Medien: Die Meinungsmanipulation geht weiter

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Es ist schon lustig. Jetzt wird Steinmeier medial nieder gemacht. Vom Messias zum Oberdeppen. Das geschieht ihm eigentlich recht. Denn schließlich waren es die Agendaverfechter in der SPD, die mit Hilfe der Medien ihr Intrigenspiel gegen alles Abweichlerische lancierten. Leute wie Beck und Ypsilanti, die eine Kurskorrektur anstrebten, im Falle Beck nur geringfügig – aber auch das reichte aus -, wurden so aus dem Weg geräumt. Und die angeblich so unabhängige Presse war ein dankbarer Verbündeter. Nun trifft die Hetze den Architekten der Agenda 2010 selbst, weil er sich vordergründig für die Rettung von Jobs einsetzt.

In Sachen Arcandor-Insolvenz fallen die Medien nun über den Außenminister her. In der Neuen Presse Hannover wirft Inken Hägermann dem Kanzlerkandidaten der SPD eine emotionale Überreaktion vor, weil dieser sich über den mangelnden Einsatz des „von und zu“ aufregte.

„Lass gut sein, Frank-Walter, du verrennst dich, würden wohlmeinende Mitbürger derzeit gern Frank-Walter Steinmeier zurufen.“

Und wie bei der Begründung für den Bundeshorst, der allein schon deshalb der richtige Mann zu sein hatte, weil er ja so beliebt ist, geht man nun auch bei zu Guttenberg vor.

„Schön, dass Steinmeier endlich in die Abteilung Attacke gewechselt ist und Profil zeigt. Schlecht, dass er sich ausgerechnet den „Baron aus Bayern“ und Arcandor ausgesucht hat. Denn erstens ist zu Guttenberg derzeit einer der beliebtesten Politiker im Land – obwohl oder gar weil er bei Opel und Arcandor Staatshilfen ablehnt. Viele Bürger finden, dass der Wirtschaftsminister seinen Job gut macht, und teilen seine Meinung.“

So einen anbiedernden Blödsinn muss man sich langsam durch den Kopf gehen lassen. Denn obwohl der Wirtschaftsminister nachweislich nix tut und eigentlich auch kein Willen hat, irgendetwas zu tun, finden die Leute, dass er einen guten Job macht. Wie kann man so was nur hinschreiben? Da muss einem doch das eigene Gehirn davon laufen. Oder es wurde bereits weichgekocht. Mittels einer Umfrage zum Beispiel. Denn eine Kampagne wäre ja nix wert, wenn man nicht mindestens eine Statistik anbieten würde, die den Schwachsinn absichert. Und Frau Hägermann liest natürlich den Nachrichtenticker und weiß daher, dass es da eine aktuelle Forsa-Umfrage im Auftrag des Stern gibt, aus der sich ihrer Auffassung nach Folgendes ergibt:

„Steinmeier schätzt die Stimmung im Land falsch ein – mehr als 60 Prozent der Deutschen lehnen Staatshilfen für Arcandor ab.“

Na ob das stimmt? Eigentlich unterschätzt Steinmeier noch immer die Rachegelüste Manfred Güllners, Chef von Forsa, der unter Kurt Beck keine Aufträge mehr von der SPD bekam. Und was von Forsa-Umfragen generell zu halten ist, sollte spätestens seit den permanenten Prognosedebakeln bekannt sein. Forsa liegt immer am Weitesten daneben.

Doch wie ermittelt Forsa Umfrageergebnisse? Ich weiß es nicht genau. Um es klar zu sagen, man erfährt nirgends, wie so ein Telefoninterview von Forsa überhaupt abläuft. Man fragt halt die Leute irgendwann im Verlauf des Gesprächs, ob sie Finanzspritzen des Staates an den kriselnden Karstadt-Mutterkonzern befürworten oder ablehnen. Das kann man zumindest aus den Formulierungen in den Medienberichten schließen. Und da so eine Umfrage nie nur zu einem Thema betrieben wird, ist klar, dass auch andere Fragen gestellt worden sind. In dieser Umfrage wurde auch nach der Beliebtheit zu Guttenbergs gefragt. Das entnehme ich dem Text von Frau Hägermann und stern.de.

Schauen sie sich mal die Ergebnisformulierungen an.

So erklärten 37 Prozent der Bürger, zu Guttenberg habe in den vergangenen Tagen an Ansehen gewonnen.

Auffällig: Vor allem die Älteren (ab 60-Jährige) äußerten sich positiv über zu Guttenberg. In dieser Altersgruppe vertraten 56 Prozent der Befragten die Auffassung, der CSU-Wirtschaftsminister habe an Statur gewonnen.

Also wenn ich mir das so angucke, haben die Meinungsforschermacher von Forsa nach der Wirkung medialer Wahrnehmungsvermittlung gefragt. Sie haben also nicht die Meinung der Befragten ermittelt, sondern das Ergebnis öffentlichkeitswirksamer Präsenz abgebildet. So funktionieren auch die Erhebungen der Medienanalyse, in denen zum Beispiel gefragt wird, wie oft man einen bestimmten Radiosender in den letzten Tagen gehört hat. Und da gewinnt meistens der, der besonders aufdringlich und erfolgreich Gewinnspiele am Laufen hat.

Zum Vergleich dazu eine gleichzeitig stattgefundene Umfrage vom selben Institut zur SPD, die ganz anders gestaltet ist und offensichtlich die Form eines Wissensquiz hat, ebenfalls bei stern.de abrufbar.

In einer Umfrage für den stern konnten lediglich 62 Prozent der Bürger auf Anhieb sagen, dass Frank-Walter Steinmeier Außenminister und SPD-Kanzlerkandidat ist.

56 Prozent wussten, dass Franz Müntefering SPD-Vorsitzender ist.

Auf die Frage, welches Amt Peer Steinbrück ausübe, antwortete nur jeder Zweite (52 Prozent) korrekt mit „Finanzminister“. Noch weniger (44 Prozent) wussten, dass Sigmar Gabriel Umweltminister ist. Am besten schnitt mit 73 Prozent richtigen Nennungen Klaus Wowereit ab, der Regierende Bürgermeister von Berlin, am schlechtesten mit 19 Prozent die stellvertretende SPD-Vorsitzende Andrea Nahles.

Während also die Union mit zu Guttenberg und Merkel auf einer Scharmwelle reiten, völlig losgelöst von ihren politischen Ämtern, stellt man bei den Spitzengenossen äußerst kühl und nüchtern fest, dass sie den Deutschen fremd seien. Dabei bin ich fest davon überzeugt, dass die 60 Prozent, die finden, dass Merkel und zu Guttenberg einen guten Job machen, überhaupt nicht eindeutig bestimmen könnten, um welchen Job es dabei geht. Denn dieselben 60 Prozent finden auch, dass die Arbeit der Bundesregierung Scheiße ist. Darauf schuf Volker Pispers den genialen Spruch, dass Frau Merkel nur deshalb so gut dastünde, weil sie mit der Bundesregierung überhaupt nicht in Verbindung gebracht würde.

Dasselbe dürfte mittlerweile für zu Guttenberg gelten, den einige, durch schlimme Hirnzersetzung gekennzeichnete und völlig verblödete Journalisten, bereits als künftigen Kanzler sehen. So wie Herr Jörges vom Stern. Schauen sie sich mal seinen Zwischenruf über den „Baron der Herzen“ an. Total abartig, wie der Qualitätsjournalist Jörges aus der Hand liest. Achten sie mal drauf. Ein bissel verrückt sieht das schon aus, was Jörges da bewusst oder unbewusst vorpsielt. Vor allem ist es dramatisch, mit ansehen zu müssen, wie Jörges die Doppelstrategie der Union in Bezug auf Staatshilfen für Unternehmen wiederum bewusst oder auch unbewusst nicht erkennen will.

