Die Umsätze im Einzelhandel sinken auch im September 2009 deutlich um real 3,9%

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Von Januar bis September 2009 wurde im deutschen Einzelhandel nominal 2,6% und real 2,2% weniger als im vergleichbaren Vorjahreszeitraum umgesetzt.

Quelle: destatis

Die Binnennachfrage geht immer weiter zurück. Dramatisch könnte man sagen. Doch das sehen nicht alle so. Die GfK zum Beispiel. Am Montag kommt sie für den September zu folgendem Ergebnis:

Konsumklima erhält nur leichten Dämpfer

Das Konsumklima hat im Herbst einen leichten Dämpfer erhalten. Sowohl die Einkommenserwartung als auch die Anschaffungsneigung müssen Einbußen hinnehmen. Die Konjunkturerwartung dagegen kann ihren Aufwärtstrend auch im Oktober fortsetzen.

Im Zuge sinkender Einkommenserwartungen muss auch die Anschaffungsneigung Einbußen hinnehmen. Ein Grund dafür ist sicher auch die Ende September ausgelaufene Abwrackprämie

Der von mir unterstrichene Satz lässt ja beinahe auf wissenschaftliches Fachwissen schließen. Doch gemach, gemach. Alles nur ein leichter Dämpfer. Die Neue Presse Hannover druckte am Dienstag, 27.10.2009 dazu folgenden Kasten ab.

Konsumklima_NP_27.10.2009

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Zu den Arbeitslosenzahlen

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Zum vierten Mal in Folge sinkt die offizielle Zahl der Erwerbslosen, obwohl die Wirtschaft am Boden liegt. Und wieder lauten die Schlagzeilen „Überraschende Entwicklung“ oder „Goldener Oktober am Jobmarkt (NP von heute)“ garniert mit der beliebten Floskel,

„Der deutsche Arbeitsmarkt zeigt sich einen weiteren Monat in Folge robuster als noch zu Jahresanfang erwartet worden war.“ (Zitat aus heutigen NP-Kommentar von Anja Schmiedeke)

Toll. Trotz des klaren Widerspruchs von Zahlen und Wirklichkeit spricht man davon, dass sich der Arbeitsmarkt krisenfest behaupte. Wieso kommt eigentlich keiner auf das Näherliegende? Den offensichtlichen Beschiss. Die Bundesagentur für Arbeit sowie das Arbeitsministerium dürfen weiter froh die Leute belügen.

Im Oktober 2009 wurden von der Statistik der BA insgesamt 3,229 Millionen Arbeitslose registriert, 232.000 bzw. 7,7% mehr als im Oktober 2008. Von diesen 3,229 Millionen Arbeitslosen waren 1,074 Millionen (33,3%) im Rechtskreis SGB III und 2,155 Millionen (66,7%) im Rechtskreis SGB II (Hartz IV) registriert. Als Arbeitsuchende waren im Oktober 2009 insgesamt 5,940 Millionen Frauen und Männer registriert, 524.000 (9,7%) mehr als im Oktober 2008.

Quelle: Bremer Institut für Arbeitsmarktforschung und Jugendberufshilfe e.V.

Insgesamt hatten im Oktober 2009 5,867 Millionen erwerbsfähige Menschen Anspruch auf Leistungen nach SGB II und SGB III. Und! Was viel wichtiger ist, rund 1,4 Millionen Menschen sind derzeit in Kurzarbeit. Sollte man die nicht in die Rechnung miteinbeziehen? Das Kurzarbeitergeld kann ja nicht ewig weiterlaufen. In diesem Zusammenhang ist die erste Aussage vom neuen Arbeitsminister Franz Josef Jung schlicht falsch.

„Die gewaltigen staatlichen Investitionen haben die richtigen Anreize gesetzt, die Konjunkturpakete haben gewirkt.“

Nicht die viel zu klein bemessenen Konjunkturpakete wirken hier auf die Arbeitslosenzahlen, sondern die statistischen Tricksereien. Denn wenn man sich die Zahlen genauer anschaut, wird man feststellen, dass nur noch knapp 55 Prozent aller Arbeitslosengeld I + II Bezieher auch als arbeitslos gezählt und in der Statistik ausgewiesen werden. Da kann man doch nicht von Robustheit und richtigen Anreizen faseln, sondern muss eigentlich zu der Erkenntnis gelangen, dass bisher viel zu wenig für die Stabilisierung von Beschäftigung getan wurde.

Doch die Lösung kann auch nicht heißen, immer mehr Kurzarbeitergeld auszuzahlen. Das ist doch bekloppt. Dadurch etsteht doch keinerelei Nachfrageimpuls. Und allein auf die sich erholende US-Wirtschaft zu setzen, ist naiv. Die überwinden die Rezession übrigens deswegen so schnell, weil sie massive Konjunkturhilfen auf den Weg gebracht haben. Nur bleibt es doch nach wie vor fraglich, ob die Amerikaner jenen Schulden finanzierten Konsummotor wieder anschmeißen werden, von dem die deutsche Exportwirtschaft ja so prächtig gelebt hat. Das wird nicht passieren. Die Lage auf dem amerikanischen Arbeitsmarkt ist weiterhin angespannt und die Schulden in den Privathaushalten noch lange nicht abgetragen. Noch ist die Kreditkartenblase nicht geplatzt. Aus diesem Grund wird die amerikanische Wirtschaft als weltwirtschaftliches Zugpferd, auf das schon wieder einige „Experten“ und Journalisten wie Anja Schmiedeke von der NP setzen, mit Sicherheit ausfallen.

„Allerdings gibt es auch Hoffnung. Dort, wo die Krise ihren Anfang nahm, in den USA, ist sie auch schon wieder vorüber. Das Ende der US-Rezession wird die Weltwirtschaft ankurbeln helfen. Die Trendwende wird auch bei uns ankommen – doch wann, ist ungewiss. Für die Arbeitnehmer wie für die Steuereinnahmen des Bundes wäre ein schnelles Ende der Krise ein Segen.“

Gerade der letzte Satz drückt einmal mehr das verinnerlichte Prinzip Hoffnung aus, weil zu mehr einfach der Sachverstand fehlt und der Wille, alternative Konzepte auch nur zur Kenntnis zu nehmen. Wie wurden die Linken im Wahlkampf beschimpft. Die würden das Blaue vom Himmel versprechen, seien unseriös und wage. Gestern nun durfte ich bei Maybritt Illner erleben, wie der FDP-Fan Helmut Markwort vom Focus zum Fahren auf Sicht und Hoffen der neuen Bundesregierung stand. Frau Merkel müsse es doch wenigstens versuchen mit den Steuersenkungen. Was solle sie sonst auch tun? Wir hätten nun halt mal diese vielen Schulden wegen der Krise.

