Eine neue Sau im deutschen Mediendorf

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Erst erklärte ein CDU-Hinterbänkler der Internetgemeinde einen bereits gewonnenen Krieg, dann twitterte Erika Steinbach von rechts in die unendlichen Weiten des World Wide Web und nun fordern unbedeutende CDU-Nachwuchskräfte, deren Eltern wahrscheinlich noch Kindergeld für sie erhalten, eine Zwangsabgabe für Kinderlose oder Eltern mit nur einem Kind. Ein Vorschlag, der in direkter Folge gegen die ersten drei Artikel des Grundgesetzes verstößt, ist auch für die vom Verfassungsschutz unbeobachtete Christlich Demokratische Union etwas Neues.

Allerdings ist die Aufgeregtheit, mit der über diese gezüchtete Mediensau, die bloß den Blick von unseren Krisenstrategen ablenken soll, berichtet und kommentiert wird, nicht zu verstehen. Denn wie immer zelebriert die Union ihr altbekanntes Spiel eines vorgetäuschten Diskussionsprozesses. Während Bundesfamilienministerin Kristina Schröder gegen den Vorstoß ist und mit der Bemerkung, “Ich finde es vernünftiger, Kinderwünsche zu befördern statt Kinderlosigkeit zu bestrafen”, ihr nicht vorhandenes Image aufpolieren darf, empfindet Bayerns Familienministerin Christine Haderthauer für die Sondersteuer durchaus Sympathie.

Statt aber auf die Verfassungsfeindlichkeit und die offenkundige Inszenierung eines innenpolitischen Themas hinzuweisen, springen die Medien hauptsächlich Schwulen und Lesben sowie jenen zur Seite, die aus gesundheitlichen oder medizinischen Gründen keine Kinder bekommen können. Das ist zwar alles richtig, zielt aber am Kern des Vorgangs vorbei. Sämtliche Kommentatoren, die nun von Dummheit und Ignoranz sprechen, glauben doch wohl nicht im ernst, dass dieser Vorschlag rein zufällig als unüberlegter Schnellschuss die Öffentlichkeit erreichte.

Ganz im Gegenteil. Die Sau nutzt vor allem der Regentin Merkel, die außenpolitisch vor einem Scherbenhaufen steht – die griechische Wirtschaft bricht im vierten Quartal 2011 um sage und schreibe 6,8 Prozent ein – und die nun innenpolitisch mit einem klaren Nein zum Vorschlag ihrer Parteijünger sowohl punkten wie auch die Diskussion über die Nachhaltigkeit der deutschen Sozialsysteme erneut auf die Tagesordnung setzen kann.

Die Talkshowrunden der kommenden Woche dürften damit thematisch bestens versorgt sein.

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Schöngeredet: Jahrespressekonferenz des HDE

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Wie man wirklich gruselige Zahlen toll präsentieren und verkaufen kann, demonstrierte heute der HDE-Hauptgeschäftsführer, Stefan Genth. Auf der Jahrespressekonferenz verkündete er, dass sich der private Konsum auch in diesem Jahr positiv entwickeln und einen Beitrag zur Stabilität der deutschen Volkswirtschaft leisten werde.

Angesichts zuletzt rückläufiger Umsätze im Einzelhandel, die eben nicht zu einer Stützung der Konjunktur beigetragen haben, sondern vielmehr zu einem Schrumpfen der deutschen Wirtschaftsleistung im vierten Quartal, ist die Behauptung vom privaten Konsum als Motor der Wirtschaft sehr mutig. Eigentlich müsste Genth heulen, wenn er das Niveau der aktuellen Umsätze und damit den Grund seiner guten Laune beispielsweise mit den Zahlen der Jahre 2000 (-3,7%) und 1994 (-3,9%) vergleicht (Quelle: Querschuesse). 

Tut er aber nicht, sondern vergleicht miese Zahlen aus Krisenjahren mit miesen Zahlen aus Krisenjahren und betreibt dabei statistische Irreführung. Der nominale Zuwachs der Umsätze von 2,6% im Jahr 2011 hat Genth während der Pressekonferenz mit jenen 2% in Beziehung gesetzt, die der HDE als Zuwachsrate erwartete. Das ist nur grober Unfug, weil sowohl die Erwartungshaltung als auch die tatsächliche Zuwachsrate immer unter dem Aspekt der Preisbereinigung wirklich aussagefähig ist.