Frau Hägermann schreibt in ihrem Schlussakkord über die manipulierten Massen im Lande Folgendes:

„Die Bevölkerung wünscht sich eine handlungsfähige Regierung, die sich sachlich und kompetent der Krisenbewältigung widmet. Sie wird keine SPD wählen, die reflexhaft und mit dogmatischen Argumenten auf den politischen Gegner einschlägt und deren einzige Lösung offenbar Staatshilfen für alle lautet.“

Klingt irgendwie nach dem Gesäusel über die „Freibier für alle Mentalität“, die von denen kam, die die „Opelrettung“ kritisierten und den Mythos vom Ritter zu Guttenberg erst erschufen. Unternehmen, die selbstverschuldet durch Managmentfehler in die Krise geraten sind, darf der Staat nicht helfen, so die simple Formel. Außen vor bleibt konsequent die Tatsache, dass Banken, in denen noch viel schlechter gewirtschaftet wurde, bedenkenlos gerettet werden mit Summen, die jede Vorstellungskraft sprengen. Über 10 Mrd. gingen an die Industriekreditbank (IKB), dann mal eben ungeprüft 35 Mrd. im September 2008 an die Hypo Real Estate (HRE), die aktuell mit über 100 Mrd. künstlich am Leben gehalten wird und schließlich 18,2 Milliarden an die Commerzbank, um einen lächerlichen Anteil von 25 Prozent zu erwerben.

Systemische Banken dürfen nicht pleite gehen, lautet die immer wiederkehrende Botschaft ohne Begründung. Tja, wer es schafft, in die Köpfe der Menschen so ein verzerrtes Bild der Wirklichkeit hinein zu pflanzen, trägt das Mittel zur massenhaften Gehirnwäsche in seinen Händen. Man kann nur mit Egon W. Kreutzer antworten. Deutschland geht unter!

„Nicht in fünfzig Jahren, nicht in fünf Jahren – nein, in diesen Tagen. Jetzt.“

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Ob diese Statistiken Beachtung finden?

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Das statistische Bundesamt hat gestern einen Negativrekord vermeldet. Die deutschen Exporte brechen im April um 28,7 Prozent ein – im Vergleich zum April 2008. Damit ist der stärkste Ausfuhrrückgang in der Nachkriegszeit besiegelt. Und wo steht diese Meldung in der Neuen Presse Hannover? Ganz klein im Geld & Markt Teil auf Seite 7. Dreieinhalb Zeilen war sie der Redaktion wert.

Normalerweise müsste doch ein Aufschrei durch die Medien gehen. Denn die Erwartungen sind noch einmal unterboten worden. Der Export schmiert gnadenlos ab, die Auftragseingänge im Maschinenbau zum Beispiel gehen so deutlich zurück (Ausland: -60 Prozent; Innland: -52 Prozent), dass jedem klar sein muss, das ein Aussitzen der Krise nicht nur grob fahrlässig ist, sondern eine vorsätzliche Gefährdung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts.

Das Thema Konjunkturprogramme ist nahezu vollständig aus den Medien verschwunden. Man gibt sich mit dem Basta der Kanzlerin zufrieden, die in ihrer dümmlichen Art meinte, dass Deutschland nunmal ein Exportland sei und seine Wirtschaft nicht so schnell auf Binnennachfrage umstellen könne. Deshalb belasse man es bei den getroffenen Maßnahmen und guckt erstmal, wie sich die ganze Sache weltwirtschaftlich entwickele.

Tja, minus 28,7 Prozent ist schon ein Pfund, würde ich sagen. Das kratzt aber niemanden mehr, denn aktuell hat man die „Geordnete Insolvenz“ als positive Wendung einer durch und durch beschissenen Lage entdeckt. Auch dazu gibt es heute von destatis eine aktuelle Statistik. 10 Prozent mehr Unternehmensinsolvenzen im ersten Quartal 2009. Angesichts der aktuellen Berichterstattung, die vor allem die tollen Chancen einer Insolvenz betont, weiß ich jetzt gar nicht, ob ich die Meldung von destatis spontan mit Jubelstürmen begrüßen soll. Eröffnen sich doch für so viele Unternehmen, 7712 sind es im ersten Quartal 2009, doch

„vor allem langfristig – gute Chancen“,

wie Christian Lomoth gestern in der Neuen Presse Hannover auf Seite 1 kommentierte.

Doch wer zahlt denn eigentlich im Falle von Arcandor zum Beispiel die Löhne und Gehälter weiter, so lange noch nicht darüber befunden wurde, ob man ggf. auf bereits ausbezahlte Arbeitnehmerentgelte im Zuge des Insolvenzverfahrens zurückgreift, um die Forderungen der Gläubiger zu begleichen – nach Deutschem Recht ginge das ja? Richtig, die Agentur für Arbeit kennt noch das Insolvenzgeld. Drei Monate kann das an die Arbeitnehmer ausgegeben werden. Und nun rechnen sie mal für sich selbst aus, was der Staat nun eigentlich eingespart hat. Es heißt ja immer, er verbrenne sinnlos Steuergeld oder wie es Claus Lingenauber heute volksverdummend auf Seite 1 der Neuen Presse Hannover schreibt:

„Da darf es nicht verwundern, dass der Staat sich weigert, leichtfertig Steuergelder zu versenken.“

Ha ha, aber wenn es der Beitragszahler nun tut, ist es okay? Und dann klagen dieselben Journalisten wieder über das viel zu hohe Defizit der Agentur für Arbeit, die ihren Haushalt mit Krediten bzw. Steuergeld ausgleichen muss. Angesichts dieser in der Sache idiotischen Ansichten wirken Lingenaubers Angriffe gegen die Eigentümer eher aufgesetzt.

„Doch die Schuldigen sitzen nicht im Kanzleramt und auch nicht in irgendwelchen Ministerien. Sie saßen und sitzen auf den Chefsesseln des Konzerns, der jahrelang immer tiefer in die Krise gewirtschaftet worden ist. Sie sitzen – wie die Familie Schickedanz – auf Milliarden und haben als Großaktionäre Männer wie Middelhoff angeheuert. Der hat – als Sanierer geholt – das Unternehmen vollends in Schieflage gebracht.“

Und lieber Herr Lingenauber, Thomas Middelhoff profitierte direkt von seinem Missmanagement bei Arcandor, weil es die Bundesregierung mit ihrer Finanzmarktgesetzgebung ausdrücklich erlaubte! Middelhof hat die erstklassigen Immobilien des Konzerns an gierige Hedgefonds verkauft, um sie dann teuer zurückzumieten. Middelhoff investierte zum Beispiel in jene Imobilienfonds des Josef Esch von Sal. Oppenheim (ebenfalls Miteigentümer von Arcandor!), die die Mieten des Konzerns kassierten und an die wohlhabenden Einleger verteilten.

Doch was schreibt der Kommentator Claus Lingenauber über die Verstrickungen der Konzerneigner?

„So sehr, dass Schickedanz&Co. zuletzt nicht mehr bereit waren, stärker ins Risiko zu gehen.“

Ach die arme Frau Schickedanz. Man muss sie vor dem Gang zur „Tafel“ bafahren, wie mir scheint. Echt armselig ist das, lieber Herr Lingenauber!