Tjo, das klingt ja nun nicht sehr kompetent und überzeugend. Mit anderen Worten, die haben keine Ahnung, was sie tun sollen. Okay, die alten Rezepte taugen nicht viel, das hat die Realität bewiesen, aber weinigstens versuchen müsse man doch irgend was. Da kann man nur mit dem Kopf schütteln. Hätte die Bundesregierung gleich zu Beginn der Krise mehrere Milliarden in die Hand genommen und ein kreditfinanziertes Wachstumsprogramm im Bereich Infrastruktur, Bildung und Umweltschutz aufgelegt von mindestens einem Prozent des Bruttoinlandsprodukts pro Jahr, was für Deutschland 25 bis 30 Milliarden bedeutet hätte, dann müsste man jetzt nicht sinnlos Geld für Kurzarbeit, die Verwaltung von Arbeitslosigkeit, die Sozialkassen und für unsinnige Steuersenkungen herausschmeißen. Dieses Geld kommt nie wieder zurück.

In einem Konjunkturprogramm wäre es tatsächlich an den Staat zurückgeflossen, weil Beschäftigung und Binnennachfrage stabilisiert worden wären. So aber hofft und zittert man sich von einem Monat zum nächsten. Westerwelles Aufgabe in Brüssel hätte sein können, für einen EU-weiten Konsens zu sorgen, um mit einer abgestimmten makroökonomischen Wirtschaftspolitik gemeinsam gegen die Weltwirtschaftskrise vorzugehen. Doch was qualifizierte diesen Schaumschläger doch gleich?

„Mehr Netto vom Brutto!, Deutschland braucht ein niedriges, einfaches und gerechtes Steuersystem!, Versprochen – gehalten!“

Damit kann er bestimmt in Europa punkten.

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Agentur für Arbeit richtet eigene Außenstelle für Quelle ein

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Das Aus von Quelle löst bei der Bundesagentur für Arbeit Alarmstimmung aus. Eine Task Force mit bis zu 100 Mitarbeitern soll jetzt eine Außenstelle auf dem Betriebsgelände des Versandhändlers einrichten – es geht darum, dem Ansturm von rund 4000 Menschen standzuhalten.

Quelle: Spiegel-Online

Die Meldung füge ich nur deshalb an, weil die FDP ja immer behauptet, die Größe der Behörde stünde in keinem nachvollziehbaren Verhältnis zur Lage auf dem Arbeitsmarkt. Es sei nicht zu verstehen, warum die Zahl der Mitarbeiter weiter ansteige, wenn gleichzeitig die Arbeitslosenzahlen abnehmen, so redet z.B. der arbeitmarktpolitische Sprecher der FDP Dirk („Würg“) Niebel. Niebel war selbst mal als Arbeitsvermittler bei der Bundesagentur tätig. Doch ihn verbindet offenbar nichts mehr mit seinem früheren Arbeitgeber, da er und seine Partei zu dem Ergebnis kommen, dass die Bundesagentur für Arbeit in ihrer jetzigen Form nicht mehr reformierbar sei und deswegen aufgelöst werden sollte.

An deren Stelle solle eine weitgehend privatisierte Arbeitsvermittlung treten und durch den Wegfall von aktiver Arbeitsmarktpolitik, wie Weiterbildungsmaßnahmen oder Eingliederungszuschüsse sollen bis zu 30 Mrd. Euro eingespart werden können. Doch nun müssen sich wohl rund 4000 Quelle-Beschäftigte auf einen Schlag arbeitslos melden. Der Chef der bayerischen Regionaldirektion, Rainer Bomba ist alarmiert.

Jetzt sollen bis zu 100 Arbeitsvermittler aus ganz Bayern nach Nürnberg geholt werden, die am kommenden Montag in einer eigens eingerichteten Außenstelle die Quelle-Beschäftigten „in ihrer angestammten Umgebung“ betreuen sollen. „Sie sollen nicht in langen Schlangen beim Arbeitsamt stehen müssen“, sagte Bomba.

„Die Rechnungen der Arbeitslosen kommen pünktlich, dann müssen auch die Lohnersatzleistungen pünktlich gezahlt werden“, sagte der Behördenchef.

Preisfrage. Wie reagiert eigentlich das FDP-Modell auf so eine Schockmeldung auf dem Arbeitsmarkt? Wie würde ein Arbeitsminister Niebel wohl reagieren? Wahrscheinlich wie Hermann Otto Solms bei der Entdeckung der Staatsfinanzen. :roll:

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Rekordrückgang bei gewerblicher Beschäftigung

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Das Statistische Bundesamt meldet:

4,4% weniger Beschäftigte im Verarbeitenden Gewerbe im August 2009

Nach Mitteilung des Statistischen Bundesamtes (Destatis) wirkt sich die aktuelle Schwäche der Gesamtwirtschaft immer deutlicher auf die Beschäftigung im Verarbeitenden Gewerbe in Deutschland aus: Ende August 2009 waren in den Betrieben des Verarbeitenden Gewerbes mit 50 und mehr Beschäftigten gut fünf Millionen Personen tätig. Das waren rund 229 000 Personen oder 4,4% weniger als im August 2008. Seit Januar 1995 ist der prozentuale Rückgang der Beschäftigtenzahl im Vergleich zu einem Vorjahresmonat noch nie so stark gewesen wie in diesem Monat.

Mal wieder ein herber Dämpfer für alle Konjunkturoptimisten im Tigerentenclub. Auch die Arbeitsstunden und die Entgeltsummen nehmen dramatisch ab. In der Langzeitabbildung wird deutlich, dass Arbeitsstunden und Bruttolohnsummen seit Juli 2008 stark zurückgehen. Eigentlich hätte die Bundesregierung auf Grundlage dieser Daten bereits handeln und gegensteuern müssen. Die aktuellen Zahlen zeigen jedenfalls, dass die bisher getroffenen Maßnahmen zur Stabilisierung der Konjunktur nicht ausreichen. Trotzdem empfehlen die Wirtschaftsinstitute in ihrem Herbstgutachten bereits den Ausstieg aus der aktiven Konjunkturpolitik. Das ist unverantwortlich!

Der gemessene Rückgang bei den Einkommen hat Signalwirkung auf die Binnenwirtschaft. Da im verarbeitenden Gewerbe die Tarifbindung im Vergleich zu anderen Branchen recht hoch ist und demnach auch bessere Löhne und Gehälter gezahlt werden, muss sich der Absturz zwangsläufig beim privaten Konsum bemerkbar machen. Eine weitere Belastung der ohnehin schwächelnden Binnenkonjunktur ist somit abzusehen. Doch die Institute und der Tigerentenclub in Berlin sehen plötzlich wieder Spielräume für ihre Steuersenkungsträume. Man müsse halt nur richtig an anderer Stelle sparen.

Der hessische Ministerpräsident Roland Koch macht das im NP-Interview mit der Überschrift „Wir müssen 50 Milliarden sparen“ heute noch einmal deutlich:

„Steuererhöhungen sind definitiv ausgeschlossen. Daher muss es Einsparungen geben, um die notwendigen Gestaltungsmittel zu erhalten. Unser Ziel ist es, die Leistungsträger durch Veränderungen im Steuerrecht zu motivieren.“

Konjunkturprogramme und damit eine Motivierung zum Konsum sind kein Thema mehr. Denn…

„Wir können und dürfen die Schuldenbremse nicht außer Acht lassen und keine Schulden über die verfassungsrechtliche Grenze hinaus machen.“

Und während der Tigerentenclub gezielt an den Problemen dieses Landes vorbei diskutiert, rutscht die Wirtschaft mangels Nachfrage immer tiefer in die Rezession. Ein Umstand, der auf breite Ignoranz trifft.

