Fußball und Politik

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Ich stehe noch immer unter dem Eindruck des grandiosen Viertelfinalsiegs der deutschen Nationalmannschaft über Argentinen bei der Fußball-Weltmeisterschaft in Südafrika. Bisher galt ja die 72er Europameister-Elf um Beckenbauer, Hoeneß, Netzer und Gerd Müller, als die spielstärkste deutsche Mannschaft, die es je gab.

Inzwischen muss man sagen, dass das aktuelle Team besser ist! Die Geschichte muss also neu geschrieben werden und hoffentlich verschwinden dann auch Netzer und Beckenbauer endlich von der Bildfläche. Bereits nach dem ersten Spiel gegen Australien wurde die Stärke des jungen Teams überdeutlich. Offensichtlich kann man die Deutschen nur mit gelben Karten für harmlose Fouls bezwingen. Ansonsten sieht es ziemlich gut aus, was den WM-Titel anbelangt. Da braucht man sich nur die Champions Road anzuschauen. Die Kracher England und Argentinien hoch geschlagen und nun der Europameister Spanien im Halbfinale. Da braucht der Trainer keinen mehr zu motivieren.

Die Euphorie im ganzen Land ist also absolut berechtigt, wenn da nicht die Politik wäre, die auf der Welle des sportlichen Erfolgs gerne mitreiten möchte, um von ihrem Tsunami des Versagens abzulenken. Das ging schon bei der Bundespräsidentenwahl los, als sich die Koalitionäre in Berlin ein besseres Teamspiel á la Jogi Löw wünschten und mündet nun in der wie immer an dieser Stelle angebrachten Forderung der dusseligen Familienministerin Schröder, den angeblich unverkrampften Patriotismus der Deutschen nach der WM fortleben zu lassen. Und das Verbrecherblatt Bild betreibt wieder Volksverhetzung mit Schlagzeilen wie „Heute kriegt Messi auf die Fressi“.

Bisher waren die Fans in ihrer Mehrheit immer weiter, als die Politik und hetzende Medienblätter sie gerne gesehen hätte. Die kollektive Massenbeflaggung wurde immer dann wieder eingestellt, sobald der sportliche Event vorbei war und es galt, zur Tagesordnung überzugehen. Politisch verordneter Patriotismus ist in der Vergangenheit des Nachkriegs-Deutschland meist kläglich gescheitert. Das muss aber nicht ewig so bleiben, bei dem depperten Personal in Berlin. Bei Frau Schröder ist es ja so, dass sie als 12-Jährige für den Einheitskanzler Helmut Kohl schwärmte, während sich ihre Klassenkamaradinnen für Pferde interessierten. Komisch ist dabei nur, dass Frau Schröder neben all der Begeisterung für Helmut Kohl und für die Geschichte des Mauerfalls nicht bemerkt haben will, dass die Beflaggung in der DDR zu besonderen Anlässen obligatorisch war. Da hat jeder sein Fähnchen aus dem Fenster gehangen, wenn das von oben angeordnet wurde. Vielleicht sollte sich der Verfassungsschutz näher mit Frau Schröder beschäftigen. Die scheint ja nun schon recht lange einen gehörigen Dachschaden zu haben.

Aber zurück zum Viertelfinale, bei dem es der deutschen Mannschaft gelang, das Spiel des Gegners zu unterbinden und den Weltfußballer des Jahres Lionel Messi an der Entfaltung seines Könnens zu hindern. Das schafft nicht jeder und verdient Respekt. Aber alles konnte die deutsche Mannschaft dann doch nicht verhindern. Angela Merkel bahnte sich unaufhaltsam den Weg in die Kabine und hielt eine Rede, von der nur überliefert ist, dass die Kanzlerin auf der Tribüne ganz lange ganz unsicher gewesen sei. Erst als das 3:0 für Deutschland fiel, meinte der südafrikanische Präsident Jacob Zuma zu Merkel, dass Deutschland nun gewonnen habe. Erst ab dann habe sie sich sicher gefühlt. Wer sich das Spiel im ZDF angeschaut hat, wird vielleicht bemerkt haben, wie sich die Frau Merkel unsicher freute. Oft genug eingeblendet war sie ja nun.