Preisbereinigt haben die Umsätze im Jahr 2011 aber nur um klägliche 0,9% zugenommen. Im Herbst wurde zudem von Seiten der Einzelhändler betont, dass es vom Weihnachtsgeschäft abhinge, ob die Zielmarke von 2% noch erreicht werde. Doch selbst nach Aussage von Genth verlief dieses eher enttäuschend. Die Erklärung ist bekannt:

“Das Weihnachtsgeschäft zeigte große Schwankungen. Insbesondere die erste Dezemberhälfte konnte die Erwartungen nicht erfüllen und sorgte für Unruhe in der Branche.

[…]

Besonders der ungewöhnliche Wetterwechsel mit einem zu warmen Herbst und Winter sorgte eben im vergangenen Jahr nicht für die richtigen Kaufimpulse. Der Textil- und Sporthandel war durch diesen Verlauf klar betroffen und wartete auf Kunden und Umsätze, die normalerweise hätten kommen müssen.”

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Tagesschau um 12 zu den Arbeitsmarktdaten

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Tagesschau-Sprecher Claus-Erich Boetzkes hat in der Mittagsausgabe der ARD-Nachrichten über die aktuellen Arbeitsmarktdaten berichtet und folgenden Einleitungssatz konstruiert:

“Die Unsicherheiten an den Finanzmärkten schlagen weiter nicht voll auf den Arbeitsmarkt durch.”

Auf was für umständliche Formulierungen man kommt, um einen Anstieg der bereits geschönten Arbeitslosenzahlen dennoch als gute Meldung zu verkaufen.

Übrigens, der Grund für den Anstieg ist mal wieder der Winter, obwohl der im Januar erst seit dieser Woche wirklich stattfindet. Egal. Saisonale Effekte sind immer noch die beliebtesten Begründungen für unerklärbare Phänomene wie ICE-Zugsausfälle oder das Steigen der Arbeitslosenzahlen, trotz statistischer Manipulation.

Wenn sie wissen wollen, wie es weitergeht, sollten sie sich die Begriffe “Frühjahrsbelebung”, “Sommerpause” und “Herbstflaute/belebung” schon einmal in ihrem Kalender vormerken.  

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Meilenweit an den Erwartungen vorbei: Umsätze im Einzelhandel brechen wieder ein

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Das Weihnachtsgeschäft und vor allem die letzten Wochen des Jahres sollten den Handel retten. Zuversichtlich prognostizierte der Handelsverband HDE gute Ergebnisse. Schließlich sei die Stimmung bei den Verbrauchern trotz Krise hervorragend, die Kauflaune laut GfK-Kaffeesatzindex ungebrochen hoch und die Geschäfte nach optischer Messung mit Menschen voll gewesen. Demnach seien die Rahmenbedingungen für den Einzelhandel im Jahr 2011 so toll gewesen wie schon lange nicht mehr, freute sich der HDE am 4. Januar 2012.

Insgesamt waren die Rahmenbedingungen für den Einzelhandel 2011 so gut, wie schon lange nicht mehr. Das Jahr hat denn auch die Erwartungen der Branche erfüllt. Der HDE hatte für 2011 ein Umsatzplus von zwei Prozent erwartet.

Quelle: HDE

Doch daraus wurde mal wieder nichts. Das statistische Bundesamt hat heute die Zahlen zu den Umsätzen im deutschen Einzelhandel für den Monat Dezember und das Jahr 2011 veröffentlicht. Darin heißt es:

Die Einzelhandelsunternehmen in Deutschland setzten im Dezember 2011 nach vorläufigen Ergebnissen des Statistischen Bundesamtes (Destatis) nominal 0,5 % mehr und real 0,9 % weniger um als im Dezember 2010. Beide Monate hatten jeweils 26 Verkaufstage. Im Vergleich zum November 2011 sank der Umsatz im Dezember 2011 kalender- und saisonbereinigt (Verfahren Census X-12-ARIMA) nominal um 1,7 % und real um 1,4 %.

