Carstensens Eingeständnis: Er sei ein bisschen flott gewesen

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Ach wie süß. Der Peter Harry, der Bodenständige, der Knuddeltyp aus dem schönen Land Schleswig-Holstein. Kann so ein armer Töpel ein gerissener Lügner und Betrüger sein? Ja, aber natürlich. Lassen sie sich nicht täuschen. Ersmals gesteht Carstensen nämlich ein, bzgl. der Sonderzahlung an HSH-Nordbank-Chef Dirk Jens Nonnenmacher etwas geflunkert zu haben. Bei Spiegel Online finde ich gerade folgende Passage:

Im Zusammenhang mit der umstrittenen Sonderzahlung an HSH-Nordbank-Chef Dirk Jens Nonnenmacher hat Carstensen eingeräumt, er sei möglicherweise über eine Formulierung in dem Brief an Parlamentspräsident Martin Kayenburg (CDU) „ein bisschen flott hinweggegangen“, sagte Carstensen am Sonntag in Kiel.

In dem Brief hieß es, der Präsidialausschuss der Bank habe die Boni in Höhe von 2,9 Millionen Euro „mit vorherigem Einverständnis der Spitzen der Landesregierungen in Hamburg und Schleswig-Holstein“ sowie den Spitzen der Regierungsfraktionen beschlossen. Carstensen sagte, er sei jedoch von Zustimmung der Fraktionsspitzen ausgegangen, weil er keine anderslautenden Signale gehabt habe.

Mit anderen Worten: Carstensen hat glatt gelogen und Ralf Stegner mit seinem Vorwurf recht, dass der Millionenbonus ohne Wissen der SPD gezahlt worden ist. Wie man also aus einem groben Fehlverhalten des Regierungschefs nun immer noch eine konstruierte Situation aufrecht erhalten kann, in der es so scheint, als sei die Kritik des Koaltionspartners am Alleingang des Regierungschefs Auslöser für eine Regierungskrise, ist doch absurd. Carstensen muss zurücktreten.

Das sieht übrigens auch der ehemalige Wirtschaftsminister Werner Marnette (CDU) so. Er sagt, dass das Erzwingen einer Neuwahl am 27. September 2009 deshalb mit Nachdruck betrieben würde, um die Menschen über das tatsächliche Ausmaß der HSH-Nordbank-Krise zu täuschen.

Marnette: „Ich fürchte, die bereits gewährte Kapitalspritze wird nicht reichen. Die HSH wird auch die Garantiesummen von Schleswig-Holstein und Hamburg teilweise oder sogar ganz in Anspruch nehmen müssen“

Quelle: SpOn

Dennoch läuft die Medienkampagne auf Hochtouren. Infratest dimap will schon herausgefunden haben, dass eine Mehrheit der Schleswig-Holsteiner die vorzeitige Auflösung des Landtages befürworte. Ferner habe ein schwarz-gelbes Bündnis derzeit gute Chancen. Wenn jetzt gewählt würde, bekäme die CDU zwar weniger Zustimmung, aber die FDP reiße das mit einem Traumergebnis um die 15 Prozent heraus.

Das muss man sich mal vorstellen. Ausgerechnet die FDP soll es dann richten. Wolfgang Kubicki, Fraktionschef der FDP in Schleswig-Holstein, sagt zum HSH-Nordbank-Desaster.

„Das Problem der HSH-Nordbank ist in der Tat schlecht gemanagt worden. Das wäre mit der FDP nicht passiert.“

Quelle: Tagesspiegel

Das ist doch kein Management-Problem, sondern schlichtes Versagen. Es gab klare Vorgaben des SoFFin, die durch spezielle Landesvorgaben außer Kraft gesetzt wurden. Das ist eine bewusste Tat. Und die FDP will so etwas verhindern können? Da träfe man doch die eigene Klientel. Offenbar konnten ja nicht mal die Grünen in Hamburg etwas gegen das Vorgehen ihres Koalitionspartners CDU unternehmen. Kubicki fordert außerdem einen Untersuchungsausschuss nach einer Neuwahl.

„Die FDP und die anderen Oppositionsfraktionen haben klargemacht, dass es unter jeder politisch denkbaren Konstellation, die nach einer Wahl ins Amt kommt, einen HSH-Untersuchungsausschuss geben wird.“

Wieso erst nach der nächsten Wahl? Irgendwie kann ich nicht daran glauben, dass es in solch einem Gremium um Aufklärung gehen könnte. Schon allein die Vorstellung, dass Lügenbold Carstensen mit Kubicki am 27. September freudestrahlend in die Kameras winkt und das klare Votum des Wählers für sich reklamiert, ist geradezu grotesk.

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Die Neue Presse und ihre Wahlwerbung für Union und FDP

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Gestern schrieb Claus Lingenauber noch über den Bruch der Kieler Koalition vorwurfsvoll an die Adresse der SPD:

„Eine Koalition als Eisschrank – dauergekühlt durch das frostige Klima zwischen SPD-Chef Stegner und Regierungschef Carstensen.[…]
Dafür hat der Mann mit der Fliege zu häufig gestänkert und zu viele Krisen ausgelöst. Die FDP jubelt jedenfalls schon mal. Brechen jetzt schwarz-gelbe Zeiten an?“

Heute geht die Wahlwerbung für schwarz-gelb indes unvermindert weiter. Gestern war nämlich CSU-Parteitag, bei dem Horst Seehofer Harmonie demonstrierte, obwohl er auch immer gegen den politischen Partner stänkert und unter Profilierungswahn leidet wie ein Ralf Stegner von der SPD. Für Lingenauber ist das kein Anlass, Parallelen zu ziehen und Schuldzuschreibungen über unionsinterne Krisen zu formulieren. Bei dem Thema Steuersenkungen zum Beispiel. Nein, Seehofer sei sich seiner Aufgabe bewusst. Ein kluger Kopf, der weiß was zu tun ist, wenn es um die Wurst geht.

„Mit dem begnadeten Populisten Seehofer ist es zurückgekehrt, dieses Mia-san-mia-Gefühl, das die CSU im Freistaat wieder zur 50-Prozent-Partei machen soll. Dass der CSU-Chef Angela Merkel nicht ausstehen kann, ist ein offenes Geheimnis – aber wenn es um das strategische Ziel Wahlsieg geht, lobt er die Kanzlerin auch schon mal über den grünen Klee. Der Bayer weiß natürlich, dass er zum Schulterschluss gezwungen ist. Da müssen persönliche Animositäten schon mal hintanstehen. Es geht um Berlin und die Mehrheit und das Ende der ungeliebten Koalition mit der SPD.“

So hätte Lingenauber gestern auch die Strategie des „geselligen“ Peter Harry Carstensen beschreiben können. Oder verfolgt der anscheinend so harmlose Bauer aus dem Norden kein strategisches Ziel? Nein, in Schleswig-Holstein sei aufgrund der Schlammschlachten zwischen Stegner und Carstensen keine Zukunft mehr vorstellbar. Auch nach einer Neuwahl nicht. So ist das immer bei den Rechten Zeitgenossen. Lingenauber wollte gar sowas wie eine Wechselstimmung erzeugen, als er gestern etwas von einem Klimawandel für Kiel faselte.