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Das Gelaber von der "Geordneten Insolvenz"

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Es ist wirklich nicht mehr zum Aushalten, was sich die Neue Presse Hannover erlaubt. Jetzt betet Christian Lomoth sogar auf Seite 1 die Thesen des Bundeswirtschaftsministers zu Guttenberg nach, wonach eine „geordnete Insolvenz“ ganz viele Chancen böte.

„Die bedeutet ja nicht, wie die Schwarzseher gerne und ständig betonen, dass alle Läden gleich geschlossen werden. Ganz im Gegenteil: Tatsächlich hätte ein Insolvenzverwalter viel größere Möglichkeiten zur Sanierung des Konzerns als das Management, das mit den Altlasten kämpft.“

Toll. Nun entdecken wir die geordnete Insolvenz als Königsweg aus der Krise. Ist doch gar nicht so schlecht das Ganze. Denn…

„Eine geordnete Insolvenz bietet – vor allem langfristig – gute Chancen.“

Wie die aussehen, sagt Lomoth natürlich nicht. Zu Guttenberg übrigens auch nicht. Denn würde man sich ernsthaft mit dem Thema beschäftigen, müsste man ganz deutlich sagen, dass es in so einem Verfahren nur darum geht, die Forderungen der Gläubiger zu erfüllen. Deshalb müssen nach aktueller Gesetzeslage auch die Beschäftigten mit ihrem bereits verdienten Einkommen etwas beitragen. Maximal drei Monatsgehälter dürfen laut deutschem Recht zurückgefordert werden. Gerichtsvollzieher statt Rettungsschirm! Dazu gibt es bereits empirisches Material:

Siehe Report München vom 26.01.2009!

Das Gelaber über dieses neue schöne Wort von der „Geordneten Insolvenz“ ist echt zum Kotzen. Es soll der Eindruck vermittelt werden, als gäbe es ein wirksames Instrument zur Rettung von Unternehmen, welches den klssischen Weg direkter staatlicher Beteiligung ersetze. Das finden alle widerspruchslos toll. Schließlich würde dann kein Steuergeld sinnlos verbrannt, wie es heißt.

Man fragt sich nur wieder verdutzt, warum diese Sicht der Dinge, wie sie Christian Lomoth heute in der Neuen Presse Hannover für Unternehmen der Realwirtschaft zum Besten gibt, nicht auch auf die Finanzbranche Anwendung findet. Wo ist da der journalistische Einsatz für verpulvertes Steuergeld? Der Fall Hypo Real Estate beweist doch, dass das Insolvenzrecht für den Bankenbereich seit letztem Jahr quasi außer Kraft gesetzt wurde. Dort werden mit vollem Wissen um die tatsächlichen Zustände Milliarden und Milliarden hineingepumpt, ohne dass ein „von und zu“ oder einer dieser abhängigen Journalisten da je gefragt hätte, ob eine „geordnete Insolvenz“ nicht vielleicht „langfristig gesehen, bessere Chancen böte.“

Man kann nur noch mit dem Kopf schütteln, wenn man diesen manipulativen Müll lesen muss. Lomoth weist sogar darauf hin, dass der Lenkungsausschuss frei nach Schnauze über Staatshilfen entscheiden kann, ohne dass besonders erklären zu müssen. Warum macht Lomoth das nicht zum Thema und fragt nach, welche Leute dort sitzen und über die Vergabe von Steuergeldern entscheiden? Warum fragt er nicht nach der Geheimhalterei? Es ist für eine Demokratie schlicht ein Skandal, dass nicht einmal das Parlament erfährt, wofür Steuergelder verwendet werden.

Auf Seite 2 legt Christoph Slangen, vom Berliner PR-Büro Slangen+Herholz, nach. Er liefert einen Kommentar zum SPD Desaster. Darin behauptet er, dass eine Mehrheit der Deutschen die Opel-Rettung für umstritten hält.

„Sie verstehen nicht, dass ihr Einsatz für Arbeitsplätze nicht gewürdigt wird – und übersehen dabei geflissentlich, dass beispielsweise die Rettung von Opel auch in der Bevölkerung umstritten ist. Nüchtern ist festzustellen: Die Krise treibt der SPD nicht automatisch die Wähler zu.“

Daran können sie erkennen, wie die PR-Maschinerie funktioniert. Die ARD hatte am Wahlabend den Kanzlerkandidaten der SPD mit einer so offensichtlich manipulierten Umfrage zum Thema Opel-Rettung konfrontiert und schon bildet die öffentliche Meinungsmache das Ergebnis als verlässliche Fakten ab. Infratest dimap formulierte folgende tendenziöse Fragestellung, die gegen jede methodische Regel quantitativer Datenerhebung verstößt:

Haben sie das Gefühl, dass die SPD zu leichtfertig staatliche Gelder in die Hände von Unternehmen gibt?

Diese Fragestellung ist schlicht eine Auftragsarbeit, die ein gewünschtes Ergebnis liefern sollte. Es geht gar nicht mehr um das Überprüfen von wissenschaftlichen Hypothesen mittels Erhebung von Daten, sondern einzig und allein um die Schaffung von genehmen Fakten, die den Anschein von Wissenschaftlichkeit transportieren sollen, damit sie von der breiten Masse geglaubt werden. Nur dafür gibt es Aufträge und Geld. Und das ist auch das Problem der empirischen Sozialforschung. Sie hat sich in ihrer Not verkauft. Die Professionalisierung der Sozialwissenschaften auf dem Gebiet der Datenerhebung und Umfragen ist Ergebnis des politisch gewollten Nützlichkeitsdenkens.

Die wissenschaftliche Leistung soll sich an der Frage nach ihrem Nutzen, ihrer Verwertbarkeit bemessen. Dazu ein immer noch aktuelles Zitat von Ernst Bloch über das marxistische Theorie-Praxis-Verhältnis, das aus seinen berühmten Vorlesungen in den 1950er Jahren in Leipzig überliefert ist, als er DDR-Studenten die Geschichte der Philosophie näher brachte. In diesem Abschnitt beschreibt er genau den Zustand, der entsteht, wenn Wissenschaft dem bloßen Nützlichkeitskriterium herrschender Eliten unterliegt.

„Auf keinen Fall darf das marxistische Theorie-Praxis-Verhältnis verwechselt werden mit Pragmatismus. Dem ist etwas wahr, weil es nützlich ist. Der Marxismus aber sagt nicht, dass etwas wahr ist. Das ist der Schandpragmatismus der Nazis, die sagten, das sei wahr, was dem deutschen Volke, also dem deutschen Monopolkapital nütze. Der Marxismus sagt: Etwas ist nützlich, weil es wahr ist. Wenn etwas nicht wahr ist, ist es auch nicht nützlich; wenn es nicht wahr ist, ist es nicht konkret, und wenn es nicht wahr ist, ist es nicht wirklich. Man kann nicht gegen die Wirklichkeit handeln, da hat man keinen Erfolg. Also die Wirklichkeit selber ist das Kriterium der Praxis. Dies setzt aber einen Primat des Gedankens, der Theorie voraus, bevor das Bestätigungsprimat der Praxis überhaupt in Frage kommen kann.“

Ernst Bloch: Neuzeitliche Philosophie II: Deutscher Idealismus – Die Philosophie des 19. Jahrhunderts, in: Leipziger Vorlesungen zur Geschichte der Philosophie 1950-1956, Band 4, Frankfurt a.M. 1985 (stw-Verlag), S.447

Bei der Datenerhebung von infratest dimap ist es ganau umgekehrt. Das Bestätigungsprimat wird so gestaltet, dass es einer entsprechenden verzerrten Wirklichkeit entspricht. Das ist im Grunde brutale Gewalt gegen die Wirklichkeit und hat mit Wissenschaft nix mehr zu tun – eher mit Gleichschaltung und Schandpragmatismus.

