Von der Leyens Bürgerarbeit

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Was für ein schöner Name. „Bürgerarbeit“. Das klingt doch nach einer scheinbar vernünftigen Antwort auf Westerwelles spätrömische Hetztiraden. „Bürgerarbeitsplätze“ heißen die neuen Stellen, die Frau von der Leyen als die konsequenteste Form des Förderns und Forderns bezeichnet.

Die „Bürgerarbeiter“ könnten beispielsweise ältere und behinderte Menschen betreuen, Sportangebote für Jugendliche leiten oder Laub aufsammeln, schlug die Ministerin vor. Dabei könnten die Kommunen jedoch selbst entscheiden, welche Arbeiten „ihre“ Bürgerarbeiter übernehmen können. Wichtig sei, dass die Arbeit gemeinnützig ist und keine regulären Jobs verdrängt. Für eine 30-Stunden-Woche sollen die Bürgerarbeiter 900 Euro im Monat bekommen.

Quelle: Spiegel Online

Ich habe die Ministerin auch gehört und ihre tiefe Überzeugung, dass der Unsinn, den sie da vorschlägt, tatächlich etwas mit vernünftiger Politik zu tun haben könnte. Einfach nur widerlich diese Frau. Das fängt schon wieder bei den regulären Jobs an, die nicht verdrängt werden dürften. Was soll das bitteschön heißen? Gibt es etwa auch irreguläre Jobs. Und wenn ja, was tut die Bundesregierung eigentlich dagegen? Wie versteht sie denn ihre Aufgabe? Will sie nun reguläre oder irreguläre Beschäftigung wie die angekündigte „Bürgerarbeit“ fördern? Erwerbsarbeit bleibt doch Erwerbsarbeit. Es gibt einen Arbeitsvertrag und eine Entlohnung für die Veräußerung der persönlichen Ware Arbeitskraft. Fertig. So gebietet es der Gesellschaftsvertrag. Und wenn keine vernünftigen Löhne aus irgendwelchen Gründen gezahlt werden können, kann die Arbeit einfach nicht erledigt werden oder die Politik müsste dafür sorgen, dass gerechte Löhne gezahlt werden, für die Arbeit, deren Erledigung von gesellschaftlicher Wichtigkeit ist.

Nun führt aber die Ministerin aus, was sie unter „Bürgerarbeit“ versteht. Und zwar reguläre Beschäftigung. Das ist doch der Gipfel der Unverschämtheit. Betreuung, Pflege und Straßenreinigung. Das sind doch Tätigkeitsfelder, die im Rahmen eines funktionierenden öffentlichen Dienstes wahrgenommen werden sollten, sofern der Staat dies auch wünscht. Aber nicht so bei den schwarz-gelben Zynikern. Die wollen ja sparen und den Haushalt konsolidieren. Für Kommunen ist eine Bürgerarbeitskraft mit einem 900 Euro Almosen plus Hartz-IV-Aufstockerleistungen wahrscheinlich noch einmal günstiger als eine Vollzeitarbeitskraft, die bereits mit einem regulären Hungerlohn abgespeist wird. Die öffentliche Hand soll in Sachen Lohndumping weiter voranschreiten und der Privatwirtschaft aufzeigen, wie weit man dabei noch gehen kann.

Und das Tolle ist. Weigert sich ein Arbeitsloser, bei diesem Projekt der fürsorglichen siebenfachen Mutter aus Niedersachsen mitzumachen, darf ihm regulär das Existenzminimum gekürzt werden. Aber soweit soll es ja nicht kommen. Dem Erwerbslosen soll nämlich ein „Coach“ zur Seite gestellt werden, der ihn beraten und motivieren soll, damit dieser auf den ersten Arbeitsmarkt zurückfindet. Sie sehen schon, das Markenzeichen einer jeden Reform ist bloß die Änderung von Bezeichnungen für die gleichen Dinge und Absichten, die bisher immer gescheitert sind. Damit wird eine gewisse Dynamik vorgetäuscht, die es in Wirklichkeit aber gar nicht gibt, weil eine gescheiterte Politik ständig nur wiederholt wird.

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Die Sache mit den gestiegenen Reallöhnen

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Am Freitag meldete das statistische Bundesamt, dass die Reallöhne in Deutschland im ersten Quartal 2010 im Vergleich zum ersten Quartal 2009 um durchschnittlich 0,8 Prozent gestiegen seien. Es ist ja Aufschwung. Aber stimmt denn das überhaupt? Oder anders gefragt, was ist denn mit Reallöhnen gemeint?

