Dreiste Lügen in der Neuen Presse Hannover über das Verbraucherverhalten

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Es musste ja so kommen. Gestern meldete sich die GfK mal wieder zu Wort und präsentierte ihren abermals gestiegenen Konsumklimaindex. Und prompt nutzt die Neue Presse Hannover die sich bietende Chance, mal wieder etwas über Kauflust und freudiges Einkaufen in der Krise zu schreiben. Dirk Busche kommentiert in der heutigen Ausgabe und vermischt in manipulierender Art und Weise den Datenmüll der GfK und die Meldung des statistischen Bundesamtes, wonach die Abwrackprämie zu einem Anstieg des privaten Konsums im ersten Halbjahr 2009 führte.

Zunächst einmal zu den Daten. Das statistische Bundesamt teilte gestern mit, dass der private Konsum infolge gestiegener Verkaufszahlen bei Kraftfahrzeugen im ersten Halbjahr 2009 doch noch mit 0,1 Prozent ins Plus drehte. Ohne die Zahlen der Autohändler stünde da ein Minus von 1 Prozent beim privaten Konsum. Die privaten Haushalte in Deutschland hätten im ersten Halbjahr rund 36 Milliarden Euro für den Kauf neuer Kraftfahrzeuge ausgegeben.

An dieser Stelle möchte ich sie als erstes bitten, einen Taschenrechner zu nehmen und mal nachzurechnen, wie hoch der Mehrwertsteueranteil liegt. Also ich komme bei ausgegebenen 36 Mrd. Euro und einem Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent auf 6,84 Mrd. Euro, die die privaten Haushalte mit ihrem Kauf eines neuen PKW in Vorleistung an den Staat überwiesen haben. Und nun schauen sie bitte noch einmal nach, wie hoch die Summe ist, die der Staat im Abwracktopf zur Verfügung gestellt hat und erst ausbezahlt, sobald der Neuwagenkauf vollzogen und das Altfahrzeug verschrottet worden ist. Richtig, 5 Mrd. Euro. Wer jetzt also immer noch behauptet, die Abwrackprämie koste den Steuerzahler viel Geld und treibe die öffentliche Verschuldung in die Höhe, sollte sich in die Ecke stellen und schämen. Volkswirtschaft sechs. Ferdinand Dudenhöffer gehört dazu wie auch die Schmierfinken der Neuen Presse Hannover.

Doch die kommen gar nicht erst darauf, mal die Abwrackgeschichte genau nachzurechnen, um sich zu schämen, laufend dummes Zeug erzählt zu haben. Nein, der feine Herr Busche setzt auf die alte Kaufrausch-Kampagne der Neuen Presse. So bildet die Zeitung im Innenteil ein Foto vom neuen ECE-Center in Hannover ab, mit vielen Menschen darauf – wahrscheinlich ein Bild vom Eröffnungswochenende aus dem Archiv gekramt. Darüber die wirklich dämliche Überschrift.

„Die Lust am Shoppen wächst wieder – Gute Stimmung bei Verbrauchern. Allein 36 Milliarden Euro gaben sie für Autos aus.“

Ich wusste gar nicht, dass man in den zahlreichen Modgeschäften der neuen Shopping-Mall Autos kaufen kann. Hier wird wieder dermaßen manipuliert und gelogen, dass sich die Balken biegen. Dirk Busche schreibt in seinem Kommentar wahrheitswidrig Folgendes:

„Große Teile der Bevölkerung gingen im ersten Halbjahr so lustvoll shoppen, als gäbe es keine Furcht vor Einkommenseinbußen durch Kurzarbeit oder Entlassung. Statt den Euro dreimal umzudrehen, bevor man ihn über den Ladentisch schiebt, gaben die Verbraucher seit Januar sogar mehr aus – zwar nur 0,1 Prozent, doch Pessimisten unter den Experten hatten erwartet, dass die Konsumausgaben in der Krise deutlich sinken.“

Die Deutschen sind eben nicht lustvoll shoppen gegangen. Die Daten sprechen deutlich dagegen. Zuletzt am 3. August 2009. Da meldete das statistische Bundesamt

Im ersten Halbjahr 2009 wurde im deutschen Einzelhandel nominal 2,3 und real 2,1% weniger als im vergleichbaren Vorjahreszeitraum umgesetzt.

Das ist ein dramtischer Rückgang und trotzdem faselt Busche etwas von „German Angst“ – sie hat ausgedient. Schließlich hätten die Deutschen zum Beispiel nicht weniger, sondern mehr Elektrogeräte gekauft.

„Es wurden 37 Prozent mehr Flachbildfernseher als 2008 erworben, 6,6 Prozent mehr Elektrokleingeräte und 3,6 Prozent mehr große Hausgeräte. Das belegt: „German Angst“ ist weg. Jedenfalls die finanzielle Variante.“

Diese letzte Begründung ist so eine bodenlose Unverschämtheit und eine dreiste Lüge, dafür sollte Herr Busche seinen Presseausweis freiwillig abgeben. Denn diese Daten stammen wohl allesamt aus einem Bericht der GfK vom 17.08.2009. Selbst wenn man diese Daten ernst nähme, müsste man auch dazu schreiben, dass andere Branchen laut diesem Bericht dramtische Verluste erlitten haben. Aber zunächst einmal hätte der Journalist Busche zur Kenntnis nehmen müssen, dass selbst die GfK zugeben musste, dass die Umsätze zurückgegangen sind.

Der Gesamtmarkt der Elektrogeräte in Deutschland zeigt sich bislang vergleichsweise krisenresistent. Der GfK TEMAX® verbucht für das erste Halbjahr 2009 nur einen geringen Rückgang um 0,2 Prozent auf 19,8 Milliarden Euro, wobei das zweite Quartal etwas schlechter abschneidet. Der Umsatz sank in diesem Zeitraum um 3,8 Prozent auf 9,2 Milliarden Euro. Während die Märkte der Elektroklein- und -großgeräte sowie der In-formationstechnologie im zweiten Quartal noch positive Zuwächse verzeichnen, sind die Verluste in den Bereichen Foto, Office Equipment & Consumables (Bürogeräte und Verbrauchsmaterialien), Telekommunikation und Unterhaltungselektronik größer.

  • Elektrogroßgeräte: verlangsamtes Wachstum
  • Fotomarkt: Entwicklung der Teilmärkte gespalten
  • Office Equipment: fast zweistellige Verluste
  • Unterhaltungselektronik: Fußballfreie Zeiten verursachen Minus
  • Telekommunikation: Erholung setzt sich nicht fort

Und als Fazit steht da:

Trotz mancher Verluste in den Teilsegmenten verhält sich der Markt der Elektrogeräte auch in der Krise insgesamt robust. Der GfK TEMAX® zeigt, dass der Vergleich mit den guten Vorjahres-ergebnissen und der anhaltende Preisrückgang die Umsätze mindern. Eine generelle oder krisenbedingte Zurückhaltung der Konsumenten ist bei der Anschaffung von Elektrogeräten bisher nicht zu spüren.