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Das absurde Wahlgefasel

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Da ist man mal ein Wochenende privat unterwegs, um mal etwas Anderes zu sehen, da holt einen nach der Heimkehr der geschriebene und gesprochene Müll der geistigen Elite unseres Landes ungebremst wieder ein. Zunächst einmal beklagen sich alle darüber, dass keiner zur Europawahl geganen ist. Am Samtag meckerte der Vizechef der Neuen Presse, Bodo Krüger, über meckernde Wähler, die sich nicht an die Urnen trauten. Dann, so seine Worte, würde man den Rechten Vorschub leisten. Das hätte man in Holland deutlich beobachten können. Unverschämte Worte von Krüger am Schluss seines beknackten Kommentars über, Achtung Wortspiel, Gedämpfte EU-phorie:

„Und bei allem Verständnis für eine gewisse Laxheit in europäischen Fragen – ein mit rechten Rattenfängern beladenes EU-Parlament hat Europa nun wirklich nicht verdient. Deshalb: Meckern Sie ruhig weiter, aber wählen Sie!“

Ich muss ihm ja ein bissel Recht geben. Denn die CSU mit dem ziemlich nach rechts gedrifteten Bernd Posselt von der Sudetendeutschen Volksgruppe darf wohl aller Voraussicht nach weiter machen im „Schloss Neuwahnstein“, so nennt man unter der Hand die bayerische Landesvertretung in Brüssel. Ob im bayerischen Volk die Kunde bereits angekommen ist, dass dieser Prachtbau rund 30 Millionen Euro gekostet hat? Ich weiß, Peanuts würde der neue HSH-Nordbank Aufsichtsrat und Ex-Deutsche Bank Chef Hilmar Kopper sagen, wenn er sich die Milliardenfehlbeträge der Bayern LB anguckt.

Die Bayern LB, man könnte auch sagen, die Hausbank der CSU. Seehofer will ja vor allem deshalb mit seiner CSU weiterhin in Brüssel wurschteln, weil man schärfere Auflagen der EU bezüglich der Bayern LB verhindern will. Wer weiß, welche prachtvollen Leichen da noch im Keller liegen. Aber davon erfährt man nix im allgemeinen Wahlkrampfgetöse. Bodo Krüger, von der Neuen Presse Hannover erwähnt lieber groß und breit, dass Frau Silvana Koch-Mehrin, dank der tollen FDP-Plakatierung, immerhin 13 Prozent der Deutschen als Kandidatin der FDP bekannt ist. Natürlich ist Herrn Krüger die frisch aufgedeckte und äußerst miserable Anwesenheitsquote von Frau Koch-Mehrin in Europa keine Silbe mehr wert. Wie schreibt er doch so deppert:

„Es ist einfach so: Europa findet in den Köpfen der Menschen kaum statt.“

Jawohl Herr Krüger. Und warum wundern ausgerechnet sie sich darüber? Statt aufzuklären bieten sie nur dummes Gesülze an. Machen der FDP den Hof und zitieren sogar noch deren Wahlkampfslogans, um auf die Wähler zu schimpfen. Dümmer geht es nun wirklich nicht mehr. Aber die Angst vor einem europäischen Rechtsruck ist schon irgendwie witzig. Zumal Deutschland angeblich dauernd nach links wegzubrechen droht. Diesmal offenbar nicht. Man wendet die eigene Meinung halt mit jeder Wahl aufs Neue.

Dabei ist das Ergebnis doch so, wie alle es sich gewünscht haben. Schwarz-gelb ist auf dem Vormarsch, trotz des wohl zu vernachlässigenden sechs Prozentverlustes der CDU. Die Tatsache, dass die SPD noch einmal ihren historischen Tiefststand unterbieten wird, reicht aus, um auf dieser Seite des Parteienspektrums ordentlich auf den Busch zu klopfen. Am Abend habe ich den Oberdeppen der ARD gesehen, Herrn Deppendorf, wie er den Steinmeier in die Zange nahm. Mit einer tollen Umfrage vom Vizedeppen der ARD, Herrn Schönenborn. Der, bzw. sein Umfrageinstitut infratest dimap haben nämlich Folgendes fragen lassen.

Haben sie das Gefühl, dass die SPD zu leichtfertig staatliche Gelder in die Hände von Unternehmen gibt?

Ich habe Statistik ja immer gehasst wie die Pest, und es nicht so, dass ich den Steinmeier in Schutz nehmen möchte, aber eins hat der begeisterte, in die Aussagekraft von erhobenen Daten verliebte Hochschullehrer, uns Studenten selbst in der quantitativen Sozialforschung beigegbracht. So offensichtlich gesteuert fragt man seriöser Weise nicht. Hier wird doch die Antwort dem Befragten quasi in den Mund gelegt. Die manipulative Ausrichtung der Frage sticht so dermaßen ins Auge, dass man zu dem Schluss kommen muss, hier soll einfach nur vorgeführt und abgefertigt werden. Das ist übrigens eine ziemlich linke, äh nein, klassisch rechte Nummer. Volksverdummung in der ARD.

Doch die ging noch weiter. Der Deppendorf hat auch Gregor Gysi interviewt und diesen erneut vorgeworfen, dass aus dem Programm der Linken nicht hervorginge wie man alles finanzieren möchte. Dabei war der Deppendorf doch selbst dabei, als Oskar Lafontaine im Sommerinterview 2008 der ARD alles genau vorrechnete. Aber wie man damals bereits erkennen konnte, waren die geistigen Größen der ARD ziemlich überrascht und konnten im Kopf gar nicht mehr so schnell mitdenken, weshalb sie ihren Beschuss holpernd und reflexhaft auf die persönliche Ebene verlagerten. Ja ja, alles schon wieder vergessen. Ist das etwa Ausdruck wachsender Demenz in der ARD oder schlicht das Ergebnis eines bereits stattgefundenen Rechtsruckes innerhalb der Medienlandschaft?

Gerade höre ich die Tagesthemen im Hintergrund. Da läuft ein Bericht über die mangelnde Wahlbeteiligung. Tom Buhro blickt vorwurfsvoll nach Mecklenburg-Vorpommern. Denn obwohl da massenhaft EU-Gelder hinflössen, sei das Interesse an der heutigen Wahl ziemlich gering. Empörend diese Scheiß-Ossis. Undankbar, jaulend und überhaupt liegen doch die faulen Säcke den Leistungsträgern wie Frau Koch-Mehrin von der FDP nur auf der Tasche herum. Wissen sie noch, was Westerwelle in Hannover stellvertretend für seine Partei in die Mikrofone schrie:

„Es gebe kein Recht auf staatlich bezahlte Faulheit“

Ich verkneife mir jetzt noch mal auf die Fehlzeiten von Frau Koch-Mehrin hinzuweisen, bzw. auf ihre Einkünfte, die sie trotz Abwesenheit, aber perfekter Vermarktung ihres Mandats an Lobbyinteressen, eingestrichen hat. Wir sind beim Treten gegen sozial Schwache angekommen. Am Freitag schoss Christoph Slangen, vom Berliner PR-Büro Slangen+Herholz, noch einen Kommentar zum Thema Hartz IV Überwachung ein. Darin schrieb er Folgendes:

„Verdachtsfälle und Bußgelder zeigen aber auch, dass Leistungsmissbrauch kein ganz seltenes Phänomen und Kontrolle angebracht ist. Das hat nichts mit der Stigmatisierung Arbeitsloser zu tun, sondern mit der Sorgfaltspflicht gegenüber Versicherten und Steuerzahlern.“