Dazu steht in der verlinkten Broschüre unter dem Titel „Reallohnindex und Index der Bruttomonatsverdienste einschließlich Sonderzahlungen – 1. Vierteljahr 2010“ in der Erläuterung Folgendes:

Alle genannten Indizes beziehen sich auf vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer im Produzierenden Gewerbe und im Dienstleistungsbereich. Nicht einbezogen werden alle Teilzeitbeschäftigten, geringfügig Beschäftigen, Auszubildende, Praktikanten, Personen, die keinen Verdienst für ihre Leistung erhalten, tätige Inhaber, Mitinhaber und Familienangehörige ohne Arbeitsvertrag, ausschließlich auf Honorarbasis bezahlte Personen, Personen im Vorruhestand und Personen in so genannten 1-Euro-Jobs.

D.h., dass die Statistiker ausschließlich Vollzeitbeschäftigte und deren Lohnentwicklung betrachtet haben, während der immer größer werdende Bereich der Teilzeitbeschäftigung gar nicht berücksichtigt wurde. Dabei ist das der Bereich, der am schnellsten wächst. Im Juni um 118.000 im Vergleich zum Vorjahr. Die Vollzeitbeschäftigung nahm dagegen um 60.000 ab. So sieht das deutsche „Jobwunder“ aktuell aus.

Aber noch etwas ist interessant. Was bitteschön ist an dem Plus von 0,8 Prozent so toll? Gemessen am Volkseinkommen geht der Anteil der Arbeitnehmerentgelte auch im 1. Quartal 2010 weiter zurück, während der Anteil der Unternehmens- und Vermögenseinkünfte schon wieder explodiert.

Einkommensentwicklung
Quelle: Joachim Jahnke

Dieses Auseinanderdriften in Zeiten der Krise und der angekündigten drastischen Sparprogramme sollte doch zu denken geben. Vor allem über die Verteilung der Krisenkosten auf die entsprechenden Einkommensgruppen.

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Es sind 4,33 Millionen Arbeitslose!

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Die Partei die Linke hat die offizielle Arbeitslosenzahl von 3.153.300 für den Monat Juni 2010 noch einmal nachgerechnet und kommt zu einem ganz anderem Ergebnis.

Schlechte Meldungen kann auch die Regierung nicht gebrauchen. Deshalb bleibt sie wie die alte dabei, die Arbeitslosenzahlen schön zu rechnen. Arbeitslose, die krank sind, einen Ein-Euro-Job haben oder an Weiterbildungen teilnehmen, werden bereits seit längerem nicht als arbeitslos gezählt. Fast alle Arbeitslosen, die älter als 58 sind, erscheinen nicht in der offiziellen Statistik. Im Mai 2009 kam eine weitere Ausnahme hinzu: Wenn private Arbeitsvermittler tätig werden, zählt der von ihnen betreute Arbeitslose nicht mehr als arbeitslos, obwohl er keine Arbeit hat.

Wer die tatsächliche Arbeitslosigkeit erfassen will, muss ehrlich rechnen. Dazu sagte der damalige Arbeitsminister Olaf Scholz (SPD) am 4. Juni 2009 in der Fernsehsendung Panorama: „Alles, was an Effekten durch arbeitsmarktpolitische Maßnahmen entsteht, wird jedes Mal zusammen mit der Arbeitsmarktstatistik veröffentlicht. … Ich glaube, dass man sich auf die Seriosität dieses Prozesses verlassen kann.“ Wer anders rechnen wolle, könne ja „seine Zahl veröffentlichen – und dazu ein Flugblatt drucken.“ Das tun wir gern. Hier ist die tatsächliche Zahl, die allein auf amtlichen Daten der Statistik der Bundesagentur für Arbeit beruht. Im Juni 2010 sind 4,33 Millionen Menschen arbeitslos. Zeit zu handeln statt zu tricksen.

Arbeitslosigkeit Juni 2010

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Quelle: Die Linke

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Und nun zu Brüderle!

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Heute war der große Tag von Rainer Brüderle. Der Bundeswirtschaftsminister schnappte sich die Zahlen der Forschungsinstitute zur wirtschaftlichen Entwicklung und die jüngsten Arbeitslosenzahlen, um eine Regierungserklärung zum Thema Aufschwung abzugeben. Am Ende könnte man es auf die Botschaft reduzieren, dass angesichts einer positiven wirtschaftlichen Entwicklung, die natürlich den regierenden Parteien zu verdanken sei, es nun an der Zeit sei, Konjunkturprogramme einzustellen und vor allem auch Lohnzurückhaltung zu üben, um einer „schleichenden Griechenlandisierung“ zu entgehen. Deutschland sei wieder da, so Brüderle.