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Der Spiegel ist und bleibt ein neoliberales Propagandaorgan

Geschrieben von:

Lesen sie zunächst Sven Bölls Kommentar „Vergesst Weihnachten!“ Ein wirklich schlimmes Machwerk billiger Meinungsmache.

„Geschenke soll es geben, viele und große, darauf hat sich die neue Regierung geeinigt. Doch in Wahrheit müssten Union und FDP endlich die Staatsausgaben reduzieren – selbst wenn Arbeitnehmer, Rentner und Hartz-IV-Empfänger auf die Barrikaden gehen.

Notfalls auch mit Waffengewalt? Wenn der Bürgerkrieg ausbricht, wissen wir, auf welcher Seite Frontberichterstatter Böll stehen wird. :roll:

„Deutschland braucht mehr Ehrlichkeit in der Finanzpolitik“

Nein, Deutschland braucht mehr Aufklärungsarbeit, um vor allem die Rolle des Spiegels im System der Meinungsmache offenzulegen.

„Mehr als eine Billion Euro Schulden hat der Bund bereits – und im kommenden Jahr könnten im Extremfall nochmals bis zu 100 Milliarden Euro dazukommen. Das liegt auch an der Finanzkrise – aber nicht nur. Selbst wenn der Bund ab 2011 jedes Jahr zehn Milliarden Euro seiner Schulden tilgen würde, wäre er erst nach 110 Jahren damit fertig. Das entspricht fast vier Generationen.“

Finanzstaatssekretär Asmussen zu der These, es läge nicht nur an der Finanzkrise, und der muss es ja schließlich wissen:

„Wir sind weit von einer Normalisierung entfernt.“ „Es ist weiterer Kapitalbedarf in Banken absehbar.“

Quelle: Süddeutsche

Doch zurück zu Sven Böll:

„Zu dieser neuen Ehrlichkeit würde auch gehören, mit der Lebenslüge aller Parteien aufzuhören, in der Vergangenheit sei bereits ernsthaft gespart worden.“

Diesen Satz werden wir demnächst öfters hören, garantiert. Über die Absenkung der Staatsquote auf ein historisches Tief kein Wort. Der Anteil der Ausgaben von Bund, Ländern und Gemeinden an der Wirtschaftsleistung lag im Jahr 2008 bei 25 Prozent (ohne den Anteil der Sozialsysteme) und damit auf dem Niveau der 60er Jahre. Böll und andere werden einfach behaupten, Eichel und Steinbrück hätten nie wirklich gespart und sie begründen das dann so:

„Zwischen 1998 und 2008 stiegen die jährlichen Ausgaben der Bundesregierung von gut 233 auf rund 282 Milliarden Euro – das ist ein sattes Plus von weit mehr als 20 Prozent und nicht gerade ein Synonym für „den Gürtel enger schnallen“.“

Etwas Dümmeres gibt es ja wohl nicht. Wer nominal mit real verwechselt und es unterlässt die Ausgaben gemessen am Bruttoinlandsprodukt zu betrachten, hat echt einen an der Waffel und gehört in die Bild-Zeitung entsorgt. Die nominalen Ausgabensteigerungen sagen für sich genommen überhaupt nichts aus und schon gar nicht, wenn man einen willkürlichen Zeitraum ohne Bezugsgröße wählt. Herr Böll hat auch noch nie etwas davon gehört, dass die realen Spareinschnitte der Minister Eichel und Steinbrück ursächlich dafür sind, dass die Ausgaben in jenem Bereich stark ansteigen, die Herr Böll in der Folge nun endlich „ehrlich“ kürzen will. Das systematische Aushungern des Staates durch prozyklische Sparpolitik wirkte als Konjunkturbremse, was wiederum dazu führte, dass die öffentlichen Etats erstens unter Einnahmeausfällen zu leiden und zweitens einen Anstieg ihrer Sozialbudgets zu verkraften hatten.

Dennoch lag die Staatsquote mit dem Anteil der Sozialsysteme im Jahr 2008 bei 43,9 Prozent, dem niedrigsten Stand seit 1990. Im Jahr 2003 betrug die Staatsquote noch 48,5 Prozent. Wie kann das sein, wenn angeblich nicht gespart wurde? Fakt ist, die Ausgaben des Staates stiegen langsamer als das Bruttoinlandsprodukt. Böll will aber nur den wachsenden Haushalt zur Kenntnis nehmen, daraus eine dramatische Entwicklung aufzeigen und somit versuchen, den Leser in grober Weise zu täuschen.

„Das Motto der neuen Koalition dürfte deshalb nicht Volksbeglückung heißen, sondern müsste „Sparen – aber diesmal ernsthaft“ lauten.

Der Bundeshaushalt hat in diesem Jahr ein Volumen von 290 Milliarden Euro. Zieht man davon die Ausgaben ab, die wie die Zinszahlungen (14 Prozent des Volumens) nicht verhandelbar sind oder echte Investitionen bedeuten – etwa Verkehr und Bildung, die rund 13 Prozent des Haushalts ausmachen -, bleiben rund 210 Milliarden Euro übrig. Abzüglich der Personalausgaben, die nur langfristig Sparpotentiale bieten, sind es dann nur noch gut 180 Milliarden Euro. Darunter fallen die Budgets für Entwicklungshilfe, Verteidigung, Familien und so weiter. Und vor allem die Ausgaben für Soziales: Die summieren sich auf fast 130 Milliarden Euro.

Wer also ernsthaft sparen will, kommt am Sozialbudget nicht vorbei.“

Es gibt also Haushaltsgrößen die nicht verhandelbar sind und welche die es sind. So einfach ist die Rechnung. Es spielt für Böll überhaupt keine Rolle, woher die Schulden stammen, nur dass die Zinszahlungen aufgebracht werden müssen. Und dafür muss das Sozialbudget gekürzt werden. Deutlicher kann man nicht sagen, dass die Krise von den Schwachen in dieser Gesellschaft finanziert werden müsse. Unglaublich! In seiner geistigen Beschränktheit kommt Sven Böll gar nicht auf den Gedanken, mal zu fragen, von wem sich der Staat das Geld leiht und wie viel diese Geldgeber eigentlich auf der anderen Seite selbst zur Finanzierung des Gemeinwesens beitragen, außer dass sie Kredite geben und gute nicht verhandelbare Zinsen dafür erhalten, die sie dann wiederum an den internationalen Finanzplätzen verzocken können.