Im gesamten Jahr 2011 wurde im Einzelhandel in Deutschland nominal 2,6 % und real 0,9 % mehr als im Jahr 2010 umgesetzt.

Quelle: destatis

Einzelhandel bis Dezember 2011

Vor knapp einer Woche hieß es noch, Konsumenten bleiben im Kaufrausch. Die Verbraucher zeigten eine Kaufbereitschaft, die so hoch sei wie im Jahr 2006.

“Die Konsumenten stemmen sich weiter gegen zunehmende Konjunkturrisiken sowie die anhaltende Schuldenkrise im Euro-Raum”, sagt GfK-Experte Ralf Bürkl. Da auch die Stimmung der Firmen dreimal in Folge zulegte, hält es Wirtschaftsminister Philipp Rösler für “immer wahrscheinlicher, dass Deutschland die gegenwärtige wirtschaftliche Schwächephase zügig hinter sich lässt und sich der Aufschwung fortsetzt”.

Die Reaktionen auf die ernüchternden Zahlen fallen unterdessen wie üblich aus. Von einer unerwarteten Überraschung bis hin zum Klammern an den schwachsinnigen GfK-Konsumklimaindex, der nach Auffassung vieler immer noch Hoffnung verbreite, ist wieder zu lesen. Es wird nicht lange dauern und die Propagandamaschine von Spiegel Online und Co. wird die Nachrichten zum weiter schwächelnden privaten Konsum überdecken.

Wenigstens hat sich der Winter zurückgemeldet, so dass der Handelsverband nun endlich auf einen anziehenden Absatz von Winterbekleidung im Schnäppchen-Schlussverkauf hoffen kann. Den sehr wahrscheinlichen Rückgang der deutschen Wirtschaftsleistung im vierten Quartal 2011 wird das aber nicht kompensieren können.

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Sparkommissar scheinbar abgehakt

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Am Wochenende hörte ich einen Experten im Radio sagen, dass es schon wünschenswert wäre, wenn das griechische Volk an den Fiskalentscheidungen beteiligt würde. Allerdings sei doch klar, dass Sparmaßnahmen im Augenblick nicht so populär seien, das Bestreben den Euro zu retten aber Vorrang habe. Diese absurde Logik wird auch bei der Diskussion um einen Sparkommissar benutzt, von dem heute, nachdem die Empörung ob des deutschen Vorschlags in Griechenland enorm war, niemand mehr etwas wissen will.

Scheinbar.

Denn die Hasardeure des voreilig gesprochenen Wortes haben ihre PR-Berater konsultiert und beauftragt, den Sachverhalt in Sprechblasen so zu verpacken, dass jeder annehmen muss, sie seien gegen die Einsetzung eines Sparkommissars, nicht aber gegen dessen Funktion, was bekanntlich nur die wenigsten checken.

Da ist zum Beispiel unsere Bundeskanzlerin, die heute im generalbestreikten Brüssel zu einem Sparkommissar Stellung bezog und so tat, als würde sie Schadensbegrenzung betreiben (zumindest nehmen das viele in ihrer gespielten Naivität an):

“Ich glaube, dass wir eine Diskussion führen, die wir nicht führen sollten. Es geht darum: Wie kann Europa unterstützen, dass in Griechenland die Dinge eingehalten werden, die als Auflagen gegeben werden. Aber alles geht nur, indem Griechenland und die anderen Staaten das miteinander diskutieren.”

Quelle: Stern

Ich verstehe nicht, wie man da schreiben kann, Merkel hätte die Wogen zu glätten versucht. Denn in Wirklichkeit hat sie die Funktion des Kommissars, nämlich zu unterstützen (überwachen), dass  die Auflagen (Spardiktat) eingehalten (umgesetzt) werden, bloß umschrieben. Ob dieser Jemand nun Sparkommissar, Troika oder Papademos (von Merkels Gnaden, nicht vom Volk gewählt) heißt, ist doch egal.