„Merkel, Steinmeier und Co. haben bis zuletzt verantwortungsvoll Politik gemacht, haben bisher – trotz des nahenden Wahlkampfes – Schlammschlachten vermieden. Da kann man sich hinterher wieder in die Augen sehen. Bei Carstensen und Stegner ist das nicht vorstellbar. Schleswig-Holstein braucht nicht nur eine neue Koalition, Kiel braucht einen Klimawandel.“

Das ist offene Wahlwerbung für Schwarz-gelb, gestern wie heute, wie aus Lingenaubers Abschlussbemerkung hervor geht.

„Und Merkel scheint professionell genug, die weiß-blaue Sonderstellung zu akzeptieren, wenn sie denn Erfolg verspricht. Sie braucht ein gutes CSU-Ergebnis, um ein passables Unionsergebnis zu erreichen.“

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SH: Eine weitere Schande für den Parlamentarismus

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Was ist los in Schleswig-Holstein? Um diese Frage beantwortet zu bekommen, sollten sie es tunlichst vermeiden, Zeitung zu lesen oder sonstige Nachrichtenquellen zu bemühen. Denn überall schlägt einem die immer gleiche Botschaft entgegen. Die SPD hat’s verbockt. Ich möchte das mal anhand der Kommentierung in der Neuen Presse Hannover demonstrieren. Am Donnerstag kommentiert Horst Schmuda die Krise in der Landesregierung so. Gleich der erste Satz macht deutlich, warum es zum Bruch der Koalition kommen musste.

„Wer einen wie Ralf Stegner zum Koalitionspartner hat, braucht keine Feinde mehr.“

Und die Begründung folgt gleich im Anschluss.

„Ungeduldig, von sich selbst bis zum Übermaß überzeugt, der Zweck heiligt stets die Mittel. Der Mangel an anderweitiger politischer Potenz unter den schleswig-holsteinischen Genossen macht es ihm leicht, den Sozi-König zu spielen. Kein Wunder, dass Peter Harry Carstensen, der Ministerpräsident und Stegner wie auch umgekehrt in tiefer Abneigung verbunden, endgültig die Nase voll hat von der Profilierungssucht des Koalitionspartners auf seine Kosten – Neuwahlen.“

Der Regierungschef Carstensen ist also ein Getriebener. Nur wegen persönlicher Gründe platzt also die Koalition. Die beiden können halt nicht miteinander, will uns der Hardcore Horst sagen. Komisch nur, dass Herrn Schmuda bei seiner Begründung gar nicht aufgefallen zu sein schien, dass Ralf Stegner überhaupt kein Mitglied der Regierung ist. So hätte man wenigstens die Frage stellen können, warum man einen Bruch der Koalition gerade jetzt verkündet. Das hätte man doch auch schon Ende 2007 haben können. Damals hat Carstensen ebenfalls aufgrund persönlicher Animositäten Stegner aufgefordert, die Landesregierung zu verlassen. Der tat das auch brav und verkündete im Frühjahr 2008, künftig als Spitzenmann der SPD für die Wahl im Jahr 2010 aufzutreten. Die Drohung von Stegner, eine Art von Dauerprofilierung durchzuziehen, war Herrn Carstensen und der Öffentlichkeit also bereits 2008 bekannt. Warum hat der Ministerpräsident nicht schon zu diesem Zeitpunkt eine Auflösung des Parlaments vorgeschlagen?

Aber Horst Schmuda kann natürlich nicht verschweigen, dass Carstensen selbst einen Teil zum Chaos beigetragen hat und auch so am Ende gewesen wäre.

„Natürlich wäre es jetzt einfach, Stegner allein den schwarzen Peter zuzuschieben. Doch dass Carstensen eigentlich niemanden braucht, der ihn ins Stolpern bringt, weil er das selbst auch ganz gut kann, ist der andere Teil der Wahrheit. Er wäre auch ohne Stegners Nickeligkeiten am Ende. Der goldene Handschlag für den HSH-Chef darf getrost als gelungene politische Selbstvernichtung gelten.“

Ah ja. Aber weil Horst Schmuda nicht viel vom schwarzen Peter versteht und lieber durch eine schwarz-gelbe Brille zu blicken scheint, ist die Weigerung Stegners, einer Auflösung des Landtags zuzustimmen, in seinen Augen ein „gewagtes Spiel“. Denn andersherum sehen die Karten für schwarz-gelb ziemlich sicher aus, wenn es denn zum Wunschwahltermin am 27. September käme. Dann nämlich könnte neben dem Bund auch in Schleswig-Holstein eine Koalition aus CDU und FDP antreten. Damit spart man sich ja auch eine mögliche Denkzettelwahl im Jahre 2010, falls die schwarz-gelbe Regierung unter Merkel und Westerwelle doch für Enttäuschungen bei dem ein oder anderen sorgen sollte.

Oder wie es Horst Schmuda abschließend auf seinen ganz eigenen schwarz-gelben moralischen Punkt bringt:

„Die Moral von der Geschicht: Das kommt davon, wenn der Wähler nicht für klare Mehrheiten sorgt.“

Wählerbeschimpfung in der Neuen Presse Hannover. Da unterscheidet sich Schmuda dann auch nicht vom rot-schwarzen Müntefering, der der wachsenden Gruppe von Nichtwählern vor kurzem deren politische Teilnahmslosigkeit zum Vorwurf machte. Wie soll man das nennen. Altersstarrsinn? Dummheit? Oder vielleicht ein Defizit beim Lesen von Wahlergebnissen? Der hessische Wähler zum Beispiel muss sich verarscht vorgekommen sein. Der hat sich eine neue Regierung bestellt und als Antwort bekommen, Modell leider nicht lieferbar. Nun machts der Koch halt wieder. Im Bund kann der Wähler auch wählen, was er will, er bekommt immer Ulla Schmidt als Gesundheitsministerin.

Und in Schleswig-Holstein sind die Mehrheitsverhältnisse eigentlich auch klar. CDU und FDP haben eindeutig keine Mehrheit im Landtag. Es wollte auch sonst keiner mit denen. Also gibt es rechnerisch eine andere und zwar aus SPD, Grüne und SSW. Aber auch da, hieß es gar viermal hintereinander, Modell nicht lieferbar. Einem Abgeordneten war damals der Preis für seine Stimme offenbar zu niedrig. Oder ein anderer hat mehr bezahlt. Wer weiß das schon.

