Brennelementesteuer vor dem Aus

Geschrieben von: am 25. Mai 2011 um 19:59

Als vor gut einem Jahr Merkel und Schäuble ihr Jahrhundertsparpaket mit einem Umfang von 80 Mrd. Euro bis 2014 vorstellten, versuchten sie ihrem reinen Sozialstaatskürzungsprogramm eine gewisse Ausgewogenheit dadurch zu verleihen, indem sie behaupteten, auch die Wirtschaft zur Finanzierung der Krisenkosten heranzuziehen.

Wie sie sicherlich noch wissen, bildete die Brennelementesteuer den Kern dieses Vorhabens. Sie sollte dem Bundesfinanzminister jährlich 2,3 Mrd. Euro einbringen. Im Gegenzug durften die Energiebosse über die Laufzeit ihrer Atommeiler selbst bestimmen. Morgens gegen halb sechs erlaubte man dann der Regierung, den Atomkompromiss(t) im heißen Herbst der Entscheidungen zu unterzeichnen. RWE-Vorstand Rolf Martin Schmitz plauderte damals ohne scheu aus, wie es zum Geheimvertrag mit der Regierung kam.

Quelle: FTD 

Tobias Münchmeyer von Greenpeace will wissen, wer denn garantiert, dass die Konzerne wirklich ihre Zusatzgewinne aus längeren Atomlaufzeiten abgeben. Die Konzerne hätten schließlich schon einmal einen Vertrag gebrochen, den Atomkonsens mit Rot-Grün nämlich. Es ist die Art von Frage, die Schmitz gar nicht leiden kann. Das sei eine Unterstellung, schimpft er. Und im Übrigen hätten die Konzerne die Vereinbarung mit der Bundesregierung noch in der Nacht paraphiert. „Um 5.23 Uhr morgens.“ Schmitz zeigt auf Umweltstaatssekretär Jürgen Becker, der in der ersten Reihe sitzt. „Auch Sie, Herr Staatssekretär, haben wir dafür noch mal aus dem Bett geholt.“

Jetzt ist die Nachricht in der Welt. Und sie wirft viele Fragen auf. Was steht in diesem Geheimvertrag? Hatte die Regierung nicht immer versprochen, keinen Deal mit den Konzernen zu schließen? Und warum haben die Kanzlerin und ihre Minister in all den Pressekonferenzen seit Montagmorgen nichts verraten?

Nun soll die Brennelementesteuer, die nicht nur als Beitrag zur Sanierung des Haushalts erhoben werden sollte, sondern auch zur Sanierung des maroden Atommüllendlagers Asse, wieder verschwinden und im Gegenzug die Laufzeitverlängerung zurückgenommen werden. Das sieht nach dem berühmten Tisch aus, über den sich die Regierungshampelmänner und Frauen gerne ziehen lassen.

RWE-Chef Jürgen Großmann poltert schon mal drauf los und meint, dass die Bundesregierung keine fixen Termine für eine Zukunft nennen solle, „in der keiner der heutigen Entscheider noch regieren wird“ (Quelle: SpOn). Ein Brüller. Denn genau dasselbe hat schon Rot-Grün gemacht, mit dem Ergebnis, dass der Beschluss kurzerhand durch eine andere Regierung rückgängig gemacht wurde. Großmann sorgt sich also ums Image. Er will vermeiden, dass der Gesetzgeber im Nachhinein wieder begründen muss, wann Entscheidungen, die er einmal auf demokratischen Wege herbeigeführt hat, rückabgewickelt werden können. Da hat es ja peinliche Situationen mit dem Projekt Stuttgart 21 gegeben. Ein Bahnhof ist schließlich kein AKW.

Quelle: Klaus Stuttmann

Großmann plädiert dafür, die Projekte der Energiewende alle drei Jahre zu überprüfen. So könne bei Bedarf Tempo gemacht oder gebremst werden, zitiert Spiegel Online weiter. D.h., dass die Kernkraftwerksbetreiber auch in Zukunft den Abschalttermin, wenn überhaupt, festlegen wollen.

Grundsätzlich sei eine Energiewende zwar zu schaffen – aber nur gemeinsam in Europa, nicht mit einem deutschen Alleingang. Er warnte vor einer „Ökodiktatur“.

