Merkel kreiert sich eine Welt, wie sie ihr gefällt

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Die Bundeskanzlerin und ihr Finanzminister wehren sich weiterhin gegen die ökonomische Vernunft und wissen weite Teile der deutschen Medien hinter sich.

Frankreichs Premierminister Manuel Valls hat heute Bundeskanzlerin Angela Merkel zu Gesprächen in Berlin getroffen. Überschattet wurde der Besuch wie üblich von unverschämten Äußerungen parlamentarischer Hinterbänkler aus dem Bundestag. Sie warfen den Franzosen mangelnde Reformbereitschaft vor. Der Grund für das viertklassige Geschrei ist einfach. Die Bundesregierung ist mit ihrem Krisenlatein am Ende und versucht abzulenken.

Die Kunst des Wachstums

„Wir haben eine Vielzahl von Möglichkeiten, auch ohne zusätzliches Geld mehr Wachstum zu kreieren.“ Wenn etwas unverschämt ist, dann dieser Satz der Kanzlerin im Anschluss an das Treffen mit Valls. Er zeigt, dass die deutsche Regierungschefin alles sagen kann, ohne auch nur im Ansatz dafür kritisiert zu werden. Wachstum ist für Merkel inzwischen zu einer künstlerischen Darbietung geworden, die offenbar nur Deutschland beherrscht.

Deutschland ist wahrhaft meisterhaft darin, Haushaltskonsolidierung und Wachstum gleichermaßen zu erzielen. Diesen scheinbaren Erfolg tragen Merkel und eine Öffentlichkeit, die nichts von Ökonomie verstehen, stolz vor sich her. Das beides nur deshalb funktionieren konnte, weil Länder wie Frankreich eine Politik betrieben haben, die hierzulande gerade aufs Schärfste verurteilt wird, sehen die wenigsten.

Wachstum auf Kosten der anderen. Das gibt es doch nicht. Wenn nur alle so wären wie Deutschland, ginge es doch allen noch besser, so die simple Logik. Doch wenn alle so wären wie Deutschland, also Löhne und Renten kürzen, Arbeitnehmerrechte und den Sozialstaat beschneiden und die Schuldenaufnahme begrenzen, ja wer ist dann noch bereit, den Schurken zu spielen? Wer ist bereit, die Überschüsse zu finanzieren? Wer ist bereit, dafür selbst Defizite in Kauf zu nehmen, ohne die kein Überschuss in der Bilanz existieren kann?

Deutschland ist der echte Schurke

Die Wahrheit ist, ein echter Schurke wie Deutschland braucht Länder wie Frankreich, um sein krankes Wirtschaftsmodell am Leben halten zu können. Nun sollen sie aber alle wie der echte Schurke werden und schon reist die Realität die Fassade fragiler Denkgebäude diesseits des Rheins ein. Denn selbst Deutschland spürt die Krise am eigenen Leib, will aber nicht wahrhaben, dass es sich ändern muss.

Merkel wie auch einen Tag zuvor Schäuble beim G20 Treffen lehnen öffentliche Investitionen strikt ab. „Der Fonds ist dafür da, dass er nicht gebraucht wird“, sagte Schäuble nach dem G20-Treffen. Wieder so ein Satz ohne Sinn und Verstand. Die Milliarden des ESM liegen ungenutzt herum. Sie sollen retten für den Fall, dass ein Land wie Italien oder Spanien wieder in eine Notlage gerät. Doch reichen die Mittel dann auf keinen Fall. Die Rettung, der Zweck des Fonds, würde also scheitern.

Nutzen würden die Gelder aber denselben Staaten, wenn sie damit ein Konjunkturprogramm finanzieren und folglich einen Nachfrageimpuls auslösen könnten. Sie hätten volkswirtschaftlich betrachtet die Chance, sich aus einer Lage zu befreien, in der sie im Augenblick nur wieder zum Rettungsfall werden würden. 

Statt Vielfalt immer nur die eine Antwort

Es gibt keine Vielzahl von Möglichkeiten, mal eben Wachstum zu kreieren. Im Augenblick werden auch die Prognosen reihenweise nach unten korrigiert. Wo sind denn die Möglichkeiten? Merkel nennt Bürokratie-Abbau. Über diesen absurden Behelfsvorschlag kann man nicht mal mehr lachen. Die deutschen Medien staunen dennoch wie eh und je ob der geglaubten ökonomischen Genialität ihrer Kanzlerin. In Wirklichkeit stellt die Bleierne aber keine Auswahl in Aussicht. Sie gibt nämlich immer nur eine und zwar die falsche Antwort.

