prinzipien über Bord werfen. Und man kann sogar sicher sein, dass die veröffentlichte Meinung diesen Betrug am Wähler in den Himmel hebt.“

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