Im Kern bleibt doch die Erkenntnis, dass alle Bemühungen, durch Haushaltsdisziplin, Kürzungen und mehr Kontrolle der Exekutive vor Ort eine Verbesserung der wirtschaftlichen Lage herbeizuführen, grandios gescheitert sind. Damit das aber keiner merkt, wird in einer Tour die Dosis des schädlichen Gifts erhöht, in der Hoffnung, so die eigenen Leute hinter sich zu versammeln und gegen die Empörten in Griechenland in Stellung zu bringen. Denn wenn mehr Menschen wüssten, was eigentlich los ist, wäre vielleicht was los hier.

Aber so ist es bekanntlich nicht, weil auch Sätze wie die vom EU-Parlamentspräsidenten Martin Schulz (SPD) ihre Wirkung nicht verfehlen. Er meinte ganz direkt, dass man solche Begriffe wie Staatskommissar und Sparkommissar vermeiden solle, wohl aber dafür Sorge tragen müsse, dass die Sparmaßnahmen umgesetzt würden. Diese Floskelei dient schließlich nur als Futter für das Wahlvolk an der Heimatfront, welches durch Merkel, Dschungelcamp und Co. vollkommen sediert vor sich hin dämmert und nicht mehr zwischen Phase und Phrase zu unterscheiden weiß. 

In Griechenland und in zunehmend mehr europäischen Ländern wird aber sehr wohl die Absicht der deutschen Kanzlerin verstanden, die europäischen Völker als Sünder zu brandmarken und in die Knechtschaft zu treiben.

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Egon W. Kreutzer spricht sogar von “Kinderarmuts-Rückgangs-Lüge"

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Auch Egon W. Kreutzer weist in seinem aktuellen Paukenschlag auf den angeblichen Rückgang der Kinderarmut hin und bezeichnet die Jubelmeldung der Arbeitsagentur als “Kinderarmuts-Rückgangs-Lüge”. Auch er stellt ganz schlicht fest, dass es 2006 rund 600.000 Kinder unter 15 Jahren mehr gab als 2011.

Schlimm ist aber, dass die Medien die Meldung einfach unkritisch nachbeten, obwohl die Jubelaussage aufgrund der Fakten sachlich einfach falsch ist.

Siehe auch meinen Eintrag im Blog.

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Zur Top-Meldung: Kinderarmut geht zurück

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Laut eines Berichtes der Bundesagentur für Arbeit sank die Zahl der unter 15-Jährigen, die auf staatliche Grundsicherung angewiesen sind. Im September 2006 waren es 1,9 Millionen und im September 2011 nur noch 1,64 Millionen.

Von September 2010 bis 2011 schrumpfte die Zahl der unter 15-Jährigen in Hartz-IV-Haushalten um fast 84.000.

BA-Vorstandsmitglied Heinrich Alt wertete dies als Erfolg: “Weniger Kinder in Hartz IV bedeutet, dass es den Jobcentern gelungen ist, ihre Eltern in Beschäftigung zu integrieren.” 

Quelle: Süddeutsche

Was an dieser Statistik natürlich verdächtig wirkt, ist die offenbare Unterschlagung der Tatsache, dass Kinder älter werden. Was ist denn mit jenen jungen Leuten, die im letzten Jahr 16 geworden sind und laut dieser Erhebung aus demografischen Gründen gar nicht mehr mitgezählt werden?

Das die Bundesagentur mit Hilfe von Altersgrenzen ihre Statistiken manipuliert, ist ja nicht neu. Bereits die Abgänge zahlreicher älterer Arbeitslose in die Rente, weil diese die Regelaltersgrenze erreicht hatten, wurde in der Vergangenheit als Erfolg der Arbeitsvermittlung betrachtet und dem angeblich so robusten deutschen Arbeitsmarkt sowie dem wirtschaftlichen Aufschwung zugeschrieben.

Fakt ist, dass eine Verschiebung in den Altersgruppen stattfindet. Laut Bevölkerungsstatistik waren im Jahr 2005 noch 11,6 Millionen Deutsche unter 15 Jahre alt. Im Jahr 2009 ging die Zahl aber um rund 627.000 auf etwa 11 Millionen zurück. Dieser allgemeine Rückgang dürfte sich auch auf den Personenkreis auswirken, der von staatlicher Grundsicherung abhängig ist.