Wirtschaftsausblick

Quelle: OECD

Diese Daten gibt es grafisch auch schön aufbereitet bei den österreichischen Kollegen vom Kurier.


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Gossenjournalismus at its best

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Poroschenko weilt zurzeit in Washington. Berichtet wird darüber kaum, dafür aber über eine angebliche Prahlerei Moskaus, bei Bedarf in ganz Osteuropa einmarschieren zu können.

Spiegel und andere Medien berichten heute ganz groß, dass Putin mit Einmärschen in Riga und Warschau gedroht haben soll. Alle berufen sich dabei auf einen exklusiven Bericht von Daniel Brössler in der Süddeutscher Zeitung. Der wiederum beruft sich auf eine Gesprächszusammenfassung des Auswärtigen Dienstes der EU. Darin sind offenbar Dialoge zwischen Poroschenko und dem EU Kommissionspräsidenten Barroso dokumentiert. Der Informationsgehalt tendiert mal wieder gegen Null.

Barroso hatte Anfang September etwas Ähnliches behauptet, als er Inhalte eines Telefongesprächs mit Putin aller diplomatischen Gepflogenheiten zum Trotz öffentlich machte. Auf den heutigen Bericht der Süddeutschen angesprochen, sagte eine Sprecherin Barrosos, dass die EU keine Diplomatie über die Presse betreibe und auch keine Auszüge aus vertraulichen Gesprächen kommentiere. Das liegt wohl an der unangenehmen Ankündigung des Kremls, das gesamte Gespräch zwischen Putin und dem Kommissionspräsidenten zu veröffentlichen.

Die Quelle heute ist also Poroschenko, der behauptet, dass Putin ihm gegenüber gesagt haben soll, er könne osteuropäische Städte einnehmen wenn er nur wollte. Was von Aussagen des ukrainischen Präsidenten zu halten ist, der schon mehrmals eine russische Invasion in seinem Land fernab von allen Kameras gesehen haben will, sollte inzwischen klar sein. Deutschen Medien offenbar nicht, sie verbreiten munter die Schlagzeile, dass Putin mit Einmärschen in EU und NATO Länder gedroht haben soll.

Wie wäre es denn zur Abwechslung mal mit Fakten? Der ukrainische Präsident ist heute nach Washington gereist. Was macht er da? Welche Diskussionen werden dort geführt? Glaubt man amerikanischen Medien, so soll der Druck auf Poroschenko erhöht werden, damit der seinerseits härter gegenüber Moskau auftritt. Wieso berichten deutsche Medien darüber nicht? Warum schreiben sie nicht über einen ukrainischen Präsidenten, der offenbar seine Sponsoren in den USA besucht und Dienstanweisungen entgegen nimmt? Man wäre so gern schlauer.


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Politischer Selbstmord mit Ankündigung

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Das Ergebnis der SPD in Thüringen ist die Folge der Entscheidung vor fünf Jahren, einen Politikwechsel für Posten zu opfern.

Um das Thüringer Ergebnis bei der Landtagswahl richtig einordnen zu können, ist ein Exkurs in die jüngere Vergangenheit erforderlich. Denn das gestrige Resultat ist auch die Folge der unsäglichen Machtspielchen von vor fünf Jahren. Damals gab es ebenfalls nur Gewinner. Althaus, Ramelow und Matschie. Alle drei wollten Ministerpräsident werden, am Ende kam Lieberknecht.

Mastschie

Vor fünf Jahren brannte die siegestrunkene SPD mit ihrem Spitzenkandidaten Christoph Matschie ein Feuerwerk ab. 18,5 Prozent hatte der Sozialdemokrat geholt und sich dafür feiern lassen, das System Althaus beseitigt zu haben. Als Drittplatzierter wollte Matschie dann auch mitregieren. Mit der CDU klar, aber ohne Althaus. Mit Linken und Grünen erst nicht, da im Wahlkampf ausgeschlossen und dann doch, aber nur unter der Bedingung, selbst Ministerpräsident zu werden.

Es gab sogar Sondierungsgespräche für ein Linksbündnis und am Ende sogar das Zugeständnis von Ramelow, auf den Posten des Regierungschefs zu verzichten, wenn es Matschie ebenso täte. Der Kuhhandel scheiterte erwartungsgemäß, ein anderer kündigte sich an. Denn nachdem Althaus zurückgetreten war, sollte Christine Lieberknecht nun Ministerpräsidentin werden, eine Frau aus dem Kabinett Althaus und damit unzweifelhaft auch zu dessen System zugehörig.