Das wird die Kanzlerin am Ende wahrscheinlich auch so sagen. Denn wie bei der Finanztransaktionssteuer gilt das Prinzip, dass nur eine gemeinsame europäische Lösung, die es aller Erfahrung nach kaum geben wird, die vernünftigste aller alternativlosen Alternativen sein kann.

Wirtschaftlicher Erfolg, Stabilität und nicht zuletzt die Demokratie hingen von längeren Laufzeiten ab, so Großmann weiter. Sie wissen schon, weil sonst die Lichter schneller ausgehen, als sie gucken können. Derzeit laufen aus diversen Gründen nur noch vier Atomkraftwerke in diesem Land und Großmann hat recht. Damit ich diese Zeilen schreiben kann, muss mein Hamster Überstunden schieben.

Deshalb vertraue ich auch auf die Weisheit und den Weitblick der Vorstände aus den vier großen Energiekonzernen, die sich im, wie heißt das nochmal, ach ja, Wettbewerb befinden. Die werden schon wissen, was in die neue Vereinbarung mit der Regierung hineingehört. Wie hat es Johannes Teyssen, Chef von Eon, im Anschluss an die Bekanntgabe des Moratoriums so schön formuliert. Nach drei Monaten begänne das Spiel mit der Bundesregierung und um die Atomkraftwerke neu. Und wer den wandelnden Protokollfehler Brüderle beim Wort nimmt, weiß genau, dass das ganze irrationale Theater ohnehin nur wegen der Wahlen stattgefunden hat. So what?

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Nachtrag zur Konsumeuphorie

Geschrieben von: am 25. Mai 2011 um 15:29

Der private Konsum sei eine Stütze der Konjunktur, heißt es unisono. Zwar dämpfte die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) heute den allgemeinen Kaufrausch-Trend  mit einer wie auch immer gemessenen Eintrübung der Kauflaune, dennoch hält sich die Behauptung wacker, die deutsche Wirtschaft stünde dank des privaten Konsums auf zwei stabilen Beinen.

Gestern hatte ich anhand der Zahlen des statistischen Bundesamts, dessen Aussagen zu widerlegen versucht. Man kann die Irreführung durch Statistiker und Bundesminister aber auch konkret ausrechnen. Egon W. Kreutzer hat das getan:

„Wer um 1,4 Prozent mehr arbeitet und dabei 5,2 Prozent mehr erzeugt, aber nur 0,4 Prozent mehr für den Konsum erübrigen kann, dem hat man nicht die Lohnerhöhung verweigert, dem hat man die Löhne gekürzt – und ganz nebenbei auch noch die Preise ganz kräftig erhöht.

… und wer das Märchen der GfK glaubt, die bösen „Konsumenten“ würden einfach nur „Konsumzurückhaltung“ üben, hätten also gelernt, nicht nur vom Essen, sondern auch vom Sparen satt zu werden, nun ja, der spinnt …“

Quelle: Egon W. Kreutzer

Werden sie auch vom Sparen satt? Die Konsumklimaerwärmung findet in Wirklichkeit gar nicht statt. Trotzdem behauptet Brüderles Nachfolger im gute Laune Ministerium, Philipp Rösler:

“Das Statistische Bundesamt vermeldete für das erste Quartal den fünften Anstieg der privaten Konsumausgaben in Folge, das ifo-Institut berichtete vom aufgehellten Geschäftsklima im Einzelhandel. Der Preisauftrieb hat sich zwar mittlerweile erhöht. Die positiven Beschäftigungstrends setzen sich aber fort. Die privaten Konsumausgaben werden deshalb den Aufschwung weiterhin stützen.”

Quelle: BMWi

Dass das Wunschklima mit der Realität der Einzelhändler überhaupt nix zu tun hat, zeigt noch einmal der grafisch abgebildete Verlauf der Umsätze im Einzelhandel seit dem Jahr 2005. Von Wachstum oder Anstiegen kann dabei keine Rede sein.

Einzelhandel bis März 2011

In Konsumeuphorie zu verfallen, entbehrt immer noch jedweder Grundlage. Der private Konsum hat sich keineswegs zu einer zuverlässigen Stütze des Aufschwungs entwickelt, wie Rösler erklärt. Die Konsumstütze existiert in Wirklichkeit einfach nicht.