Jedenfalls ist es für den Parlamentarismus eine erneute Niederlage, wenn man sich, weil die Zeiten gerade günstig scheinen, einfach so selbst auflöst und damit den Wählerwillen zur Farce erklärt. In Hessen wählte man bis es passte und in Schleswig-Holstein will man wählen lassen, weil es gerade passt. Das ist noch einmal eine Steigerung. Aber das sieht er Schmuda nicht. Claus Lingenauber in der heutigen Ausgabe der Neuen Presse übrigens auch nicht.

Denn auch in seinem Leitkommentar auf Seite 1 geht das SPD-Bashing munter weiter. Erster Satz:

„Es hat schon groteske Züge, wie hartnäckig sich die schleswig-holsteinische SPD gegen Neuwahlen stemmt und das Bündnis mit der CDU fortsetzen will.“

Das ist schon ein wenig abartig. Sich gegen Neuwahlen zu stemmen, ist also grotesk. Auch Lingenauber muss es natürlich so sehen. Denn sollte die SPD ihre Zustimmung zur Auflösung des Landtags verweigern, ginge das Ganze nur noch mit Hilfe einer „fingierten Vertrauensfrage“. Sie kennen das noch? Das hat Schröder 2005 im Bundestag auch so gemacht. Das Bundesverfassungsgericht hat diesen Blödsinn dann auch noch gebilligt. Das muss man sich mal vorstellen. „Fingierte Vertrauensfrage“, allein schon die Bezeichnung. Warum nennt man es nicht richtig. Vortäuschung falscher Tatsachen oder schlicht Betrug.

In diesem Zusammenhang verstehe ich die Rechtslage wirklich nicht. Wenn die Landesverfassung es vorschreibt, dass sich der Landtag nur mit der hohen Hürde Zweidrittelmehrheit selbst auflösen kann, wozu dann noch das Instrument der Vertrauensfrage, bei der es ausreicht, die Regierungsmehrheit nicht zu erhalten, um den Landtag auch auflösen zu können? Wenn man mit dem alten Regierungschef nicht mehr kann, wählt das Parlament halt einen Neuen. Das nennt man konstruktives Misstrauensvotum. Wo ist das Problem? Das steht auch so in dem Artikel der Landesverfassung, der die Vertrauensfrage regelt:

Artikel 36 – Vorzeitige Beendigung der Wahlperiode durch die
Ministerpräsidentin oder den Ministerpräsidenten

(1) Stellt die Ministerpräsidentin oder der Ministerpräsident in einem Antrag die Vertrauensfrage, ohne hierfür die Zustimmung der Mehrheit der Mitglieder des Landtages zu finden, so kann die Ministerpräsidentin oder der Ministerpräsident binnen zehn Tagen die Wahlperiode vorzeitig beenden. Zwischen dem Antrag und der Abstimmung müssen achtundvierzig Stunden liegen. Artikel 13 Abs. 3 ist anzuwenden.

(2) Das Recht der Ministerpräsidentin oder des Ministerpräsidenten zur vorzeitigen Beendigung der Wahlperiode erlischt, sobald der Landtag mit der Mehrheit seiner Mitglieder eine andere Ministerpräsidentin oder einen anderen Ministerpräsidenten wählt.

In meinen Augen ist die Vertrauensfrage das Einfallstor für die Manipulation des Wählerwillens. Ein Parlament muss in der Zusammensetzung tagen und Beschlüsse fassen können, wie es durch den Souverän in freier, geheimer und gleicher Wahl bestimmt worden ist. Das Beispiel Hessen hat gezeigt, dass das sogar ohne Regierung wunderbar funktioniert. Die Möglichkeit, des vorzeitigen Abbrechens von Wahlperioden scheint aktuell immer mehr in Mode zu kommen. Diese Entwicklung wird letztlich auch durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes bestärkt, Vertrauensfragen auch in fingierter Form zuzulassen.

Dass das ganze Chaos in Kiel natürlich nur ein Ablenkungsmanöver ist, um von der HSH-Nordbank Geschichte oder auch Krümmel abzulenken, dürfte eigentlich klar sein.

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In Deutschland gibt es jede Woche Trends

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Haben sie gestern bzw. heute auch vom neuen Deutschland Trend der ARD gehört? Jörg Schönenborn hat mal wieder rumfragen lassen. Und was kam raus? Top-Meldung: 71 Prozent finden die Arbeit von Frau Merkel toll, dahinter schon der „von und zu“, der bei 61 Prozent der Befragten beliebt sei, weil er gute Arbeit macht. Boah eh. Aber jetzt kommts. Denn 74 Prozent sagen, die CDU sei unehrlich und 75 Prozent finden, die CSU lüge auch. Na sowas. Frau Merkel und Herr zu Guttenberg werden jetzt also nicht mal mehr mit ihren eigenen Parteien in Verbindung gebracht.

Eine reife Leistung von infratest dimap. Denn die Erkenntnisse von Schönenborn sind nicht mal mehr banal, sondern schlicht gar nicht vorhanden. Stattdessen präsentiert man ahnungsloses Achselzucken.

Vier Wochen nach dem Debakel bei der Europawahl setzt sich der Schrumpfkurs der Sozialdemokraten fort. In der aktuellen Sonntagsfrage – erhoben von Montag bis Mittwoch dieser Woche – verlieren die Sozialdemokraten gegenüber dem Vormonat noch einmal zwei Punkte und stehen nun bei 23 Prozent.

Unter sinkenden Zustimmungswerten leidet auch der Kanzlerkandidat der Partei: Außenminister Frank-Walter Steinmeier hat sich zwei Jahre lang die beiden Spitzenplätze der Politikerrangliste des DeutschlandTrends mit Angela Merkel geteilt. Jetzt ist er nur noch die Nummer drei hinter Kanzlerin Merkel und Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg.

Aber das Erstaunlichste an der gegenwärtigen politischen Lage ist wohl, dass die Union von dieser Schwäche so gar nicht profitieren kann. Auch sie muss gegenüber Anfang Juni einen Minuspunkt verbuchen und steht bei 35 Prozent. Das Wahlziel „40 plus X“, das CDU-Generalsekretär Pofalla immer wieder formuliert, ist in weite Ferne gerückt.