Politikwechsel gescheitert

Der SPD-Führung in Thüringen reichte das aber, um alle inhaltlichen Versprechungen aus dem Wahlkampf über Bord zu werfen und mit der CDU ein Bündnis einzugehen. An der SPD-Basis formierte sich Widerstand. Die Koalitionsvereinbarung wurde schließlich auf einer Delegiertenversammlung mit 148 Ja-Stimmen, bei 44 Gegenstimmen und sieben Enthaltungen angenommen.

Anstatt wie versprochen die CDU in die Opposition zu schicken, übernahm Matschie die Rolle des stellvertretenden Ministerpräsidenten und das Ressort Bildung, Wissenschaft und Kultur. Nennenswerte Erfolge in dieser Funktion sind nicht überliefert. Wie auch, das System Althaus setzte sich unter Lieberknecht fort. Die Antipathie beider Fraktionen war nicht zu leugnen. Hinzu kamen Skandale.

Die offizielle Lesart der Sozialdemokraten ist nun, sie seien im Wahlkampf zwischen CDU und Linkspartei irgendwie zerrieben worden. Das ist natürlich eine verzerrte Wahrnehmung der Wirklichkeit. Es hat auch nicht an der offen gehaltenen Koalitionsaussage gelegen, wie die Medien kolportieren, sondern schlicht daran, dass die SPD vor fünf Jahren einen Politikwechsel angekündigt, stattdessen einen Selbstmord begonnen und nun die Quittung dafür kassiert hat.

Immer dasselbe Gericht

Damals galt es noch als illoyal und dumm dem Wähler gegenüber, einem möglichen Linksbündnis als Juniorpartner beizutreten. Dass damit aber das ebenfalls ausgeschlossene Rechtsbündnis alternativlos übrigbleiben musste, interessierte die Spitzengenossen in Erfurt und Berlin herzlich wenig. Sie überhöhten nicht nur die verbohrte wie alberne Standhaftigkeit von Matschie, sondern nahmen auch vier Ministerposten dankbar an.

Der Wähler blieb erneut mit der Erkenntnis zurück: Du kannst wählen was du willst und bekommst trotzdem immer das gleiche Gericht. Versprochene Politikwechsel und Überzeugungen werden für Posten geopfert. Auch das ist ein Grund, warum immer weniger Menschen, gerade im Osten, von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen. Auf sie zu schimpfen, ist leicht, erfasst aber nicht den Kern des Problems.

Am Wahlabend säuselte Christoph Matschie in die Mikrofone, er und seine Partei müssten erst einmal nach Gründen suchen, um das schlechte Abschneiden zu erklären. Das braucht er nicht. Denn die jetzigen Gründe sind die gleichen wie vor fünf Jahren. Auf die Konsequenzen kommt es an. Wobei das bei Toten nun auch keine Rolle mehr spielt.

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Zwischen Marx und Ackermann

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Lieber einen Marx in den Landtag tragen, als einen Ackermann im Bandeskanzleramt hofieren.

Für einen ungewöhnlichen Wahlaufruf hat die Kanzlerin gestern in Thüringen gesorgt. Dort warnte sie vor allem die Grünen vor einem Bündnis mit Linken und der SPD. Merkel griff tief in die Mottenkiste, die sie als Geschichte versteht, bemühte den Freiheitsbegriff und meinte, mit einem linken Ministerpräsidenten zöge Karl Marx in die Staatskanzlei ein. Ein typischer PR-Coup der Kanzlerin, der am Ende allerdings nach hinten losgehen könnte.

Quelle: Bodo Ramalow (Facebook-Profil)

Denn statt die Kanzlerin – die zu DDR-Zeiten ganz selbstverständlich ein Bündnis mit Marx, darüber hinaus auch mit Engels und Lenin einging, wie wir alle, die aus dem Osten kommen – für ihren Wahlkampfauftritt zu kritisieren, nutzt Bodo Ramelow, Spitzenkandidat der Linken in Thüringen, die Vorlage von Merkel. Warum den Marx nicht in den Landtag tragen, fragt beispielsweise einer seiner Unterstützer, der Liedermacher Konstantin Wecker. Da gehört er doch auch hin, sagt er.

Noch viel deutlicher ist mein Vergleich. Lieber einen Marx in den Landtag tragen, als einen wie Ackermann im Bundeskanzleramt hofieren. Das sollte eigentlich reichen, um die Wähler zu mobilisieren, die für einen Politikwechsel sind. Ich fürchte nur, dass die Wahlbeteiligung ähnlich katastrophal ausfallen wird, wie in Sachsen vor zwei Wochen. Wer auch immer gewinnt, er wird nicht zu den Siegern zählen.