Mal ehrlich, etwas anderes durften wir doch nicht erwarten. Brüderle ignorierte natürlich, dass die kleine konjunkturelle Erholung von etwas über einem Prozent nur ins Verhältnis gesetzt zum letztjährigen Absturz auch wirklich einen Sinn ergäbe. Dies vewrmied der Minister, weil er dann hätte zugeben müssen, dass die leichte Erholung das dicke Minus von über fünf Prozent aus dem Vorjahresquartal noch lange nicht wettgemacht hat. Aber das Brüderle ließ sich auch nicht von anderen aktuellen Daten beeindrucken. Zum Beispiel von den Einzelhandelsumsätzen, die heute durch das statistische Bundesamt für den Monat Mai bekannt gegeben wurden. Ohne Beschönigung heißt es diesmal:

Einzelhandelsumsatz im Mai 2010 real um 2,4% gesunken

Und im Text dann die entscheidende Passage:

Von Januar bis Mai 2010 setzte der deutsche Einzelhandel nominal 0,4% und real 1,3% weniger um als im vergleichbaren Vorjahreszeitraum.

Es wird also noch weniger umgesetzt bzw. gekauft als zu Beginn des Krisenjahres 2009. Das spricht natürlich total für die Aufschwungsphantasien unseres WeinWirtschaftsministers. Wir leben ja schließlich nicht von unseren Einkommen, sondern vom Export. Und der brummt schon wieder, meint Brüderle. So sieht übrigens die Erfolgskurve des deutschen Exports in Wirklichkeit aus.

Quelle: Joachim Jahnke
Quelle: Infoportal von Joachim Jahnke

Na ja, im Trend geht es aufwärts und nur das zählt für Brüderle. Kleinere Rückschläge auf niedrigem Niveau interessieren ihn nicht, genauso wenig wie die Tatsache, dass ohne den Außenhandelsbeitrag die deutsche Wirtschaftsleistung geschrumpft wäre. Solange sich also andere Länder weiter verschulden und unsere unschlagbar günstigen Produkte kaufen, ist für Brüderle alles im Lot. Wir schimpfen dann halt wieder über die Griechenlandisierung unserer Warenabnehmer, während wir davon profitieren, dass andere sich bei uns verschulden.

Nur kaufen können wir uns dafür nix. Und das soll laut Brüderle auch so bleiben. Keine höheren Löhne und Einkommen fordert der Minister. Wir könnten ja anfangen, die Schuldscheine oder Devisen zu essen, die wir als Gläubiger von unseren Handelspartnern erhalten. Die Umsätze im Lebensmittelhandel gingen deshalb auch folgerichtig um minus 5,3 Prozent im Vergleich zum Mai 2009 zurück. Und wer bereits am Essen spart, wird jetzt sicherlich auch bei anderen Konsumgütern richtig zulangen und sich vielleicht einen HD-Fernseher aufs trockene Brot von vorgestern schmieren.

Aber wir haben ja ein Jobwunder, meint Brüderle. Ein kleines zwar, aber es sei sichtbar. Okay, was unsichtbar ist, ist die Realität der wachsenden Unterbeschäftigung zum Beispiel. Sie legte im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 7,2 Prozent zu. Das ist kein Wunder, sondern logisch bei Gesetzen, die es zulassen, das Menschen aus regulären Vollzeitstellen hinausgedrängt werden können, um sie dann gegen mehrere Minijobber oder Leiharbeiter zu ersetzen. Die Zahl der Langzeitarbeitslosen hat auch wieder zugenommen, um fast 3 Prozent auf rund eine Million. Aber egal. Das will doch keiner hören. Wir haben schließlich Aufschwung. Sie müssen das nur aus der Perspektive eines Kopfstandes betrachten…

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"Jobwunder" – Es geht aufwärts am Arbeitsmarkt

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Die Stimmung am Arbeitsmarkt ist positiv. Die Arbeitsministerin und Beinahe-Bundespräsidentin Ursula von der Leyen meinte gar, es bewege sich etwas. Neue Jobs entstehen. Wie dieser hier zum Beispiel bei einem christlichen Arbeitgeber, der als Einstellungsvoraussetzung die offizielle Herdenzugehörigkeit verlangt. Nur wer Mitglied einer christlichen Kirche ist und entsprechend seine Steuern zahlt, darf es wagen, sich auf dieses lukrative Angebot zu bewerben. Gesucht wird immerhin ein leitender Angestellter, der Verantwortung übernehmen und den Gesellschaftern, also wahrscheinlich Gott und seinen Engeln, nach weltlichen Maßstäben Bericht erstatten kann…

Quelle: Jobbörse der Bundesagentur für Arbeit

Überblick über das Stellenangebot

Referenznummer:
10000-1055143107-S

Titel des Stellenangebots: Minijob (Geschäftsführer/in)

Stellenangebotsart: Geringfügige Beschäftigung/ Mini-Job als Fachkraft (nicht sozialversicherungspflichtig)

Arbeitgeber: Diakonie Sozialstation

Branche: Ambulante soziale Dienste, Betriebsgröße: zwischen 6 und 50
Stellenbeschreibung

Bei der gGmbH der Diakonie-Sozialstationen für die Region Heilbronn ist für die spezialisierte ambulante Palliativversorgung (SAPV) die neu geschaffene Stelle einer/eines

Geschäftsführerin / Geschäftsführers

zum nächst möglichen Zeitpunkt zu besetzen.