Denn klar ist ja wohl, dass nach diesem von Böll beschriebenen Haftungsmuster, der vermögende Kreditgeber ein tolles Geschäft macht. Vor, während und noch lange nach der Krise, bis die Ausgaben im Sozialbereich irgendwann auf Null gedrückt worden sind. Dabei geht es dann auch nicht um ein Generationenproblem, sondern um eine Verteilungsschieflage in jeder Generation. Denn nicht nur die Schulden werden an die nächste Generation weitergegeben, die Forderungen ja auch. Auch das vergisst Herr Böll. Es wäre mal an der Zeit, zu begreifen, dass die Kosten der Krise auch von jenen aufgebracht werden sollten, die sie erstens verursacht und zweitens von ihr profitiert haben. Was ist mit der Vermögens-, Erbschafts- und Spitzensteuer? Warum holt sich der Staat nicht das Geld zurück? Weil es dann die angeblichen Leistungsträger der Gesellschaft träfe?

Man könnte jetzt noch mehr zu dem Müllkommentar von Böll sagen, aber ich lass es und komme lieber zu einem zweiten Bericht im Spiegel über das angeblich so positive Herbstgutachten der Wirtschaftsforscher. Darin findet sich folgender Satz:

In ihrer Prognose, die an diesem Donnerstag in Berlin vorgestellt wurde, gehen die Institute außerdem nur noch von einer 5,0-Prozent-Rezession in diesem Jahr aus. Vor Monaten wurde ein tieferer Absturz erwartet.

So als ob Minus fünf Prozent kein tiefer Absturz wären. Schlimm ist aber, dass die Koalitionäre in Berlin nun diese Fantasiezahlen für nächstes Jahr nehmen und glauben, da wären Spielräume für ihre Steuersenkungsversprechen. Das ganze Gutachten scheint politisch motiviert. Denn zwei Aussagen lassen sich einfach nicht in Einklang bringen:

  1. Dazu kommen Gefahren, die die aktuelle positive Prognose noch revidieren könnten. Als eines der größten Risiken betrachten die Institute, „dass neue Erschütterungen des internationalen Finanz- und Bankensystems keineswegs ausgeschlossen sind“.
  2. Außerdem halten sie es für geboten, schon jetzt über Strategien zu entscheiden, wie die außergewöhnlichen Maßnahmen zur Bekämpfung der Finanzkrise beendet werden sollen. „Beginnen sollte man mit dem Abbau des strukturellen Defizits im Jahr 2011, wenn sich die Konjunktur stabilisiert haben dürfte“, lautet die Empfehlung.

Dem Spiegel als neoliberales Kampfblatt ist das natürlich keine kritische Anmerkung mehr wert. :roll:

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Zur wirtschaftlichen Lage – und ein Ausblick

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„Wir können nicht mehr in die Ära zurückkehren, in der die Chinesen und Deutschen oder andere Staaten uns einfach nur alles verkaufen, wir dagegen einen Haufen Kreditkarten-Schulden oder Hypotheken aufnehmen, aber ihnen nichts verkaufen.“

Das sagt US-Präsident Barack Obama. Doch viel entscheidender wird sein, wie unsere neue Bundesregierung darauf reagieren wird. Auf dem letzten G20-Gipfel hat sich Frau Merkel ja verpflichtet, für Deutschland eine Stärkung der Binnennachfrage anzustreben. Damit kann sie vielleicht die internationale Gemeinschaft täuschen aber nicht uns. Denn wir wissen, was Frau Merkel unter einer Stärkung der Binnennachfrage versteht. Steuersenkungen nach dem Motto, mehr Netto vom Brutto. Und sonst der feste Glaube an die Wirkung solcher Schwachsinnsprogramme.

Begleitet wird die Frau Bundeskanzlerin von den positiven Meldungen der Wirtschaftsforschungsinstitute, die schon wieder Wachstumsprognosen verkünden. Man fragt sich nur, woher das Wachstum kommen soll, wenn alle Anzeichen weiterhin auf Absturz hindeuten. Der für Frau Merkel und Konsorten noch immer so wichtige Export lahmt weiterhin. Im August sanken die Ausfuhren im Vergleich zum Juli 2009 wieder um 1,8 Prozent. Im Vergleich zum Vorjahr klafft immer noch ein riesiges Minus von 20 Prozent. Von Aufschwung also keine Spur. Nicht einmal Schadensbegrenzung wäre hier als Formulierung angebracht.

Die Binnenkonjunktur lahmt ebenfalls und das nicht erst seit gestern. Die Umsätze im Einzelhandel gehen kontinuierlich zurück. In diesem Jahr gibt es bereits ein Minus von real 2 Prozent. Im August sanken die Umsätze deutlich um 2,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat (siehe hier). Von Aufschwung also keine Spur. Der volkswirtschaftliche Schaden durch das Unterlassen einer vernünftigen Konjunkturpolitik vergrößert sich weiter. Nicht zuletzt auch deshalb, weil die Arbeitslosigkeit nach Auslaufen des Kurzarbeitergelds im nächsten Jahr steigen wird. Die Zahl der Überstunden ist um 27 Prozent bereits auf einen historischen Tiefstand gefallen (siehe hier).

In der für die Konjunkturmessung so wichtigen Branche Maschinenbau brechen die Umsätze auch im August 2009 weiter ein. Ein Minus von 33,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die Auftragseingänge ebenfalls deutlich im Minus mit 43 Prozent. Entspannung also auch hier nicht in Sicht. Dafür steigt die Zahl der Unternehmensinsolvenzen. Im Juli 2009 um 9,3 Prozent. Das bedeutet vor allem für die Banken wieder großes Zittern, wenn Kreditausfälle sich häufen. Ich möchte an dieser Stelle nicht wissen, ob da schon wieder fein geschnürte Pakete mit verbrieften Inhalten rund um den Globus sausen und die Taschen der Zocker füllen. Wussten sie, dass Banker in Amerika dieses Jahr Rekordgehälter kassieren, trotz Krise (siehe hier)?

Alles in allem trübe Aussichten, wenn nicht sogar katastrophale. So als ob uns das Schlimmste noch bevor steht. Vor allem bei dieser neuen Bundesregierung, die bereits jetzt mehr Wert auf PR-Auftritte legt, als Lösungsvorschläge ernsthaft zu dikutieren. Eben höre ich eine Meldung, in der über Verbesserungen für Hartz IV-Empfänger gesprochen wird. Geht’s noch? Die Erhöhung des Schonvermögens ist schon seit Beginn der Koalitionsverhandlungen ausgemacht und erst jetzt hat die PR-Abteilung die passende Meldung für die Redaktionen geliefert? Dabei hat das Ganze überhaupt nichts mit einer Verbesserung zu tun, weil es erstens kaum einen betrifft und zweitens nur dazu dient, einen Vorwand zu erhalten, um weitere Leistungen mit Verweis auf das höhere Schonvermögen künftig einsparen zu können.

Offensichtlich trägt der Vorstoß auch der abzusehenden Lage auf dem Arbeitsmarkt Rechnung. Die Bundesregierung plant mit einem Anstieg der Arbeitslosigkeit und reagiert präventiv anstatt aktiv etwas dagegen zu unternehmen. Damit wird auch deutlich, dass Frau Merkel und Herr Westerwelle nicht die Absicht verfolgen, mit Konjunkturpolitik auf eine weitere Verschärfung der Wirtschaftskrise zu antworten. Man sitzt es einfach aus.