Genauso ist auch ihre Politik. Sie klatscht, guckt nach links und nach rechts, versichert sich, was die anderen machen, wartet ab und folgt dann ihrer nicht vorhandenen Intuition. Eigentlich hätte ja der neue Präsidentenversuch Wulff nach Süafrika reisen müssen. Aber die Staatsratsvorsitzende Angela Merkel soll ihr Veto eingelegt haben. L’État c’est moi! Schließlich ging es ja bei dem Besuch nicht nur um Fußball, sondern auch um ein mit deutschen Mitteln gefördertes städtebauliches Gewaltpräventionsprojekt, welches sich die Kanzlerin eilig noch anschaute, nachdem man ihre Reisepläne hierzulande scharf kritisiert hatte. Der Hilfs-Niebel im FDP-Abwicklungsministerium dürfte darüber nicht sonderlich amüsiert gewesen sein, weil er sich selbst nun einen Besuch bei der Fußball-WM abschminken kann. Oder gibt’s noch andere Hifsprojekte in Südafrika, die man als Vorwand missbrauchen könnte?

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Zur Tarifautonomie

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In der letzten Woche entschied das Bundesarbeitsgericht in Erfurt, dass die quasi zur Rechtsnorm avancierte „Tarifeinheit“ keinem übergeordneten Grundsatz entspräche (siehe BAG). D.h., dass ein angeführter Grundsatz der Tarifeinheit in Wirklichkeit keiner ist und die Koalitionsfreiheit, wie sie das Grundgesetz in Artikel 9 vorschreibe nicht durch so etwas wie eine „Tarifeinheit“ eingeschränkt werden könne. Das haben einige, wiederum „hochintelligente“, Politiker nicht verstanden. Der Vorsitzende der Unions-Bundestagsfraktion, Michael Fuchs (CDU) zum Beispiel polterte gleich los und schlug vor, die Verfassung zu ändern. Das hat ja bei den Hartz-IV-Jobcentern auch prima funktioniert.

Der schlaue Fuchs hat dabei nur vergessen, dass Artikel 9 Grundgesetz unabänderbar ist. Genau wie alle anderen Grundrechte, die in den Artikeln 1-19 niedergeschrieben wurden und als Abwehrrechte des Grundrechtsträgers verstanden werden müssen. Das lernt man doch als erstes im Politikuntericht der Sekundarstufe. Na ja, in der Wirtschaft scheint man halt was anderes zu lernen. Das Grundgesetz ist jedenfalls eindeutig. Es schützt die Tarifautonomie und nicht die Tarifeinheit. Insofern war der Spruch der Richter nur konsequent. Vielleicht hätte sich der schlaue Fuchs einmal gefragt, warum es soweit kommen musste. Liegt es daran, dass Arbeitnehmergruppen den Hals nicht voll genug kriegen können oder eine besondere Lust verspüren, die Volkswirtschaft lahm zu legen?

Oder liegt es einfach an der Tatsache, dass die Wirtschaft mit dankbarer Unterstützung der Politik in der Vergangenheit alles daran setzten durfte, die Tarifpartnerschaften zu unterlaufen, indem sie abgeschlossene Tarifverträge zum Beispiel dadurch umgehen konnte, einfach Tochtergesellschaften zu gründen, in die Teile der Belegschaften zu schlechteren Arbeits- und günstigeren Kostenbedingungen ausgelagert werden konnten? Was ist mit dem Outsourcing? Was ist mit Hartz IV und dem Niedriglohnsektor, der direkt auf die Lohnuntergrenze drückt und die Arbeitnehmervertretungen in eine politisch gewollte schwächere Position versetzt? Was ist mit der Tarifflucht der Arbeitgeber? Und was ist mit den illegalen Scheingewerkschaften der Arbeitgeber, die sich ganz bewusst Artikel 9 GG zu eigen machten, um unter dem Deckmantel der Koalitionsfreiheit ihre Interessen durchzusetzen?

Splittergewerkschaften und die Auflösung der bisher gekannten Tariflandschaft werden nicht die Folge eines Richterspruchs sein, sondern die Folge einer durch und durch verfehlten Politik. Das kann man übrigens schon seit einigen Jahren hierzulande beobachten. Die Anzahl der Streiks nahm zu und auch die Organisation von speziellen ökonomisch mächtigen Berufsgruppen zu neuen Gewerkschaften. Das alles hätte nicht sein müssen, wenn die Politik zu der Erkenntnis gekommen wäre, dass schlaue Wirtschaftspolitik nicht der Unternehmerlogik zu folgen habe, sondern einer gesamtwirtschaftlichen Betrachtung. Nun stehen die Deppen da und klagen über die gesamtwirtschaftlichen Folgen, die sich nun ergeben könnten, wenn noch mehr Berufsgruppen auf ihr Grundrecht pochen und sich organisieren, um ihre Interessen durchzusetzen, was ihnen zuletzt unter dem durchaus sinnvollen Ausgleich zwischen Kapital und Arbeit, nämlich der „Tarifeinheit“, verwehrt wurde.