Die dienstliche Inanspruchnahme beträgt ca. 15% (400-Euro-Kraft).

Der/die Geschäftsführer/in erledigt die Geschäfte nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften sowie der Bestimmungen des Gesellschaftervertrages und der Geschäftsordnung. Er berichtet der Gesellschafterversammlung sowie weiterer entsprechender Gremien über alle wichtigen Angelegenheiten.

Zu den Aufgaben gehören insbesondere:

  • Verantwortung der laufenden Maßnahmen der Gesellschaft sowie die wirtschaftliche Sicherung
  • Leistungsabrechnung mit den Kassen und weiteren Stellen
  • Erschließung von weiteren Finanzierungsquellen (Spenden, Zuschüsse)
  • Abrechnung mit den Kooperationspartnern
  • Personalverantwortung für alle die Gesellschaft betreffenden Personalangelegenheiten
  • Sicherstellung der Mitarbeiterverwaltung
  • Öffentlichkeitsarbeit sowie Kontaktpflege mit weiteren Leistungserbringern

Wir erwarten

  • Fundierte betriebswirtschaftliche Kenntnisse
  • Wirtschaftliches Denken und Handeln
  • Zielorientierte Leitung eines interdisziplinären Teams
  • Kontaktfreude, Kommunikationsfähigkeit sowie Fähigkeit zum integrativen Handeln
  • Führungskompetenz
  • Souveränität in Auftreten und Handeln
  • Mitglied in einer christlichen Kirche (ACK)

Die Vergütung erfolgt nach AVR/TVöD in Entgeltgruppe 10 mit Zusatzversorgung.

Selbst wenn ich jetzt sagen würde, dass weiterhin Vollzeitstellen in Teilzeitstellen umgebaut werden, könnte ich nicht die Unverschämtheit zum Ausdruck bringen, die sich hinter diesem Stellenangebot verbirgt. Was soll man dazu noch sagen?

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Auf- und Abschwünge

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Neue Zahlen aus Nürnberg. Der Arbeitslosenzahlen gehen zurück. Demnach waren im Mai gezählte 3,242 Millionen ohne Job. Das sind 165.000 weniger als im April und 217.000 weniger als im Mai 2009. Die offizielle Arbeitslosenquote sank um 0,4 % auf 7,7 Prozent. Das sind doch tolle Nachrichten, freuen sich Frau von der Leyen und Herr Brüderle. In der Pressenmitteilung der BA heißt es dann aber:

Insgesamt sind die Auswirkungen der Wirtschaftskrise auf den Arbeitsmarkt weiterhin moderat. Vor allem Kurzarbeit, andere betriebliche Vereinbarungen sowie ein rückläufiges Arbeitskräfteangebot haben den Arbeitsmarkt beträchtlich entlastet.

Quelle: BA

Wenn die Bundesregierung das Instrument der Kurzarbeit anwendet, die für Unternehmen gerade wieder verlängert wurde und andere betriebliche Vereinbarungen getroffen wurden, die den Arbeitsmarkt beträchtlich entlastet hätten, dann hat das doch einen Grund? Die Wirtschaftskrise! Wie kann man also behaupten, dass die Auswirkungen der Wirtschaftskrise moderat auf den Arbeitsmarkt wirken würden? Wer sich die Leistungen anschaut, die seit Beginn der Krise für die sinnlose Kurzarbeitergeldregelung verballert wurden, wird einmal mehr sehr deutlich wie hart die Wirtschaftskrise den hiesigen Arbeitsmarkt trifft.

Allein im Jahr 2009 wies die Bundesagentur für Arbeit ein Defizit von rund 14 Milliarden Euro auf und damit etwa 13 Mrd. Euro mehr als im Jahr 2008. Kurzarbeit kostet richtig Geld. Vor allem wenn die Regierung diese Regelung immer weiter verlängert und ansonsten nix weiter unternimmt, um die Konjunktur zu stützen. Das hat nun mit moderaten Wirkungen oder freudigen Aufschwungsfantasien der Damen und Herren Minister recht wenig zu tun. Bundeskassenwart Schäuble hat auch bereits angekündigt, die Leistungen für die Agentur für Arbeit und insbesondere das Kurzarbeitergeld im Rahmen seiner Sparmaßnahmen zurückfahren zu wollen.