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Wirtschaft auf solidem Propagandapfad

Geschrieben von: am 24. Mai 2011 um 14:51

Das statistische Bundesamt hat die detaillierten Ergebnisse zum ersten Quartal des Jahres bekanntgegeben. Bereits vor gut eineinhalb Wochen hatte die Behörde von einem „schwungvollen Start“ der deutschen Wirtschaft gesprochen und die Entwicklung des Binnenkonsums besonders betont. In der Meldung hieß es:

Sowohl die Investitionen in Ausrüstungen und in Bauten als auch die Konsumausgaben konnten zum Teil deutlich zulegen.

Quelle: destatis (13.05.2011)

Die Absicht war klar. Es sollte der Eindruck erweckt werden, als steuerten die privaten Konsumausgaben einen wesentlichen Teil zum Aufschwung bei. Die Regierung hätte schließlich ein Problem, wenn abermals sichtbar würde, dass das Wirtschaftswachstum spurlos an den abhängig Beschäftigten vorbeiginge.

In der ausführlichen Darstellung der Statistiker heißt es nun sehr klar und deutlich:

Positive Impulse kamen im ersten Vierteljahr 2011 vor allem von der Binnenwirtschaft: Sowohl die Investitionen als auch die Konsumausgaben konnten zum Teil deutlich zulegen. Insbesondere in Bauten (+ 6,2%) sowie in Ausrüstungen (+ 4,2%) – darunter fallen hauptsächlich Maschinen und Geräte sowie Fahrzeuge – wurde zu Beginn des Jahres 2011 deutlich mehr investiert als im Schlussquartal 2010. Die privaten Konsumausgaben legten im Vergleich zum Vorquartal leicht zu (+ 0,4%), die staatlichen Konsumausgaben etwas deutlicher (+ 1,3%).

Quelle: destatis (24.05.2011)

Noch immer wird behauptet, dass die deutsche Wirtschaft schwungvoll ins Jahr gestartet sei und die Konsumausgaben zum Teil deutlich zugelegt hätten, obwohl am Ende eine nur „leichte“ Zunahme aus den konkreten Daten konstatiert werden kann. Sie sehen an diesem Beispiel sehr schön die Absicht zur Verschleierung der tatsächlichen Entwicklung. Das Wachstum der Binnenwirtschaft hing im ersten Quartal ganz klar von einer nachholenden Investitionstätigkeit der Unternehmen ab sowie einer Zunahme der Bautätigkeit, was zu diesem Zeitpunkt keine sonderliche Überraschung ist.

Es hing aber in keinem Falle von deutlich höheren privaten Konsumausgaben ab!

Besonders amüsant wird es, wenn sich die Propagandaorgane selbst widersprechen. Die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) teilt einen Tag nach der Veröffentlichung der Quartalszahlen mit, dass sich die Kauflaune der Deutschen eingetrübt hätte.

Nach dem kleinen Dämpfer im Vormonat muss die Stimmung der Verbraucher auch im Mai dieses Jahres Verluste hinnehmen. Sowohl die Konjunktur- und Einkommenserwartungen wie auch die Anschaffungsneigung erleiden aktuell Einbußen.

Die Verschärfung der Schuldenkrise in Griechenland sowie die anhaltend hohen Energiepreise dämpfen den Optimismus, den die Konsumenten bislang an den Tag legten.

Quelle: GfK

Für den Wirtschaftsminister Rösler ist das natürlich kein Grund, seine Aufschwungseuphorie, die er von seinem Vorgänger anscheinend übernommen hat, zu dämpfen.

„Der private Konsum hat sich zu einer zuverlässigen Stütze des Aufschwungs entwickelt. Die Aussichten sind gut, dass dies auch im weiteren Jahresverlauf so bleibt. Die Zahlen zeigen, dass die Verbraucherstimmung trotz eines leichten Rückgangs weiterhin positiv ist. Damit runden sie das Bild nach den beiden günstigen Meldungen von gestern ab.“

Quelle: BMWi

Damit rundet sich aber gar nichts ab, sondern der Eindruck verfestigt sich vielmehr, dass das FDP geführte Wirtschaftsministerium nur dazu da ist, um gute Stimmung zu verbreiten, egal wie die Lage auch sein mag.

Dabei zeigt der Blick auf die Wachstumsbeiträge recht deutlich, auf welch tönernen Füßen die Behauptungen Röslers und der Statistiker stehen, der private Konsum sei zu einer Stütze des Aufschwungs geworden.