PS: Zahlen und Fakten entnommen aus dem Informationsportal von Dr. Jahnke.

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Die Auswirkungen des Kassensturzes

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In Berlin melden die Arbeitsgruppen der künftigen Koalitionäre eine Zumutung nach der anderen. Die katastrophale Haushaltslage wirft ihre Schatten voraus. So als ob nicht schon längst klar gewesen wäre, dass es nach bisherigen Maßstäben keine Gestaltungsspielräume geben würde. Überall wird das Wahlvolk auf harte Einschnitte vorbereitet. Plötzlich und unerwartet. Man tut überrascht, so als ob die Auswirkungen der Wirtschaftskrise erst ab dem 28. September spürbar geworden seien. So auch die Neue Presse Hannover mit ihrem PR-Agenten Christoph Slangen aus dem Berliner PR-Büro Slangen & Herholz. Für die heutige Ausgabe liefert er zwei Beiträge. Ein Interview mit dem niedersächsischen Wirtschaftsminister Philipp Rösler, der in Berlin mitverhandelt und einen Kommentar mit dem bezeichnenden Titel:

„Schwarz-Gelb in der Finanzklemme“

Da wundert man sich schon einmal. Warum heißt es nicht, Schwarz-Gelb in der Glaubwürdigkeitsfalle oder Schwarz-Gelbe Wortbrüche? Nein, die völlig überraschende Finanzklemme befreit die handelnden Akteuere von jedem Schuldvorwurf.

„Durch die Wirtschaftskrise ist die Ausgangslage prekär. Auf einen schnellen, kräftigen Aufschwung kann die neue Regierung nicht bauen. Zudem ist ihre Handlungsfreiheit stark eingeschränkt. Der Weg des geringsten Widerstands, mit massiven Steuersenkungen und Ausgabenprogrammen auf Pump die Wirtschaft anzukurbeln, ist verstellt. Die Schuldenbremse des Grundgesetzes verlangt ab dem Jahr 2011 striktere Haushaltsdisziplin als je zuvor. Schwarz-Gelb müsste sich nach Lage der Dinge für Steuererhöhungen und/oder drastische Einsparungen entscheiden, um den Vorgaben gerecht zu werden. Da wundert es nicht, dass die Koalitionsverhandlungen bisher so zäh verlaufen. Die Finanzfrage ist der Schlüssel für viele Bereiche. Heulen und Zähneklappern also auch diesmal? In jedem Fall werden die Entlastungen deutlich geringer ausfallen, als mancher Wahlkämpfer verkündet hatte – und Einschnitte stehen bevor. Die Qualität und Haltbarkeitsdauer des Koalitionsvertrages wird sich daran bemessen, wie engagiert die Koalition die Finanzprobleme angeht.

Unglaublich oder? Die Qualität des Koalitionsvertrages bemisst sich also nicht daran, was man vor der Wahl versprochen hat, sondern schlicht daran, wie man unter dem Diktat der Sachzwänge engagierte Haushaltspolitik betreibt. Als Müntefering einst verkündete, Politiker dürfe man nicht an den abgegebenen Wahlversprechen bemessen, hat er noch ordentlich eins auf die Mütze bekommen. Doch jetzt übernimmt die Presse genau dieses Argument, weil sie ihre Wunschkoalition nun schon verteidigen muss, bevor sie überhaupt angetreten ist. Slangen stimmt die Leser der Neuen Presse Hannover ganz im Sinne der zukünftigen Regierung ein. Mit Formulierungen wie „striktere Haushaltsdisziplin“, „Finanzfrage ist der Schlüssel“ und „Entlastungen deutlich geringer – Einschnitte stehen bevor“ bereitet Slangen die Grundlage für die kommende Kampagne zur Rechtfertigung eines harten Sparkurses und Sozialabbauprogramms.

Im Interview mit Rösler fragt Slangen noch nach dem Wahlbetrug der FDP, die mit ganz klaren Forderungen angetreten war. Die Antworten von Rösler sind erbärmlich. Doch finden sie im Slangen-Kommentar keine Berücksichtigung. Dort genießt die FDP den vollen Schutz des Autors.

Slangen: „Ihre Partei ist mit einem Steuersenkungsprogramm von 35 Milliarden Euro im Wahlkampf gestartet. FDP-Chefunterhändler Hermann Otto Solms stimmt nun auf Mini-Entlastungen ein. Bricht die FDP Wahlversprechen?“
Rösler: Nein, es war immer klar, dass die einzelnen Arbeitsgruppen nicht mit riesigen Wunschkatalogen kommen können. Es ist die originäre Aufgabe von Haushaltspolitikern, ein entsprechend deutliches Signal an alle Beteiligten zu geben. So verstehe ich Hermann Otto Solms. Gute Politik mit wenig Geld zu machen, ist unsere Herausforderung.“
Slangen: „Es bleibt bei dem Versprechen, die FDP werde keinen Koalitionsvertrag unterschreiben, der kein einfacheres, gerechteres und niedrigeres Steuerrecht enthält?“
Rösler: „Die Zahlen zum Haushalt und zu Entlastungen werden in der Hauptgruppe der Koalitionsverhandlungen in dieser Woche vorgelegt. Dann werden wir entscheiden, ob wir einen vernünftigen Koalitionsvertrag zustande bekommen oder nicht. Ich glaube, das wird gelingen. Der Vertrag wird in allen Teilbereichen aus Sicht der FDP mehr als zufriedenstellend sein.“

Man muss sich das mal vorstellen. Der Linkspartei unterstellte man auch dann noch Unseriösität und das Blaue vom Himmel zu versprechen, als selbst Wirtschaftswissenschaftler beim Durchrechnen der Vorschläge zu dem Ergebnis kamen, das stimmt alles. Bei der FDP reicht ein einfacher Verweis auf die Haushaltslage, um über jeden Zweifel erhaben zu sein. Rösler darf sogar dreist behaupten, dass es schon immer klar gewesen sei, dass die Wunschkataloge nicht umgesetzt werden können. Auch hier erkennen sie den Spruch von Müntefering über das natürliche Recht, Wahlversprechen einfach brechen zu dürfen. Doch stört es den angeblichen Journalisten Christoph Slangen?

Als die Union im Wahlkampf auf konkrete Steuerversprechen verzichtete, kommentierte Slangen am 16. Juni 2009 das noch so.

In Zeiten der Krise erscheint ihr ein solches Wahlversprechen, an dem man sie messen könnte, wenig ratsam. Und schließlich gilt es doch auch, das Versprechen von Zukunftsinvestitionen in die Bildung zu erfüllen und die Staatsverschuldung wieder in den Griff zu bekommen. So präsentieren CDU und CSU vergleichsweise vorsichtige steuerpolitische Absichtserklärungen.“

Und die FDP hat vollmundig verprochen und kommt bei Slangen jetzt ungeschoren davon. Wenn es aus Sicht von Slangen also ratsam war, auf konkrete Wahlversprechen in der Krise zu verzichten, wieso ist ihm das Verhalten der FDP keine Kritik mehr wert? Einem wirklichen Journalisten würden diese Widersprüche in der eigenen Argumentation auffallen. Bei einem PR-Agenten gehört der Widerspruch zum Geschäft. Bei PR geht es nur darum, ein Produkt möglichst gut zu verkaufen. Nichts anderes betreiben Slangen und die Neue Presse Hannover. Sie haben Schwarz-Gelb immer gewollt und nun müssen sie das auch vermarkten, egal wie groß der Widerspruch auch sein mag.