Angesichts dieser Tatsachen muss man eigentlich alarmiert sein, anstatt fröhliche Botschaften zu verkünden wie Rainer Brüderle zum Beispiel:

„Die konjunkturelle Erholung hat erfreulicherweise zusätzliche Impulse aus der ungewöhnlich kräftigen Frühjahrsbelebung erhalten; sie setzt sich zunehmend auch am Arbeitsmarkt durch.

Die Frühjahresbelebung und der positive Schubeffekt der Entlastungsmaßnahmen, die die Bundesregierung zur Stärkung des Wachstums bereits umgesetzt hat, wirken jetzt zusammen und verstärken sich. In dieser Situation kommt es darauf an, dass die Politik das Vertrauen in die stärker werdenden Wachstumskräfte weiter stärkt und Raum für wirtschaftliche Eigendynamik schafft. Nur so lässt sich die erfreuliche Belebung in einen nachhaltigen Aufschwung bei Wachstum und Beschäftigung ummünzen.“

Quelle: pressrelations

Was für eine gequirlte Scheiße. „Stärker werdende Wachstumskräfte weiter stärken“ :roll: Gehen dem Minister da etwa die beschönigenden Worte aus? Das Wachstum im ersten Quartal 2010 war unter aller Sau. Ein Plus von 0,2 Prozent im Vergleich zum Vorquartal und 1,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahreskrisenquartal. Mit anderen Worten heißt das, dass die deutsche Wirtschaftsleistung noch immer um 5,3 Prozent niedriger liegt als vor der Krise im ersten Quartal 2008. Das sind eben keine guten Nachrichten in schlechten Zeiten, wie sich Ursula von der Leyen heute zusammenfatasierte, sondern nach wie vor beängstigende Zustände.

Die geringe Wachstumsrate zeigt vor allem eines. Die noch immer anhaltende falsche Exportorientierung. Denn der größte Beitrag zum Wachstum steuert die Exportwirtschaft bei. Auf der anderen Seite gehen Bruttoanlageninvestitionen, die Arbeitsproduktivität und der private Konsum weiter zurück. Auf dem Binnenmarkt herrscht weiterhin Flaute. Die Einzelhandelsumsätze gehen auch im April, wie zu erwarten war, zurück. Das statistische Bundesamt meldete heute:

Einzelhandelsumsatz im April 2010 real um 3,1% gesunken

Nach vorläufigen Ergebnissen des Statistischen Bundesamtes (Destatis) lag der Umsatz im Einzelhandel in Deutschland im April 2010 nominal 1,8% und real 3,1% niedriger als im April 2009.

In den ersten vier Monaten des Jahres 2010 setzte der deutsche Einzelhandel nominal 0,2% und real 1,1% weniger um als im vergleichbaren Vorjahreszeitraum.

Es gibt also überhaupt keinen Grund für Euphorie. Selbst wenn die Arbeitslosigkeit zurückgeht, bei der ein Teil auf die Einrichtung neuer Teilzeitbeschäftigung zurückzuführen ist, heißt das eben noch lange nicht, dass es auch aufwärts geht. Unter Berücksichtigung der gesamtwirtschaftlichen Daten wird klar, dass der leichte Aufschwung erstens viel zu mickrig ausfällt und zweitens überhaupt nicht nachhaltig sein kann, wenn man sich vor Augen führt, dass überall Sparprogramme umgesetzt werden sollen. Wer kauft denn dann noch deutsche Exportgüter?

Gäbe es das Kurzarbeitergeld und damit eine Erhöhung der Staatsausgaben nicht, die deutsche Wirtschaft würde schrumpfen. Es bleibt also ein Rätsel der Bundesregierung, wie daraus nun ein sich selbst tragender Aufschwung werden soll, in dessen Zuge man die Staatsausgaben wieder einsparen könne. Sie sehen schon. Das wird nicht funktionieren. Die beabsichtigte Sparpolitik wird das Defizit in den öffentlichen Haushalten weiter erhöhen!

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Ein kleines Jobwunder?

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Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle befindet sich im Dauerrausch. Bei der Vorstellung seiner Prognose für die deutsche Wirtschaft sagte er:

Quelle: Süddeutsche

„Deutschlands Wirtschaft wächst wieder, wir erleben so etwas wie ein kleines Jobwunder.“

Ein kleines Jobwunder? Der Mann hat ein ernsthaftes Problem. Zu den Arbeitsmarktstatistiken ist das Nötige bereits wiederholt gesagt worden. Richtig verantwortungslos und kriminiell wird es aber, wenn Brüderle meint, auf der Grundlage nachweislich falscher Annahmen zur Arbeitsmarktsituation, weiterhin das liberale Mantra von den Steuersenkungen verteidigen zu können:

Die positive Lage am Arbeitsmarkt schafft nach den Worten von Brüderle Spielräume für Steuersenkungen. In seiner Rechnung unterstellt der Minister, dass 100.000 Arbeitslose weniger rund zwei Milliarden Euro Staatsausgaben weniger bedeuten.