Lesen sie bitte genau. Umsätze sind zurückgegangen! In den einzelnen Abschnitten werden deflationäre Mechanismen beschrieben, aber im Fazit schreiben die Klimaexperten von einem robusten Markt. Angesichts dieser Energie, die Menschen in diesem Lande an der Nase herumzuführen und so zu tun, als sei die Krise schon vorbei, bevor sie richtig spürbar geworden ist, zeugt von einem kriminellen Willen, die Öffentlichkeit bewusst zu täuschen und zu manipulieren. Es bleibt die Frage, wie lange die Menschen sich das noch gefallen lassen.

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Merkel lud ein, um Gruppen zusammenzuführen, die sonst nicht zusammenkommen…

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So lautete die Stellungnahme der Kanzlerin hinsichtlich der Vorwürfe, Steuergelder zur Ackermann-Bespaßung zum Fenster hinausgeworfen zu haben. Und keinen juckt die Begründung. Ich hätte ja schon gern gewusst, an welchem Tisch der Vertreter aus der immer größer werdenden Gruppe der Hartz IV-Empfänger gesessen hat. Normalerweise kommen die ja nicht mit den Ackermännern der Republik zusammen. Und dann müsste man sich noch einmal genau die Gästeliste anschauen und Frau Merkel direkt fragen, ob sie sich nicht schämen würde, so dreist zu lügen. Die Pappnasen, die an dem festlichen Dinner teilgenommen haben, treffen sich doch alle Nase lang.

Die Rolle des Springerkonzerns ist besonders bemerkenswert. Auch ich habe mal genau auf die Berichte in der Bildzeitung geachtet und statt am Dienstag etwas über das aufregende Abendessen zu erfahren, gab es einen hübschen Text über Merkels Einkaufszettel für ihren Mann. Schon komisch, fand nicht nur ich (siehe z.B. Bildblog)

Merkels Einkaufszettel in Bild

Auch die Erklärungsversuche der Bildzeitung vom Mittwoch und insbesondere die Verteidigungsrede vom „Kanzlerinnen-Zäpfchen“ Hugo Müller-Vogg waren zum Wegschmeißen komisch. Siehe ebenfalls Bildblog. Als nun auch bekannt wurde, dass mithin drei hochrangige Springerleute (Friede Springer, Mathias Döpfner, Kai Diekmann) beim festlichen Schmaus dabei waren und auch noch andere Mendienleute, lies das Interesse an der Geschichte urplötzlich auch in anderen Blättern nach.

Am Dienstag schimpfte zum Beispiel Redakteurin Inken Hägermann in der Neuen Presse Hannover noch über eine „Distanzlose Einladung der Kanzlerin“ Zwar seien die 2100 Euro, die Ackermann nicht selbst zahlte, „überschaubar“ (BTW: bei Ulla Schmidt waren sie es natürlich nicht!), doch zm Ende ihres Kommentars findet Frau Hägermann klare Worte.

„Ackermann sollte sich schämen, dass er diese Einladung angenommen hat. Und Merkel, dass sie sie ausgesprochen hat.“

Am Mittwoch war die Geschichte schon ganz aus der Neuen Presse verschwunden. Lediglich ein Artikel weist schüchtern darauf hin, dass sogar der TV-Star Frank Elstner an der Feier teilnahm. Von den Medienvertretern kein Wort!

Die Gästeliste soll neben Politikern und Managern auch Prominente wie TV-Star Frank Elstner umfasst haben. Unionsvertreter nannten die Kritik „scheinheilig“. An der Feier am 22. April vergangenen Jahres hätten 25 Menschen aus Politik, Wirtschaft und Kultur teilgenommen, berichtete die „Rheinische Post“ unter Berufung auf die Einladungsliste.

Man bekommt den Eindruck, dass auf keinen Fall die Verflechtungen zwischen Politik, Medien und der Hochfinanz thematisiert werden sollen. Stattdessen öffnet man den Wandschrank und holt Ulla Schmidt wieder raus. Die sitzt da nämlich für die Dauer des Wahlkampfes drin und wird bei Bedarf, also wenn es für die Union mal brenzlich wird, herausgeholt und ordentlich medial vermöbelt. Da müssen sie wirklich mal drauf achten.

Denn heute schließlich kommt Christoph Slangen, vom PR-Büro Slangen & Herholz, mit einem Kommentar in der Neuen Presse Hannover, der den Titel trägt, „Ulla Schmidt – Der Gegenwind wird bleiben“. Darunter ein weiteres Beispiel für die bereits bekannte taktische Meinungsmache in Form der Generalisierung. Slangens Kompagnon Andreas Herholz liefert einen Bericht mit dem Titel „Staatsdiener oder Spesenritter?“ Darin beklagt sich schließlich Herholz allgemein über Politiker und ihre Affären – Ergebnis: Merkel ist aus der Schusslinie.

„Statt Themen gibts Affären – der Wahlkampf versinkt in einer Spesendebatte.“

Genauso lief es auch bei zu Guttenberg ab. (siehe: „Der windelweiche Umgang mit zu Guttenberg“). Und Christoph Slangen demonstriert uns nun, wie man eine Politikerin, die eigentlich nichts Unrechtes getan hat, dennoch stigmatisieren kann, weil sie eben im Wandschrank sitzt.

„Einen Persilschein stellt die Opposition Ulla Schmidt nicht aus. Die Nutzung ihrer Dienstlimousine bei den Urlauben in Spanien bleibt ein gefundenes Fressen für die politischen Gegner. Privates Vergnügen oder dienstlich notwendig und auch wirtschaftlich? Der Bundesrechnungshof könnte womöglich Klarheit schaffen, doch wäre es dann angemessen, den Umgang aller Regierungsmitglieder mit ihren Dienstlimousinen auszuleuchten. Insgesamt hat der Vorgang seine Brisanz durch zweierlei gewonnen. Ulla Schmidts miserables Krisenmanagement, gipfelnd in dem Satz „Das steht mir zu“, war der Auslöser. Verstärkt wurde die Wirkung durch den Wahlkampf. Dass die Ministerin die Attacken auf sie als Ablenkungsmanöver der Opposition von den wirklich wichtigen Themen betrachtet, ist zu einem gewissen Grade nachvollziehbar und wahr. Doch die Bevölkerung reagiert sensibel auch auf den Anschein, dass die Mächtigen ihnen zustehende Privilegien ausnutzen. Die Richtlinien noch eindeutiger zu fassen, um jede Grauzone zwischen privat und dienstlich zu vermeiden, muss eine der Lehren aus dem Fall Schmidt sein.“

Und welche Lehren zieht Herr Slangen aus dem Fall Merkel? Die sagt doch auch, es stünde ihr zu, solche Feiern auszurichten, weil man da gesellschaftliche Gruppen zusammenführen könne. Aber bei Merkel ist das Krisenmanagement wahrscheinlich besser. Schließlich darf sie mit Hilfe der unabhängigen und überparteilichen Bildzeitung ungestraft lügen und behaupten, die Ackermann-Sause sei keine Geburtstagsfeier für Ackermann gewesen. Nun gut, Frau Merkel sitzt ja auch nicht im Wandschrank.