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Katastrophenmeldungen erschüttern Wohlfühlwahlkampf

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Als erstes stimmten uns zu Guttenberg und Steinbrück am Sonntag bei Anne Will auf harte Einschnitte nach der Bundestagswahl ein, ohne auch nur ein Wort darüber zu verlieren, wo man denn nun beabsichtige, den Rotstift anzusetzen. Man sollte sicherlich nicht immer von Lügnern sprechen, da dieser Vorwurf rechtlich nicht ganz einwandfrei ist, jedoch äußern nun auch einige Journalisten Unverständnis und sprechen wie zum Beipiel Markus Sievers von der Frankfurter Rundschau vom „dreisten Schweigen“ oder „Unverschämtheiten“ gegenüber den Wählern.

„Es darf gerätselt werden, weil kein Politiker konkrete Vorschläge macht. Das ist angesichts der gewaltigen Herausforderungen dreist, um nicht zu sagen unverschämt gegenüber den Wählern.“

Nach und nach platzen weitere Bomben. Vorstände der Bundesagentur für Arbeit schreiben einen Brief an die Kanzlerin, in dem sie um weitere finanzielle Hilfen bitten. Mit anderen Worten, hier steht man unmittelbar vor der Pleite. Warum? Die Beitragssatzabsenkung zu Beginn des Jahres, die als konjunkturelle Maßnahme propagiert wurde, war und ist ein politisch schwerer Fehler gewesen, geradezu verantwortungslos. Die großzügigen Zusagen der Bundesregierung in Sachen Kurzarbeitergeld liefen der Beitragssatzsenkung schon rein logisch zuwider. Nun bekommt man die Quittung präsentiert. Die Unentschlossenheit und Planlosigkeit der Bundesregierung bei der Krisenbekämpfung kommt hierbei zum Ausdruck. Die Kultur des Abwartens auf irgendwelche Wirkungen ist falsch und verantwortungslos. Die zögerliche und völlig unzureichende Konjunkturpolitik grandios gescheitert.

Dennoch tut Frau Merkel so, als würde sie mit ihren Steuerplänen nach der Wahl weiterhin Konjunkturpolitik betreiben. Nun muss sie sich aber die Frage gefallen lassen, wie die Kosten der von ihr und ihrer Regierung zu verantwortenden offenen wie verdeckten Arbeitslosigkeit bezahlt werden können. An der Forderung der Bundesagentur sehen sie sehr schön, wie borniert es ist, auf konjunkturelle Maßnahmen aus fiskalischen Gründen zu verzichten. Allein mit Kürzungen wird man die Defizite nicht ausgleichen können. Weitere Schulden sind unumgänglich. Aber Frau Merkel glaubt an Wunder und wahrscheinlich die heilsamen Kräfte des Marktes, um wieder in die Wachstumsspur zu kommen.

Doch heute vermeldet das statistische Bundesamt, dass im ersten Halbjahr 2009 die Exporte katastrophal eingebrochen sind. Um 23,5 Prozent sind die Ausfuhren zurückgegangen. Da Frau Merkel und auch ihr potenzieller Koalitionspartner Westerwelle sowie auch Steinbrück die Exportwirtschaft für besonders wichtig erachten, stellt sich die Frage, wie man angesichts dieser Zahlen ein neuerliches Wachstum erzielen will, das die erlittenen Verluste auszugleichen vermag. Die Kanzlerin aber auch Dummkopf Steinbrück sprechen aktuell von moderaten Wachstumsraten, die man schaffen könne. Was soll das? Wem nützen moderate Wachstumsraten?

Ein Umsteuern wäre dringend geboten. Der Binnenmarkt muss gestärkt, Kaufkraft gesteigert und somit Arbeit gesichert werden. Das Geld, das man nun für die Verwaltung von Arbeitslosigkeit und weiterer sozialer Kosten aufbringen muss, weil Arbeitslosigkeit nun einmal auch dazu führt, dass Beiträge ausbleiben und Löcher in die Finanzhaushalte reißen, hätte man nehmen können, um ein Konjunkturprogramm zu finanzieren, das auch den Namen verdient. Wie will man eigentlich mit der eiligst beschlossenen und viel umjubelten Schuldenbremse überhaupt finanzpolitisch agieren? Gar nicht, wird man feststellen. Indirekte Steuern rauf, wird es heißen, um die Finanzsituation zu verbessern. Die Mietmäuler Wiegard und Straubhaar schreien bereits lauthals nach einer Mehrwertsteuererhöhung um ein Prozent.

In den Augen der Wirtschaftsexperten sind deshalb Steuererhöhungen nach dem 27. September unvermeidlich. „Ohne Steuererhöhungen wird es nicht gehen. Sie sind nach der Bundestagswahl programmiert“, sagte der Wirtschaftsweise Wolfgang Wiegard. Die „am wenigsten wachstumsschädliche Form der Steuererhöhung“ sei eine Erhöhung der Mehrwertsteuer. „Sie belastet den Konsum, aber nicht die Investitionen.“ Eine Anhebung von einem Prozentpunkt auf dann 20 Prozent würde nach Ansicht von Wiegard genügen.

In diesem Punkt ist sich Wiegard mit dem Chef des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts, Thomas Straubhaar, einig. Der erneuerte ebenfalls seine Forderung nach einer starken Anhebung der Mehrwertsteuer. Im Gegenzug müssten aber die direkten Steuern drastisch gesenkt werden, sagte Straubhaar im ZDF.

Quelle: Stern

Grober Unfug! Wiegard erzählt denselben Müll wie Merkel. Eine Erhöhung der Mehrwertsteuer sei angeblich nicht wachstumschädlich. Sie belaste ja nur den privaten Konsum. Was sind das eigentlich für Leute? Und Straubhaar rundet das Bild ab. Eine Erhöhung der Mehrwertsteuer muss eine Absenkung der Einkommenssteuer entgegenstehen. Unglaublich assozial. Der Sinn von direkten Steuern ist doch die gerechte Besteuerung unterschiedlich hoher Einkommen. Eine immer stärkere Verschiebung des Steueraufkommens auf die für alle Einkommensgruppen gleich hohe Verbrauchssteuer ist assozial, unsolidarisch und verfassungsfeindlich.

Die Masken fallen allmählich und die hässliche Fratze des „Weiter so“ kommt zum Vorschein. Sorgen sie mit ihren beiden Stimmen am 27. September für eine Alternative. Werfen sie sie nicht weg. Gehen sie wählen.