Quelle: ARD

Steinmeier leidet also unter den miserablen Werten seiner Partei und Frau Merkels Partei profitiert nicht von den tollen Werten ihrer Vorsitzenden. Tjo, in der Tat sehr erstaunlich Herr Schönenborn. Aus Scheiße wird halt nicht mehr als ein übel riechender Haufen. Vielleicht hätte Schönenborn und infratest dimap den Leuten mitteilen sollen, dass es sich bei Frau Merkel um die Vorsitzende, also die Chefin oder auch die Verantwortliche, der Partei handelt, der dieselben Leute nicht abnehmen, dass sie die Wahrheit sagt. Nebenbei hätte man dann noch sagen sollen, dass Frau Merkel auch die Chefin der Regierung ist, der man ebenfalls schlechte Arbeit und böse Absichten unterstellt. Dann hätte es vielleicht etwas werden können mit einem Ergebnis, das nicht so stinkt…

Übrigens hat Hagen Rether beim Satire Gipfel eine tolle Nummer über die Spitzenkandidaten der Parteien abgeliefert und mal nüchtern Bilanz gezogen. So gesehen, müsste der Deutschland Trend eigentlich doch anders aussehen. Dass die Forscher dennoch immer wieder so einen Müll wie oben liefern, liegt zum einen an der, den Interessen angepassten, Methode, die sich immer schneller in Richtung Slapstick entwickelt und zum anderen an der permanenten Gehirnwäsche durch die Medien, die den Schwachsinn auch noch verbreiten, ohne jegliche kritische Begleitung. Aber nun zu Hagen Rether… :>>

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Auch im Urlaub empfängt man das Erste

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Und was sieht man da am späten Abend? Beckmann. Zu Gast waren Oskar Lafontaine und Björn Engholm. Nun habe ich gedacht, dass einem hier in der Türkei das Hirn gelegentlich einen Streich spielen könnte, da es so unglaublich heiß ist. Wenn man sich aber die gestrige Sendung von Beckmann im Ersten anschaut, fragt man sich verwundert, welche Temperaturen im Hamburger Studio geherrscht haben müssen. Vor allem der Moderator Beckmann machte einen besonders debilen Eindruck. Total von der Rolle.

Außerdem fielen die stümperhaft durchgeführten Schnitte innerhalb des Interviews auf. Man wusste also gar nicht, ob da alle Antworten auf die dusseligen Fragen von Beckmann gesendet worden waren. Jedenfalls entpuppte sich Björn Engholm als Stichwortgeber und Spielpartner von Beckmann. Er nahm jeden Ball auf und lies sich als Kronzeuge gegen seine eigene Partei einspannen. Es ist immer dieselbe Medienmasche. Clement war ja auch so ein beliebter Spezi.

Des Weiteren wurden Lafontaine Ausschnitte präsentiert, auf die er gar nicht antworten durfte. Er konnte erst nach einem längeren Dialog zwischen Beckmann und Engholm auf den zuvor gezeigten Ausschnitt reagieren. Beckmann stellte aber ablenkend eine andere Frage an Lafontaine, die mit dem an ihn gerichteten Ausschnitt gar nix mehr zu tun hatte. Damit sollte es so aussehen, als ob Lafontaine selbst ablenken würde.

Zum Inhalt: Selten hat man so einen Müll gehört, obwohl: Mittlerweile läuft es in nahezu allen Medien so. Engholm behauptete, dass eine Koalition zweier linker Parteien, hier SPD und Linke, deshalb nicht möglich sei, weil es keine gesellschaftliche Mehrheit dafür gäbe. Die Menschen wollten so eine Konstellation nicht. Nun ja, seit 1998 gibt es im Bundestag jedenfalls eine brach liegende Mehrheit und im letzten Jahr gab es auch eine in Hessen. Dort hat man ja bekanntlich so lange gewählt, bis es für Roland Koch passte. Das braucht man für den Bund in diesem Herbst sicherlich nicht befürchten. Dort läuft der Auflösungsprozess der SPD munter weiter.

Besonders dümmlich war das Gespräch zwischen Beckmann und Engholm bezüglich der tollen Umfragewerte des „von und zu“, die ja ähnlich souverän seien wie die der Bundeskanzlerin. Ja der Mann mache tolle Arbeit, vertrete eine klare Linie, spreche den Bürgern aus der Seele, wenn er Millionenhilfen für größere Unternehmen ablehnt. Denn diejenigen, die befragt würden, seien vor allem in Unternehmen beschäftigt, die nicht so groß seien, sagte Engholm. Wenn es allein schon stimmen sollte, dass die Befragung nur bei Leuten in solchen Unternehmen stattgefunden hätte, wäre die Umfrage nicht zu gebrauchen. Aber Engholm hat natürlich überhaupt keinen blassen Schimmer, sondern labert nur drauf los. Solange der Moderator nickt.

Lafontaine konterte natürlich und hielt fest, dass tolle Beliebtheitswerte auch etwas mit PR zu tun haben. Er stellte weiterhin fest, dass die Menschen, die in kleineren Unternehmen tätig sind, unmittelbar abhängig sind, von der Existenz der Großen. Nicht umsonst meldeten letzte Woche zahlreiche kleinere Unternehmen im Zuge der Arcandor-Pleite ebenfalls Insolvenz an. Und ganz deutlich stellte Lafontaine fest, dass es sich eine sozialdemokratische Partei einfach nicht erlauben könne, Unternehmen mit vielen Mitarbeitern im Stich zu lassen. Welche Aufgabe hätte denn eine sozialdemokratische Partei sonst, lautete die Frage, die Lafo nicht stellte, aber jeder verstehen konnte. Da guckte der entzauberte Engholm aber ziemlich ertappt aus der Wäsche. Als Sozialdemokrat dazustehen, der gar nicht mehr seine Aufgabe zu erfassen vermag, sondern lieber die Rhetorik der Konservativen predigt, ist schon ziemlich arschig. Das konnte man in Engholms Augen deutlich sehen.

Aber gut. Auf die Napoleon-Vergleiche, die sich Lafontaine von Engholm auch wieder anhören musste, verzichte ich jetzt mal einzugehen. Ich muss jetzt wieder an den Pool. Ich brauche Abkühlung.

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Wahlanalyse

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Eine wie immer sehr schöne Analyse der EU-Wahl finden sie auf den NachDenkSeiten. Insbesondere die Verteilung der Wählermillieus ist interessant. Die Frage nach einem angeblichen Mobilisierungspotenzial bei der SPD stellt sich nämlich nicht. Es gibt schlicht keine Klientel mehr, die für einen Umschwung bei der Bundestagswahl sorgen könnte. Die SPD-Führung ist den Zahlen nach zu urteilen, einfach am Ende angelangt. Einen weiteren Absturz mal ausgenommen – der ist ohnehin wahrscheinlich. Selbst die Große Koalition wird kaum mehr zu schaffen sein. Wie sagte Steinmeier bei seiner Inthronisierung am Schwielowsee doch so kämpferisch, er spiele nicht auf Platz. In Wahrheit tat und tut er es. Deshalb wird es meiner Meinung nach auch eine neue Kampagne der SPD geben, die abermals unter dem Motto „Schwarz-gelb Verhindern“ verstärkt betrieben werden wird.