Das ist schlicht gelogen, weil die Kosten für die Kurzarbeit, die in Wahrheit eine verdeckte Subvention für die Unternehmen ist, sehr viel höher liegen, als die Kosten tatsächlicher Arbeitslosigkeit infolge eines Krisenverlaufs. Egon W. Kreutzer hat das in seinem jüngsten Paukenschlag einmal ausgerechnet und schreibt dazu:

„Kurzarbeit ist die Subvention, die es der Wirtschaft erlaubt, sich kostenlos ein „stehendes Heer“ von Mitarbeitern zu halten, die bei Bedarf jederzeit, von einem Tag auf den anderen reaktiviert und in den Produktionsprozess eingebunden werden können.“

Dazu später mehr. Die dreiste Täuschungsabsicht der Bundesregierung, den Menschen weißmachen zu wollen, dass es bergauf gehe, ist kaum noch auszuhalten. Brüderle meint weiter:

„Die erfreuliche Belebung der deutschen Wirtschaft wird von der Erholung der Weltwirtschaft, aber zunehmend auch von der Binnennachfrage getragen.“

Auch das ist gelogen. Wenn es richtig ist, wie Egon W. Kreutzer schreibt, dass durch die Kurzarbeit die Unternehmen in diesem Land um etwa 7,3 Mrd. Euro entlastet werden, weil die Bundesagentur für Arbeit Entgelte und Sozialversicherung übernimmt, so muss diese Summe auf der anderen Seite durch Beschäftigte und Konsumenten aufgebracht werden. D.h., dass die Kaufkraft der Menschen in diesem Land gerade um diese 7,3 Mrd. Euro gemindert wird. Denn einer muss die Leistungen der Bundesagentur bezahlen. Es kann also keinesfalls richtig sein, zu behaupten, dass die Binnennachfrage zunehme bzw. einen größeren Anteil an einer wirtschaftlichen Erholung trage.

Das ist grobe Irreführung und dummes Zeug. Es gibt ja nicht mal eine wirtschaftliche Erholung, die die Bezeichnung verdienen würde. Da wird von Wachstum gefasselt, obwohl der Absturz und dessen Folgen noch gar nicht richtig verstanden wurden. Laut Schätzung der OECD vom 7. April soll Deutschland im Vergleich der G7 im ersten Quartal 2010 mit -0,4 Prozent einen erneuten Rückfall in den Schrumpfungsprozess erlebt haben und damit Schlusslicht bei der wirtschaftlichen Entwicklung sein (siehe Jahnkes Infoportal). Nach den Zahlen von Eurostat, so Jahnke weiter, habe Deutschland im vierten Quartal 2009 auf Platz 12 von 18 Vergleichsländern abgeschnitten.

Selbst der neulich wieder gefeierte Exportanstieg, der ebenfalls die Behauptung Brüderles widerlegt, wonach die Binnennachfrage einen höheren Anteil an der wirtschaftlichen Entwicklung einnähme, liegt aktuell immer noch um rund 16 Prozent unter dem Stand von vor zwei Jahren. Bezüglich der Exporte konnte gerade einmal der Einbruch aus dem Januar wieder ausgeglichen werden. Von Erholung also keine Spur. Joachim Jahnke schreibt dazu ganz klar:

„Die Produktion läuft bereits seit September vergangen Jahres wieder nach unten oder stagniert (gegenüber September 2009 -1,7 %, ohne Energie und Bau – 1,3 %). Im Februar stagnierte die Produktion auch ohne das Bau- und das Energiegewerbe; am kalten Winter kann es also nicht gelegen haben, wie der Bundeswirtschaftminister in seiner Kommentierung meint. Besonders negativ ist zuletzt die Entwicklung der Konsumgüterproduktion verlaufen, was vor allem mit der schlechten deutschen Binnenkonjunktur zusammenhängen dürfte.

