Zum Kurzarbeitergeld

Geschrieben von: am 22. Nov 2009 um 17:57

Seit letzter Woche wissen wir, dass die Betrugsfälle zunehmen (siehe Die Zeit).

Die Zahl der vermuteten Betrugsfälle beim Kurzarbeitergeld steigt weiter an. Anfang dieser Woche registrierte die Bundesagentur für Arbeit (BA) schon 578 Unternehmen, die mutmaßlich zu Unrecht staatliche Unterstützung kassiert haben. Vor ein paar Tagen waren erst knapp 540 Fälle bekannt. Inzwischen könnten nach Angaben der BA bundesweit bis zu 40.000 Beschäftigte in die Betrugsfälle involviert sein. Die mögliche Schadenshöhe lässt sich der Behörde zufolge nicht abschätzen.

Ich würde mir an Stelle der BA auch keine Schätzung trauen. Zumal man dann eine diesmal sehr berechtigte Debatte über Leistungsbetrüger auf der Unternehmensseite führen müsste. Die BA traut sich vielleicht auch deshalb keine Schätzung des Schadens zu, weil Arbeitsminister Jung in der Kurzarbeitergeldlösung seines Vorgängers ein erfolgreiches Arbeitsmarktinstrument sieht. Er will die Regelung nämlich verlängern, die nach gegenwärtigem Stand zum Jahresende ausläuft.

Da merkt man richtig, wie einem die geballte fachliche Kompetenz entgegenschlägt. Man ist entschlossen, der eigenen Ahnungslosigkeit ein aufgesetztes Gesicht zu geben. Vor allem auch vom liberalen Brüderle hört man keine neuen Gedanken. Er trägt die Verlängerung des Kurzarbeiter-Mists einfach mit. Seine Durchhalteparolen klingen wie folgt:

„Gegen diese sinnvolle und befristete Maßnahme sind wir Liberale nicht.“

Der Arbeitsmarkt habe sich erfreulicher entwickelt, „als wir es alle befürchtet hatten. Da war das Kurzarbeitergeld eine sinnvolle Regelung, weil so die Fachkräfte in den Betrieben gehalten werden können. Noch sind wir aber nicht über den Berg, es drohen weitere Firmenpleiten.“
Quelle: Stern

Brüderle und Jung scheinen die Fakten weiterhin ignorieren zu wollen. Die OECD rechnet für 2011 mit 4,3 Millionen Arbeitslosen in Deutschland (9,7 Prozent) und den beiden fällt nix weiter dazu ein, als die Kurzarbeit zu verlängern, bis irgendwann einmal ein Wunder geschieht, auf das beide wohl hoffen. Sollte man sich damit etwa zufrieden geben?

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Über den Autor:

André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.
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