Die Regierung treibt die Pandemie

Geschrieben von: am 22. Mrz 2021 um 10:28

Beim Pandemiemissmanagement wollen Bundesregierung und Länder an ihrer bisher gescheiterten Strategie festhalten und vor allem den zähen Kampf gegen alles, was mit Freizeit zu tun hat, fortsetzen. Die Logik: Alle Kontakte in öffentlichen Räumen weiter einschränken, notfalls auch mit Ausgangsbeschränkungen, und darauf hoffen, dass sich die Menschen dann im Verborgenen, also den privaten Bereichen, an die vorgegebenen Regeln halten. Das funktioniert nur leider nicht.

Es ist das übliche Ritual. Vor den Bund-Länder-Beratungen wird Alarmismus betrieben. Viele Fälle, viele schwere Verläufe, die in den Krankenhäusern behandelt werden müssen und dann auch wieder viele Tote. Besondere Sorge bereitet dabei immer noch oder immer mehr die Virus-Mutation B irgendwas. Es könnte aber auch eine andere sein, welche Variante ist letztlich egal, da es nur um den politischen Zweck einer neuen Bedrohungslage geht, für die das aktuelle Maßnahmenpaket nicht mehr ausreicht.

Damit verbunden ist die Botschaft, dass das bisherige Pandemiemanagement im Prinzip ganz richtig war, dieses nun aber strenger justiert werden müsse, um die neue Welle erneut zu brechen. So geht das jetzt seit fast fünf Monaten. Seit November gilt ein Dauerlockdown, dessen ständige Verlängerung, zuletzt ergänzt um eine Simulation von Öffnungsschritten, nun zu einem abermaligen rasanten Anstieg des Infektionsgeschehens geführt hat. In der Konsequenz wird aber nicht die Lockdownlogik an sich in Frage gestellt, sondern nur darüber diskutiert, ob die Verbotspolitik vielleicht zu lasch gewesen sei.

Dabei liegt die Antwort darauf, warum es eine Zunahme des Infektionsgeschehens gibt, auf der Hand. Das Verhalten der Menschen ist nicht so, wie man es gerne hätte. Die immer kleinkarierteren Verordnungen mit Verboten, die sich zum Teil deutlich widersprechen, werden zunehmend ignoriert, auch weil die Rechtslage unübersichtlicher wird. Mal kassieren Gerichte einzelne Maßnahmen, dann werden andere wieder bestätigt. Was als rechtswidrig beschieden worden ist, gilt aber nicht dort, wo das Infektionsgeschehen noch deutlich höher ist.

Wer behält da noch den Überblick? Die Mutation B irgendwas spielt im Grunde gar keine Rolle, sie dient lediglich als Ausrede, um über das angerichtete Regelungschaos nicht weiter sprechen zu müssen. Denn prinzipiell lassen sich ja auch die Mutationen des Virus mit den bisherigen Vorsichtsmaßnahmen sehr gut eindämmen, nur müsste man dann auch einen Weg finden, die Bevölkerung wieder zum Mitmachen zu bewegen. Doch noch mehr Verbote und Holzhammer sind keine gute Idee.

Stattdessen wäre es sinnvoll, den Panikmodus endlich zu verlassen und der Bevölkerung gezielte Angebote zu machen, wie man die kontrollierbaren öffentlichen Räume auch unter hohen Inzidenzen besser ausnutzen kann. Warum sollen sie geschlossen bleiben, wenn doch mittlerweile klar ist, dass Ansteckungen im Verborgenen (diffus) stattfinden? Statt ständig abzuweisen, braucht es daher mehr Einladungen, soziale Kontakte lieber im Freien, statt drinnen wahrzunehmen. Die Freizeitgestaltung darf nicht deshalb untersagt werden, nur weil die Folgen so schwer zu modellieren sind.

Der Weg, die Inzidenzen im Winter mit Lockdowns unter einen bestimmten Wert zu senken und dort zu halten, ist krachend gescheitert. Auch hier soll die Mutationen B irgendwas nun von der kolossalen Fehleinschätzung der Handelnden samt ihres Experten-Hofstaats ablenken, von dem nur noch die Alarmhupe Lauterbach übriggeblieben zu sein scheint. Statt Inzidenzen mit dem Holzhammer zu senken, hätte man die tatsächlich gefährlichen Kontakte längst identifizieren müssen. Man hätte rechtzeitig mehr Energie auf Impfungen, Schnelltests und Luftfilter verwenden können, statt nun über die Gefährlichkeit von Mutationen zu spekulieren. Dass Viren mutieren ist nicht überraschend, sondern zu erwarten. Doch die Regierung ist auf nichts vorbereitet. Die Bürger jetzt für dieses Versagen weiter zu bestrafen, bleibt skandalös.


Bildnachweis: JensG auf Pixabay

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Über den Autor:

André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.
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Kommentare

  1. Wolfgang Kreuz  März 22, 2021

    Mein Gott, lernt rechnen der bisherige Inzidenz-Wert ist die FALSCHE Bemessungsgrundlage!!!