Verdachtsfälle und Bußgelder zeigen also gefühlt etwas, was amtliche Statistiken klar widerlegen. Sozialleistungsmissbrauch ist ein seltenes Phänomen. Nahezu vernachlässigbar. Das Gegenteil ist richtig. Das sträfliche Vorenthalten von Leistungen nimmt aufgrund des Kostendrucks in den Argen immer weiter zu. Das beweisen die zahlreichen Entscheidungen vor Sozialgerichten gegen erteilte Hartz IV Bescheide. Das ist mittlerweile so dramatisch, dass der Gesetzgeber überlegt, den Klageweg für Betroffene zu erschweren. Aber weil Slangen als Anwalt der Versicherten und Steuerzahler, zu denen er Hartz IV Bezieher offenbar gar nicht mehr zählt, Schaum vorm Mund hat, verteidigt er auch noch eine rechtswidrige Überwachungspraxis, die nur deshalb von der Bundesagentur zurückgenommen wurde, weil der Landesdatenschutzbeauftragte von Schleswig-Holstein, Thilo Weichert, klare Worte fand und das Erwerbslosen Forum Deutschland gerichtliche Schritte gegen die BA einleiten wollte.

Wenn es aber um den Leistungsmissbrauch am oberen Ende der Vermögenstabelle geht, wenn es darum geht, Steuerhinterziehung zu bekämpfen, die den Staat Milliarden kostet, hört man vom Slangen nix. Da geht es ja auch um das scheue Reh des Kapitals, das sofort erschrickt und im Dickicht verschwindet, wenn man ihm zu sehr auf die Pelle rückt. Im Gegenteil, Slangen feiert ein Steinbrück-Gesetz zur Bekämpfung von Steuerhinterziehung, das nachweislich nicht mal einen Placebo-Effekt entfaltet. Da ist der Sorgfaltspflicht gegenüber Versicherten und Steuerzahlern offenbar Genüge getan.

Wenn sie hier auch einen Widerspruch in der Kommentierung sehen, sollten sie sich solche provozierenden Sprüche, wie die von Bodo Krüger vom Samstag, dass man ruhig weitermeckern darf, aber gefälligst wählen gehen soll mit Ausrufezeichen, nicht gefallen lassen. Im Grunde ist es die Laxheit unserer Journalisten, die verantwortlich dafür ist, dass den Leuten die Politik zum Halse raushängt. Wählen sie doch einfach die Neue Presse Hannover ab oder ein anderes Parteiorgan der FDP. Da können sie nichts falsch machen.

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Die Neue Presse zur Opel-Rettung

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Udo Harms kommentiert heute die Glanzleistung der Bundesregierung. Er findet die Rettung gut, weil Opel gute Autos gebaut hat. Am Ende will er einen Bogen zu Arcandor/Karstadt schlagen und platziert mal wieder eine astreine Meinungsmanipulation.

„Viele Unternehmen, mit Arcandor/Karstadt an der Spitze, können jetzt mit Blick auf Opel Geld vom Staat fordern. Und wer durch die Krise in Not geraten ist, kann auch auf Hilfe hoffen, die Bundesregierung hat ja gewaltige Konjunkturprogramme und Rettungsschirme verabschiedet.“

Er setzt das Adjektiv gewaltig vor zwei Maßnahmen der Bundesregierung, die in ihrer Konzeption unterschiedliche Ausmaße haben und erweckt so den Eindruck der Gleichrangigkeit. Man kann es auch grob vereinfacht ausdrücken.

50 Mrd. : 500 Mrd.

Das ist nicht gleich gewaltig, sondern ein gewaltiger Unterschied. Es bleibt also auch die Strategie der Neuen Presse Hannover, die riesigen und unverschämten Milliarden-Geschenke an die Banken schlichtweg unter den Tisch zu kehren. Die Milliardenbürgschaften und direkten Stützen an die Banken, über die der Schleier des Schweigens per Gesetz ausgebreitet wurde, den nicht einmal das Parlament lüften darf, sind gut, und die Überbrückungshilfen für angeschlagene Unternehmen der Realwirtschaft sind schlecht oder bedürfen zumindest der kritischen Nachfrage. So lautet die simple Botschaft.

Bankenrettungsschirme sind systemisch notwendig wie die Agenda 2010, für die es angeblich keine Alternative gab, weil die Sachzwänge es so verlangten, und Konjunkturprogramme sind halt verpulvertes Geld, weil die Dogmatiker der reinen Lehre es so predigen. Die Schuldenbremse ist daher nur konsequent, auch wenn sich in ihr der Widerspruch zur Realität so deutlich wie nie offenbart. So ist das mit den Gläubigen. Die Wahrnehmung ist getrübt.

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Schuldenbremse: Die Neue Presse jubelt

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Claus Lingenauber kommentiert in der Samstagsausgabe der Neuen Presse Hannover den Bundestagsentschluss zur Schuldenbremse. Und er freut sich.

„Sparsame Haushaltsführung sollte auch in der Politik eine Selbstverständlichkeit sein. Leider sieht die Realität oft anders aus. Wie an der Schuldenuhr des Steuerzahlerbundes abzulesen ist. Zurzeit hat Deutschland 1613 Milliarden Euro Schulden – Tendenz steigend.“

Und was heißt das, lieber Herr Lingenauber? 1,6 Billionen Euro Schulden hat der Staat. Das ist aber schlimm. Bei wem denn? Genau. Bei denen, sie sich ein Vermögen von rund vier Billionen Euro in Deutschland teilen – Tendenz noch viel mehr steigend. Nämlich jenes obere Zehntel, das über 60 Prozent des Gesamtvermögens von rund 6,6 Billionen Euro verfügt. Gegen die viel schneller laufende Vermögensuhr sieht die bekloppte Schuldenuhr des Steuerzahlerbundes wirklich armselig aus.

Es ist immer dieselbe Leier.

„Allgemein aber muss der Grundsatz „Auch in Zeiten guter Konjunktur und sprudelnder Steuereinnahmen sollte sparsam gewirtschaftet werden“ gelten. Damit während einer Rezession noch Geld übrig ist und der Staat nicht sofort wieder in der Schuldenfalle sitzt. Hier ist ein grundsätzliches Umdenken notwendig. Vielleicht hilft die geplante Grundgesetzänderung ja dabei. Schön wärs.“

Gegen sparsames Haushalten ist überhaupt nichts einzuwenden, nur bedeutet das Geschreibsel von Herrn Lingenauber in Wirklichkeit, dass der Staat mit Hilfe der Schuldenbremse gezwungen werden soll, sinnvolle Ausgaben zu streichen, notwendige Investitionen zu verschieben, große öffentliche Bedarfe wie zum Beispiel Investitionen in Bildung und soziale Dienstleistungen auszusparen. Im Kern heißt das eine Fortsetzung der Sozialstaatsdemontage.

Dabei hätte Lingenauber von seinem Nachrichtenlieferanten aus Berlin, Christoph Slangen (vom PR-Büro Slangen+Herholz), etwas wichtiges erfahren können. Slangen hat nämlich Peter Bofinger interviewt und ihn zur Schuldenbremse befragt. Und Bofinger antwortet auf die noch immer dusselige Frage, ob eine Schuldenbremse von der Idee her nicht gut sei, weil an künftige Generationen gedacht werde, die ja dann ohne die Belastung von Schulden aufwachsen könnten, wie gewohnt sachverständig und einleuchtend.