Wachstumsbeiträge Q1/2011

Von der 1,5 Prozent Zunahme entfallen ein Prozent auf binnenwirtschaftliche Impulse und 0,5 Prozent auf den Außenbeitrag (Export). Wie sie sehen, tragen die privaten Konsumausgaben aber gerade einmal 0,2 Prozent zum Wachstum bei, wohingegen die entscheidenden Beiträge wie immer vom Export und den oben bereits erwähnten Bruttoanlageinvestitionen beigesteuert wurden. An der Darstellung können sie auch sehen, warum die Investitionen zugenommen haben. Im letzten Quartal 2010 kam aus diesem Bereich nämlich nix. Ein Nachholeffekt, der von der weltweiten Konjunkturentwicklung befeuert wird, ist so gesehen die logischerer Erklärung, als fortwährend zu behaupten, die deutsche Wirtschaft befände sich auf einem stabilen von Binnenimpulsen getragenen Wachstumspfad.

Die deutsche Wirtschaft ist nach wie vor von der Entwicklung auf den Weltmärkten abhängig. Sollte die Konjunktur dort wieder einbrechen, was wahrscheinlich ist, wenn alle der verordneten Austeritätspolitik Folge leisten, stürzt die deutsche Lokomotive wieder ganz schnell in jenes Jammertal, in das sie schon 2009 fiel. Der Vergleich zum Vorquartal sieht übrigens auch deshalb so gut aus, weil es sich hierbei um den schwächsten Abschnitt des vergangenen Jahres handelt. Dennoch waren im vierten Quartal 2010 die privaten Konsumausgaben zum Beispiel noch um 0,6 Prozent gestiegen.

Mich stört allerdings nicht so sehr die amtliche Aufschwungspropaganda und auch nicht die blumige Kommentierung durch den neuen Brüderle. Anhand der Zahlen ist das ja leicht zu widerlegen. Was mich stört, sind die Medien, die diesen Quatsch einfach nur weitergeben und das Ganze noch mit der Kaffeesatzleserei vom ifo-Institut garnieren.

Sie müssen sich das einmal vorstellen. Auf der einen Seite wird die tolle Entwicklung der deutschen Wirtschaft gefeiert, sowie der Export, der sich wieder sehr positiv entwickelt und deutlich über den Importen abgeschlossen habe, und im nächsten Satz wird darüber berichtet, das Griechenland und der Rest der EU weiter in ernsten Problemen stecke. So als ob zwischen diesen beiden Sachverhalten kein Zusammenhang bestehen würde. Nichts gelernt aus der Krise, kann man da nur sagen.

Denn während Deutschland schon wieder dabei ist, Überschuss um Überschuss anzuhäufen, was Wirtschaftsminister Rösler wohl mit dem Ausdruck „glänzende Verfassung“ gemeint hat, bilden die europäischen Partner im gleichen Umfang weiter Defizite, die die Krise nur verschärfen.

Die deutsche Wirtschaft wächst schon wieder auf Kosten der anderen!

Das bestätigen aber nicht nur die Quartalszahlen des statistischen Bundesamts, sondern auch die Nachrichten zur Einkommens- und Gewinnentwicklung. Auf Jahnkes Infoportal können sie zu diesem Aspekt entsprechende Fakten zusammengefasst nachlesen.

Tatsächlich haben sich einerseits die Unternehmens- und Vermögenseinkommen erstaunlich rasch von der Krise erholt, wozu vor allem größere Gewinne nach Einsparung bei den Personalkosten und niedrige Finanzierungskosten sowie der Aufschwung an den Aktienmärkten beigetragen haben. So legten sie um weitere 9,0 % gegenüber dem Vorjahresquartal zu, was nach Abzug der BIP-Inflation immer noch 8,6 % waren.

Über den ganzen Zeitraum seit dem Jahr 2000 sind die Nettolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer verbraucherpreisbereinigt um fast 3 % gesunken, während die Unternehmens- und Vermögenseinkommen trotz des Einbruchs in 2008 bereinigt um den BIP-Inflator um 47 % expandiert sind.

Der Aufschwung kommt vor allem in den Kassen der Anteilseigner an. Gewinne und Vermögen wachsen unaufhaltsam weiter. In diesem Jahr wurden bereits über 31 Mrd. Euro an Dividenden ausgeschüttet. Das Geldvermögen der privaten Haushalte soll inzwischen die fünf Billionen Grenze überschritten haben. Das kann man durchaus als schwungvoll bezeichnen. Mit der Realität der meisten Menschen, die in erster Linie Verzicht üben, um Banken zu retten, hat das aber rein gar nichts zu tun. Das müssten wache Journalisten eigentlich erkennen.