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Und wieder zwei CDU-Skandale (TV-Tipp: Report Mainz – heute um 21:45 Uhr im Ersten)

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In Niedersachsen zeichnet sich immer deutlicher ab, dass Kultusministerin Heister-Neumann ein Disziplinarverfahren gegen den unbequemen Landeschef der Lehrergewerkschaft GEW, Eberhard Brandt, veranlasste, obwohl die Landesschulbehörde davon abgeraten hatte. Darauf deuten nun auch der Öffentlichkeit zugespielte Akten hin, aus denen hervor gehe, dass das Ministerium die Landesschulbehörde zur Aufnahme des Verfahrens gegen den Kritiker der schwarz-gelben Schulpolitik gezwungen habe. Das ist übrigens sehr lustig. Denn die Landesregierung um den allseits beliebten Kuschel-Wulff hatte im Vorfeld die brisanten Akten für geheim erklärt und jedem Abgeordneten, der daraus zitieren würde, Strafe angedroht. Landesverrat sozusagen.

Die Neue Presse Hannover widmet heute mal einen Kommentar dieser schäbigen Geschichte. Amtsmissbrauch nennt das der schreibende Dirk Racke zu Recht. Achselzuckend nimmt er aber dann zur Kenntnis, dass dieses Vergehen folgenlos bleiben werde, da die Mehrheit der schwarz-gelben Koalition einen Entlassungsantrag der Opposition niederstimmen werde. Da könne man halt nix machen, außer bis zur nächsten Kabinettsumbildung zu warten.

„Es ist schwer vorstellbar, dass die Ministerin nicht davon wusste. In dem Fall hätte sie das Vorgehen gegen ihren Kritiker mindestens gebilligt. Ihr Posten dürfte nur bis zur nächsten Kabinettsumbildung sicher sein.“

Tja, unter dem Kommentar von Racke steht übrigens in großen Lettern,

„Schon wieder Kritik an Ulla Schmidt – Diesmal geht es um Nutzung der Flugbereitschaft der Bundeswehr. Kosten 2000 Euro.“

Das läuft dann wohl unter dem redaktionsinternen Objektivitätsgebot. Wenn die Missetaten einer CDU-Politikerin nicht mehr unter der Decke gehalten werden können, muss zum Ausgleich mindestens noch eine Drecksgeschichte gegen die SPD-Seite ausgegraben werden. Wirkt auf mich jedenfalls so. Bei Frau Schmidt sucht man inzwischen mit der Lupe nach Verwertbarem. Dass die Informationen von Bild kommen, ist dabei nur logisch.

Beim nächsten CDU-Skandal, den die Presse nicht sonderlich interessieren dürfte, geht es um eine Geburtstagsfeier im Kanzleramt. Josef Ackermann, Chef der Deutschen Bank, durfte zu seinem 60. Geburtstag bei Frau Merkel feiern und auf Kosten der Steuerzahler 30 weitere Gäste einladen. Kosten: mind. 2100 Euro für zusätzliches Personal. Die Aufwendungen für Speisen und Getränke konnte im Nachhinein nicht mehr ermittelt werden, berichtet Report Mainz, zu sehen heute um 21:45 im Ersten.

Das sind immerhin schon einmal mindestens 100 Euro mehr als die Bild am Sonntag Frau Schmidt in Rechnung stellen wollte. Da bin ich jetzt aber mal gespannt, ob meine Tageszeitung, die Neue Presse Hannover, morgen ein richtiges Fass aufmacht und zum Beispiel titelt.

Ackermann & Friends dürfen nicht nur Staatsknete für ihre maroden Bankhäuser abgreifen, sondern auch noch auf unser aller Rechnung im Kanzleramt Parties feiern – Lesen sie, wie Kanzlerin Merkel die Finanz- und Wirtschaftskrise managed.

Es wird wohl ein Traum bleiben. Schließlich darf sogar der Wirtschaftsminister zu Guttenberg, der des Einkaufs von fertigen Gesetzen überführt ist, unwidersprochen zu seiner Entlastung heute behaupten:

„Es gibt in besonderen Ausnahmefällen Fragen und Themen, die einen so hohen Komplexitätsgrad aufweisen, dass man im eigenen Ministerium nicht die nötige Expertise dafür vorhalten kann“, sagte er. „In solchen Fällen ist es geradezu eine Verpflichtung, sich Sachverstand von außen zu holen.“

Mit anderen Worten, die Mitarbeiter im Ministerium sind zu blöd, die komplexen Zusammenhänge zu begreifen, deshalb muss externer Sachverstand her. So kann wohl nur ein Aristokratenarsch denken, der bei seiner Umprogrammierung zum „jungen Führer“ in der Atlantikbrücke nicht viel zum Thema Demokratie auf die ölige Festplatte geladen bekommen hat. Denn dann wüsste der Minister, dass wenn man sich externen Rat einholt, was ja durchaus legitim ist, am Ende das Ministerium und die zuständigen Fachreferate doch wenigstens prüfen und bewerten müssen, ob diese Vorschläge brauchbar und ggf. umsetzbar sind. Wozu sind die Mitarbeiter denn dann da? Halten die etwa nur den Pisseimer für seine Majestät?

Genau genommen bedroht zu Guttenberg mit seinem Eindruck schindenden PR-Gerede die freiheitlich demokratische Grundordnung, weil er zu verstehen gibt, dass es einer Gewaltenteilung nicht mehr bedarf, sondern es geradezu eine Pflicht sei, so genannten Fachleuten das Schreiben von Gesetzen anzuvertrauen, die weder durch Wahlen, noch durch Fragen des Souveräns in irgendeiner Weise legitimiert worden sind. Darüber sollten die Terrorismusexperten in diesem Land mal angestrengt nachdenken.

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Afghanistan hat die Wahl, die Neue Presse scheinbar nicht…

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…denn heute folgt auf Seite eins ein weiterer Kommentar vom Experten für Krieg, Terrorismus und Angst, Horst Schmuda, in dem er den Einsatz der Bundeswehr zu rechtfertigen versucht. „Die Angst wählt mit“ nennt er seinen Text und beschreibt eigentlich zunächst einmal die trostlose Lage in dem Land…

„Tote, Verletzte, geheime Absprachen, Stimmenkauf, Geisterwähler – der zweite Urnengang am Hindukusch seit der Befreiung von der talibanischen Verbrecherbande übersteigt so ziemlich unseren doch reichlich naiven demokratischen Horizont. Es konnte ja gar nicht funktionieren: Unsere tollen westlichen Werte, mit denen wir die Afghanen beglücken wollten, die von unserem Demokratieverständnis inspirierte Verfassung – all das scheint wie eine politische Transplantation, die mit den Verhältnissen in einem Land, in dem Stämme und Clans das Sagen haben, einfach nicht zusammenwachsen will. Karsai, der Abzocker dieser Wahl, einst Hoffnungsträger des Westens, der im eigenen Land nicht mehr Macht hat als ein Oberbürgermeister von Kabul – die Kritik an ihm wird immer lauter. Weil die westliche Wertegemeinschaft demokratische Anstrengungen des Präsidenten vermisst, der stattdessen den Schulterschluss mit religiösen Ultras und kriminellen Warlords sucht.“

Doch all diese bitteren Erkenntnisse vermögen es nicht, bei Horst Schmuda einen sinnvollen Gedanken auszulösen. Im Gegenteil. In seiner typischen Manier witzelt er wie immer unkomisch herum und fragt sogar scherzend…

„Und für so was setzen unsere Soldaten ihr Leben aufs Spiel?“

…, um dann aus der Tatsache, dass überhaupt jemand zur Wahl gegangen ist und damit ein an sich korruptes System am Leben erhält, eine plumpe Rechtfertigung für den Bundeswehreinsatz zu stricken.