„Der Staat muss aber auch in Bildung, Infrastruktur, Umwelt investieren. Ich fürchte, dass diese aktive Vorsorge unter die Räder gerät. Das sieht man auch an den Befürwortern der Schuldenbremse: Sie wird am lautesten von denen gefordert, die auch Steuersenkungen propagieren. Um beides zu verwirklichen, müssten die Staatsausgaben massiv beschnitten werden. Und am einfachsten lassen sich Investitionen in die Zukunft einsparen, weil diese Einschnitte nicht direkt spürbar sind. Unsere Kinder werden jedoch darunter leiden, wenn der Staat zu wenig investiert. Sie werden fragen: Warum habt ihr nur an Geld gedacht, nicht an Bildung und Umwelt?“

Und Bofinger liefert noch ein weiteres Argument. Man kann nämlich ausrechnen, was eine Schuldenbremse gebracht hätte, wäre sie schon früher zum Einsatz gekommen. Die Staatsausgaben der Vergangenheit sind ja bekannt. Wäre die Schuldenbremse zu Zeiten des zarten Aufschwungs in den vergangenen Jahren bereits wirksam gewesen, hätte sie dafür gesorgt, dass die Ausgaben, die mittels neuer Schulden getätigt wurden, nicht gemacht worden wären. Dies hätte wiederum zur Folge gehabt, dass das kleine Konjunkturpflänzchen rigoros zertrampelt worden wäre und am Ende höhere Schulden gestanden hätten. Diesen Zusammenhang begreifen Leute wie Lingenauber einfach nicht.

Ich zitiere mal aus einer aktuellen IMK-Studie, die die Auswirkungen einer Schuldenbremse auf die Wirtschaftsentwicklung und die Staatsfinanzen untersucht hat.

In einem ähnlichen Experiment wurde daher die Entwicklung nachgezeichnet, die sich ergeben hätte wenn die Schuldenbremse für den Bund schon ab dem Jahren 2001 gegolten hätte. Die Berechnungen zeigen, dass bei einer restriktiven Fiskalpolitik, wie sie die Schuldenbremse in jenem Zeitraum impliziert hätte, das Wirtschaftswachstum massiv reduziert worden wäre (IMK-Report 29/2008). Das nominale BIP wäre um bis zu 50 Mrd. Euro bzw. um bis zu 2,4 Prozent niedriger ausgefallen als im Status quo, am Ende des betrachteten 8-Jahreszeitraums hätte das nominale BIP 1,5 Prozent unter dem Status quo gelegen. Damit ist der BIP-Verlust deutlich höher als die Reduzierung des Staatsverbrauchs, der (implizite) Multiplikator liegt bei 1,75. Auch das reale BIP wäre deutlich gedrückt worden, und das Beschäftigungsniveau hätte zeitweise um mehr als 500 000 Personen niedriger gelegen. Insgesamt hätte die Anwendung der Schuldenbremse zu Beginn dieses Jahrzehnts zu wachstumsbedingten Einnahmeverlusten des Staates geführt, die einen nennenswerten Teil der intendierten Reduzierung der Nettokreditaufnahme zunichte gemacht hätten.

Mit anderen Worten – alles für die Katz. Am Ende stehen höhere Schulden, weil wirtschaftliches Wachstum verhindert wird. Das ist auch gar nicht so schwer zu begreifen, wenn man sich die Sparversuche der Minister Waigel, Eichel und Steinbrück anguckt. Sie haben prozyklisches Sparen auf die Spitze getrieben und somit Konjunkturzyklen regelrecht abgewürgt. Schauen sie sich die Staatsquote an. Ein historischer Tiefstand nach dem anderen. Erst als Deutschland vom weltwirtschaftlichen Wachstum profitierte, verringerte sich auch die Verschuldung der öffentlichen Haushalte. Leider wird diese positive Wirkung immer den eigenen Reformen zugeschrieben. Dass das Blödsinn ist, kann man schon daran erkennen, dass in der Krise der Reformgrundsatz plötzlich nicht mehr gilt. Denn stagniert oder schrumpft die eigene wirtschaftliche Leistungskraft, ist natürlich die Weltwirtschaft Schuld, wächst hingegen die eigene Wirtschaftsleistung, so liegt das immer an den Reformen.

Wer also der Schuldenbremse einen Verfassungsrang zugesteht, will in Wirklichkeit keine Schulden verhindern, denn er weiß es ja besser, sondern seinem Dogma von der Zurückdrängung des Staates Geltung verschaffen, um so den Sozialstaat vollständig zugrunde richten zu können. Der öffentliche Sektor soll auf ein Minimalmaß zurückgestutzt werden. Es soll nur noch einen Nachtwächterstaat geben. Sämtliche Aufgaben sollen in privater Hand liegen und den Bedingungen des freien Marktes unterworfen sein. An diesem Vorgang kann man viel verdienen, wie die Privatisierung der Rente bereits heute zeigt. Eine Schuldenbremse in Verbindung mit Steuersenkungen bedeutet also nur eins:

Sozialstaatsdemontage!

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Einzelhandelsumsatz sinkt auch im April 2009

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Und wieder geht es real runter mit dem privaten Konsum – um 0,8 Prozent (siehe destatis-Meldung). Und wieder hat die GfK eine Woche vorher von einem stabilen Konsumklimaindex gefaselt. Doch die realen Zahlen sprechen eine eindeutige Sprache.

Von Januar bis April 2009 wurde im deutschen Einzelhandel nominal und real jeweils 2,4% weniger als im vergleichbaren Vorjahreszeitraum umgesetzt.

Die Neue Presse Hannover hat es übrigens aktuell aufgegeben, den GfK-Phantommessungen eine große Bühne zu geben. Eine kleine Meldung dazu gab es aber doch. Mal gucken, was es morgen über die konkreten Zahlen des statistischen Bundesamtes zu lesen geben wird. Bei mir können sie eine Chronologie der Ergebnisse des statistischen Bundesamtes ebenfalls nachlesen. Unter dem Tag „Kaufkraft“ finden sie die entsprechenden Beiträge.

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Deutlicher Personalabbau gefordert

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Gestern gab es in der Neuen Presse Hannover einen Bericht über die Forderungen des Landesrechnungshofes Niedersachsen. Die Formel lautet natürlich: Personalabbau! Achten sie dabei mal auf die Begründung der Prüfer:

Das Ziel der Landesregierung, die Personalkosten dauerhaft zu senken, „ist gescheitert“, sagte Rechnungshof-Präsident Richard Höptner gestern. Der 2003 mit der Abschaffung der Bezirksregierungen beschlossene Abbau von 6743 Stellen sei durch 6747 Neueinstellungen für Schulen, Polizei und Justiz aufgezehrt worden. Der Rechnungshof fordert einen erneuten Personalabbau.

Wahrscheinlich beruhigt man die Prüfer damit, dass man die Stellen, die sicherlich total unnütz in den Bereichen Bildung, Polizei und Justiz geschaffen wurden, gleich wieder streicht. Wer braucht schon Beschäftigte im öffentlichen Dienst, wenn die Steuern wegbrechen? Was wir benötigen, ist ein strikter Sparkurs, so die Prüfer. Dass Frau Heister-Neumann alle mathematischen Tricks aufwenden muss, um aus Teilzeitstunden Vollzeitstellen zu rechnen, die sie in ihre Bilanz schreiben kann, um der Öffentlichkeit eine Sicherung der Unterrichtsversorgung vorzugaukeln, spielt bei den Kostendenkern keine Rolle.