Politisch scheitert es ja schon an der Durchsetzung eines Mindestlohns, der immerhin den Lohndruck nach unten stoppen könnte und die beabsichtigte Sparpolitik tut ihr übriges hinzu. Statt zu jammern und das Zeitalter der Dauerarbeitskämpfe auszurufen, sollten sich alle Gewerkschaften untereinander solidarisieren und die einzig mächtige Waffe gegen diese abgrundtief schlimme Politik in Stellung bringen, die es noch gibt. Den Generalstreik! Auch wenn der juristisch in diesem Land bereits ausgeschlossen wurde (1955), ist er meiner bescheidenen Meinung nach dennoch durch das Grundgesetz gedeckt.

Art. 20, Abs. 4

Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

Der „schlaue“ Herr Fuchs von der CDU wollte zumindest den Versuch starten, die verfassungsmäßige Ordnung zu beseitigen und zahlreiche weitere Dampfplauderer wie der allseits berüchtigte Hundt eifern ihm nach. In diesem Zusammenhang ist es eine Schande, dass sich der DGB-Vosritzende Sommer lieber mit dem bellenden Irrlicht der Arbeitgeber aus Baden-Württemberg solidarisiert als mit den Interessen seiner Arbeitnehmer. Aber so waren deutsche Gewerkschaften schon immer. Auch das ist eine bittere Realität.

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WM-Countdown

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Noch ein paar Minuten und Deutschland startet in die Fußball-WM. Danach ist wahrscheinlich alles andere noch unwichtiger. Das ist auch soweit in Ordnung. Dennoch lehrt die Erfahrung, dass man während eines emotional elektrisierenden Großereignisses wie der Fußball Weltmeisterschaft die Politik nicht aus den Augen verlieren sollte. Bundeskanzlerin Angela Merkel ruft ihre Regierung zur Ruhe auf, so als ob sie sagen wollte, jetzt sei doch die Zeit, in der man still und leise handeln könne, ohne dass der Wähler etwas davon mitbekommen würde.

Damals im Sommer 2006 war es die Förderalismusreform Teil 1, die mit einer Zweidrittelmehrheit im Bundestag jeweils im Juni und im Juli um den Zeitpunkt deutscher WM-Spiele herum beschlossen wurde. Was kommt dieses Jahr? Ich würde ja die Meldung vom Rücktritt Merkels sehr begrüßen, nachdem auch schon dem Ölprinz zu Guttenberg unterstellt wird, keine Lust mehr auf seinen Job zu haben, weil beim Thema Kunduz und die Tanklaster in der Regierung jeder macht, was er will. Das schmeckt dem Verteidigungsminister gar nicht. Es war ohnehin recht still geworden um ihn.

Aber egal. Besser wird es nicht werden. Muss man zu Nordrhein-Westfalen noch etwas sagen oder zu Opel oder zum Bildungsgipfel? Vielleicht nachher nach dem Spiel. Jetzt genieße ich erstmal die Vuvuzelas, die der deutsche Michel gern verbieten möchte, weil das nervende Geheule den Qualitätsfernsehgenuss zu sehr störe. Ich finde es jedenfalls toll, dass die HD-Dolby-Digital-Flat-TV Mafia diese Entwicklung nicht voraussehen konnte. Allein das macht dieses Ereignis schon sehr besonders.

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Noch einmal zum Rücktritt von Roland Koch

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Man könnte ja sagen, dass Roland Koch nun endlich die Konsequenzen aus seinen desaströsen Wahlschlappen aus den Jahren 2008 und 2009 gezogen hat. Das wird neben der Lobhudelei scheinbar schon wieder völlig vergessen. Bei der ersten Landtagswahl am 27.01.2008 verlor der eklige Suppen-Koch 12 Prozent und beim zweiten Versuch ein Jahr später waren es immer noch knapp minus 9 Prozent im Vergleich zu 2003.

Trotzdem durfte er weitermachen und eine Politik am Rande der Legalität betreiben. Ich rede jetzt nicht vom Wortbruch bzgl. des Frankfurter Flughafenausbaus oder von der katastrophalen Bildungspolitik oder den Privatisierungsorgien, die das Land Hessen, wie im Falle der Gefängnisse, teuer zu stehen kommt. Nein, ich rede zum Beispiel von Kochs Finanzminster Weimar und der widerwärtigen Steuerfahnderaffäre sowie von dem offen zur Schau getragenen Schutzschild für alle Vermögenden und Steuerhinterzieher. Die sollten keine akribisch forschenden Steuerfahnder mehr fürchten müssen, lautete die offensichtliche Botschaft der Kochschen Truppe.