Ein linker Ministerpräsident ist dabei noch längst nicht ausgemacht. Die SPD und die Grünen sind bekannt dafür, sich dem Willen der Kanzlerin zu beugen. Nirgendwo ist die Fremdsteuerung so ausgeprägt, wie in diesen beiden Parteien. Dabei gelte doch für den Osten noch immer die Lesart, hier seien die Linken moderat und nicht so radikal wie die im Westen. Jetzt wo es ernst werden könnte, wird natürlich gekniffen.

Sie folgen dann wohl lieber einer amtierenden Ministerpräsidentin Lieberknecht, die nicht ganz frei von Skandalen ist und einer Kanzlerin, die nicht mehr mit Marx, aber dafür mit anderen zeitgenössischen Figuren ein strahlendes Bündnis pflegt und dabei verkündet, zum Wohle aller Menschen Politik zu betreiben.

Merkel RWE

Quelle: Neues aus der Anstalt


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Steinmeier verurteilt eigene Politik

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Der Außenminister ist dagegen, Grenzen in Europa neu zu ziehen. Das dürfe nicht sein, sagte er heute im Bundestag. Während seiner letzten Amtszeit als Außenminister unter Merkel tat er es aber auch. Er will sich nur nicht daran erinnern.

Außenminister Frank-Walter Steinmeier hat heute im Bundestag ein dickes Brett gebohrt. „Es kann nicht sein, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass wir sieben Jahrzehnte nach Ende des Zweiten Weltkriegs in Europa wieder darangehen, Grenzen zu korrigieren. Das darf nicht sein“, sagte der SPD Politiker. Damit verurteilt er seine eigene Politik aus Amtszeit Nummer eins.

Steinmeier

Seit 1989 werden in Europa ständig Grenzen korrigiert. Als nächstes könnten Schotten, Katalanen und Flamen eine Neufestsetzung fordern. Zuletzt haben sogar die Bundesländer Hessen und Niedersachsen Gebiete getauscht. Aber Spaß beiseite. Wovon redet Steinmeier? Von der Krim, die seiner Meinung nach von Russland völkerrechtswidrig annektiert worden sei.

Eine Theorie, die von fachkundiger Seite bereits als Unsinn enttarnt worden ist. Vielmehr hat Russland nur das wiederholt, was der Westen am 17. Februar 2008 vorgemacht hatte, als das Kosovo seine Unabhängigkeit vom serbischen Zentralstaat erklärte und damit gegen eine UN-Resolution verstieß, die Serbien die Unverletzlichkeit seiner Grenzen garantierte. Einen Tag nach dieser Sezession erkannten England, Frankreich, die USA und drei Tage später auch Deutschland unter dem Außenminister Steinmeier den Kosovo als neuen Staat in Europa an.

Grenzen korrigieren, Das darf nicht sein? Außenminister Steinmeier scheint sich entweder an sein eigenes Handeln nicht mehr zu erinnern oder hat eingestanden, damals falsch entschieden zu haben. Dass der Kosovo als „Blaupause“ zu verstehen ist, hatte bereits Altkanzler Schröder eingeräumt, der seinem Freund Putin zur Seite sprang und zugab, als Kanzler selbst gegen das Völkerrecht verstoßen zu haben.

Neuer Dreiklang: Sanktionen, Sanktionen, Sanktionen

Es ist noch gar nicht so lange her, da ließ die Kanzlerin durch ihren Sprecher Seibert erklären, sie halte im Umgang mit Russland an einem Dreiklang fest. Hilfen für die Ukraine, Gesprächsangebote für Russland und die Drohung mit neuen Sanktionen. Inzwischen ist daraus ein Sanktionsorchester geworden, bei dem Merkel ungeachtet der Entwicklungen forsch drauflos dirigiert.

Als am Montag die träge EU neue Sanktionen beschloss, der ausgehandelte Waffenstillstand in der Ukraine aber weitestgehend zu halten schien, zog EU-Ratspräsident van Rompuy die Notbremse. Beschluss ja, Umsetzung nein. Absurdes Theater. Merkel legte während der Haushaltsdebatte am Mittwoch im Bundestag nach und forderte eine sofortige Umsetzung der neuen Sanktionen.