Nur was soll an einer Aussicht, dass die Große Koalition fortgesetzt werden könnte, für den angeblich zögernden Wähler der SPD motivierend sein? Schauen sie sich mal das bereinigte Ergebnis der EU-Wahl an. Es ist eher anzunehmen, dass die Gruppe der Nichtwähler auch zur Bundestagswahl im Vergleich zum Urnengang vor fünf Jahren zunehmen wird.

EU-Wahl
Quelle: blogwürdig

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Das absurde Wahlgefasel

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Da ist man mal ein Wochenende privat unterwegs, um mal etwas Anderes zu sehen, da holt einen nach der Heimkehr der geschriebene und gesprochene Müll der geistigen Elite unseres Landes ungebremst wieder ein. Zunächst einmal beklagen sich alle darüber, dass keiner zur Europawahl geganen ist. Am Samtag meckerte der Vizechef der Neuen Presse, Bodo Krüger, über meckernde Wähler, die sich nicht an die Urnen trauten. Dann, so seine Worte, würde man den Rechten Vorschub leisten. Das hätte man in Holland deutlich beobachten können. Unverschämte Worte von Krüger am Schluss seines beknackten Kommentars über, Achtung Wortspiel, Gedämpfte EU-phorie:

„Und bei allem Verständnis für eine gewisse Laxheit in europäischen Fragen – ein mit rechten Rattenfängern beladenes EU-Parlament hat Europa nun wirklich nicht verdient. Deshalb: Meckern Sie ruhig weiter, aber wählen Sie!“

Ich muss ihm ja ein bissel Recht geben. Denn die CSU mit dem ziemlich nach rechts gedrifteten Bernd Posselt von der Sudetendeutschen Volksgruppe darf wohl aller Voraussicht nach weiter machen im „Schloss Neuwahnstein“, so nennt man unter der Hand die bayerische Landesvertretung in Brüssel. Ob im bayerischen Volk die Kunde bereits angekommen ist, dass dieser Prachtbau rund 30 Millionen Euro gekostet hat? Ich weiß, Peanuts würde der neue HSH-Nordbank Aufsichtsrat und Ex-Deutsche Bank Chef Hilmar Kopper sagen, wenn er sich die Milliardenfehlbeträge der Bayern LB anguckt.

Die Bayern LB, man könnte auch sagen, die Hausbank der CSU. Seehofer will ja vor allem deshalb mit seiner CSU weiterhin in Brüssel wurschteln, weil man schärfere Auflagen der EU bezüglich der Bayern LB verhindern will. Wer weiß, welche prachtvollen Leichen da noch im Keller liegen. Aber davon erfährt man nix im allgemeinen Wahlkrampfgetöse. Bodo Krüger, von der Neuen Presse Hannover erwähnt lieber groß und breit, dass Frau Silvana Koch-Mehrin, dank der tollen FDP-Plakatierung, immerhin 13 Prozent der Deutschen als Kandidatin der FDP bekannt ist. Natürlich ist Herrn Krüger die frisch aufgedeckte und äußerst miserable Anwesenheitsquote von Frau Koch-Mehrin in Europa keine Silbe mehr wert. Wie schreibt er doch so deppert:

„Es ist einfach so: Europa findet in den Köpfen der Menschen kaum statt.“

Jawohl Herr Krüger. Und warum wundern ausgerechnet sie sich darüber? Statt aufzuklären bieten sie nur dummes Gesülze an. Machen der FDP den Hof und zitieren sogar noch deren Wahlkampfslogans, um auf die Wähler zu schimpfen. Dümmer geht es nun wirklich nicht mehr. Aber die Angst vor einem europäischen Rechtsruck ist schon irgendwie witzig. Zumal Deutschland angeblich dauernd nach links wegzubrechen droht. Diesmal offenbar nicht. Man wendet die eigene Meinung halt mit jeder Wahl aufs Neue.

Dabei ist das Ergebnis doch so, wie alle es sich gewünscht haben. Schwarz-gelb ist auf dem Vormarsch, trotz des wohl zu vernachlässigenden sechs Prozentverlustes der CDU. Die Tatsache, dass die SPD noch einmal ihren historischen Tiefststand unterbieten wird, reicht aus, um auf dieser Seite des Parteienspektrums ordentlich auf den Busch zu klopfen. Am Abend habe ich den Oberdeppen der ARD gesehen, Herrn Deppendorf, wie er den Steinmeier in die Zange nahm. Mit einer tollen Umfrage vom Vizedeppen der ARD, Herrn Schönenborn. Der, bzw. sein Umfrageinstitut infratest dimap haben nämlich Folgendes fragen lassen.

Haben sie das Gefühl, dass die SPD zu leichtfertig staatliche Gelder in die Hände von Unternehmen gibt?

Ich habe Statistik ja immer gehasst wie die Pest, und es nicht so, dass ich den Steinmeier in Schutz nehmen möchte, aber eins hat der begeisterte, in die Aussagekraft von erhobenen Daten verliebte Hochschullehrer, uns Studenten selbst in der quantitativen Sozialforschung beigegbracht. So offensichtlich gesteuert fragt man seriöser Weise nicht. Hier wird doch die Antwort dem Befragten quasi in den Mund gelegt. Die manipulative Ausrichtung der Frage sticht so dermaßen ins Auge, dass man zu dem Schluss kommen muss, hier soll einfach nur vorgeführt und abgefertigt werden. Das ist übrigens eine ziemlich linke, äh nein, klassisch rechte Nummer. Volksverdummung in der ARD.

Doch die ging noch weiter. Der Deppendorf hat auch Gregor Gysi interviewt und diesen erneut vorgeworfen, dass aus dem Programm der Linken nicht hervorginge wie man alles finanzieren möchte. Dabei war der Deppendorf doch selbst dabei, als Oskar Lafontaine im Sommerinterview 2008 der ARD alles genau vorrechnete. Aber wie man damals bereits erkennen konnte, waren die geistigen Größen der ARD ziemlich überrascht und konnten im Kopf gar nicht mehr so schnell mitdenken, weshalb sie ihren Beschuss holpernd und reflexhaft auf die persönliche Ebene verlagerten. Ja ja, alles schon wieder vergessen. Ist das etwa Ausdruck wachsender Demenz in der ARD oder schlicht das Ergebnis eines bereits stattgefundenen Rechtsruckes innerhalb der Medienlandschaft?