Deshalb wird dem Koch nun auch eine besondere wirtschaftspolitische Kompetenz zugeschrieben. Das ist einfach nur lachhaft, genauso wie die Behauptung, dass Koch schon vor einem Jahr seine heutige Entscheidung der Frau Merkel mitgeteilt haben will. Blödsinn. Da steckt mit ziemlicher Sicherheit mehr dahinter. Doch zurück zur angeblichen Wirtschaftskompetenz. Diese kann man nämlich eindeutig widerlegen.

Im Jahr 2006 begründete er zum Beispiel die erneute Senkung der Unternehmenssteuern damit, dass durch eine attraktive Besteuerung mehr Kapital nach Deutschland geholt werden könne. Also quasi einen Kapitalimport stattfände. Jedoch zeichnet sich die deutsche Wirschaft durch einen permanenten Handelsbilanzüberschuss aus, was bedeutet, dass sich andere Volkswirtschaften bei uns verschulden. D.h. wir Deutschen exportieren Kapital ins Ausland. Und das nicht zu knapp. Fast 200 Mrd. allein im Jahr 2007. Wie will man das Kapital also zurückholen, wenn wir diejenigen sind, die die Schulden der anderen finanzieren? Die anderen müssten folglich erst ihre Schulden zurückzahlen und selbst Leistungsbilanzüberschüsse erzielen, um ihrerseits Kapital exportieren zu können.

Das geht aber nur, wenn Deutschland selbst für eine Erhöhung der Binnennachfrage sorgen würde, etwa durch Lohnerhöhungen oder aber die Schuldnerländer ihre Produkte zu konkurrenzlos günstigen Preisen hierzulande anbieten könnten. Beides streitet aber gegen die, auch von Koch immer wieder vertretene, Kartoffelmarktlogik, wonach Angebots- und Standortpolitik heilige Kühe sind. Heiner Flassbeck schreibt zu Kochs angeblicher Wirtschaftskompetenz in seinem aktuellen Buch „Gescheitert“ folgerichtig:

„Wer also Steuern für die Unternehmen senken will, um ‚Kapital nach Deutschland zu holen‘, muss genau das Gegenteil dessen tun, was die deutsche Politik unter dem Slogan ‚Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit‘ die ganze Zeit getan hat, oder er weiß nicht, wovon er redet.“

Ich bin mir dennoch sicher, dass Roland Kochs Kompetenz in der deutschen Wirtschaft sehr gefragt sein wird. Solche geistigen Tiefflieger und Betrüger haben noch immer hoch dotierte Verträge unterschrieben und ordentlich jenes Schmiergeld nachträglich erhalten, dass sie sich mit ihrer zuvor geleisteten Politik auch verdient haben. Eine Tracht Prügel wäre allerdings angemessener.

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Eurohilfspaket oder über den Masochismus von Kanzlerin Merkel

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Am deutschen Wesen soll Europa genesen. So lautet die Formel, die hinter dem 750 Mrd. Euro Rettungsschirm für die Eurozone steckt. Kanzlerin Merkel formulierte es in der Süddeutschen so:

Im Rettungsschirm für den Euro sieht die CDU-Vorsitzende nur eine vorläufige Lösung: „Das eigentliche Problem sind insbesondere die hohen Haushaltsdefizite in den Euro-Ländern“, sagte Merkel. Deutschland bestehe darauf, dass das „Problem bei der Wurzel angepackt werden muss, das heißt, dass die Länder die Staatsfinanzen in Ordnung bringen und sich um eine bessere Wettbewerbsfähigkeit bemühen müssen“, sagte Merkel.

Die Kanzlerin forderte eine stärkere Verzahnung der Haushalts- und Wirtschaftspolitik in Europa. Dabei „dürfen nicht die Schwächsten die Entschiedenheit bestimmen, sondern die Stärksten, damit es gelingen kann“, sagte Merkel.

Ökonomischer Unsinn gepaart mit neuer deutscher Überheblichkeit. Noch immer leugnet die Regierungschefin hierzulande, dass es wirtschaftliche Ungleichgewichte innerhalb der Eurozone gibt, und tut gerade so, als bestünde die Lösung des Problems ausgerechnet darin, nicht den Verursacher dieser Ungleichgewichte, nämlich Deutschland, zu einer Änderung seiner Wirtschaftspolitik zu bewegen, sondern dieses ökonomisch unsinnige wie zerstörerische Verhalten auf alle anderen Mitglieder der Zone zu übertragen. Auf das sich dann die im Masochismus eingerichteten Deutschen an der Leidensfähigkeit der anderen europäischen Partner aufgeilen können. Da müssen wir der Merkel wohl richtig dankbar sein?