Was wiederum auch am koalitionären Dauerbrenner „Kurzarbeitergeld“ liegen dürfte. Die Verlängerung dieser Maßnahme, die nur den Interessen der Wirtschaft diene und nicht den Interessen der Arbeitnehmer (siehe Kreutzer), kann nie und nimmer dazu beitragen, die wirtschaftliche Entwicklung zu stabilisieren. Im Gegenteil. Sie wirkt krisenverschärfend, weil sie das unsinnige deutsche Exportmodell stützt und erlaubt, deutsche Produkte auf den Weltmärkten auch weiterhin konkurrenzlos günstig anzubieten. Kreutzer schreibt dazu:

„Unternehmen in einer Volkswirtschaft mit Kurzarbeitsregelung sind gegenüber Unternehmen in Volkswirtschaften ohne Kurzarbeitsregelung klar im Vorteil, weil sie die Kosten und das Risiko schwankender Auftragseingänge sozialisieren, also auf die Beschäftigten und den Staat abwälzen.
Dieser Kostenvorteil wird, so weit erforderlich, in der Akquisition in Form von Dumpingpreisen an den Weltmarkt weitergegeben, während der verbleibende Überschuss den Eignern zufließt.“

Und so etwas dürfen sie mit Fug und Recht als kriminell bezeichnen, weil diese Politik nicht nur Deutschland schadet, sondern auch den europäischen Partnern, denen man gerade aufträgt, dass sie ihre Finanzen in Ordnung zu bringen hätten, während man selber dafür sorgt, den Versuch der Konsolidierung in diesen Ländern durch die oben beschriebene Politik im eigenen Land zu unterminieren. Erstaunlich robust ist also nicht etwa der von Brüderle angeführte Arbeitsmarkt, sondern seine eigene Borniertheit und die seiner „Experten“, die den Menschen selbst dann noch Sachverstand vorgaukeln, wenn dieser bereits zigmal widerlegt worden ist und diese Leute eigentlich vor Scham tief im Boden versunken sein müssten. Sie kommen jedoch immer wieder. Weil die Medien sie lassen, statt sie endlich anzuklagen und solche Dummschwätzer wie den Professor (Un)Sinn auch als solche zu brandmarken.

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Dumm wie Brot: Über Ursula von der Leyens neueste Vorschläge

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Ursula von der Leyen ist auch so eine Ministerin, bei der man Angst haben muss, wenn sie den Mund aufmacht. Bei der Diskussion um die Rente mit 67 müsse man kreativer denken, sagte die Arbeitsverweserin, um dann vorzuschlagen, dass körperlich schwer arbeitende Menschen, wie Dachdecker und Bäcker zum Beispiel, ja nicht bis ins hohe Alter hinein jene Tätigkeiten verrichten müssten, die sie mit 16 erlernt hätten. Diese Arbeitnehmer könnten ja die Büroarbeit ihrer Branche erledigen.

Quelle: Focus-Online

„Es ist höchste Zeit, den Silberschatz des Alters zu heben und nicht immer nur zu fragen, wie wir das alte Eisen entsorgen können.“

Ursula von der Leyen ist einfach dumm wie Brot. Wie beantwortet denn die Ministerin die Frage, was mit den Arbeitnehmern passiert, die bisher die Büroarbeit erledigt haben? Die werden dann wohl in die Backstube entsorgt oder wie? Oder vielleicht im Backshop zu Dumpinglöhnen beschäftigt? Die Ministerin tut ja gerade so, als sei die Arbeit nicht das Problem, sondern die Einstellung der Menschen zur Arbeit, die in Wirklichkeit immer weniger vorhanden ist und sich naturgemäß jene Erwerbsfähigen sucht, die jung, gesund und belastbar sind, während die Älteren mit oder ohne Hilfe der Politik schon seit Jahren von den Arbeitgebern weit vor dem Erreichen des Renteneintrittsalters freigesetzt werden.

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Erneut gesunkene Einzelhandelsumsätze: Kein Aprilscherz

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Wie bereits heute morgen getwittert, sanken die Einzelhandelsumsätze auch im Februar 2010. Falls das noch jemand mit dem Adjektiv „überraschend“ charakterisiert, dem ist auch nicht mehr zu helfen.

Quelle: destatis

Nach vorläufigen Ergebnissen des Statistischen Bundesamtes (Destatis) lag der Umsatz im Einzelhandel in Deutschland im Februar 2010 nominal 0,5% und real 0,9% niedriger als im Februar 2009. Beide Monate hatten jeweils 24 Verkaufstage. Das Ergebnis für den Februar 2010 wurde aus Daten von sieben Bundesländern berechnet, in denen circa 76% des Gesamtumsatzes im deutschen Einzelhandel getätigt werden. Im Vergleich zum Januar blieb der Umsatz im Februar 2010 unter Berücksichtigung von Saison- und Kalendereffekten nominal unverändert und sank real um 0,4%.

In den ersten beiden Monaten des Jahres 2010 setzte der deutsche Einzelhandel nominal 2,1% und real 2,5% weniger um als im vergleichbaren Vorjahreszeitraum.