Gerade höre ich die Tagesthemen im Hintergrund. Da läuft ein Bericht über die mangelnde Wahlbeteiligung. Tom Buhro blickt vorwurfsvoll nach Mecklenburg-Vorpommern. Denn obwohl da massenhaft EU-Gelder hinflössen, sei das Interesse an der heutigen Wahl ziemlich gering. Empörend diese Scheiß-Ossis. Undankbar, jaulend und überhaupt liegen doch die faulen Säcke den Leistungsträgern wie Frau Koch-Mehrin von der FDP nur auf der Tasche herum. Wissen sie noch, was Westerwelle in Hannover stellvertretend für seine Partei in die Mikrofone schrie:

„Es gebe kein Recht auf staatlich bezahlte Faulheit“

Ich verkneife mir jetzt noch mal auf die Fehlzeiten von Frau Koch-Mehrin hinzuweisen, bzw. auf ihre Einkünfte, die sie trotz Abwesenheit, aber perfekter Vermarktung ihres Mandats an Lobbyinteressen, eingestrichen hat. Wir sind beim Treten gegen sozial Schwache angekommen. Am Freitag schoss Christoph Slangen, vom Berliner PR-Büro Slangen+Herholz, noch einen Kommentar zum Thema Hartz IV Überwachung ein. Darin schrieb er Folgendes:

„Verdachtsfälle und Bußgelder zeigen aber auch, dass Leistungsmissbrauch kein ganz seltenes Phänomen und Kontrolle angebracht ist. Das hat nichts mit der Stigmatisierung Arbeitsloser zu tun, sondern mit der Sorgfaltspflicht gegenüber Versicherten und Steuerzahlern.“

Verdachtsfälle und Bußgelder zeigen also gefühlt etwas, was amtliche Statistiken klar widerlegen. Sozialleistungsmissbrauch ist ein seltenes Phänomen. Nahezu vernachlässigbar. Das Gegenteil ist richtig. Das sträfliche Vorenthalten von Leistungen nimmt aufgrund des Kostendrucks in den Argen immer weiter zu. Das beweisen die zahlreichen Entscheidungen vor Sozialgerichten gegen erteilte Hartz IV Bescheide. Das ist mittlerweile so dramatisch, dass der Gesetzgeber überlegt, den Klageweg für Betroffene zu erschweren. Aber weil Slangen als Anwalt der Versicherten und Steuerzahler, zu denen er Hartz IV Bezieher offenbar gar nicht mehr zählt, Schaum vorm Mund hat, verteidigt er auch noch eine rechtswidrige Überwachungspraxis, die nur deshalb von der Bundesagentur zurückgenommen wurde, weil der Landesdatenschutzbeauftragte von Schleswig-Holstein, Thilo Weichert, klare Worte fand und das Erwerbslosen Forum Deutschland gerichtliche Schritte gegen die BA einleiten wollte.

Wenn es aber um den Leistungsmissbrauch am oberen Ende der Vermögenstabelle geht, wenn es darum geht, Steuerhinterziehung zu bekämpfen, die den Staat Milliarden kostet, hört man vom Slangen nix. Da geht es ja auch um das scheue Reh des Kapitals, das sofort erschrickt und im Dickicht verschwindet, wenn man ihm zu sehr auf die Pelle rückt. Im Gegenteil, Slangen feiert ein Steinbrück-Gesetz zur Bekämpfung von Steuerhinterziehung, das nachweislich nicht mal einen Placebo-Effekt entfaltet. Da ist der Sorgfaltspflicht gegenüber Versicherten und Steuerzahlern offenbar Genüge getan.

Wenn sie hier auch einen Widerspruch in der Kommentierung sehen, sollten sie sich solche provozierenden Sprüche, wie die von Bodo Krüger vom Samstag, dass man ruhig weitermeckern darf, aber gefälligst wählen gehen soll mit Ausrufezeichen, nicht gefallen lassen. Im Grunde ist es die Laxheit unserer Journalisten, die verantwortlich dafür ist, dass den Leuten die Politik zum Halse raushängt. Wählen sie doch einfach die Neue Presse Hannover ab oder ein anderes Parteiorgan der FDP. Da können sie nichts falsch machen.

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Und noch eine Stimme weniger für Köhler

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Wie ich gerade in meiner Tageszeitung Neue Presse Hannover lese, gab es in der Bundesversammlung eine bekennende Abweichlerin. Die Grünen-Bundestagsabgeordnete Silke Stokar aus Hannover hat für Horst Köhler gestimmt. Und zwar weil erstens das Volk zu 70 Prozent hinter einer zweiten Amtszeit von Köhler stünde. Zweitens: Weil Köhler auf dem Kirchentag in Bremen so eine tolle Krisenrede gehalten habe und die Stimmung in der Bundesversammlung mehrheitlich für Köhler war. Und drittens: Weil Frau Stokar völlig selbstlos verhindern wollte, dass es in einem möglichen zweiten Wahlgang zu einem Stimmengeschachere kommt. Sie wollte eventuelle Verabredungen mit der Linkspartei verhindern.

Na ja. Die Gründe sind alle nicht sehr überzeugend. Ich will da jetzt auch nicht näher drauf eingehen, sondern noch einmal betonen, dass Horst Köhler somit nicht eine wie auch immer geartete scheinbürgerliche Mehrheit hinter sich versammeln konnte, wie es uns Volker Kauder, Guido Westerwelle, Angela Merkel und Horst Seehofer nach der Wahl glauben machen wollten. Ich darf noch einmal vorrechnen?

Die Bundesversammlung hatte 1224 Mitglieder, einer aus der Linkspartei war krank und wurde nicht ersetzt. Also insgesamt wurden 1223 Stimmen abgegeben. Davon waren zwei ungültig und zehn Enthaltungen. Das sog. „Bürgerliche Lager“, das uns aus allen Problemen retten soll, weil es so geschlossen ist, verfügte über insgesamt 615 Stimmen – also CDU (405), CSU (92), FDP (107), Freie Wähler (10) plus Herrn Henry Nitzsche (fraktionsloser Bundestagsabgeordneter, am 15.12.2006 aus der CDU ausgetreten).

Auf den „Superhorst“ entfielen 613 Stimmen, davon war eine nachweislich von der Grünen Frau Stokar, wie wir jetzt wissen. Somit haben aus dem super geschlossenen bürgerlichen Lager, das noch immer all unsere Probleme lösen will, nur höchstens 612 Wahlmänner und Frauen für den gelernten Sparkassendirektor votiert. Das sieht aber dann gar nicht mehr so glatt aus, wie es heute überall beschrieben wird. Nein, warum soll man nicht die Schlagzeile formulieren dürfen, dass Horst Köhler keine eigene bürgerliche Mehrheit zusammen bekam und stattdessen auf mindestens eine Stimme aus dem rot-grünen Lager angewiesen war?