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http://tautenhahn.blog.de

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TV-Tipp: "Pelzig hält sich"

Geschrieben von: am 23. Mai 2011 um 16:30

Am Dienstag, 24.05.2011, lädt Frank-Markus Barwasser in seiner Rolle als Erwin Pelzig wieder zum Kabarett-Talk im ZDF (22.45 Uhr). Als Gäste sind dabei: Hannelore Kraft, Juli Zeh, Pegah Ferydoni

Hannelore Kraft traut sich also bei Pelzig. Der heute-show mit Oli Welke hatte sie noch mit der Begründung abgesagt, sie wisse nicht genau, wie man dort behandelt werde. Nachdem am letzten Freitag Claudia Roth zu Gast war, dürfte ihr nun aber die Scheu genommen sein.

Juli Zeh schreibt Kurzgeschichten, Romane und ist darüber hinaus promovierte Völkerrechtlerin. Aber genau in der Reihenfolge. Die Juristerei ist, wie sie einmal sagte, nur noch ein Hobby. Das hat sie aber nicht davon abgehalten, im Jahr 2008 gegen die Einführung des biometrischen Reisepasses Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe einzulegen. Unter anderem mit der Begründung, der dafür zuständige Minister Otto Schily hätte ein wirtschaftliches Eingeninteresse verfolgt. Wie sie wissen, ist Schily, der seine Nebeneinkünfte immer verschwieg, nach seinem Ausscheiden als Minister Aufsichtsratsmitglied der Byometric Systems AG geworden, zudem Aufsichtsratsmitglied und Anteilseigner des Biometrieherstellers Safe ID solutions AG und rechtlicher Berater der Siemens AG, also jener Firmen, die von der Einführung des ePasses direkt profitieren.

Wer mehr zu Juli Zeh erfahren will, sollte sich das Interview mit Peter Voß (Bühler Begegnungen auf 3sat) aus dem Jahr 2009 anschauen. Dabei wirkt der journalistische Altmeister wie ein kalter Krieger, der aus dem Jahrhundert gefallen ist. Zu dem Zeitpunkt hatte er sein CDU-Parteibuch wahrscheinlich noch nicht zurückgegeben und verteidigte gegenüber seinem Gast die Sicherheitspolitik von Schäuble und Co. Heute wissen wir aber, dass die Bundesregierung selber gar kein Geheimnis mehr daraus macht, dass sie die Leute ordentlich verschaukelt. Insofern sind Peter Voß‘ Einwände und Fragen recht lustig. Andererseits ähnelt seine Interviewführung der eines Gutachters in der mündlichen Examensprüfung. Das dürfte morgen etwas entspannter ablaufen.

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Das Unwort vom Sonntag: “Großstadtkompetenz”

Geschrieben von: am 23. Mai 2011 um 10:10

Die Wahlniederlage in Bremen erklärt sich die Union mit fehlender „Großstadtkompetenz“. Was ist das? Ein neues PR-Wort für Ahnungslosigkeit? Und worin besteht umgekehrt die „Großstadtkompetenz“ der SPD? Das „Lebensgefühl“ in den Ballungsgebieten müsse wieder besser getroffen werden, so Volker Kauder im ARD-Morgenmagazin. Früher war alles besser, meint er. Da müsse sich die Union künftig wieder anstrengen, um das Defizit wettzumachen. Die Grünen hätten gar eine „genetische Kompetenz“, so Sarrazin, pardon, Kauder weiter.

Das war die Analyse des Wahlergebnisses aus Sicht der Union. Kauder setzt auf die zweite Halbzeit und die neue „Großstadtkompetenz“ wahrscheinlich.

Auf den Punkt gebracht, war die Wahl ein weiterer Beleg für den Trend zur Wahlenthaltung. Mit gerade einmal 56,7 Prozent Wahlbeteiligung kann wohl niemand behaupten, irgend eine Kompetenz zu besitzen, hinter der sich eine Mehrheit der Wahlberechtigten versammeln würde. Auch die Grünen nicht.

Es mangelt vor allem an der Kompetenz, die Wirklichkeit zu erfassen. Die Parteiendemokratie stößt zunehmend auf Ablehnung. Es fehlt die Alternative zum Einheitsbrei der ganz großen Koalition. Auch für Böhrnsen, dessen Image laut den Demoskopen die Wahl entschieden hat, gilt die Einhaltung der unsinnigen Schuldenbremse als oberstes Ziel.