In Zukunft werden also gerade wir Deutschen mit Argusaugen bei unseren europäischen Partnern in die Staatshaushalte schauen und die Ausgabenpolitik überwachen bzw. „gut gemeinte“ Spar-Ratschläge erteilen. Die Bildzeitung wird das entsprechend begleiten. Und der dumme Deutsche am Stammtisch wird laut „Jawohl“ schreien und die Hacken zusammenschlagen. In diesem Zusammenhang wird der Deutsche dann auch das bereits angekündigte eigene Sparprogramm widerstandslos über sich ergehen lassen. Ausgerechnet auf dem Kirchentag in München kündigte Merkel harte Zeiten und harte Sparmaßnahmen an.

„Wir können nicht auf Dauer über unsere Verhältnisse leben.“ Deutschland habe seit vielen Jahrzehnten mehr ausgegeben, als eingenommen worden sei.

Merkel fügte hinzu, deshalb werde man in den nächsten Wochen darüber sprechen müssen, wo gespart werden könne. Dabei werde sich der Zusammenhalt der Gesellschaft zeigen müssen. Wichtig sei dabei in der Sozialpolitik das Prinzip „Fordern und Fördern“.

Quelle: Welt Online

Auch das ist ökonomischer Unsinn und dreiste Geschichtsverfälschung. Kurz vor Ausbruch der Krise feierten Merkel und Steinbrück doch noch den absehbar gewordenen ausgeglichenen Haushalt. Damals hieß es, dass man es nun endlich geschafft hätte, die Staatsfinanzen mehr oder weniger zu konsolidieren. Durch Sparpolitik. Dann kam die Finanzkrise und die Milliardenüberweisungen an die Banken. Diese „systemisch“ begründeten und unverschämten Mehrausgaben bilden aktuell den größten Posten bei der Neuverschuldung. Wer hat da also über seine Verhältnisse gelebt?

Merkel nimmt die Bevölkerungen aller europäischen Staaten ganz offen in die Verantwortung für jene Schulden, die sie und ihr Horrorkabinett unbedacht verursacht haben, als sie das Geld der Steuerzahler den Ackermännern hinterher schmissen, damit die erstens ihre Verluste verschieben und zweitens ungestraft weiterzocken konnten, um Staaten wie Griechenland letztlich an die Wand zu spielen. Hätten sie gedacht, dass sich die Regierungschefin Deutschlands jetzt hinstellt, nachdem sie 2008/2009 von bösen Zockern sprach, um nun ganz offen die Sozialisierung der Verluste mit dem Satz zu verkünden, wir alle hätten über unsere Verhältnisse gelebt?

Der Satz ist ja nicht neu, bereits die schwäbische Hausfrau verwendete ihn im Wahlkampf. Doch die Grundbedingungen haben sich geändert und die Krise hat sich verschärft. Vor diesem Hintergrund ist das Geschwafel der Kanzlerin eine unverschämte Zumutung. Anlässlich der Verleihung des Karlspreises in Aachen sagte sie:

„Scheitert der Euro, dann scheitert Europa, dann scheitert die Idee der europäischen Einigung. Die Regierungen haben den Bürgern die Stabilität des Euros versprochen, und dieses Versprechen müssen wir einhalten. Es ist die größte Bewährungsprobe der EU seit dem Zusammenbruch des Kommunismus. Wenn es nicht gelingt, diese Krise zu meistern, hat dies unabsehbare Folgen für Europa.“

Mit anderen Worten, die Merkelsche Politik ist alternativlos, weil sonst unabsehbare Folgen drohen. Dümmer geht es nicht. Vor allem weil die Nutznießer dieser Politik, also die Banken und deren Sprachrohr Josef Ackermann, das Rettungspaket schon wieder torpedieren, in dem öffentlich gesagt wird, dass man nicht daran glaube, dass Griechenland die Schulden zurückzahlen könne. Das heizt die Spekulation erneut an und die Politik schaut zu. Da hilft dann auch keine gespielte Empörung auf Seiten der Regierung, die einmal mehr über den Tisch gezogen wurde.

Inzwischen sinkt der Euro weiter und weiter. Im Grunde hat Europa sein Pulver schon längst verschossen. Genau wie es Oberstleutnant Sanftleben in Neues aus der Anstalt formulierte. Das Ende naht…

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NRW-Wahl: Linke Mehrheit oder Große Koalition?

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Diese Frage stellt sich eigentlich nicht. Es wird zu einer Großen Koalition kommen, weil die SPD ein weiteres Mal davor berechtigte Angst hat, von den eigenen Leuten erdolcht zu werden. In NRW scheinen die Hardliner in der SPD noch stärker vorhanden und Meuchelwillens zu sein, als das in Hessen mit den vier durchgeknallten und falschen Abweichlern der Fall war. Nordrhein-Westfalen ist das Land von Wolfgang Clement, dem Ex-Super-SPD-Minister, der seine ehem. Parteifreunde in den vielen Aufsichtsräten mobilisieren könnte, um gegen eine mögliche linke Regierungskoalition zu wettern.