Nun fragt man sich auch, wenn aus dem super geschlossenen bürgelichen Lager, das nach wie vor unser aller Probleme lösen will, mit Gottes Hilfe versteht sich, mindestens drei Wahlmänner und Frauen nicht für den „Superhorst“ gestimmt haben, für wen denn dann? Entweder für nüscht, für Frau Schwan oder Peter Sodann, der hat nämlich mindestens zwei Stimmen von anderen Parteien erhalten – außer von NPD und DVU.

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Nachtrag zur Präsidentenwahl

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Ist ihnen auch aufgefallen, wie einmütig die Stimmungslage vor der Wahl beschrieben wurde? In der Neuen Presse Hannover durfte die PR-Agentur Slangen+Herholz das entsprechende Bild zeichnen. In Slangens Unterüberschrift hieß es dann am Samstag auch bezeichnend:

Nur eins scheint bereits festzustehen: Peter Sodann, der Protestkandidat der Linken, dürfte wohl schon im ersten Wahlgang scheitern.

Gucken wir doch mal genauer hin. Köhler erhielt 613 Stimmen – also zwei weniger, als er hätte sicher kriegen können, wenn man nach der Mär vom bürgerlichen Lager geht. Denn mit dem fraktionslosen Abgeordneten Henry Nitzsche hätte er von den Gruppen um CDU/CSU, FDP und Freien Wählern mindestens 615 Stimmen bekommen müssen. Gesine Schwan, na ja, sie hat mit 503 Stimmen elf weniger erhalten, als rechnerisch möglich waren, wenn man SPD, Grüne und SSW zusammenzählt. Der rechte Kandidat hat genau vier Stimmen bekommen. Das waren auch die Anwesenden von NPD und DVU. Peter Sodann bekam hingegen 91 Stimmen – also eine bzw. zwei mehr, als rechnerisch zu erwarten gewesen wäre. (Erklärung: Ein Mitglied, der Bundestagsabgeordnete Wolfgang Gehrcke von der Linksfraktion, fehlte wegen kurzfristiger Erkrankung. Er wurde nicht ersetzt. D.h. von 1224 Mitgliedern der Bundesversammlung sind insgesamt 1223 Stimmen abgegeben worden. Demzufolge hätte Peter Sodann nur 89 Stimmen bekommen dürfen! Also hat er mindestens zwei Stimmen von einer anderen Gruppe erhalten.)

Tja, es sieht wohl so aus, als hätte der Protestkandidat über seine Klientel hinaus gezündet. Aber ich würde deswegen nicht die Geschichte neu schreiben wollen, wie es unsere bürgerlichen Leitmedien in einem anderen Fall gerne tun wollen. Unmittelbar vor der Präsidentenwahl wurde bekannt, dass der Polizist, der Benno Ohnesorg erschoss, ein Spitzel der Stasi gewesen sei. Haben sie mal gelesen, wie der scheinbürgerliche Reflex ausfiel? Da muss man nicht nur historisch, sondern auch noch mal strafrechtlich drüber nachdenken, hieß es. So als ob es einen Unterschied macht, welche Ideologie den Abzug betätigte. Geistige Zustände sind das… :crazy:

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Zwischen Bürgerfest und Regierungspest

Geschrieben von:

In Berlin findet heute ein Bürgerfest statt. Ach ja, die Wahl zum Bundeshorst natürlich auch. Köhler wurde erwartungsgemäß wiedergewählt. Herzlichen Glückwunsch. Im Plenum funktioniert das noch mit der Demokratie. Dreimal wurde nachgezählt, um wirklich sicher zu gehen, ob die 613 Stimmen auch tatsächlich erreicht wurden.

Eine erste unabhängige Reaktion, die bereits im Jahr 2006 ausgesprochen wurde, möchte ich noch vorweg schicken: :>>

Während der Wahl haben sich draußen vor dem Tore auch einige Passanten eingefunden, die vor der riesigen Videowall der öffentlich rechtlichen Bedürfnisanstalten das etwas bizarre Schauspiel einer demokratischen Wahl hinter verschlossenen Türen verfolgten. Die wurden dann rasch von den Fieldreportern, die nicht für die Sportschau im Einsatz waren, eingefangen und befragt, wen sie sich denn als Staatsoberhaupt wünschten. Schon allein die Vorstellung, dass man sich als Wahlberechtigter fragen lassen muss, wen man sich als Oberhaupt wünscht. Na ja, lassen wir das. Direkte Demokratie war ja noch nie unser Ding. Sind immer schlimme Sachen bei raus gekommen, wie uns ZDF-Chef-Historiker Guido Knopp im Vorfeld erzählte oder war es Helmut Markwort vom Focus? Irgendwas mit Hitler gegen Hindenburg. Das war nicht gut für uns damals, hieß es.

Oh je. Wie sagte Markwort bei seinem sonntäglichen Stammtisch im Bayerischen Fernsehen in einem scheinbar unbeobachteten Moment zu Uli Hoeneß vom FC Bayern.

„Jeder Narr kann Klowände beschmieren… Ich als professionell arbeitender Journalist… mit der üblichen journalistischen Sorgfalt“

Quelle: direkter freistoss

Nun habe ich den Bezug zur heutigen Bundeshorstwahl nicht verstanden. Schließlich würden den Kasper auch 70 Prozent der Deutschen wählen. Wäre das dann nun auch schlecht? Weiß der Markwort was? Hat er dann doch ein bissel Angst vor der eigenen Medienmacht samt angerichteter Manipulation der Bevölkerung durch Gleichschaltung? Ist die Beliebtheit des alten und neuen Bundespräsidenten vielleicht doch nur ein irrsinniges Ergebnis, das in krassem Widerspruch zu dem steht, was sich die Mehrheit der Bevölkerung an praktischer Politik eigentlich wünscht?

Dieselben 70 Prozent, die den Horst toll finden, bekunden auch, dass Frau Merkel einen guten Job macht. Diese 70 Prozent finden dann wiederum, dass die Regierung ihre Arbeit aber schlecht erledigt. Was soll man davon halten? Alle doof oder was? Oder hat sich da einer gedacht, die schlechten PISA-Ergebnisse muss man doch auch positiv nutzen können? Egal. Der erste Wahlgang hat ja nun gereicht. Da hat sich Christian Wulff dann sicherlich gefreut, weil er den Zug nach Wolfsburg rechtzeitig erreichen konnte, um den VfL zur ersten Deutschen Fußball-Meisterschaft zu gratulieren.