Der letzte Satz ist interessant. Inzwischen bewegen wir uns ja innerhalb eines statistischen Bereichs, in dem Krisenmonate mit Krisenmonaten verglichen werden. D.h., dass Jahr 2009 war schon komplett von der Krise gekennzeichnet. In den ersten beiden Monaten des Jahres 2009 wurden dann auch im Vergleich zum selben Zeitraum 2008 deutlich niedrigere Umsätze im Einzelhandel gemessen. Lesen sie die Meldung von vor einem Jahr:

Quelle: destatis (2009)

In den ersten beiden Monaten des Jahres 2009 wurde im deutschen Einzelhandel nominal und real jeweils 3,3% weniger als im vergleichbaren Vorjahreszeitraum umgesetzt.

Im aktuellen Jahr liegen wir also mit den Einzelhandelsumsätzen noch einmal deutlich unter dem Vorkrisenzeitraum im Jahr 2008. Wer angesichts dieser niederschmetternden Entwicklung immer noch von „überraschenden“ Ergebnissen spricht oder gar von einer stabilen Lage, wie die Commerzbankspinner hier zum Beispiel, verfolgt nur das eine Ziel, die Menschen absichtlich zu täuschen.

Das Ganze passt natürlich auch überhaupt nicht zu den gestrigen Jubelmeldungen über das neuerliche „Jobwunder“. Zufällig hielt ich vorhin beim „Einkaufen“ :>> die aktuelle Ausgabe der Neuen Presse Hannover in der Hand. Urlaub eben. Aber ich habe sie mir nicht gekauft, sondern nur den Leitartikel von Udo Harms gelesen und das Papier daraufhin angewidert in den Zeitungsständer zurückgesteckt. Offensichtlich bleibt die NP-Redaktion ihrer manipulierenden Linie treu. Von erstaunlicher Stabilität war in Bezug auf den Arbeitsmarkt die Rede und vom Job-Frühling in Hannover. Einfach nur lachhaft, diese bornierten NP-Spinner.

Der ganze Laden fliegt auseinander, die europäische Währungsunsion ist so gut wie Geschichte und die Neue Presse Hannover ruft den stabilen Job-Frühling aus. Gestern lief ja ein Film über Scientology im Ersten. Ich frage mich, warum man sich mit solchen Randgruppen abgibt und nicht einmal die viel schlimmere Meinungsmanipulation durch Medien wie die Neue Presse Hannover zur besten Sendezeit filmisch unter die Lupe nimmt. In diesem Sinne, einen schönen Karfreitag und lassen sie sich nicht ans Kreuz nageln. :D

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Kurz zu den neuen Arbeitslosenzahlen

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Das Thema ist und bleibt absurd. Man feiert eine angebliche Früjahrsbelebung und weiß im Grunde ganz genau, dass die Statistik tief manipuliert ist. Am tollsten finde ich in diesem Zusammenhang einen Artikel der Welt, in dem über einen Streit der „Experten“ berichtet wird. Sie müssen bei diesem Artikel nur Anfang und Ende lesen, um die Absurdität des Ganzen nachzuvollziehen. Den Text dazwischen einfach auslassen.

Der Frühling hat auf dem Arbeitsmarkt für einen kräftigen Aufschwung gesorgt. Im März gingen die Arbeitslosenzahlen um 75.000 auf 3,568 Millionen zurück. Erstmals sank die Zahl der Arbeitslosen damit wieder unter den Vorjahreswert.

[…]

Die Arbeitslosenzahlen kann man nicht allein für sich betrachten. Dass sie nicht viel höher ausfallen, liegt einerseits daran, dass die Statistik nicht mehr alle Arbeitslosen erfasst. Offiziell ging die Arbeitslosenzahl gegenüber dem Vorjahresmonat um 18.000 zurück – aber nur, weil arbeitslose Teilnehmer bestimmter Trainingsmaßnahmen sowie Arbeitslose, die von Privatvermittlern betreut werden, nicht mitgezählt werden. Wären sie dabei, wäre die Arbeitslosenzahl um 142.000 gestiegen. Dazu kommen die 800.000 Kurzarbeiter. Einige Hunderttausend von ihnen wären arbeitslos, wenn die Unternehmen nicht die vom Staat geförderte Kurzarbeit in Anspruch nehmen würden.

Wie man angesichts der Fakten, die am Ende des Beitrags richtig zusammengefasst werden, von einem „Jobwunder“, von einem kräftigen Aufschwung oder Streit zwischen „Experten“ faseln kann, bleibt mir ein Rätsel. Ohne statistische Tricks wären die Arbeitslosenzahlen gestiegen und zwar ziemlich deutlich. Ich sehe da keine Frühjahrsbelebung, sondern eher eine Frühjahrsverarschung. Die Redakteure der Welt fürchten sich offensichtlich gar nicht davor, dass ihren Lesern die Wirklichkeit auffallen könnte, die ihnen die Springer-Journalisten selbst völlig überraschend liefern.

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