Und was war gestern im Hannover-Rathaus los. Zoff. 3500 Mitarbeiter haben Angst um ihren Job. Oberbürgermeister Stephan Weil wurde ausgepfiffen, weil die Stadtverwaltung zwei geheime Ordner mit Sparvorschlägen zusammengetragen hat, bei denen es um Einsparungen in Höhe von 40 bis 50 Millionen Euro gehen soll. Nur gut, dass die Region nach jahrelangem Streit endlich das Sozialticket beschlossen hat. Das werden demnächst einige mehr brauchen…

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Opel: Es ist einfach nur lächerlich

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Haben sie diese Woche mal bewusst Nachrichten gehört? Wenn man nicht genau wüsste, dass die Bundesregierung eine ganz große Verarschungsaktion am Laufen hätte, man könnte meinen, in der Sache Opel stecke Dynamik drin. Seit Montag hören wir, dass eine Entscheidung, man weiß zwar nicht genau welche, aber irgend eine halt getroffen würde. Am Mittwoch sollte es soweit sein. Und dann? Oje, doch kein Ergebnis. Angeblich schießen die Amis quer. Zu Guttenberg und der rasende Roland aus Hessen polterten gegen die USA. So als hätte man in Detroit die besonnene deutsche Verhandlungsstrategie versaut. En passant, als ich von Roland Kochs Vorwürfen an die Amerikaner las, fühlte ich mich spontan an seinen infantilen Auftritt im Bundesrat erinnert. Damals hatte er die Wertung einer Abstimmung lautstark und auf Kommando kritisiert. Schon zu diesem Zeitpunkt hätte man ihn für die Goldene Himbeere vorschlagen sollen.

Egal, jedenfalls wird PR-mäßig der Eindruck erweckt, als stünde eine Lösung des Opel-Problems unmittelbar bevor, wie schon seit Monaten eigentlich, um uns dann mit neuen Taschenspielertricks zu täsuchen. Man kennt das ja von den unzähligen Verhandlungsrunden über ein Konjunkturpaket. Doch auf einmal machen die Amis den deutschen Vakuumbirnen einen gehörigen Strich durch die Rechnung. Heute soll angeblich ein Vorvertrag zwischen GM und Magna geschlossen worden sein, der den Verkauf von Opel regelt. Das soll in Detroit ausgehandelt worden sein. Ganz ohne deutsche Beteiligung. Die Bundesregierung musste nämlich ihr wie vieltes Treffen zum Thema eigentlich?, ganz überraschend verschieben. Ich könnte mir vorstellen, dass den Amis dieser von und zu Stock im Arsch mit seinen Sprechblasen und seiner Herumeierei gehörig auf den Sack gegangen ist. Jetzt nehmen die das wohl selbst in die Hand und die Bundesregierung sieht ihren tollen PR-Plan zunächst einmal durchkreuzt.

Und was macht zu Guttenberg? Er findet die Entwicklung zunächst einmal toll, um dann hinterherzuschieben, dass die Vergabe des dringend benötigten Überbrückungskredits in Höhe von schlappen 1,5 Mrd. Euro erst einmal ausgiebig, und ich versichere ihnen, bis zum Erbrechen geprüft werden wird. Sich allein hinzustellen und folgenden Satz von sich zu geben, spottet jeder Beschreibung:

„Es ist nicht gesagt, dass wir heute zu einem Ergebnis kommen“

Was braucht man eigentlich noch, um endlich zu kapieren, dass die Bundesregierung an keiner vorschnellen Einigung interessiert ist. Sie verschleppt das Ganze mit voller Absicht. Was sagte zu Guttenberg noch am vielversprechenden Mittwoch als alle Medien übereinstimmend berichteten, dass eine Entscheidung bevor stünde?

„Es ist nicht zwingend zu erwarten, dass eine Festlegung auf einen Investor am heutigen Abend erfolgt.“

Seit 18 Uhr soll es im Kanzleramt ein weiteres Treffen geben. Auch Steinmeier dämpft natürlich die Erwartungen.

„Es ist schwierig, aber ich bleibe dabei, dass eine Lösung gefunden werden kann, wenn alle sich ihrer Verantwortung bewusst sind.“

Wow. Das ist doch der Erfolgssatz von Frau Dr. Atomklo äh Merkel?

Und was schreiben die PR-Gestalten aus dem Berliner Büro Slangen+Herholz heute in der Neuen Presse? Andreas Herholz darf ran, denn Chrsistoph Slangen muss daneben die manipulierten Arbeitsmarktdaten schön kommentieren.

Zitat Herholz, und ich komme aus dem Staunen nicht mehr heraus…

„Und man darf jetzt schon gespannt sein, welche Finte als Nächstes kommt. Weiß man bei General Motors und in der US-Regierung in Washington doch inzwischen, dass die große Mehrheit der deutschen Verhandlungspartner den Opel-Konzern und die 26 000 Jobs unbedingt erhalten will.“

Und weil die Amis das ganz genau wissen, nehmen sie die Sache lieber selber in die Hand und schaffen Fakten. Einfach köstlich, diese dusselige Schönschreiberei. Laut gelacht habe ich dann darüber, dass Herholz in dem Vorgehen zu Guttenbergs, eine Insovenz ins Spiel zu bringen, die Absicht versteckt gewesen sein soll, den Preis für die Steuerzahler zu drücken, falls es zu einer Rettung gekommen wäre. Leider habe Steinmeier zu früh den Eindruck erweckt, dass die Bundesregierung viel Geld für die Opel-Rettung auf den Tisch legen wolle.

So einen Scheiß muss man von diesen Hohlköpfen jeden Tag lesen. Die sind sich nicht mal zu blöd dafür, den schlechtesten Wirtschaftsminister nach Michel Glos in den Himmel zu heben. Na ja, eigentlich ist zu Guttenberg auf derselben Stufe wie Glos, vielleicht mit Vorteilen bei der B-Note. Die Sätze sind nämlich gleich, nur die Präsentation kommt schöner rüber. Image ist halt alles…

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Neue Presse bemerkt die Rekordverschuldung

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Etwas verspätet, aber immerhin. Heute erscheinen endlich Berichte über die Rekordneuverschuldung. Wahrscheinlich hat das Berliner PR-Büro Slangen+Herholz, das für die NP vorgefertigte Texte liefert etwas länger gebraucht, um einen zur Zeit viel beschäftigten „Experten“ zu interviewen. Wolfgang Wiegard. Diese schräge Type geistert nicht nur durch die Gazetten, sondern auch durchs Radio. Okay, Wiegard ist Mitglied des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, aber das war Bert Rürup auch, der nunmehr für die Drückerkolonne des AWD tätig ist.

Christoph Slangen hält ihn einfach für einen Experten, ohne näher zu erläutern, welcher verbohrt ideologischen Denkrichtung er angehört. Wiegard bezeichnet sich ja selbst als einen neoklassischen Sozialdemokraten. Er ist erklärtermaßen für den Niedriglohnsektor, moderate Lohnentwicklungen und einen gelockerten Kündigungsschutz. Er vertritt die Auffassung, dass die Reallohnsteigerungen hinter den Produktivitätsfortschritten zurückbleiben müssten, damit mehr Beschäftigung entsteht. Gerade jetzt sehen wir ja, wie Recht er damit hatte. Statt mehr Beschäftigung gab es durch diese obskure Umverteilungsphilosophie vor allem viel zu viel Geld auf den Konten der Kapitalbesitzer, mit dem man halt zocken ging, anstatt zu investieren.