Auch die Wahlforscher bestachen nicht gerade durch Kompetenz. Die Beliebtheit eines Amtsinhabers verhindert die Wechselstimmung und die Wechselstimmung zerstört den Amtsbonus. Je nach Wahlausgang suchen sich die Schönenborns die passende Variante heraus. In seinem Tagesschau-Blog hat der Umfragen-Jörg dann aber doch Humor bewiesen:

Schönenborn

Quelle: ARD

Was war nur drin in der Urne? Die Asche der FDP?

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Ein nachgelieferter Bericht vom FDP-Parteitag

Geschrieben von: am 21. Mai 2011 um 16:02

Hier ein Bericht vom GEIPAZ (Geilster Parteitag aller Zeiten). Dem FDP-Bambi Christian Lindner muss man eins lassen. Er hat Humor. Der Vorschlag, die FDP doch in „Sonstige“ umzubenennen, da die mit aktuell sechs Prozent der Stimmen deutlich über der Fünf-Prozent-Hürde liegen würden, amüsierte den Generalsekretär der Liberalen sichtlich.


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Quelle: ZDF heute-show

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Wann geht Wersterwelle nach Madrid?

Geschrieben von: am 18. Mai 2011 um 22:22

Vielleicht erinnern sie sich noch, als Westerwelle nach dem geglückten Aufstand der Ägypter gegen Machthaber Mubarack über den Tahrir-Platz in Kairo stolzierte und sich von den Massen feiern ließ, obwohl er selber kurz zuvor Mubarack noch als Mann mit enormer Erfahrung und Weisheit bezeichnet hatte. Westerwelle begrüßte die demokratische Freiheitsbewegung und bot Hilfe an.

Nun schwappt die Demokratiebewegung auch nach Europa, nach Südeuropa, um genau zu sein. Die Griechen wehren sich ja bereits gegen das Diktat aus Brüssel und vor allem Berlin, wo Frau Bundeskanzlerin aktuell auch vorgeben will, wann und wie lange die Griechen Urlaub machen dürfen. Neben dem Tatbestand der Erpressung, denn EU-Hilfen gebe es nur, wenn Athen endlich öffentliches Eigentum privatisiere, soll offensichtlich auch ein politischer Eingriff in die hierzulande immer so hoch gehaltene Tarifautonomie erfolgen.

In Spanien regt sich jetzt auch Protest, großer Protest, um wieder genau zu sein. Ich weise nur darauf hin, weil keine Sau darüber berichtet. In Madrid gehen Tausende auf die Straße, campieren seit Tagen auf den großen Plätzen der Stadt, fordern mehr Demokratie und wir reden stattdessen über Elektroautos.

Wann geht der Westerwelle, der ja als Parteivorsitzender der FDP untragbar geworden war, aber als Außenminister immer noch vorzeigbar sein soll, endlich dorthin und begrüßt die demokratische Freiheitsbewegung? Vielleicht berichtet dann ja auch jemand mit der gebührenden Aufmerksamkeit darüber.

Hier ein erster versteckter Versuch.

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In den Urlaub geschickt

Geschrieben von: am 18. Mai 2011 um 21:46

Ich will mich gar nicht lange mit Fuck-Merkel aufhalten, die in ihrer Verzweiflung vor völlig verblödeten Parteifreunden schiefe Sätze zur europäischen Angleichung von Urlaub und Renteneintrittsalter in die Mikrofone gestammelt hat. Das ist echt anstrengend und beschämend zugleich. Würde man nicht sofort erkennen, dass vor allem der Bundeskanzlerin die in der Regierung grassierende Anstrengungslosigkeit wie ins Gesicht gemeißelt steht, es wäre ein schönes Thema, um die blöde Zonenwachtel vorzuführen. Jens Berger hat das auf den NachDenkSeiten mit Hilfe der Statistik bereits getan:

Es gibt kein südeuropäisches Land, in dem die Arbeitnehmer eine geringere Jahresarbeitszeit haben als die Deutschen. In Spanien beträgt die durchschnittliche Jahresarbeitszeit pro Arbeitnehmer 1.654 Stunden, in Portugal 1.710 Stunden, in Italien 1.773 Stunden und Griechenland ist mit 2.119 Stunden sogar unangefochtener Spitzenreiter in dieser Liste.