„Böse Frage, sollte man ganz schnell vergessen. Denn der Mut vieler Afghanen, die den mörderischen Drohungen der Taliban trotzend unter Lebensgefahr wählen gingen, verpflichtet uns, das Land nicht vorzeitig aufzugeben. Denn im Grunde genommen geht es doch nur um eins: dass Afghanistan nicht wieder in die Hände irrer Steinzeitislamisten fällt.“

Mit der Wortkreation „Steinzeitislamisten“ bedient Schmuda mal wieder ein ganz übles Ressentiment, dessen Zweck darin begründet liegt, die Öffentlichkeit auf das alte schwarz-weiß Spiel Gut gegen Böse einzuschwören. Übel ist das deshalb, weil Schmudas angebliche „Steinzeitislamisten“ gar nichts Rückständiges an sich haben, sondern äußerst modern in Erscheinung treten. Das ist ja auch kein Wunder, schließlich war es die westliche Welt, konkret die USA, die diese „Steinzeitislamisten“, und Osama bin Laden war einer von ihnen, in Saudi Arabien erst angeworben, ausgebildet und schließlich mit militärischem Gerät ausgestattet haben, damit sie gegen die damals bösen Sowjets in Afghanistan zu Felde ziehen.

Damals hätte Horst Schmuda in der Neuen Presse Hannover wahrscheinlich den gloreichen Kampf der Mudschahiddin verteidigt und von den „Steinzeitbolschewisten“ geschrieben, die nie und nimmer in Afghanistan die Kontrolle übernehmen dürften. Die Feinbilder sind also austauschbar. Der Unterschied besteht nun aber darin, dass Deutschland auf der Welt militärisch wieder mitmischen darf. Schmudas Scherzfrage also, ob unsere Soldaten für sowas ihr Leben aufs Spiel setzen sollten, ist Ausdruck einer doppelten Beschränktheit des Autors.

Erstens sollte man sich nämlich die Frage stellen, wie es sein kann, dass deutsche Soldaten überhaupt im Kampfanzug in derartige Einsätze geschickt werden, bevor man eine Begründung darüber liefert, weshalb sie dort bleiben und kämpfen sollen. Zweitens sollte man sich dann fragen, woher wir das Recht ableiten, die Afghanen mit unseren „tollen westlichen Werten beglücken zu müssen“. Da müssen sie sich unbedingt das Denken der NATO vor Augen halten. Nato-Soldaten dürften demnach auch aßerhalb des Bündnisgebietes eingesetzt werden, wenn der Nachschub unserer Ressourcen gefährdet ist.

Volker Pispers sagte dazu treffend:

„Wir schützen nicht mehr das, was uns gehört, sondern wir schützen jetzt auch das, was wir gerne hätten.“

Aber sehen sie selbst.

Und zur ersten Frage, warum Deutschland überhaupt wieder eine militärische Rolle übernehmen konnte, gebe ich ihnen einen Beitrag von mir aus den NachDenkSeiten vom 16. Juli 2007 zur Kenntnis:

1. Anmerkung von A.T.

Zu Steinmeiers Aussage:

“Joschka Fischer und die Grünen haben rasch gelernt, wie wir in der Kosovo-Krise 1999 erlebt haben. Davon sind die Linken meilenweit entfernt, vor allem wegen ihrer beinahe nationalistischen Verengung.”

Hier wirft Steinmeier den Linken eine nationalistische Verengung vor, ohne auch nur einen kritischen Gedanken an die zur Normalität gewordenen Einsätze der Bundeswehr im Ausland zu verschwenden. Ist dieses militärische Engagement nicht eher die Folge eines neuen Deutschlands, dass sich nach dem Epochenbruch 1989/90 auf ein neues nationalistisches Selbstbewusstsein stützt? Ein Deutschland, das nach der Auflösung der deutsch-deutschen Teilung, die direkte Folge von Auschwitz, zu einer lang ersehnten Normalität tendierte? War es nicht Gerhard Schröder, der mit der nationalsozialistischen Vergangenheit kein Wahrnehmungsproblem mehr hatte, der das Denkmal für die ermordeten Juden als Ort bezeichnete, „wo die Leute gern hingehen“? Anders als seine Vorgänger, konnte Schröder unbefangener reagieren und ein neues Selbstbewusstsein propagieren, das Deutschland in die Lage versetzen sollte, als souveräner Partner an den Verhandlungstischen der Weltmächte mitreden zu können.

Das stieß vor allem bei den Opfern des Nationalsozialismus auf Vorbehalte, die sich darin äußerten, Deutschland könne mit dem Ende der DDR, die NS-Geschichte als abgeschlossen betrachten. Es wurde sehr schnell klar, dass die Möglichkeit einer Verdrängung der einen deutschen Geschichte durch die andere in Betracht gezogen würde. In den nachfolgenden Deutungen der Ereignisse, gemeint sind die Ausbrüche rechter Gewalt im Osten unmittelbar nach dem Fall der Mauer und das offenbar viel schnellere Ausbreiten des Rechtsextremismus auf dem Gebiet der ehemaligen DDR, ließen oberflächlich betrachtet nur den einen Schluss von der Nähe des DDR-Systems zu dem des Nationalsozialismus zu. Die Totalitarismusthese erfuhr nunmehr eine Renaissance. Doch das merkwürdige an der Diskussion ist, dass vor 1989 die DDR als linker Totalitarismus bezeichnet wurde und nach der Einheit rückblickend nur noch von der Ähnlichkeit bzw. Gleichartigkeit zum Nazi-Regime gesprochen wurde. [1] Damit entzog man der DDR und vor allem ihren Bürgern den gesellschaftlichen Kern und allen anderen die Möglichkeit über eine gesellschaftliche Differenz überhaupt nachzudenken.

