Die Ausreden der SPD

Geschrieben von: am 19. Mrz 2017 um 15:22

Kaum zeigt eine aktuelle Umfrage an, dass es doch wieder knapp für eine rot-rot-grüne Mehrheit im Bundestag reichen könnte, melden sich die strategischen Leuchten aus dem Willy Brandt-Haus zu Wort und bezeichnen die Linken, wie so oft, als teilweise chaotisch. Lieber ist den Leuchten das schwache Licht der FDP. Die SPD bleibt damit die Partei, die zwar immer wieder von Gerechtigkeit redet, aber genauso oft Ausreden erfindet, um sie zu verhindern. Oder anders ausgedrückt. Die SPD ist immer dann für ein linkes Bündnis und Veränderungen, wenn es rein rechnerisch nicht möglich ist.

»Wenn ich es mir aussuchen könnte, würde ich am liebsten mit den Grünen koalieren.« Auch eine Zusammenarbeit mit der FDP schloss sie nicht aus. »Wo die FDP wirklich liberal ist, ist sie für uns ein möglicher Koalitionspartner.« Ganz generell müssten alle »demokratische Parteien miteinander regierungsfähig sein«. Eine Große Koalition dürfe allerdings »keine Dauerlösung« sein. Einer SPD-Minderheitsregierung nach der Bundestagswahl am 24. September erteilte Barley eine Absage.

Auf der großen Krönungsmesse der SPD, betonte Martin Schulz, dass es mit ihm keine Herabwürdigung der politischen Konkurrenz geben werde. „Mit mir wird es im Wahlkampf keine Herabwürdigung des politischen Wettbewerbers geben.“ Nun ja, dass heißt ja nicht, dass die Generalsekretärin der SPD, die Linken nicht als Chaoten bezeichnen dürfe. Aber das ist nur eine Posse. Es geht ja in der Sache darum, dass bei den Sozialdemokraten nach wie vor Anspruch und Wirklichkeit weit auseinander klaffen.

Eine andere Politik ist längst möglich, doch die SPD tut so, als müsse sie immer erst die Union überzeugen. Der Mindestlohn ist nur ein Beispiel. Er hätte schon vor zehn Jahren mit Mehrheit im Bundestag beschlossen werden können. Doch die SPD zog es lieber vor, jahrelang mit der Union darüber zu verhandeln, während man die Linken als Chaoten beschimpfte. Jetzt hat Deutschland einen Mindestlohn, der, weil viel zu niedrig, zum Leben kaum reicht und auch noch Altersarmut produziert. Darüber hinaus sieht das SPD geführte Arbeitsministerium tatenlos dabei zu, wie Arbeitgeber ihn umgehen.

Als die SPD für die 8,50 Euro stritt, wehrte sie sich noch gegen Vorwürfe, er sei zu niedrig bemessen mit der Ausrede, nur eine Forderung der Gewerkschaften übernommen zu haben. In Wirklichkeit hat sich die SPD aber von den Angstkampagnen der Neoliberalen über Jahre hinweg beeindrucken lassen. Für die ist es doch ein doppelter Erfolg, wenn die SPD auch noch glaubt, mit arbeitgebernaher Politik etwas gerechtes für die Menschen getan zu haben. Dass aber etwas mit der Gerechtigkeit nicht stimmt, merkt auch die SPD. Sonst würde sie unter das Bild ihres Spitzenkandidaten nicht den Slogan „Mehr Zeit für Gerechtigkeit“ schreiben.

Martin Schulz will für einen Wahlkampf ohne Falschnachrichten stehen. So kritisierten er und Gabriel die Union für ihren Plan, die Rüstungsausgaben deutlich zu erhöhen. Die SPD sei dagegen, hat aber in dieser Woche als Teil der Bundesregierung die Eckpunkte des neuen Haushalts mitbeschlossen. Darin steht der Satz: „Es bleibt unverändert dabei, dass sich die Bundesregierung schrittweise dem Ziel nähern will, zwei Prozent des BIP für Verteidigung aufzuwenden. Daran fühle sich die Regierung gebunden.“ Es ist nicht bekannt, dass sich die SPD-Minister am Kabinettstisch lautstark dagegen wehrten und dagegen stimmten.

SPD stimmt lieber gegen das, was sie selbst fordert

Im Gegenteil. Die SPD stimmt lieber gegen das, was sie selbst fordert. Als vor einer Woche ein Antrag im Bundestag zur Abstimmung stand mit dem Wortlaut…

„Der Deutsche Bundestag lehnt die auf den NATO-Gipfeln in Wales und Warschau beschlossene, auf dem Europäischen Rat am 15. Dezember 2016 debattierte und im „Bericht über die europäische Verteidigungsunion“ des Europaparlaments geforderte Erhöhung der Verteidigungsausgaben auf zwei Prozent des deutschen Bruttoinlandsprodukts (BIP) bis 2024 ab.“

…da stimmte die SPD-Fraktion dagegen.

„Jetzt ist Schulz!“, plakatieren die Sozialdemokraten. Sie meinen aber „Jetzt geht es weiter so!“ In der Großen Koalition und vermutlich auch nach den anstehenden Wahlen. Der Rheinischen Post gab Schulz am Freitag ein Interview. Darin ließ er sich auf die Frage nach einer Abschaffung der Hartz-IV-Sanktionen wie folgt zitieren:

Schulz Ich habe den Eindruck, dass dieses Thema ein bisschen überhöht wird. Bei den Sanktionen geht es ja nicht um Schikanen. Sondern darum, dass sich selbstverständlich auch Bezieher von Hartz IV an bestimmte Spielregeln halten und etwa verabredete Gesprächstermine einhalten.

Mit Schulz ändert sich eher nichts, da kann die SPD-Parteizentrale noch so viele verräterische Zitate ihres Kandidaten von der eigenen Webseite entfernen. Sie stehen zuhauf in den Zeitungen. Welche Überzeugungen Schulz bisher hatte, kann man bei report München auch noch einmal nachschauen. Er steht mindestens für ein Weiter so an Ausreden. Denn die sind sicher, sollte es wieder zu einer Großen Koalition kommen.

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Über den Autor:

André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.
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Kommentare

  1. Illoinen  März 20, 2017

    Eigentlich, reicht doch aus, wenn man sein „Desaströses Wirken“ in Brüssel heranzieht, denn schon alleine der Umgang mit Griechenland, zeigt doch sehr gut wessen Geistes Kind dieser Herr Schulz war und ist. Für mich ein „Wolf im Schafspelz“.

    • Pjotr56  März 21, 2017

      Sorry, aber diese Metapher wird weder den Wölfen noch den Schafen gerecht. Schulz ist einfach ein … .