Gesagt getan. Und trotz Waffenstillstand, trotz positiver Signale von Poroschenko, der freiwillig einräumt, den Abzug russischer Soldaten gesehen zu haben, treten nun schon am Freitag neue Sanktionen gegen Russland in Kraft. Und das obwohl der Ratspräsident am Wochenende noch verkündete: „Falls die Waffenruhe Bestand hat und/oder die Friedensverhandlungen beginnen, sind wir bereit, diese Sanktionen rückgängig zu machen.“

Merkel war nicht bereit und ihr Wille ist in Brüssel offenbar Gesetz. Sieht so aus, als hätte Deutschland unter Merkel auch Grenzen korrigiert.


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Gysi droht Schäuble mit Kauf von Anliegerstraße

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Während die Regierung im langweiligen Selbstlob verharrt und glaubt, solide Kosten eingespart zu haben, weist der Oppositionsführer im deutschen Bundestag mit launigen Worten auf die verursachten Schäden hin.

Für Wolfgang Schäuble könnte es teuer werden, sollte es stimmen, dass er sein Ministerium darüber nachdenken lässt, ob und wie eine Privatisierung von Straßen realisierbar ist. Dann, so drohte Gregor Gysi heute im Bundestag, werde er die Straße kaufen, in der Schäuble wohnt und erstens eine hohe Benutzungsgebühr einführen und zweitens die Straße nach sich selbst benennen.

Gysi

Dieses amüsante Bild wählte der Oppositionsführer, um zu verdeutlichen, wie absurd die Gedankenspiele der Regierung inzwischen geworden sind. Für die Schwarze Null, einem zweifelhaften Denkmal, würden Investitionen verschoben oder ganz unterbleiben. Das und die Schuldenbremse führen schließlich zu abenteuerlichen Finanzierungsideen.

Quelle: Stuttmann Karikaturen

Teure Anreize für Investoren

Klar ist, die Infrastruktur ist marode. Doch statt Geld in die Hand zu nehmen, das der Staat zu historisch niedrigen Zinsen bekommen könnte, sollen private Anleger mit Anreizen dazu bewogen werden, ihres zur Verfügung zu stellen. Sie sollen durch das Versprechen höherer Renditen oder zuverlässiger Mauteinnahmen, selbst in den Ausbau von Straßen investieren oder sich über einen Fonds daran beteiligen.

Das muss man sich mal vorstellen. Derzeit mangelt es an Schuldnern weltweit. Die Geldbesitzer haben also ein Problem und müssen selbst Zugeständnisse machen, um Abnehmer für ihr Kapital zu gewinnen. Es gab sogar schon Fälle, da akzeptierten die Geldgeber einen negativen Zins, nur um Teile ihres Vermögens verleihen zu dürfen. Und in dieser für den Finanzminister eigentlich komfortablen Situation bietet die Regierung nach den Steuergeschenken der Vergangenheit ein weiteres Präsent für Vermögende an.

Das alles geschieht aber nur, um den Anschein zu vermeiden, selbst neue Schulden machen zu müssen. Diesen Anschein, der einen Gewinn an Wählerstimmen verspricht, wird teuer erkauft, die Rechnung aber erst dann präsentiert, wenn die Schwarzen Nullen längst Geschichte sind und ihren Lebensunterhalt mit Pensionen und Beraterhonoraren verdienen. Schon heute ist aber klar, dass öffentlich private Partnerschaften für die Privatwirtschaft einen unerhörten Gewinn bedeuten und für die Allgemeinheit nur Verluste und Kosten übrigbleiben.

Dabei können beide Seiten gleichzeitig gewinnen, wenn der Staat nur selbst seine Schulden machen würde und begriffe, dass sich nur so Sparerfolge realisieren lassen. Überdies könnten auch die Zinsen für Sparer wieder steigen, wenn es gelänge, mehr Schuldner zu gewinnen. Die leihen sich das Geld für Investitionen aber nur dann, wenn sie davon ausgehen können, dass auch eine Nachfrage nach Produkten und Dienstleistungen zu erwarten ist.

Die Bilanz ist eindeutig

Gysi wies in seiner Rede aber darauf hin, dass die gegenwärtigen Bedingungen, riesiger Niedriglohnsektor in Deutschland, hohe Arbeitslosigkeit durch Kürzungspolitik in Südeuropa und Sanktionen gegen Russland, alles andere als optimal sind. Wie soll eine Wirtschaft auch wachsen, wenn dieser Unfug das politische Handeln bestimmt?