Es ist also davon auszugehen, dass weniger eine gute Arbeitsmarktintegration von betroffenen Eltern durch die Jobcenter stattgefunden hat, als vielmehr statistische Effekte zum Tragen kommen. Denn insgesamt sind immer noch über 6 Millionen Menschen auf ALG II oder Sozialgeld angewiesen. Zuletzt stieg deren Zahl wieder an.

Leistungsempfänger

Richtig ist hingegen, dass seit Einführung der Hartz-Gesetze die Zahl aller Bedürftigen zunächst stieg und dann seit 2008 leicht zurückgegangen ist. Im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung (0-65 Jahre) überschreitet die Empfängerquote aber immer den Wert von 10 Prozent, liegt also auf einem sehr hohen Niveau. Jubelstimmung ist da nicht angebracht, auch mit Blick auf die offizielle Zahl registrierter Arbeitsloser, die nach Angaben der Bundesagentur von 4,9 Millionen im Jahr 2005 auf 2,98 Millionen im Jahr 2011 zurückgegangen sein soll.

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Ethik-Regeln für Ökonomen

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Auf NDR-Info lief heute Morgen ein Beitrag von Christoph Rasch über Ökonomen, die eng mit der Wirtschaft verbandelt sind. Dieser Beitrag sollte nicht nur dem Norden, sondern auch dem Rest der Republik zur Kenntnis gegeben werden.

Die bekannten und gern zitierten Ökonomen Bernd Raffelhüschen (Uni Freiburg)  und Thomas Straubhaar vom Hamburgischen Weltwirtschaftsinstitut (HWWI) werden gleich zu Beginn genannt und zu ihren Verbindungen in die Wirtschaft befragt. Beide rechtfertigen sich und führen an, dass gerade sie für Transparenz sorgen würden, weil sie ihre Mandate im Internet offenlegen.

Außerdem sinniert Straubhaar ganz abenteuerlich über einen angeblich falsch verstandenen Begriff des unabhängigen Experten. Dabei versucht er die Interessenabhängigkeit herunterzuspielen, indem er behauptet, dass jeder irgendwie parteiisch sei. Vom Anspruch einer objektiven Wissenschaft keine Spur.

Die gefragten Experten geben an, ihre “Abhängigkeiten” im Web öffentlich gemacht zu haben und spielen den Ball durchaus berechtigt zu den Medien zurück, die das bisher nicht zur Kenntnis nehmen wollten.  Die Frage, wie das Zusammenspiel zwischen PR-Ökonomen und den Medien funktioniert, bleibt daher auch unbeantwortet.

Immerhin wird die Kritik gehört und redaktionell aufgegriffen. Der preisgekrönte Film “The inside Job” (Trailer mit deutschen Untertiteln hier) aus den USA wird als Auslöser und Beispiel genannt. Bis zum Herbst will nun die Ökonomenvereinigung in Deutschland schärfere Transparenzregeln erarbeiten.

Ich schlage aber schon jetzt vor, einfach die NachDenkSeiten zu lesen, die immer wieder auf die Verbindungen zwischen scheinbar unabhängigen Experten und der Wirtschaft hinweisen.

Der Beitrag von NDR-Info ist in der Mediathek des NDR unter folgendem Link abrufbar:

http://www.ndr.de/flash/mediathek/mediathek.html?media=audio100807

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Schlechte Zahlen vom Handelsriesen

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Eine Nachricht aus der Wirtschaft lautet heute, dass der Einzelhandelsriese Metro den Verkauf der Tochter “Kaufhof” gestoppt habe. Als Grund wurde eine nicht optimale Situation an den Finanzmärkten angegeben. Viel interessanter als die Meldung vom geplatzten Verkauf ist aber die Bilanz, die der Metro-Konzern für das abgelaufene Jahr vorlegte. Demnach habe vor allem das Weihnachtsgeschäft enttäuscht, gab Vorstandschef Olaf Koch an.

Schon Anfang Dezember hatte Metro über ein schwaches Weihnachtsgeschäft berichtet. Das belegen nun auch die vorläufigen Zahlen für 2011: Der Umsatz sank um 0,8 Prozent auf 66,7 Milliarden Euro. Im üblicherweise saisonal besonders starken vierten Weihnachtsquartal fiel der Umsatz um 1,3 Prozent auf 19,5 Milliarden Euro.