Dazu kommen die idiotischen Äußerungen von Gabriel und Steinmeier, die sich unisono eine Dreierkoalition mit Grünen und FDP noch immer vorstellen können. Da hat man eh keine Worte mehr.

Die einzig spannende Frage ist nur, wie hoch der Preis sein wird, den die CDU an die SPD zu zahlen bereit ist. Und das war es dann auch schon. Wahrscheinlich wird die Regierungsbildung wieder Wochen und Monate dauern und sich ausschließlich um die Personalfrage drehen, wenngleich man die Inhalte wieder sehr betonen wird.

Bis dahin behält komischerweise das so verhasste „System Rüttgers“ (übrigens eine Analogie zum „System Althaus“ in Thüringen oder „System Koch“ in Hessen) weiter alle Zügel geschäftsführend in der Hand. Ich kann gar nicht verstehen, warum sich Frau Kraft Zeit lassen will. Wenn man ein System abschaffen will, muss man es tun, so schnell wie möglich. Jede Verzögerung heißt doch nur, dass man das System gar nicht abschaffen, sondern bewahren oder vielleicht ein paar kosmetische Veränderungen vornehmen will.

Den Willen zu einem Politikwechsel kann ich nicht erkennen. Im Augenblick diktiert die CDU den Fahrplan.

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Kriegs-Showdown am Donnerstag

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Okay, soweit wird es wahrscheinlich nicht kommen. Trotzdem hat sich die Bundesregierung vorgenommen, beim leidigen Thema Afghanistan am Donnerstag zum Angriff überzugehen. Die Kanzlerin im Bundestag und der Herr zu Guttenberg vorm Kunduz-Untersuchungsausschuss. Da können sie sich aber auf eine geballte Ladung Wortakrobatik gefasst machen. Wahrscheinlich wird die Kanzlerin mit dem neuesten Argument für die Notwendigkeit des Krieges aufwarten. Da gibt es nämlich jede Woche was anderes zu hören. Aktuell sei der Einsatz der Bundeswehr ja nötig, äh alternativlos, weil Terroristen nach der Atombombe greifen würden, wenn man ihnen Afghanistan kampflos überließe. Man fragt sich nur, warum die Taliban, respektive Terroristen, das nicht schon getan haben, als sie noch über Afghanistan herrschten. Irgendwie klingt die Atombombentheorie wie jene, die Saddam Hussein Massenvernichtungswaffen unterstellte. Wäre Frau Merkel damals schon Kanzlerin gewesen, wir würden auch deutsche Soldaten beerdigen, die für CDU und FDP im Irak ihr Leben verloren hätten.

Nachdem die Bundesanwaltschaft bekanntgegeben hat, gegen Oberst Klein nicht weiter ermitteln zu wollen, fordern Union und FDP bereits die Einstellung des Untersuchungsausschusses wegen fehlender Geschäftsgrundlage. Schließlich gäbe es kein strafrelevantes Verhalten mehr, das man näher untersuchen müsse. Aber Herr zu Guttenberg solle seinen Auftritt noch bekommen, heißt es aus den Reihen der Koalition. Ich frage mich allerdings, wie man aus der Einstellung des Strafverfahrens gegen Klein schließen kann, dass es nun nichts mehr aufzuklären gäbe. In dem Untersuchungsausschuss geht es doch nicht primär um das Verhalten des Kommandeurs vor Ort, sondern um das der politischen Führung. Was wusste die Regierung und warum wollte sie die Realität über den Angriff auf zwei Tanklastzüge nahe Kunduz vertuschen? Wieso bezeichnete zu Guttenberg den Angriff zunächst als militärisch angemessen und später vor dem Bundestag als unangemessen? Wieso mussten ein Minister, ein Staatssekretär und ein Generalinspekteur ihren Hut nehmen, wenn angeblich kein Fehlverhalten vorliegt?

Zudem bedeutet die Verfahrenseinstellung gegen Klein nun überhaupt nicht, dass der Oberst am 4. September 2009 richtig handelte. Vielmehr zeigt die Entscheidung der Bundesanwaltschaft, wie abhängig die Staatsanwälte von der politischen Führung in diesem Land zu sein scheinen. Sie sehen nämlich nicht mal den Verdacht eines Kriegsverbrechens. Das ist skandalös. Oberst Klein hat doch selbst zugegeben, eine Gruppe von Menschen gezielt treffen zu wollen, weil sie eben angeblich da waren und nicht weil Tanklastzüge seine Soldaten bedrohten. Er wollte hochrangige Taliban töten, die er bei den Tanklastzügen vermutete. Er log nachweislich, als er behauptete, dass ihm diesbezüglich verlässliche Informationen vorgelegen hätten und er log auch, als er behauptete, dass sein Vorgehen alternativlos gewesen sei. Er stand auch nicht unter besonderem Druck, sondern wollte sich vielleicht militärisches Ansehen erbomben.