Doch was sagt der „Experte“ zur Rekordneuverschuldung im Interview? Sie sei alternativlos. Der freie Fall der Wirtschaft scheint beendet, orakelt Wiegard auf die Slangen-Standard-Frage nach einem dritten Konjunkturpaket. Die Auftragseingänge würden sich auf niedrigem Niveau stabilisieren und der ifo-Geschäftsklimaindex entwickle sich seit Monaten positiv. Also Abwarten, lautet die Devise. Natürlich spendet der „Experte“ aber brav Beifall für die eiligen Steuersenkungspläne der Bundesregierung für Unternehmen. Diesen Steuersenkungswahn kritisiert er mit keiner Silbe. Dabei müsste gerade er wissen, welche fatalen volkswirtschaftlichen Wirkungen die zahlreichen Steuersenkungen für Unternehmen in der Vergangenheit hatten.

In dem Zeitraum zwischen 2001 und 2008 gingen vor allem wegen der Senkung der Unternehmenssteuern die Einnahmen des Fiskus um insgesamt 240 Mrd. Euro zurück. Und aktuell will die Bundesregierung die Unternehmen ganz rasch um weitere drei Mrd. Euro entlasten. Über welchen Schuldenberg wundern wir uns eigentlich, wenn der Staat freiwillig und so großzügig auf Einnahmen verzichtet. Auf der anderen Seite haben diese massiven Senkungen zu keinem Zeitpunkt dazu beigetragen, dass sozialversicherungspflichtige Beschäftigung entstehen konnte. Erst die gute weltwirtschaftliche Entwicklung bescherte zuletzt eine zarte Konjunkturphase, von der die Beschäftigten in Deutschland aber nix hatten.

Denn schon in der Phase des Aufschwungs galt das heilige Dogma vom Sparen und Konsolidieren. Auch heute noch bringt der „Experte“ diese Denke unter. Er spricht von einer Tendenz zur Ausweitung von Ausgaben und kritisiert das, obwohl er zwei Fragen vorher die beschlossenen Konjunkturprogramme für richtig hält und antizyklisches Handeln in der Krise begrüßt. Entweder hat der Mann ein wirres Wesen oder er hat schlicht keinen blassen Schimmer, was Konjunkturprogramme sind und was sie bewirken oder er wird dafür bezahlt, dummes Zeug zu erzählen. Da reiht er sich nahtlos in die Reihe seines Gegenübers Christoph Slangen und des Obergurus im Bundes-HRE-Ministerium Peer Steinbrück ein. Die reden auch nur Müll.

Wiegard sagt:

„Staatsverschuldung ist ein Mittel, um die Gegenwart von Belastungen frei zu halten. In der Zukunft kommen diese Belastungen jedoch als Erhöhung von Steuern oder Rückführung staatlicher Ausgaben auf die Bürger zu.“

So ein quatsch. Wenn man eine höhere Staatsverschuldung in Kauf nimmt, um damit ein Konjunkturprogramm zu finanzieren, dann tritt genau der umgekehrte Fall ein. Die Konjunktur springt an, die Beschäftigungsquote steigt, die Nachfrage steigt, die Löhne wie auch die Gewinne steigen, die Steuereinnahmen steigen, Verschuldung wird abgebaut. Deshalb heißt es ja „antizyklisch“. Wiegard bedient sich also, weil es gerade Mode ist, bei den Begriffen von Keynes und behauptet dann aber stur, dass die daraus folgende Wirkung gar nicht eintritt. Und die Vollidioten in den Redaktionen kommentieren diesen Quark auch noch entsprechend. Auf Seite 1 blamiert sich heute Inken Hägermann. Sie nimmt einfach das tolle von Slangen gelieferte Wort „antizyklisch“, um einfach nachzuplappern…

„Es ist gut und richtig, dass der Staat jetzt „antizyklisch“ reagiert und versucht, die Folgen der Finanzkrise für Bürger und Unternehmen abzumildern.“

Weiter oben aber schreibt sie das, was alle schreiben…

„Gute Vorsätze hin, Kostendisziplin her, nun steht auch Peer Steinbrück als astreiner Schuldenmacher da:“

Noch mal die Grafik, die belegt, dass der Schuldenstand abhängig von der wirtschaftlichen Entwicklung ist. Nur eine gute Konjunktur vermag es, Verschuldung abzubauen. Sparen allein bringt nichts. Das zeigen vor allem die Jahre, in denen sich Hans Eichel versuchen durfte. Trotz rigoroser Sparerei stieg die Gesamtverschuldung massiv an.

Verschuldung
Quelle: NachDenkSeiten

Wenn man schon die kläglich gescheiterten Finanzminister Waigel und Eichel vor Augen hat und sie in eine Reihe mit Steinbrück stellt, dann begreife ich einfach nicht, warum man in den Redaktionen nicht auf den Trichter kommt, dass vielleicht an dem Dogma, um jeden Preis ausgeglichene Haushalte vorlegen zu müssen, etwas faul sein könnte. Frau Hägermann geht heute sogar so weit und spricht Steinbrück von Schuld frei.

„Die größte Wirtschaftskrise seit 80 Jahren hat Steinbrück dieses Desaster beschert. Deshalb hat der Finanzminister auch nicht wirklich eine Wahl: Für sinkende Steuereinnahmen und steigende Ausgaben in die Sozialsysteme kann er nichts.“

Die Krise ist vom Himmel gefallen. Leute ihr habt halt Pech gehabt. Jetzt hört ihr seit fast zwanzig Jahren diesen Scheiß vom Sparen, und ihr nehmt es hin, dass man euch alles kürzt, damit irgendein Finanzäffchen im verantwortlichen Ministerium euch vielleicht mal mit einem ausgeglichenen Haushalt beglücken kann, von dem ihr dann was noch mal habt? Ach nix, davon sollen ja unsere Kinder und Kindeskinder was haben – angeblich. Doch nun kommt diese dumme Krise, von der niemand was ahnen konnte. Da müsst ihr dann einfach mal durch und eure Kinder und Kindeskinder auch. Shit happens.

Leute, bitte Aufwachen! Vor allem die Bundesregierungen samt ihrer jämmerlichen Finanzminister haben dafür gesorgt, dass Deutschland am stärksten von der Krise betroffen ist, weil sie alles unter das Diktat des Wettbewerbs gestellt haben, um andere Nationen niederzukonkurrieren, auch um den Preis eigener Konjunktur. Die zahlreichen Exportweltmeisterschaften zeigen nun ihre hässliche Kehrseite. Die Vernachlässigung des Binnenmarktes rächt sich. Und Frau Merkel will weiter daran festhalten. Denn eine schnelle Umstellung der Wirtschaft von Export auf Binnenmarkt sei nicht möglich. Allein diese Aussage zeugt von so großer Dummheit und Ahnungslosigkeit, das man sich ernsthaft mit dem Artikel 20, Abs. 4 Grundgesetz auseinandersetzten sollte.

Am Ende trifft es nämlich zu, dass der Schuldenstand weiter ansteigen wird, weil man auf Maßnahmen zur Belebung der Konjunktur mit Verweis auf die hohen Schulden pfeift. Der Zusammenhang zwischen Konjunktur und Schuldenstand wird weiter missachtet, genau wie der Zusammenhang zwischen Vermögen und Schulden. Es ist schlicht eine Irreführung, zu behaupten, dass Schulden vor allem ein Problem zwischen den Generationen sind. Hohe Schulden sind vor allem ein Beleg für hohe Vermögen. Und damit handelt es sich um ein reines Verteilungsproblem in unserer Generation. Warum leiht sich der Staat das Geld gegen Zinsen bei den Vermögenden? Er könnte es sich genauso gut über höhere Steuern auf Vermögen besorgen. Doch diese Gedanken stoßen auf erbitternden Widerstand bei denen, die glauben, Vermögensbesitz hätte vorrangig etwas mit Leistung zu tun.

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