Haben sie mal darauf geachtet, wie oft der Satz von der Eindeutigkeit viel? Das Volk stünde eindeutig hinter dem Präsidenten, es würde ihn eindeutig wählen, er ist eindeutig am Beliebtesten. Haben sie mal die Berichterstattung über unseren Messias aus dem Schloss Bellevue verfolgt. Selbst das, was man nur bruchstückhaft mitbekommen hat, spottet jeder Beschreibung. Überall derselbe Bericht. Angefangen von der berühmten Bild-Schlagzeile „Horst wer?“ über den starrsinigen Amtsinhaber, der Unterschriften unter Gesetze verweigert und dem Afrika besonders am Herzen liegt bis hin zum schon immer mahnenden Vordenker in unserem Land, der die Krise kommen sah und in seiner letzten Berliner Rede klare Worte fand. Und dann kommt der Einspieler mit dem berühmten Zitat, bei dem ich immer lachen muss:

„Das tut man nicht!“

Böse, böse, das tut man nicht! Man tat es aber und nu? Auch das soll Köhler angeblich klar und präzise formuliert haben, meint zumindest Harald John, Chefredakteur der Neuen Presse Hannover, in seiner heutigen Lobeshymne auf den Amtsinhaber, die im Gewand eines Kommentars auf Seite 1 daherkommt:

„Seine Botschaft ist klar und präzise: Ein rein materielles „Immer mehr“ reicht nicht. Eine solche Botschaft hätte fünf Jahre verdient.“

Ja, fünf Jahre Knast vielleicht. Was ist denn an seiner Botschaft klar? Die Frage muss doch lauten, was meint Köhler denn genau mit einem materiellen „Immer mehr“? Meint er die Banker, wie es den Anschein zu haben scheint? Oder meint er das, was er in seiner Berliner Rede in widerlicher Weise von sich gab. Nämlich das wir alle über unsere Verhältnisse gelebt hätten. Dann bezöge sich das „Immer mehr“ nicht auf die Zocker allein, sondern vor allem auf jene, die mit dieser Krise überhaupt nichts zu tun haben. Meint er vielleicht mit einem materiellen „Immer mehr“ höhere Löhne, höhere soziale Sicherheit und höhere Renten?

Die Manipulationen setzen sich weiter fort. Was Harald John hier als positiv bewertet und mit ihm auch die 70 Prozent, die Köhler direkt wählen würden, bedeutet in Wirklichkeit etwas ganz anderes. Und um das zu beweisen, braucht man keine Glaskugel oder einen Hang zum Verschwörungstheoretischen. Der Hund Horst Köhler hat das, was er wirklich meint, selbst gesagt in seinen zahlreichen Reden. Man müsste sie sich nur wieder in Erinnerung rufen, und dem Henker des internationalen Finanzkapitals, der Argentinien eiskalt hinrichtete, die unschuldige Maske vom Gesicht reißen! Dieser Mann ist kein Wohltäter, kein besonnener Präsident, der die Lage überparteilich mit einem angeblichen Blick für’s Ganze zu beherrschen scheint. Dieser Lump ist ein Lügner und Betrüger, der fröhlich nach der Pfeife des noch immer ungebrochenen neoliberalen Zeitgeistes tanzt.

Aber was rede ich von Geistern, die miesen Gestalten und Charaktere um Merkel und Co sind doch konkret in Regierungsverantwortung und ruinieren weiter das Land. Sie verstecken sich hinter Schlagworten, die mal Begriffe waren, wie „Soziale Marktwirtschaft“, um ihrem asozialen Tun einen seriösen Anstrich zu verleihen. Und Mietmäuler wie Markwort, der sich dreist als Qualitätsjournalisten bezeichnet, weil er das Stammtischsaufen mit Politgrößen am Sonntagmorgen als besondere Auszeichnung der eigenen Arbeit missversteht oder Harald John, der nur das abschreibt, was ihm die machttrunkenen Qualitätskollegen anliefern, sehen gar nicht mehr, in welchen Dienst sie sich begeben haben. Selbst wenn man sie wie Odysseus an einen Mast ketten und ihre Ohren mit Wachs verschließen würde, sie würden dennoch dem Gesang der Syrenen erliegen und sich verführen lassen und vergessen, was sie sind und welche Aufgabe sie haben – nämlich zu kontrollieren, zu hinterfragen, um der Wahrheit unabhängig zur Seite zu stehen.

Warum spricht keiner dieser angeblichen Journalisten davon, dass allein die Aussage, Horst Köhler sei überparteilich eine glatte Lüge ist? Man braucht doch nur seine Reden anschauen. Nehmen sie doch die folgenschwerste Rede Köhlers zur Auflösung des Bundestages im Jahr 2005. Damals wog der Präsident überhaupt nicht ab, wie es der Artikel 68 Grundgesetz von ihm verlangte. Er betete schlicht die schwarz-gelben Horrorszenarien nach, redete der Agenda-verseuchten SPD-Führung das Wort und half somit Gerhard Schröder bei seiner fingierten Vertrauensfrage, die das Verfassungsorgan Bundestag und somit den Parlamentarismus ad absurdum führte. Er redete das Land schlecht. Er orientierte sich damals klar an Merkel und Westerwelle und sprach von einer „ernsten Situation“, er bezeichnete den Zustand der öffentlichen Haushalte als „nie da gewesene kritische Lage“ usw. Auf der anderen Seite fand er kein Wort an die Kritiker, die in dem Vorgehen des Bundeskanzlers einen Verfassungsverstoß sahen. Köhler schien auch darüber hinwegzusehen, dass unmittelbar vor der Vertrauensfrage noch zahlreiche Entscheidungen mit Regierungsmehrheit im Bundestag zu Stande kamen. Von einer Unregierbarkeit hätte also nie die Rede sein dürfen.

Und was ist mit seiner unsäglichen Rede vor dem Arbeitgeberforum in Berlin am 15. März 2005? Schauen sie doch da mal rein. Dort finden sie das gesamte Wahlprogramm der FDP. Nein, Heribert Prantl brachte es damals auf den Punkt. Köhler sei ein…

„…abgeschnittener Präsident.[…] Er ist die Hinterlassenschaft einer nicht zustande gekommenen schwarz-gelben Koalition.“

Und keiner merkt, dass der Abgeschnittene nun im zweiten Versuch doch noch zum Vorzeigeonkel einer schwarz-gelben Mehrheit im Herbst werden soll. Daran ließ Horst Seehofer im Dreideppeninterview (die anderen zwei waren Merkel und Westerwelle, die sich gegenseitig nett zuzwinkerten) im Abgang keinen Zweifel. Schwarz-Gelb heißt das Ziel! Und der Deppendorf vom Ersten regt sich über den Unbegriff „Unrechtsstaat“ auf, dessen kritische Betrachtung Gesine Schwan angeblich das Genick gebrochen hätte.

Wie viele Menschen waren eigentlich heute in Berlin? Mehr als letzte Woche? ;)

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