Die amerikanischen Piloten sind bereits bestraft worden, weil sie den Befehl Kleins ausführten. Das ist Fakt. Warum nur? Weil es nicht nur falsch oder fahrlässig, sondern schlicht ein Verbrechen war, den Tod von Zivilisten billigend in Kauf zu nehmen? Und ist es nicht deutsche Tradition, Kriegsverbrechen als Folge erlaubter Methoden der Kriegsführung zu verharmlosen? Da sollte sich die Bundesanwaltschaft was schämen. Doch zu Guttenberg feiert bereits. Die Soldaten hätten nun Rechtssicherheit. So als ob er sagen wollte, dass Deutsche in Afghanistan nun auch militärisch unangemessen auf alles feuern dürfen, was irgendwie nach Taliban aussieht…

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Warum Hannover 96 nicht absteigen sollte

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Nach dem vernichtenden 0:7 bei Bayern München am Wochenende steht Hannover 96 auf dem vorletzten Platz der Bundesliga und mit dem Rücken zur Wand. Ich will gar nicht über die katastrophale Leistung der Mannschaft reden, und ich verstehe auch nicht, wie umfassend Journalisten in Presse, Funk und Fernsehen darüber reden können. Wenn man von einer indiskutablen Leistung spricht, sollte man auch nicht weiter darüber diskutieren, sondern sich wichtigeren Themen zuwenden. Zum Beispiel der nichtgestellten Frage, was eigentlich passiert, wenn Hannover 96 in die zweite Liga absteigt? Die Frage ist jetzt nicht sportlich gemeint, sondern politisch!

Denn im Falle eines Abstiegs wird der Steuerzahler zur Kasse gebeten. Das haben schon wieder viele Journalisten vergessen, wenn sie denn überhaupt eine Ahnung davon haben. Es geht um den letzten Stadionumbau zur Fußballweltmeisterschaft 2006, Martin Kinds Meisterstück sozusagen. Was ist da eigentlich passiert? Wer hat das Ganze bezahlt? Und wie refinanziert sich eine Investition in Höhe von 65 Millionen Euro?

Als lange vor der WM die Verträge gemacht wurden, übrigens nicht nur bei der Arena in Hannover, sondern auch in anderen Städten, bediente man sich eines Finanzierungskonzepts, dessen Scheitern in der aktuellen Wirtschaftskrise überdeutlich wurde. Es geht um die sog. öffentlich privaten Partnerschaften (ÖPP oder auch PPP genannt). Der Bundesrechungshof hatte vor einiger Zeit einmal ziemlich deutlich diese Partnerschaften als viel zu teuer gerügt. Vordergründig geht es nämlich immer darum, es so aussehen zu lassen, als würde die öffentliche Hand aus der Finanzierung von größeren Projekten herausgehalten. Das sichert den Poltikern die Gunst des Volkes und den Geschäftemachern die nötige Rendite aus öffentlichen Mitteln über Jahre hinweg.

Im Fall Hannover 96 hatte sich Vereinsboss Martin Kind ein tolles Konzept ausgedacht, das sich wie folgt darstellt. Das Land Niedersachsen und die Stadt Hannover steuerten rund 21,5 Millionen Euro als festen Zuschuss bei, während die private Finanzierung über zwei Kredite sichergestellt wurde. Ein Kredit in Höhe von rund 21,6 Millionen Euro, für den Stadt und Land übrigens bürgen, kam von der KfW und ein zweiter Kredit in Höhe von etwa 22,2 Millionen Euro von der Nord/LB und der Sparkasse Hannover, die sich das Geld auch entsprechend absichern ließen. Denn sollte die Stadionbetreibergesellschaft einmal Pleite gehen, müsste die Stadt einspringen.

Der eigentliche Skandal an der Finanzierungsgeschichte ist nun, dass Martin Kind und Co. die Laufzeit des Vertrages mit Beginn in 2005 auf über 25 Jahre festgeschrieben haben und zwar unter der Annahme, dass Hannover 96 erstklassig bleibt. Darüber habe ich mich schon aufgeregt, als die Pläne bekannt wurden, aber niemanden im allgemeinen WM-Fieber zu interessieren schienen. Nur was passiert im Falle des Abstiegs? Das ist nämlich klar geregelt. Der Steuerzahler wird mit 850.000 Euro pro Jahr zur Kasse gebeten, für jedes Jahr, in dem die Mannschaft nicht in der ersten Liga spielt.