Während die Unternehmen 1991 rund 40 Prozent ihrer Gewinne investierten, sind es 2013 nur noch neun Prozent und das trotz der vielen Milliarden Euro, die es in der Zwischenzeit an Steuergeschenken gab. Alle Bundesregierungen hatten damit die Hoffnung verknüpft, eine erhöhte Investitionstätigkeit auslösen zu können. Stattdessen stiegen aber nur die Vermögenseinkommen seit dem Jahr 2000 um 60 Prozent während die Arbeitnehmereinkommen im gleichen Zeitraum real um 3,7 Prozent sanken.

Wenn der Staat die Steuergelder hätte, auf die er seit Jahren verzichtet, wären Investitionen in Bildung und Infrastruktur auch problemlos möglich, rechnete Gysi mit Verweis auf Erkenntnisse des IWF vor. Doch die Regierung beklage sich lieber über einen seit Jahren anhaltenden Investitionsstau, weigere sich aber anzuerkennen, dass sie diesen selbst zu verantworten hat. Sie nehme ihn sogar bereitwillig hin, nur um eine Schwarze Null der Öffentlichkeit präsentieren zu können.

Gregor Gysi: Rede im Bundestag, 10. September 2014

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Viele unbekannte Flugobjekte

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Die Gründe für vorschnelle Urteile sowie für die Sanktionen gegen Russland waren falsch. Das hätte die Schlagzeile des Tages sein müssen, nachdem der Zwischenbericht zum Absturz von MH17 vorgelegt worden ist.

Fliegende Objekte, deren Identifizierung nicht möglich ist, werden im Fachjargon UFOs genannt. Um solche muss es sich auch am 17. Juli gehandelt haben, als das Flugzeug der Malaysia-Airlines mit der Nummer MH17 von „high energy objects“ getroffen wurde und infolgedessen über der Südostukraine vom Himmel stürzte. Der Bericht der niederländischen Ermittler lässt eigentlich alle Fragen unbeantwortet und bietet weiterhin reichlich Raum für wilde Spekulationen.

Diese werden von allen Seiten betrieben, auch von den Medien, die nun ihre seit Wochen als Wahrheit verkaufte Indizienkette bestätigt sehen. Der Stern titelt zum Beispiel:

“Russische Rakete hinter Abschuss vermutetDer Verdacht existiert schon seit dem Absturz, jetzt hat er sich erhärtet: Der Absturz des Fluges MH17 über der Ostukraine geschah mutmaßlich durch eine russische Buk-Rakete.”

Der Ermittlungsbericht schürt in Wirklichkeit gar keinen Verdacht, sondern spricht von vielen Objekten, die den Flieger mit hoher Energie getroffen haben müssen, was augenscheinlich ist, wenn man die Bilder von den Wrackteilen betrachtet. Der Bericht gibt insofern keine neuen Informationen an die Hand, sondern lässt sich im Prinzip auf die Aussage reduzieren, die der Postillon heute als Überschrift für seine Satire-Meldung wählte.

“Spektakulärer Zwischenbericht: Flug MH17 vermutlich abgestürzt”

Immerhin ist der Inhalt der Flugschreiber nun bekannt. Ein Fortschritt. Allerdings bleibt es merkwürdig, dass das dürftige Ergebnis des Berichts so lange gebraucht hat, um ans Licht der Öffentlichkeit zu gelangen. Vielleicht liegt es daran, dass die Ermittler gründlich vorgehen wollen, vielleicht daran, dass Informationen weiterhin unterdrückt werden sollen. Wer weiß das schon?

Klar ist eigentlich nur, dass nichts klar ist. Was aber bleibt, ist die Geschichte eines politischen Aktionismus in den vergangenen Wochen, der sich nun genau an diesem Ergebnis messen lassen muss. Die Begründungen für Vorverurteilungen und für Sanktionen waren falsch. Das hätte die Schlagzeile des Tages sein müssen.

Wie die EU gestern noch einmal bewies, gehen ihr selbst die schlechten Gründe allmählich aus. Es wird zunehmend schwieriger, eine absurde Sanktionspolitik, die allen mehr schadet als nützt und auf der Grundlage von mehr oder weniger haltlosen Mutmaßungen und Spekulationen fußt, weiter zu rechtfertigen. Gerade die schwarzen Nullen in Berlin sollten das erkennen. Doch wie sagte Schäuble heute im Bundestag:

„Wir haben keinen Grund, jetzt in voreiligen Pessimismus zu verfallen. Wir müssen allerdings die Realität zur Kenntnis nehmen, und diese ist, dass sich das wirtschaftliche Umfeld etwas eingetrübt hat.“

Was für ein Witzbold, dieser Schäuble.