Der Vergleich zwischen alter Bundesrepublik und der DDR wurde gar zu einem Tabu erklärt, da einer solchen Betrachtung die Anerkennung des DDR-Staates und der Gesellschaft vorausgehen müsste. „Tatsächlich werden die Ostdeutschen nur unter einer Bedingung vom Westen anerkannt: Sie müssen das Vergleichen zwischen der DDR und der Bundesrepublik unterlassen.“ [2] Auf der anderen Seite stand dem Vergleich zwischen der DDR und dem Nationalsozialismus auf der Basis des Diktaturenvergleichs nichts im Wege. Die neue Berliner Republik konnte sich daher mit dem neuen Bewusstsein schmücken, über zwei Diktaturen bzw. totalitäre Systeme hinweggekommen zu sein. [3] In dieser Konzeption avanciert der ganze DDR-Staat in der Wahrnehmung zu einem verbrecherischen Fehltritt der Geschichte, der zum einen diejenigen, die in ihm lebten, verunsichert bzw. mit dem Vorwurf konfrontiert, Teil eines Unrechtsstaates gewesen zu sein und die westdeutsche Gesellschaft gleichzeitig entlastet, wenn es darum geht, Aufarbeitung leisten zu müssen. „Die Bundesrepublik braucht die DDR, um sich über sie vom Nationalsozialismus abzustoßen.“ [4]

Die nationalistische Verengung, wie sie Steinmeier den Linken vorwirft, ist dann wohl eher im eigenen Haus zu finden, basierend auf einer neuen deutschen Staatsraison, die unkritisch gegenüber der eigenen verhängnisvollen Geschichte ist. Das Bekenntnis zu Verbrechen und Schuld wird dabei in eine bloße Floskel transformiert, um diese im Fokus der innerdeutschen Auseinandersetzung für eine bloße Aufwertung der SED-Diktatur im Vergleich zu benutzen.

Anmerkungen:

[«1] Franziska Augstein: Deutschland. Nationalsozialismus und zweiter Weltkrieg – Berichte zur Gegenwart der Erinnerung, in: Volkhard Knigge und Norbert Frei (Hrsg.), Verbrechen erinnern – Die Auseinandersetzung mit Holocaust und Völkermord, München 2002, vgl., S.228

[«2] ebd.

[«3] ebd. vgl., S.229

[«4] ebd. S.230

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Zu Guttenberg will Abbau von Arbeitnehmerrechten und weiteres Lohndumping

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Tja, was will er denn nun? Heute will er jedenfalls von dem Entwurf aus seinem Ministerium nix mehr wissen und bezeichnet das Papier vom Juli 2009 als alten Hut. Der Minister hat sein Ministerium beauftragt, ein Konzept zur Industriepolitik zu erarbeiten. Herausgekommen ist aber ein Papier, das vor allem arbeitsmarktpolitische Maßnahmen enthält. Und ziemlich brisante dazu. Und was macht die Neue Presse Hannover aus der neuerlichen Unions-Skandalvorlage um den Superstar? Ganz einfach, sie schreiben über Ulla Schmidt und ihre Dienstwagenaffäre. Denn nun sei herausgekommen, dass die Gesundheitsministerin auch schon früher mit dem Dienstwagen im Urlaub unterwegs war. Claus Lingenauber geilt sich an dem Thema noch einmal auf und spielt im gleichen Atemzug die Enthüllungen um zu Guttenbergs Radikalkonzept herunter:

„Da hatte die SPD gerade die leise Hoffnung geschöpft, den populären CSU-Baron zu Guttenberg doch noch als neoliberalen Buhmann entlarven und so der Kanzlerin ein Bein stellen zu können, da fährt ihr schon wieder Ulla Schmidt in die Parade.“

„Das wird der Wähler übelnehmen. Denn der Bürger hat nun mal mal eine gänzlich andere Vorstellung davon, was Dienstfahrten sind.“

„Dass eine Ministerin immer im Dienst ist, also auch im Urlaub, will ihm einfach nicht einleuchten.“

„SPD-Kanzlerkandidat Steinmeier dürfte den Moment inzwischen verfluchen, als er die Dienstwagen-Ulla doch noch in sein Kompetenzteam aufgenommen hat. Denn jetzt hat er ein echtes Problem. Während der Baron sein umstrittenes Papier locker in den Papierkorb klickt.“

Eine Ministerin, die auch im Urlaub ihren Dienst verrichtet, leuchtet also nicht ein? Aber ein Wirtschaftsminister, der offensichtlich keinen Dienst leistet, weder im Urlaub noch zu Hause, der nicht einmal weiß, was die Referate in seinem Haus so zusammentragen, um ein Konzept zu schmieden, mit dem der Ressortchef glänzen wollte, damit ihn alle Medien feiern können, leuchtet dagegen ein? Der braucht den 52 Seiten starken Entwurf bloß in den Papierkorb zu werfen und alles ist wieder gut. Herrn Lingenauber interessiert es nicht die Bohne, was dort überhaupt zusammengetragen wurde.

Wahrscheinlich ist das auch nur so eine Wundertüte, wie Frau Schmiedeke auf Seite eins schreibt, von der man nicht allzu viel erwarten dürfe. Dabei kommen die Mitarbeiter des Ministeriums auf Vorschläge, bei denen man sich schon fragen sollte, wie sie darauf kommen. Denn es ist doch davon auszugehen, dass dieselben Mitarbeiter auch nach der Wahl ihr Unwesen treiben dürfen. Der Abbau des Kündigungsschutzes, Änderungen bei den Mindestlohnregelungen, Steuerentlastung für Unternehmen bei gleichzeitiger Mehrbelastung der Einkommen durch eine Anpassung des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes und Streichung von Klima-Auflagen für Unternehmen. Auf sowas kommt man doch nicht einfach so?

Natürlich nicht. Denn hierbei handelt es sich haargenau um jene Rezepte, die all die „Experten“ empfehlen, die sich angesichts des sich abzeichnenden Wahlsieges von schwarz-gelb wieder aus der Deckung trauen. Wenn also die Neue Presse dann dümmlich fragt, was die Parteien nach der Wahl wohl planen und mit ihrem Wundertütengebrabbel so tut, als wüsste sie nicht, was uns da erwartet, kann man nur angestrengt mit dem Kopf schütteln. Statt den Messias zu Guttenberg nach den konkreten Inhalten seiner Politik zu fragen, die für viele Menschen in diesem Land von großer Wichtigkeit ist, interessieren sich die Redakteure der Neuen Presse wie Claus Lingenauber sehr viel mehr für ein wirklich belangloses Dauerthema…

„Man darf also gespannt sein auf Schmidts Ausreden.“

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Bundestagswahl II: Die Neue Presse mit einem seltsamen Kommentar

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Auch die Neue Presse Hannover beschäftigt sich mit der Bundestagswahl. Auf Seite eins der heutigen Ausgabe kommentiert Anja Schmiedeke und spricht von der „Wahl der Wundertüten“. Sehr seltsam dann auch der Text.

„Am Ende sollen wir, wie immer, selbst schuld sein. Nach dem 27. September bekommen wir die Regierung, die wir gewählt haben. Ganz egal, wie hoch die Wahlbeteiligung sein wird, und vor allem ganz egal, ob wir vorher wussten, welchen Schlamassel uns die neue Regierung einbringt. Und wer weiß das schon?“

An Stelle von Frau Schmiedeke könnte man ja mal eine aufklärerische Rolle übernehmen.