Mir ist an dieser Stelle nur eins wichtig. In allen Medien liest man, dass den Deutschen per Gesetz nur ein Mindesturlaub von 20 Tagen zustünde. Das ist wie immer nur die halbe Wahrheit. Die 20 Tage beziehen sich auf eine Arbeitswoche mit fünf Tagen. Das Gesetz kennt aber nur Werktage. D.h. der Samstag zählt dazu. Demzufolge ist in § 3 des Bundesurlaubsgesetzes auch von einem Anspruch von 24 Tagen die Rede. Am Ende kommt es zwar aufs selbe hinaus, der Effekt mit den 20 Tagen wirkt aber im Sinne der Populistin Merkel, die den Eindruck erwecken will, als hätten die Deutschen im Vergleich zu anderen EU-Bürgern weniger Urlaub.

Schade, dass den Medien dies einmal mehr nicht aufgefallen ist, wie auch die Tatsache, dass der tatsächliche Urlaubsanspruch durch tarifvertragliche Vereinbarungen immer noch höher liegt und es vor allem die Deutschen sind, die in südeuropäischen Ländern ihre Handtücher wochenlang über den Gästeliegen an den Hotelpools hängen lassen.

Ökonomisch betrachtet ist die Höhe des Renteneintrittsalters sowie die Anzahl der Urlaubstage ohnehin völlig irrelevant. Denn entscheidend ist nicht die Arbeitszeit, sondern das Produktivitätsniveau. Es ist nämlich völlig unsinnig zu behaupten, der Wohlstand einer Gesellschaft hänge nur davon ab, wie lange jeder einzelne arbeitet oder zum arbeiten gezwungen wird. Es ist nämlich genau umgekehrt. Der Wohlstand hängt davon ab, wie kurz jeder einzelne arbeitet. Das lernt man zwingend aus der Geschichte des Arbeitskampfes, die vor allem eine Geschichte der Arbeitszeitverkürzung ist. Im übrigen ist auch das Wohlstandsniveau innerhalb Deutschlands dort besonders hoch, nämlich im Süden der Republik, wo es gerade weniger Arbeitstage durch mehr Feiertage gibt.

Eigentlich müsste Frau Merkel den gesetzlichen Mindesturlaub gleich komplett ablehnen. Und zwar mit derselben hirnrissigen Begründung, mit der sie den Beschäftigten auch einen gesetzlichen Mindestlohn verweigert. Wo ist der Unterschied? Im Bundesurlaubsgesetz steht in § 1:

Jeder Arbeitnehmer hat in jedem Kalenderjahr Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub.

Wieso gibt es kein Gesetz, in dem es zu Beginn genauso vernünftig heißt, dass jeder Arbeitnehmer einen Anspruch auf einen Mindestlohn hat? Oder andersrum gefragt, wieso sollte man einen Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub haben? Das schadet doch den Unternehmen, die die Arbeitskraft nicht verwerten können, obwohl sie sie vergüten müssen.

Aber das nur nebenbei.

Wie fleißig und tüchtig die deutschen Leistungsträger doch sind, kann man an der Bundeswehrreform sehen, für die der neue zuständige Minister Thomas de Maizière heute die Werbetrommel rührte und dabei versuchte, potentielle Fachkräfte an der Ehre zu packen, damit diese doch noch freiwillig dem Vaterland dienen. Na wenn es um die Ehre geht, überlegt sich das vielleicht noch der ein oder andere, der dank dem Wegfall der Wehrpflicht schon an Urlaub gedacht hat. Was ist nur aus zu Guttenbergs ehrgeizigen Projekt geworden? Sie erinnern sich doch noch?

Karl-Theodor zu Guttenberg, das pflichtbewusste Arbeitstier mit stressigem Berufsalltag. Neben der Anfertigung einer von ihm selbstverfassten Dissertation betreute er seine junge Familie, war gleichzeitig als Unternehmer im Familienbetrieb tätig, rettete anschließend Opel, schrieb alle Gesetzesentwürfe selber und verzichtete auf externen Sachverstand, regelte danach angemessen die unangemessene Bombardierung von afghanischen Zivilisten und hatte trotzdem immer noch Zeit für die Fotografen, die er mit einem Lächeln verzauberte. Hätte er sich doch ein paar Tage Urlaub gegönnt, dann wäre ihm vielleicht auch die Bundeswehrreform gelungen.

So bleibt am Ende nur ein schöner Einband.

Quelle: Klaus Stuttmann

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