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Kindergarten über den Ticker

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Derzeit folgt eine Eilmeldung der nächsten und unsere Online-Medien und Radiostationen machen das Kindergartenspiel zwischen Moskau und Kiew munter mit. Was ist passiert?

Als gesichert dürfte gelten, dass Putin und Poroschenko heute miteinander telefoniert haben. Beide Seiten leugnen das nicht. Doch der Kreml meldet zunächst relativ unspektakulär einen Austausch von Meinungen und eine Annäherung, was auch immer das heißen mag. Kiew schwieg recht lange und hat offenbar nach der zweiten Tasse Kaffee und der Sichtung der Telefonabschrift völlig überraschend festgestellt, dass beide Präsidenten sich auf einen Waffenstillstand geeinigt hätten.

Prompt überschlagen sich die deutschen Medien mit Durchbruchsmeldungen, da man Kiew als seriöser Quelle selbstverständlich Glauben schenkt. Alle behaupten nun übereinstimmend, dass so eine Einigung tatsächlich möglich sei. Keiner verschwendete zu diesem Zeitpunkt auch nur einen Gedanken an die bisherige Haltung Moskaus, die da lautet, keine Kriegspartei zu sein. Warum sollte man sie da um die Erlaubnis für eine Waffenruhe bitten? Da müsste Kiew nach Lesart Moskaus schon mit den Separatisten sprechen und verhandeln.

Nachdem die Meldung über einen Waffenstillstand nun aber ins virtuelle Laufband getackert worden war, folgte dann auch wie erwartet das Dementi Moskaus, mit der Begründung, die oben steht. Nun rudern die Medien wieder zurück, bleiben aber dabei, dass eine Waffenruhe möglich sei. Was soll das?

Die Meldung vom angeblichen Waffenstillstand ist mal wieder eine, na nennen wir es mal, Übertreibung der Ukraine. Es scheint so, als wolle der Westen Russland zu etwas zwingen. Lehnt Moskau den Waffenstillstand ab, bleiben sie selbstverständlich Kriegstreiber, obwohl sie nur einer Ente Kiews widersprochen haben. Hätte Moskau auf der anderen Seite gesagt, ja stimmt, es wäre wohl der Beweis für den Westen gewesen, das Russland Kriegspartei ist und bisher immer gelogen hat.

Sie sehen also, Russland kann nur gewinnen, egal wie es sich entscheidet. Da Russland dementiert, ist es wohl auch gegen einen Waffenstillstand. So könnte die Story aus Sicht westlicher Medien weitergehen. Ich sehe schon die Kommentare morgen und heute Abend in den Tagesthemen.

Running Gag Brok ist nicht lustig, sondern peinlich

Der Running Gag im EU-Parlament, Elmar Brok, redet übrigens vom Kalten Krieg in Europa. Er sagte, die EU sei in gewisser Hinsicht ratlos, wie sie Russlands Präsidenten an den Verhandlungstisch bekomme. Der Politiker, der den Beinamen Experte zu Unrecht trägt, scheint nicht mehr zu wissen, dass es auch die EU war, die den Ausschluss Russlands aus der G8-Gruppe begrüßte und geplante Treffen mit Russland absagte.

Übrigens hat gerade die designierte EU-Chefdiplomatin Mogherini Russland attackiert und gesagt, dass Moskau kein strategischer Partner mehr für die EU sei.

Brok meint weiter, dass Putin klar gemacht werden müsse, dass es zu teuer sei, einen Krieg zu führen. Vielleicht sollte er das der ukrainischen Führung sagen. Schließlich war es Poroschenko, der seinen Friedensplan mit dem Panzer in den Südosten der Ukraine zustellen ließ. Brok leidet hingegen an offenkundigen Wahrnehmungsstörungen wenn er betont, dass der Westen keinen militärischen Konflikt wolle und daher weiter auf Sanktionen gegen Moskau setze.

Das heißt konkret. Der Westen wolle zwar keinen militärischen Konflikt, nimmt aber einen Handelskrieg, bei dem die EU selbst nur verlieren kann, billigend in Kauf. Wie viel Dämlichkeit kann die Öffentlichkeit eigentlich noch vertragen?


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Steinmeiers Landbrücken

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Der strategische wie diplomatische Totalausfall im Außenministerium stellt kühne Behauptungen auf.

