Der ÖPP-Skandal

Geschrieben von: am 16. Mrz 2009 um 14:59

Der Bundesrechungshof hat nun festgestellt, dass sich öffentlich private Partnerschaften im Bundesfernstraßenbau überhaupt nicht lohnen. Die Autobahnen werden weder schneller noch besser ausgebaut, kosten dafür aber deutlich mehr. Das ist das Ergebnis eines Gutachtens des Bundesrechnungshofes, welches seit gestern für Wirbel sorgt. Na ja, was heißt Wirbel. Kaum jemand nimmt Notiz von dieser bemerkenswerten Feststellung. In meiner Tageszeitung Neue Presse Hannover findet sich zu diesem Thema nicht mal eine Meldung.

Normalerweise müsste man den Bundesverkehrsminister zum Rücktritt aufrufen. Der hat ja immer behauptet, öffentlich private Partnerschaften seien in Zeiten knapper Kassen die Lösung, um die öffentliche Hand zu entlasten und Verschuldung abzubauen. Nun zeigt sich mehr als überdeutlich, dass das glatt gelogen war. Milliarden Steuergelder wurden und werden noch immer versenkt. Warum? Die Antwort kann nur lauten: POLITISCHE KORRUPTION! Fragen sie danach, wer an diesen Geschäften verdient? Schauen sie sich die zahlreichen Politiker an, die noch immer durch die Drehtür in die Wirtschaft wechseln. Fragen sie, wieso eigentlich Herr Mehdorn noch im Amt ist? Kanzleramtschef Thomas de Maizière sagt dazu plötzlich.

„Jetzt geht es um die Aufklärung des Sachverhaltes, nicht um Personen“

Das ist unglaublich.

Am besten kommentiert heute Albrecht Müller von den NachDenkSeiten die Ergebnisse des Gutachtens.

„Es ist zugleich nämlich die Feststellung, dass unser politisches System nicht einmal in Ansätzen funktioniert. Sehenden Auges werden solche PPP- und Cross-Border-Leasing-Verträge abgeschlossen. Die Art der Verträge und die Geheimhaltung stinken gen Himmel.

Auch die sonstigen Umstände, nämlich der Einfluss von ehemaligen Politikern und Managern auf die gewollten, politischen Entscheidungen im Interesse des Zustandkommens solcher Projekte sind nur noch mit demokratischem Ekel zu betrachten.

Und dennoch greifen keinerlei Sanktionen. Man lässt uns offen unsere Ohnmacht spüren. Die Abgeordneten der Regierungskoalition werden ihrer Kontrollfunktion nicht gerecht.“

Und das führt mich dann zurück zu unserem Bundespräsidenten Horst Köhler, der am Wochenende in einem von mir bereits erwähnten Interview zum Thema Staatsverschuldung folgendes von sich gab.

„Wenn wir jetzt das Geld ausgeben, dann stehen wir in der Pflicht, uns zugleich den Kopf darüber zu zerbrechen, wie die Staatsverschuldung auch wieder zurückgeführt werden kann.“

Und das heißt im Klartext Schuldenbremse und eine noch stärkere Beteiligung von privaten Investoren in ÖPP-Projekten oder Cross-Border-Leasing. Diese, unter „Journalisten“ wie Christoph Slangen z.B., beliebte Bremse ist in Wirklichkeit ein Gaspedal für private Investoren, die mithilfe von Steuergeldern einen Reibach machen können. Das belegt dieses Gutachten. Doch wo ist der Kommentar von Slangen? Traut er sich nicht?

Wie bewertet denn Slangen die aktuelle Meldung, dass Millionen von Mietern, die in Wohnungen (vor allem Sozialwohnungen) leben, die von ausländischen Investoren wie Fortress/Gagfah aufgekauft wurden, nun mit drastischen Mieterhöhungen rechnen müssen? Auch dieses Geschäft wurde gemacht, weil es hieß, private Investoren entlasten die öffentliche Hand. Nun wird auch hier erkennbar, dass der kurzfristige Gewinn, der durch den Verkauf von Wohnraum im kommunalen Besitz realisiert wurde, sich in eine langfristige Belastung für die öffentlichen Kassen zu verwandeln droht.

EIN SKANDAL. Doch es interessiert niemanden der schreibenden Zunft. Da zerbricht man sich auf Seite 1 lieber den Kopf darüber, ob Killerspiele eine Gefahr für die Gesellschaft darstellen. Wie abartig. Es ist diese andauernde Ignoranz und arrogante Gleichgültigkeit, die ihren Beitrag zur Abstumpfung von Individuen leistet. Ich habe den Eindruck, dass diejenigen, die tagtäglich berichten und eine PR-Nummer nach der anderen abspulen gar keinen Bezug mehr zur Realität herzustellen vermögen.

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Über den Autor:

André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.
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Kommentare

  1. Grilleau  März 17, 2009

    Danke Dir für diesen sehr sehr informativen Beitrag.<br /> <br /> Mit mehr als bestem Gruß: Grilleau

  2. adtstar  März 17, 2009

    Aktuell: CROSS-BORDER-LEASING-Prozess: Sieg für Kritiker

    http://www.oekonews.at/index.php?mdoc_id=1038352

    Zitat: „In einem beispielgebenden Zivilverfahren hat nun das Oberlandesgericht Innsbruck entschieden, dass die Öffentlichkeit ein Recht hat, über die geheimen Inhalte von Cross-Border-Verträgen informiert zu werden.“

    Immerhin ein Anfang.