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Warum Deutschland mit seiner Exportorientierung auf dem Holzweg ist

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Wenn Kanzlerin Merkel, Finanzminister Steinbrück, Wirtschaftsminister zu Guttenberg und zahlreiche andere scheinbar schlaue Krisen-Köpfe meinen, dass sie weiter auf die Exportstärke Deutschlands setzen können, müssen sie mal erklären, woher die Auslandsnachfrage kommen soll. Konsequenterweise schaut man sich dann die Wirtschaftsdaten jener Volkswirtschaften an, von denen man annimmt, dass sie eine Nachfrage nach deutschen Gütern wieder entwickeln werden.

In der Vergangenheit zählten die Vereinigten Staaten von Amerika zu den Nachfragegiganten auf diesem Planeten. Ihnen verdankt die deutsche Wirtschaft ein Titelabo auf die Exportweltmeisterschaft. Wenn die Bundesregierung also davon überzeugt ist, dass der Export die bestimmende Säule deutscher Wirtschaftspolitik bleiben soll, muss sie auch positive Erkenntnisse über die Nachfrageentwicklung der US-amerikanischen Volkswirtschaft besitzen, die den Schluss nahe legen, dass deutsche Güter dort wieder gefragt sein werden.

Jedoch muss man feststellen, dass die Bundesregierung ihre Informationen entweder aus einer Glaskugel bezieht oder aber schlicht zu dumm ist, die sich fortpflanzende Weltwirtschaftskrise anhand der vorliegenden Daten zu begreifen. Ich persönlich tippe ja mal auf Dummheit in Tateinheit mit Korruption und arglistiger Täuschung des deutschen Volkes. Denn wer sich die amerikanischen Wirtschafts- und Arbeitsmarktdaten anschaut, kann nie und nimmer davon überzeugt sein, dass der Konsumboom bald wieder losgehen wird.

Dr. Joachim Jahnke hat auf seiner sehr informativen Seite „Infoportal – Deutschland & Globalisierung“ dankenswerterweise einige wichtige Daten veröffentlicht, die eindeutig belegen, dass es zu einer Belebung der Nachfrage dort auf längere Sicht nicht mehr kommen kann.

  1. Die Sparquote in Amerika steigt!

    Um das zu verstehen, muss man sich mit den Ursachen der Krise auseinandersetzen. Die liegen nämlich unter anderem darin begründet, dass der amerikanische Konsummotor vor allem kreditfinanziert war. Das Modell, welches wir bei den Immobilienkrediten gesehen haben und das zu einer Blase führte, die schließlich platzte, ist auch auf den alltäglichen Konsum übertragen worden. Möglich war das nur, weil man den in neoliberalen Kreisen so beliebten Lohnverzicht durchsetzen konnte und als Kompensation des zu erwartenden Kaufkraftverlustes die billige und flexible Kreditfinanzierung setzte. In Deutschland wird das übrigens gerade eingeführt.

    Das Ganze kann natürlich nur unter der Bedingung einer wachsenden Wirtschaftsleistung gut gehen. Solange die Menschen ihre Jobs haben, können Schulden auch bedient werden. Nun hat man es aber mit der Kreditfinanzierung in Amerika zu weit getrieben. Wer erinnert sich nicht an die lustige Al Bundy Geschichte, in der sogar der Hund der Familie eine Kreditkarte ohne sonderliche Prüfung ausgestellt bekam. Neben der laxen Überprüfung von Bonitäten hielten auch flexible Tilgungsmodelle Einzug. Man konnte also kaufen und die Begleichung der entstandenen Schulden in die Zukunft verschieben. Die sich aus diesem Modell ergebenden Risiken wurden verpackt, gebündelt, bewertet und schließlich im Finanzkasino hin und her geschoben – sie kennen das Spiel.

    Nach dem Platzen der ersten Kreditblase am Imobilienmarkt, ist eine Kettenreaktion in Gang gesetzt worden, die auf die reale Wirtschaft durchschlägt. Plötzlich ist jedem klar, dass die offenen Schulden nie und nimmer beglichen werden können, dass die Kaufkraftstärke eben nur eine Illusion war, die dazu dienen sollte, schnelle Gewinne bei den Spielteilnehmern zu generieren. Nun befindet sich die Wirtschaft in einer Rezession und die Menschen verlieren ihre Jobs.

  2. Die Arbeitslosenzahlen schnellen in die Höhe, Unterbeschäftigung nimmt zu!

    Die Arbeitslosenquote in den USA hat sich seit August 2007 von 4,7 % auf 9,7 % mehr als verdoppelt. 11,6 % der Amerikaner (> 35 Mio. Menschen) sind auf kostenlose Lebensmittelmarken angewiesen, weil sie von ihren Löhnen nicht mehr leben können. So eine dramatische Entwicklung hat Folgen. Eine Nachfrageschwäche ist mehr als offensichtlich, es sei denn, es gelänge mit der Durchsetzung von höheren Löhnen tarifpolitisch für Entspannung zu sorgen. Doch dem steht die systematische Schwächung der Gewerkschaften entgegen.

  3. Die Gewerkschaften haben keine Macht mehr!

    Dr. Jahnke weist mit Zahlen zur Streikentwicklung darauf hin, dass die Täuschung der Arbeitnehmer, sie könnten ihre Wohlstandsinteressen auch mit Lohnverzicht und durch Inanspruchnahme von Krediten befriedigen, erfolgreich war. Solange der Konsummotor und die Wirtschaft lief, gab es so gesehen keinen Grund, für die Durchsetzung besserer Entgeltleistungen zu kämpfen.

Im Egebnis fallen sogar die Preise für Waren und Dienstleistungen, trotz erheblicher Summen, die durch die FED in den Markt gepumpt wurden. Und nun kommt unsere Regierung wieder ins Spiel. Leute wie Steinbrück nämlich nehmen überhaupt nicht zur Kenntnis, was oben über den realen wirtschaftlichen Niedergang begründet herausgearbeitet wurde. Leute wie Steinbrück interessiert nur der monetäre Geldfluss, privat wie auch global. Und somit ist es auch nur allzu logisch, dass er in den Milliardensummen, die durch die Zentralbanken und Regierungen zur Verfügung gestellt wurden, lediglich ein Inflationsrisiko erkennen will, das es recht zügig einzudämmen gilt, selbst wenn die Wirklichkeit ihn längst Lügen straft.

Auf dem G20 Gipfel in London warb Steinbrück für eine „Exit-Strategie“ was staatliche Konjunkturhilfen angeht und für höhere Zinsen in der Geldpolitik, weil er wider besseren Wissens eine Inflationsgefahr vor Augen hat. Angesichts der aktuellen weltwirtschaftlichen Talfahrt ein wahnsinniger Gedanke. Denn woher soll die Nachfrage nach deutschen Gütern im Ausland kommen, wenn die dortigen Staaten keine Konjunkturprogramme mehr auflegen dürften? Die USA haben in London jedoch durchgesetzt, dass konjunkturelle Maßnahmen solange fortgeführt werden sollen, bis eine stabile wirtschaftliche Erholung sichtbar würde.