Unser Außenminister Frank-Walter Steinmeier weiß mehr. Er weiß ganz genau, dass Russland versucht, eine Landverbindung zur Halbinsel Krim herzustellen. Die sei aus seiner Sicht nötig, um die Versorgung der Krimbevölkerung sicherzustellen. Wenn man das so liest, möchte man meinen, die Krim liege irgendwo auf dem Mond. Tatsächlich aber liegt die Halbinsel nur 4 Kilometer vom russischen Festland entfernt, getrennt durch die Straße von Kertsch (auch Kimmerischer Bosporus genannt).

Diese Meerenge erscheint unserem Außenminister offenbar als unüberwindbar, obwohl selbst die deutsche Wehrmacht die Stelle 1943 für den Rückzug geeignet hielt. Die Russen betreiben mit dem Port Kavkaz dort seit Jahren einen Hafen mit Fährverbindungen und Eisenbahnanschluss. Die Hafenanlage soll nun laut dem russischen Ministerpräsidenten Medwedew ausgebaut werden und auch eine Brücke über die Meerenge für rund zwei Milliarden Euro ist wieder im Gespräch.

Was sollen diese Planungen der russischen Regierung, die der deutschen Öffentlichkeit gar nicht erst mitgeteilt werden, wenn die Absicht laut Steinmeier darin bestehe, den Süden und Südosten der Ukraine zu besetzen, um Korridore anzulegen?

Jedenfalls kann sich die Bevölkerung auf Fehmarn schon einmal warm anziehen. Denn sollte die einzige Verbindung zum deutschen Festland, nämlich die Fehmarnsund-Brücke den aktuellen Belastungstest von Experten nicht mehr bestehen, drohen wohl existenzielle Versorgungsschwierigkeiten. Das steht zwar so noch nicht in den Zeitungen, aber denken sie an Steinmeier, der meint, dass die Versorgung einer Insel aus der Luft oder übers Wasser heutzutage fast unmöglich ist.

Die Dänen sollten gewarnt sein, wenn sie 2021 ihren Tunnel unter dem Fehmarnbelt fertiggestellt haben sollten. Es könnte sein, dass Deutschland die Versorgung der Insel über dänisches Staatsgebiet sicherstellen möchte, weil die große Koalition in Berlin immer noch über die Finanzierung der maroden Infrastruktur streitet.


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Überschuss dank günstiger Schulden

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Deutschland gewinnt doppelt: Die Bundesbank kassiert Gewinne aus Stützungskäufen, die sie selbst immer ablehnte und der Finanzminister nutzt niedriges Zinsniveau zur Haushaltskosmetik.

Deutschland hat im ersten Halbjahr einen Finanzierungsüberschuss von rund 16 Milliarden Euro erzielt. Wie aus einer Mitteilung des statistischen Bundesamtes in Wiesbaden hervorgeht, konnten die öffentlichen Haushalte plus Sozialversicherungen von einer guten Beschäftigungslage profitieren. Entscheidend ist aber der Rückgang bei den Ausgaben für die Staatsschuld (-9,3 Prozent). Deutschland macht Überschuss, weil Schulden billiger geworden sind.

Dass die Zinsbelastung auf Verbindlichkeiten der Bundesrepublik im ersten Halbjahr 2014 zurückgegangen ist, interessiert die Medien herzlich wenig. Nur allzu gern übernehmen sie die Formulierung vom robusten Arbeitsmarkt, der Steuereinnahmen und Beiträge sprudeln lasse. Dabei spart der Finanzminister beim Schuldendienst Milliarden ein. Zusätzlich überweist die Bundesbank einen netten Gewinn an den Bundeshaushalt. Es sind 4,6 Milliarden Euro – zum Vergleich: 600 Millionen waren es im ersten Halbjahr 2013.

Der Gewinn der Bundesbank ergibt sich vornehmlich aus dem Verkauf von Staatsanleihen der Eurokrisenländer. Ironie der Geschichte: Die Stützungskäufe der Zentralbank – also Gelddrucken – war gerade in Deutschland verpönt. Kein Tag verging, an dem die Politik, der Chef der Bundesbank Weidmann und die Medien die Hilfen für Griechenland und Co. nicht kritisierten.

Dennoch gilt der Überschuss heute als grandiose Leistung des Finanzministers und der Regierung Merkel. Dabei profitieren die nur von einer Krise, an deren Verschärfung sie tatkräftig mitarbeiteten. Denn den betroffenen Südländern geht es heute keineswegs besser. Sie leiden noch immer unter der Austeritätspolitik und hoher Arbeitslosigkeit. Deutschland könnte hingegen seine Überschüsse sowie die Möglichkeit einer günstigen Verschuldung nutzen, um das zu ändern.


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