„Wir, der Souverän, jedenfalls nicht. Wir wissen nicht, welche Partei wie die Rekordlöcher im Bundeshaushalt stopfen will. Wir wissen nicht, welche Gesundheitsleistungen gestrichen oder welche Steuern erhöht werden sollen. Es wird passieren. Aber abstimmen darüber dürfen wir nicht.“

Dieses „Wir“ klingt ja fast so, wie das Plakate-„Wir“ der CDU. Ist das Absicht? Es sollte aber an dieser Stelle unbedingt deutlich gemacht werden, dass mit „Wir“ nur die dusselige Redaktion der Neuen Presse Hannover gemeint sein kann. Sollte Frau Schmiedeke aber mit „Wir“ tendenziös alle Wähler gemeint haben, so dürfte man sie getrost als Lügnerin und Dummschwätzerin beschimpfen.

Allein schon die erste Aussage, wir wüssten nicht, welche Partei wie die Rekordlöcher im Bundeshaushalt stopfen will, wirkt deplatziert. ICH als Bürger hätte nämlich zunächst gern einmal von den Journalisten gewusst, welche Partei(en) diese Löcher da hineingerissen haben und warum. Wo bleibt die Aufklärungsarbeit? Stattdessen speist man mich mit einem völkischen „Wir“-Getue ab, unter dem ich mich wohl wiederfinden soll. Unglaublich.

Und die Bemerkung, wir dürften nicht über das zu erwartende sozialpolitische Streichkonzert abstimmen, ist geradezu grotesk. Dem Chef der Linkspartei Oskar Lafontaine hält man fälschlicherweise vor, er würde die Demokratie infrage stellen, weil er richtigerweise sagt, dass Deutschland unter einem Demokratiedefizit leide und nun kommt Frau Schmiedeke um die Ecke und schreibt, wir könnten ohnehin nicht über die entscheidenden Fragen abstimmen. Warum erwähnt sie in ihrem Kommentar dann nicht die Linkspartei, die genau darauf hinweist und eine wählbare Alternative anbietet?

„Stattdessen bekommen wir Wundertüten präsentiert – Steuersenkungen versprechen die Liberalen, Millionen Arbeitsplätze malen Rote, Grüne und Schwarze an die Wand. Das klingt zu schön, um wahr zu sein.“

Würde Frau Schmiedeke mal ihrer Berufung nachgehen und richtig recherchieren, dann wüsste sie die angeblichen Wundertüten auch zu entzaubern und könnte ihren Lesern etwas mehr anbieten, als dieses Beliebigkeitsgefasel auf Stammtischniveau. So nach dem Motto: „Die machen ja eh was sie wollen.“ Nein, die machen eben nicht was sie wollen, sondern was bestimmte Interessen wollen. Zu den Steuersenkungen der Liberalen gibt es glasklare Analysen auch von den so beliebten Experten, wie Wolfgang Wiegard aus dem Sachverständigenrat zum Beispiel, der für das Magazin Panorama nachgerechnet hat. Seine Ergebnisse bringen den FDP-Finanzexperten Volker Wissing in deutliche Erklärungsnöte. Aber schauen sie sich den Bericht selbst noch einmal an. Ab Minute vier wird es in dieser Sache interessant.

Die FDP tritt den Wählern also nicht mit einer Wundertüte entgegen, sondern mit der klaren Absicht, sie zu betrügen. Das kann man auch mal so hin schreiben, Frau Schmiedeke. Die Fakten sind abrufbar. Und was die Millionen Arbeitsplätze angeht, die eigentlich nur Grüne und Rote wirklich versprechen, weil sie in bestimmten Wirtschaftsbereichen aktiv investieren wollen, hat Frau Merkel in Hildesheim nur ein populistisches „Arbeit für alle“ gerufen. Frau Schmiedeke nennt das dann heute so.

„Die Union verkneift sich viele Wolkenkuckucksheime“

Und dann muss natürlich der Star zu Guttenberg noch mal ran. Er verkörpert den Idealtypus eines Politikers, den die Wähler („WIR“) wollen und dem sie („WIR“) vertrauen können.

„Wie groß unsere Sehnsucht nach Glaubwürdigkeit ist, illustrierte ausgerechnet der adlige Wirtschaftsminister zu Guttenberg. Sein „Nein“ zur Opel-Rettung war unpopulär und verschaffte ihm gerade deshalb den Respekt vieler Menschen.“

Dabei musste der Politikergott gerade noch ein brisantes Arbeitspapier loswerden, mal wieder nicht von ihm selbst verfasst, in dem ein radikales Reformprogramm zum Ausdruck kommt. Unter anderem mit den neoliberalen Dauerthemen Abbau des Kündigungsschutzes, Senkung von Umweltstandards, Erhöhung der Mehrwertsteuer und weitere Senkung von Unternehmenssteuern. Dieses umstrittene Konzept würde locker für eine weitere Unions-Affäre taugen, die der Dienstwagen geblendete Udo Harms ja vor kurzem weit und breit nicht kommen sah. Aber dazu im nächsten Beitrag mehr…

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Christoph Slangen geht unter die Kriegstreiber

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Am Wochenende gab es in Afghanistans Hauptstadt Kabul einen schweren Anschlag mit Toten und Verletzten. Der PR-Agent Christoph Slangen sieht darin nun eine Begründung für den weiteren Verbleib der Nato-Truppen in diesem Land. Unter dem armseligen Titel „Mehr Hilfe zur Selbsthilfe“, der an das Reformneusprech der Agenda 2010 Verfechter erinnert, schreibt Slangen heute in der Neuen Presse Hannover:

„Ein blutiges Wochenende in Afghanistan. Die Taliban verstärken ihre Anschläge im Vorfeld der Präsidentenwahl am Donnerstag. Die Wahl soll zu einem Misserfolg gemacht, die Bevölkerung eingeschüchtert werden. Das brutale Vorgehen gegen die ausländischen Truppen und die eigenen Landsleute zeigt aber auch, warum die Präsenz der Amerikaner, Deutschen und der Verbündeten benötigt wird. Das Land jetzt zu räumen, würde bedeuten, dem Taliban-Terror freie Hand zu lassen:“

Nicht nur Terroristen nutzen die mediale Aufmerksamkeit im Zuge eines abscheulichen Anschlags, sondern auch schmierige PR-Typen, wie Christoph Slangen. Er benutzt die neuerliche Gewalt, um einen kriegsgeilen Irrweg unserer Bundesregierung, der namentlich durch Franz Josef Jung vertreten wird, zu verteidigen. Und das auch noch in der Überzeugung einer „logischen Argumentation“.