Offensichtlich war das auch Steinbrücks Plan. Er will zu Hause weiter das Trugbild pflegen, Konjunkturprogramme seien Strohfeuer, die den Steuerzahler zu viel Geld kosten und die Verschuldung in die Höhe treiben. Gleichzeitig will er verschleiern, dass er auf die Konjunkturmaßnahmen anderer Volkswirtschaften angewiesen ist, damit sein Exportmotor wieder anspringt und die Ungleichgewichte wieder aufgebaut würden, von denen das permanent kostensenkende Deutschland profitierte.

Allerdings wird dieser Plan nicht funktionieren, wie die amerikanischen Daten eindrucksvoll belegen. Steinbrück muss das wissen. Er muss auch wissen, dass er sich im Falle eines Wahlsieges von schwarz-gelb einen neuen Posten suchen kann. Da kommt die Ankündigung von Frau Merkel doch sehr gelegen, ihm zu einem internationalen Spitzenjob zu verhelfen. Wieso also sollte Steinbrück als SPD-Vize für einen Wahlerfolg seiner Partei kämpfen oder für eine Wirtschafts- und Finanzpolitik, die sich an den Interessen jener Menschen orientiert, die die Sozialdemokratie mit ihrem aufgesetzen sozialen Gehabe zur Wahl reanimieren möchte?

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Nachtrag zur angeblichen Stabilisierung der deutschen Wirtschaft

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Wie sie vielleicht gestern in den Nachrichten gehört haben, gibt es aus dem Schlüsselindustriezweig Maschinenbau sehr schlechte Nachrichten. Ein massiver Stellenabbau drohe, weil die Auftragseingänge dramatisch zurückgegangen seien. Im Juli brachen den zehnten Monat in Folge die Aufträge weg – minus 43 Prozent, so der Branchenverband VDMA. Die Maschinenbauer waren bisher vor allem vom Export abhängig. Die Auslandsnachfrage bleibt aber weiterhin aus. Aus diesem Grund müssten mehr Stellen gestrichen werden. Bis Ende des Jahres könnten es dann 42.000 Jobs sein.

Gegen diese erschreckende Prognose müssen sie jetzt das Geschwafel von zu Guttenberg, Merkel und Steinbrück setzen, die in einer geringfügigen Erholung der Konjunktur bereits eine erfreuliche Trendwende sehen. Anspruch und Wirklichkeit klaffen dabei weit auseinander. An den Daten der Maschinenbauer können sie nun nachvollziehen, wie dramatisch sich der vorangegangene konjunkturelle Einbruch um über sechs Prozent real auswirkt. Ohne Nachfrage, braucht es auch keine Produktion. Im Ergebnis bedeutet das dann Arbeitsplatzabbau. Die zuletzt festgestellte geringfügige Erholung der deutschen Wirtschaft reicht demnach überhaupt nicht aus, die bereits vorhandenen Kapazitäten auszulasten.

Wenn man das aber nun vorher wissen kann, warum tut man dann nichts gegen das sich abzeichnende Desaster? Peer Steinbrück bewies zuletzt mal wieder, dass er mit volkswirtschaftlichen Denken nicht viel anfangen will oder kann. In einem Papier an die Finanzminister und Zentralbankchefs der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer (G20) setzt sich der deutsche Finanzminister dafür ein, staatliche Konjunkturhilfen möglichst bald wieder einzustellen, um einer möglichen Inflationsgefahr vorzubeugen. Der hat vielleicht Sorgen, möchte man da meinen. Während Tausende Jobs flöten gehen, sieht unsere Regierung teilnahmslos zu und warnt stattdessen vor einem Inflationsphantom.

Dabei hieß es doch bei Frau Merkel, dass die Exportindustrie für das Land äußerst wichtig sei. Nur warum hilft man dann den Maschinenbauern zum Beispiel nicht mit einer aktiven Konjunkturpolitik? Weil man von staatlichen Hilfen, die nicht gerade für den Finanzsektor bestimmt sind, nun einmal nichts hält. In der realen Wirtschaft soll der Aufschwung vor allem durch weitere Konstensenkungen und eine Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit erreicht werden. Das müssen sie sich an dieser Stelle mal vorstellen. Die Logik heißt, man muss den Preis für eine Ware nur immer weiter senken und das Angebot wird schon irgendwie geräumt. Solange müssten die Beschäftigten halt in den sauren Apfel beißen und es hinnehmen, dass Löhne gekürzt und Arbeit weiter flexibilisiert würde.

Das können sie auch so im Wahlprogramm der FDP nachlesen oder im zu Guttenberg Papier der Union. Die Tatsache aber, dass der weltweite Nachfrageeinbruch auch damit zu tun haben könnte, dass sich riesige außenwirtschaftliche Ungleichgewichte zwischen stark exportierenden Volkswirtschaften wie Deutschland und stark importierenden Staaten wie den USA aufgetürmt haben, findet im Denken unerer bornierten Regierungsmannschaft keinen Platz. Dort zählt nur das sture „Weiter so“. Dogmatisches Denken eben. Und regelrecht albern wird es, wenn Dogmatiker Wahlkampf betreiben.

Frank Walter Steinmeier, Kanzlerkandidat der SPD und Architekt der Agenda 2010, deren Umsetzung er nach wie vor für richtig und wichtig hält und damit zum Beispiel auch die Ausweitung der Leiharbeit (Hartz I), darf im Interview gegen ein drohendes schwarz-gelbes Bündnis Folgendes sagen:

„Schwarz-Gelb würde den Kündigungsschutz schleifen, die Leiharbeit ausweiten, die Unternehmenssteuer senken und die Mehrwertsteuer erhöhen. Eine Regierung Merkel/Westerwelle würde soziale Kälte für unser Land bedeuten und die soziale Balance, die unser Land stark gemacht hat, zerstören.“

Diese von Steinmeier beschriebene soziale Kälte hat unter seiner aktiven Mitwirkung bereits längst Einzug gehalten. Man müsste CDU und FDP eigentlich in Schutz nehmen, wenn man nicht genau wüsste, dass die Hartz-Gesetze im Vermittlungsausschuss unter Beteiligung von CDU und FDP ausgehandelt und schließlich beschlossen worden waren. Steinmeier liefert also nicht mal eine gute Show, sondern abscheuliches Theater auf dem Rücken der Menschen, die nichts dafür können, dass sie ihren Job verlieren, keinen neuen mehr finden und unter der Androhung eines Sanktionsapparates eingeschüchtert werden.

Auf der anderen Seite darf ein Manager, wie Karl-Gerhard Eick, Ex Arcandor-Vorstand, der gerade mal ein halbes Jahr im Amt war und nicht mehr als die Insolvenz eines riesigen Unternehmens in seiner Bilanz stehen hat, dennoch 15 Millionen Euro Abfindung abgreifen und sich noch als edlen Spender feiern lassen, während die rund 45.000 Beschäftigten des Konzerns einer ungewissen Zukunft entgegen sehen. Versteht man das etwa unter einer „geordneten Insolvenz“, lieber Herr zu Guttenberg und liebe Medienleute?

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