Nun muss man wissen, dass die Stadt Hannover im letzten Jahr bereits angekündigt hatte, brutal sparen zu wollen. Für das aktuelle Jahr rechnete der Oberbürgermeister Stephan Weil mit einem Defizit von 176 Millionen Euro in der Kasse. Über 50 Millionen Euro wollte er dieses Jahr weniger ausgeben und rund 20 Millionen in der Verwaltung einsparen. Im letzten September sagte er vor wütenden Demonstranten:

„Wir haben in diesem und im nächsten Jahr jeweils Einnahmeverluste in Höhe von etwa 150 Millionen Euro, kommen nicht drumherum, gegezusteuern. Das versuchen wir, ohne die Substanz der Stadt zu schädigen.“

Quelle: Bild-Online

Und zur Substanz der Stadt gehört es eben auch die Rendite privater Investoren aus PPP-Projekten um jeden Preis zu sichern. Auch Sportjournalisten sollten endlich aufwachen und die politische Dimension ihres Tätigkeitsbereichs zur Kenntnis nehmen. Anstatt über Abstiege und Meisterschaften und über Spieler und Trainer das immergleiche zu philosophieren, könnte man sich einmal mit den harten wirtschaftlichen Fakten auseinandersetzen und diese zum Thema machen.

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Quellen:
Interview mit Dr. Karl-Heinz Vehling, ehem. Chef der AWD-Arena
http://www.regional-themenguide.de/service/sms/tipps__infos/magascene_aktuell/interview/im_interview_dr_karlheinz_vehling_chef_der_awdarena.html

Philipp Eisenberger, Die Finanzierung von Sportarenen

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Privat vor Staat

Geschrieben von:

Dieser urliberale Grundsatz gilt auch bei der Bankenrettung. Wie auf eine kleine Anfrage der Partei Die Linke bekannt wurde, sind rund 80 Prozent der staatlichen Rettungsbeihilfen bei den privaten Banken gelandet.

Ungefähr 80 Prozent der Rettungsbeihilfen des Bundes sind bisher an Privatbanken einschließlich der ”Hypo Real Estate“ und der Deutschen Industriebank (IKB) gegangen. Wie die Bundesregierung in ihrer Antwort (17/1056) auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion (17/762) weiter mitteilt, erhielten Landesbanken wie die BayernLB und die HSH 20 Prozent der Rettungsbeihilfen. Bei den Rekapitalisierungsmaßnahmen betrug der Anteil der Privatbanken sogar 90 Prozent. 10 Prozent kamen der WestLB zugute.

Quellen: PM Bundestag und komplette Antwort

Das kann man eigentlich gar nicht glauben, nachdem immer wieder behauptet wird, dass es die öffentlichen Institute am schlimmsten getrieben haben sollen. Nicht das wir uns falsch verstehen. Die Landesbanken haben eindrucksvoll bewiesen, wie man das von den privaten Hardcore-Zockern Erlernte in die eigene Unternehmensphilosophie einfließen lässt. Schließlich stehen hinter den öffentlichen Banken jene Volksvertreter, die es bis zum Ausbruch der Krise unheimlich toll fanden, den Finanzjongleuren nachzueifern.

Das tun sie übrigens immer noch…

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die story: KARSTADT – Der große Schlussverkauf (endlich online abrufbar)

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Am vergangenen Mittwoch sendete das Erste nahezu unter Ausschluss der Öffentlichkeit um 23:30 Uhr ein journalistisches Meisterwerk über die Karstadt-Pleite. Sehr gut recherchiert, aufgearbeitet und sehr gut filmisch umgesetzt. Was steckt hinter der größten Insolvenz der Nachkriegsgeschichte? So lautete die Ausgangsfrage der Macher Ingolf Gritschneder und Georg Wellmann. Dass man deren herausragende und aufklärerische Arbeit im Hauptprogramm der ARD geradezu versteckt hat, ist nicht nur ein Skandal, sondern auch bezeichnend für eine Zeit, in der man sich für viel Geld nicht nur Politiker und Parteien mieten kann, sondern wohl auch Sendezeit im öffentlich-rechtlichen Fernsehen.

Wenn sie nun erfahren wollen, was es heißt, wenn ein Unternehmen in die zu Guttenbergsche „geordnete Insolvenz“ geht, bei der Politik und Medien gar nicht wissen wollten, wie es eigentlich dazu kam und welche privaten Profitinteressen unserer selbsternannten Leistungselite ursächlich dafür sind, dass bis zu 50.000 Beschäftigte um ihren Arbeitsplatz fürchten müssen, dann sollten sie sich diesen Film unbedingt angucken. Es lohnt sich.







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