„Das vergangene Jahr war durch außerordentliche Entwicklungen stark beeinträchtigt“, sagte der seit Januar amtierende Vorstandschef Olaf Koch. Insbesondere die Staatsschuldenkrise, hohe Arbeitslosigkeit und Sparprogramme in vielen Ländern Europas hätten die Kauflust der Verbraucher gebremst.

Quelle: Tagesschau

Ja, wie jetzt? Laut GfK Konsum- und ifo Geschäftsklimaindex sei die Kauflaune der Deutschen immer besonders hoch gewesen und habe zur Stützung der Konjunktur beigetragen. Ich suche immer noch nach dem BIP-Anteil, der durch Laune und Lust zugenommen haben soll, aber egal. Fakt ist doch wohl eher, und darauf deuten die Zahlen von Metro (Kaufhof, Saturn, MediaMarkt, Real) hin, dass es an und vor Weihnachten erneut keine Konsumparty gegeben hat.

Insgesamt waren die Rahmenbedingungen für den Einzelhandel 2011 so gut, wie schon lange nicht mehr. Das Jahr hat denn auch die Erwartungen der Branche erfüllt.

Quelle: HDE

Für einen ziemlich großen Teil der Branche scheint das nun aber nicht oder mal wieder nicht zu stimmen. Welche Überraschung. :yawn:

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Pressekommentare zur Finanzkrise

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“Pünktlich zum Ende des weihnachtlichen Festreigens ist die Euro-Krise wieder da, schärfer denn je. Die eher bedächtige Merkel und der drängende Sarkozy haben dabei erkannt, dass striktes Sparen und konsequente Haushaltskonsolidierung zwar unumgänglich sind, um die gallopierenden Schulden in den Griff zu bekommen, gleichzeitig aber kontraproduktiv wirken, weil sie jegliches Wachstum im Keim ersticken.”

Quelle: Badische Neueste Nachrichten via dradio Presseschau

Ich bitte um Erklärung: Wie kann striktes Sparen dazu führen, eine gallopierende Verschuldung in den Griff zu bekommen, wenn dadurch gleichzeitig das Wachstum im Keim erstickt werde?

Lesen Journalisten eigentlich das, was sie da schreiben?

Denn wenn es richtig ist, dass striktes Sparen das Wachstum ersticke, können Schulden weder bedient noch abgebaut werden. Sie nehmen im Gegenteil weiter zu.

Der Widerspruch fällt nicht weiter auf denn, so die Zeitung weiter, mit einer Finanztransaktionssteuer könne die Absicht verbunden werden, Sparen und eine Ankurbelung der Konjunktur miteinander zu verbinden. Dass es schlichtweg widersinnig ist, erst die Konjunktur durch sinnlose Spardiktate abzuwürgen und Menschen in Arbeitslosigkeit und Armut zu treiben, um dann durch eine Erhöhung der staatlichen Einnahmen die Wirtschaft mit gezielten Investitionen wieder anzukurbeln, kommt man nicht.

Wieso führt man nicht erst eine Steuer auf Vermögen, Kapitaleinkünfte und Börsenumsätze ein, verbessert somit den finanziellen Handlungsspielraum des Staates, und sorgt anschließend in konjunkturell besseren Zeiten für notwendige Einsparungen?

Außerdem ist es schon sehr merkwürdig, dass Angela Merkel plötzlich wieder als große Finanztransaktionssteuer-Befürworterin abgefeiert wird. Sie könne sich vorstellen, die Steuer gemeinsam in der Eurozone einzuführen. Was unterscheidet diese Aussage nun von der vor ein paar Jahren, wonach die Idee von Merkel als “charmant” bezeichnet wurde und seitdem nichts weiter in dieser Richtung passiert ist.

Das Spiel über Bande läuft erneut. Denn nicht nur Sarkozy befindet sich im Wahlkampf, sondern auch Angela Merkel, die mit dem anstehenden Urnengang in Schleswig-Holstein den einzigen Stimmungstest in diesem Jahr überstehen muss. Bereits am Freitag wird sie in Kiel zum Wahlkampfauftakt erwartet. Und die Presse springt ihr dabei mit Schlagzeilen wie “Merkels Vorstoß in der Eurokrise” wieder wohlwollend zur Seite.

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