„Es sind logische Argumente für ein Engagement, doch die Zahl der Toten, Verwundeten spricht eine andere Sprache – die des Gefühls: 27 tote Deutsche, die bei Anschlägen und Unglücksfällen ums Leben gekommen sind, gar 200 Briten bisher. Das Ziel muss sein, die afghanische Regierung so schnell und so gründlich wie möglich zu befähigen, die Macht im Lande selbst effektiv auszuüben: Die Polizeiausbildung ist ein wichtiges Instrument, das es weiter zu verstärken gilt. Hilfe zur Selbsthilfe muss das übergeordnete Thema aller Aktivitäten sein.“

Hilfe zur Selbsthilfe. Dieses unmögliche PR-Deutsch ist es wieder, dass die Öffentlichkeit täuschen soll. Denn in Wirklichkeit bedeutet Hilfe zur Selbsthilfe nichts anderes als das Kürzen von Leistungen bei gleichzeitiger Erhöhung des Forderungskatalogs an das betroffene Subjekt. Das kennen wir aus der Innenpolitik um die Agenda 2010. Doch wie ist das außenpolitisch gemeint? Ganz einfach: Es geht um militärischen Einsatz unter individuellen Extrembedingungen, die im Ernstfall auch das Leben kosten können und sollen, bei gleichzeitigem Einsatz von begrenzten Haushaltsmitteln.

Auf diesen Umstand hat im Jahr 2008 schon der ehem. ZDF-Reporter Ulrich Tilgner aufmerksam gemacht, als er sich völlig angewiedert von den Vorgaben seines Senders, stets positiv und regierungstreu über den Einsatz zu berichten, dazu entschloss, seinem Arbeitgeber den Rücken zu kehren. Damals stellte Tilgner in einem Tagesspiegel-Interview bereits fest:

„Ich habe die Mitverantwortung Deutschlands dargestellt und mit Zahlen belegt, dass zu wenig Geld für den Polizeiaufbau in Afghanistan bereitgestellt wurde. Es wurde viel zu wenig in Ausrüstung und Ausbildung investiert, obwohl eine möglichst nicht korrupte, gut ausgebildete Polizei eine Schlüsselrolle hat beim Wiederaufbau eines Landes. Da wurden Fehler gemacht. Solche Kritik werten selbst die eigenen Kollegen zu leicht als Nörgelei, statt sie aufzugreifen und verstärkt für das Programm zu nutzen.“

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Was ist aus zu Guttenbergs chancenreicher Insolvenz geworden?

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Seit gestern wird ja wieder gejubelt. Die Konjunktur springt an. Dumm ist nur, dass es immer noch so viele Pleiten gibt und mit Primondo nun ein Unternehmen aus dem Karstadt/Quelle-Konzern, dass auf einen Schlag 3700 Mitarbeiter entlassen will. Wer erinnert sich da nicht an den Superstar unserer Bundesregierung Karl-Theodor zu Guttenberg, der so kompetent und weitblickend verkündete, eine geordnete Insolvenz im Fall Karstadt/Quelle böte vor allem Chancen? In der Neuen Presse durfte zu Guttenberg am 16. Juni 2009 Folgendes sagen:

„Wir müssen in jedem Fall alle Optionen sehr gewissenhaft prüfen. Das gilt für jedes Unternehmen. Insolvenzen können auch Zukunftsperspektiven bieten.

Bei Arcandor wäre es gerade bei einer Lösung mit staatlicher Rettungsbeihilfe zu einem deutlichen Arbeitsplatzabbau und einschneidenden Umstrukturierungen gekommen. Nicht nur deshalb müssen wir im übrigen endlich den Begriff Insolvenz entdramatisieren. Einige wollen darin immer nur den völligen Abgrund und die Pleite sehen. Das moderne Insolvenzrecht gibt einem Unternehmen aber doch gerade die Chance, sich neu aufzustellen und Arbeitsplätze zu erhalten.

Ich habe darüber hier im Blog berichtet. Nun schauen sie sich die Aussagen von damals an und vergleichen das bitte mit der heutigen Realität. Zu Guttenbergs dümmliche Behauptungen wurden eindrucksvoll widerlegt. Erschreckend ist auch die redaktionelle Kommentierung der Thesen von zu Guttenberg. Am 9. Juni hat Christian Lomoth von der Neuen Presse Hannover auf Seite 1 über die Guttenbergsche „geordnete Insolvenz“ lobend dies geschrieben (hier im Blog):

Die bedeutet ja nicht, wie die Schwarzseher gerne und ständig betonen, dass alle Läden gleich geschlossen werden. Ganz im Gegenteil: Tatsächlich hätte ein Insolvenzverwalter viel größere Möglichkeiten zur Sanierung des Konzerns als das Management, das mit den Altlasten kämpft.“

Die Redaktion der Neuen Presse sollte sich angesichts des radikalen Jobabbaus bei Arcandor schämen. Überdies sollten sie sich dafür schämen, immer wieder zu behaupten, der private Konsum sei stabil und robust, wie zuletzt bei Dirk Busche in seinem Kommentar zu den gestiegenen Exporten vom 8. August 2009 zu lesen war (hier im Blog):

„Die weltweite Rezession dauert schon viele Monate. Doch in unserer Republik herrscht eine auffällige Gelassenheit. Die meisten Verbraucher kaufen unerschrocken ein, als hätten sie keine Einkommenseinbußen zu befürchten.“

Wäre es tatsächlich richtig, dass die Verbraucher unerschrocken einkaufen und die deutsche Wirtschaft wieder positive Entwicklungen zeige, müsste ein Unternehmen, das mit seinen Produkten den Binnenmarkt bedient, nicht 3700 Mitarbeiter entlassen und dutzende Fillialen schließen. Ich kann daher nicht die Überraschung der Medien verstehen, die sich aus zwei scheinbar widersprüchlichen Realitäten nährt. Wachstum einerseits und massiver Stellenabbau andererseits.

In den gestrigen Tagesthemen staunte Tom Buhro jedenfalls nicht schlecht. Schließlich hätten wir ja Wachstum. „Zwei Wirklichkeiten, die sich widersprächen“, sagt er, um dann in der Moderation mehrmals zu behaupten, die Rezession sei statistisch gesehen oder wahlweise auf dem Papier vorbei. Ein zartes Pflänzchen gäbe schließlich Hoffnung. Die Neue Presse schreibt heute auch, „Die Rezession ist damit formal beendet“.

Weder Tom Buhro noch die PR-Agenten der Neuen Presse Hannover schaffen es, die angebliche Widersprüchlichkeit zu durchschauen und zu erkennen, dass der zurückliegende Absturz von -7,1 Prozent als maßgebliche Größe den Abbau von Stellen sowie Insolvenzen zur logischen Konsequenz werden lässt. Christoph Slangen, vom PR-Büro Slangen + Herholz geht sogar noch einen assozialen Schritt weiter und fängt wie erwartet bereits jetzt schon damit an, eine Rechnung zu erstellen. „Hoher Preis für wenig Wachstum“ überschreibt er seinen heutigen Kommentar zur Meinungsmanipulation. Darin wird einmal mehr deutlich, von welch ablehnender Haltung, einer aktiven Konjunkturpolitik gegenüber, das PR-Büro befallen ist. Allein die Tatsache, dass Slangen die Bankenmilliarden mit den paar Milliarden aus den beiden Konjunkturprogrammen in einen Topf schmeißt, ist kaum auszuhalten.

„Die Große Koalition hat mit Bankenrettungs- und den beiden Konjunkturpaketen zur Besserung der Lage beigetragen. Zu einem hohen Milliardenpreis, der dank Zinsen und Tilgung die Steuerzahler noch lange Jahre drücken wird. Die nächste Bundesregierung wird noch viel zu tun haben, sowohl mit der Bewältigung der Krise als auch mit den finanziellen Folgen.“

Die halbe Billion Euro für die Banken hat ja nun gar nichts mit der Konjunktur zu tun. Diese Gelder wandern schließlich direkt und streng geheim in die Kassen der Vermögenden, die ihre erlittenen Verluste so nicht selbst ausgleichen müssen. Slangen täuscht der Öffentlichkeit wieder etwas vor, um eventuellen Forderungen nach weiteren Konjunkturprogrammen zuvor zu kommen. Er deutet letztlich ja auch an, dass nach der Wahl eine neuerliche Konjunktur des Rotstifts anbrechen müsse. Dabei stehen die Hilfen für die Banken in keinem Verhältnis zu den Maßnahmen, die die Regierung ergriffen hat, um die Konjunktur zu stabilisieren. Schaut man sich an, wie wenig Gelder gemessen am Bruttoinlandsprodukt aufgewendet werden, um einen konjunkturellen Impuls zu erzielen, so muss jedem klar sein, dass das nie und nimmer ausreichen kann, um den erlittenen Verlust von -7,1 Prozent über vier Quartale hinweg wettmachen zu können.

Im Gegenteil. Was hier als Wachstum oder zartes Konjunkturpflänzchen beschrieben wird, bietet doch bestenfalls nicht mehr als die Aussicht auf eine dauerhafte Stagnation. Wer mit Zahlen im 0, Bereich über Jahre hinaus rechnet wie unser Kompetenzgenie Karl-Theodor zu Guttenberg und dabei noch optimistisch in die Kameras grinst oder über Christoph Slangen in geschriebener Weise grinsen lässt,

„Euphorie wäre fehl am Platze, doch vorsichtiger Optimismus ist angebracht. Deutschland kämpft sich mühsam aus der Rezession.“

nimmt den wirtschaftlichen Niedergang billigend in Kauf und damit auch die Zerstörung von Lebenswirklichkeiten eines Großteils der Bevölkerung, die einmal mehr zu hören bekommen wird, dass der Gürtel enger zu schnallen ist.

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Der Top-Journalist Peter Frey durfte mit Merkel kuscheln

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Und er kuschelt zurück. Meine vier Monate mit Angela Merkel heißt der schriftliche Erguss eines Mannes, der im Interview mit Lafontaine noch rotzfrech behauptete, alle politischen Gesprächspartner stets gleich zu behandeln. Lesen sie mal das Merkel-Portrait von Peter Frey und zum Vergleich sein Nachtreten gegen Lafontaine auf den Seiten des ZDF. Danach entscheiden sie bitte selbst, ob man mit dem Zweiten tatsächlich besser sieht oder lieber die ganze Hand vor den Kopf respektive Augen schlagen sollte…

Den Wahlwerbefilm für die CDU können sie sich übrigens schenken. Besser ist der Zusammenschnitt von Peter Freys Interview mit Oskar Lafontaine.

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Der windelweiche Umgang mit zu Guttenberg

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Es ist urkomisch. Bei der Dienstwagenaffäre macht die Neue Presse ein riesen Fass auf. Eine ganze Woche wird das Thema in den Kommentaren skandalisiert bis zum geht nicht mehr. Ich habe jetzt keine Lust, den ganzen Müll noch einmal zu repetieren. Sie können das unter dem Tag „Dienstwagenaffäre“ alles nachlesen.

Heute meldet sich nun Andreas Herholz aus dem PR-Büro Slangen & Herholz zu Wort, um das Verhalten zu Guttenbergs zu kommentieren. Wie bereits viele Blogs lange vor den Zeitungen berichteten, hat dieser nämlich seine neueste Gesetzesvorlage von der Anwaltskanzlei Linklaters abfassen lassen. Nun hat die Linkspartei eine kleine Anfrage zum Thema gestellt und die Bundesregierung musste die externen Hilfen zugeben. Erst jetzt reagieren die Medien. Nicht aber mit Entsetzen, sondern mit Verständnis. Siehe Andreas Herholz in der heutigen Ausgabe der Neuen Presse Hannover:

„Skandal oder Wahlkampfgetöse? Hat der Shooting-Star der Union einen Fehler gemacht? Mag sich dies der politische Gegner auch noch so sehr wünschen, der Einsatz einer privaten Kanzlei bei der Erarbeitung eines Gesetzentwurfs lässt sich nur schwer zu einer Staatsaffäre umdeuten.“

Richtig. Denn für eine Staatsaffäre braucht es einen Dienstwagen und ein SPD-Regierungsmitglied. Das wissen wir ja aus der NP-Lektüre der letzten Tage.

„Dass auch Regierungen und ihre Ministerien Experten von außerhalb hinzuziehen, um ihren Sachverstand und ihre Ideen zu nutzen, ist weder ungewöhnlich noch verwerflich.“

Es ist also völlig harmlos, dass mit Linklaters eine Gruppe von Anwälten Gesetze zur Bewältigung der Finanzkrise schreibt, die jahrelang an der Beratung jener Banken verdient haben, die mit der Verlagerung von Finanzanlagen aus den eigenen Bilanzen und dem Spiel mit toxischen Finanzprodukten weltweit schlussendlich in Schieflage geraten sind? Müsste man so gesehen den von Herholz gewählten Begriff Experten nicht in Anführungszeichen setzen?

Aber es geht noch weiter. Denn Herholz hat gar nicht mehr Herr zu Guttenberg im Blick, sondern ganz allgemein die Minister der Bundesregierung.

„Die Großzügigkeit allerdings, mit der Minister der Großen Koalition auf auswärtigen Sachverstand zurückgreifen und dafür weitaus mehr Geld ausgeben als ursprünglich vorgesehen, ist bemerkenswert.“

Bei Ulla Schmidt klang das aber noch ganz anders. Da gab es zuerst eine regelrechte Hetzkampagne und persönliche Angriffe bis dann nach einer Woche mal einer nachgefragt hat, wie es eigentlich in den anderen Ministerien aussieht. Medienliebling zu Guttenberg hat da nichts zu befürchten. Andreas Herholz lenkt dadurch ab, in dem er den Kampf gegen den Einfluss von Lobbygruppen auf allen politischen Ebenen fordert. Damit ist zu Guttenberg aus der Schusslinie und die Diskussion auf eine grundsätzliche Problemstellung hin ausgesteuert.

Ein beliebter Trick der Meinungsmacher. Die Frage nach der Qualifikation des Bundeswirtschaftsministers oder dessen Leistung, die in den vergangenen Wochen von den gleichen Medienleuten noch so hoch gelobt wurde, wird durch dieses Vorgehen gar nicht erst gestellt.

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