Schäuble und das lustigste Statement des Tages

Geschrieben von: am 22. Nov 2009 um 19:27

In der Bild am Sonntag vergleicht Bundesfinanzminister Schäuble die aktuelle Wirtschaftskrise mit dem Fall der Mauer (siehe FAZ).

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) ist davon überzeugt, dass die Finanzkrise ähnliche gravierende Folgen in Wirtschaft und Politik haben wird wie das Ende des Ost-West-Konflikts. „Die Finanzkrise wird die Welt so stark verändern wie der Fall der Mauer. Die Gewichte zwischen Amerika, Asien und Europa verschieben sich dramatisch. Und diese Entwicklung ist noch längst nicht zu Ende“, sagte Schäuble in einem Interview mit der „Bild am Sonntag“.

Und er hat Recht. Die Finanzkrise verändert die Welt, aber die Politik ändert nichts. Dr. Wolfgang Opfer-Schäuble belässt es bei devoten Appellen an die Verursacher der Finanzkrise.

Der Finanzminister appellierte an die deutschen Banken, ihr in der Krise geschrumpftes Eigenkapital zu erhöhen, um in der jetzt einsetzenden Aufwärtsbewegung der Wirtschaft den Unternehmen ausreichend Kredite geben zu können. In der Wiederauffüllung der Bilanzen mit Eigenkapital hinken nach seiner Ansicht die deutschen Banken im internationalen Vergleich hinterher. „Dafür bietet der Bankenrettungsfonds Hilfen und ich kann an die Kreditinstitute nur appellieren, diese Hilfen auch anzunehmen.“

Was diese Bettelei soll, habe ich nie verstanden. Warum bestimmt der Finanzminister nicht selbst, wie das bei den Banken laufen soll. Schließlich reicht er auch das Geld hinüber. Wenn sich Schäuble und Merkel darüber mokieren, dass die Banken nicht das machen, was sie ihrer Meinung nach tun sollten, müssen doch Gestze her, die von vorneherein das Risikoverhalten der Banken mäßigen. Ist das etwa so schwer zu verstehen? Offensichtlich, sonst würden Merkel und Schäuble nicht dauernd über Raffgier und Egoismus jammern.

Warum folgt man nicht endlich dem Vorschlag von James K. Galbraith zu Beginn des Jahres, nur für die Einlagen der betroffenen Banken zu garantieren und ansonsten solche maroden Institute wie IKB, HRE, Commerzbank und Dresdner Bank auch Pleite gehen zu lassen, anstatt sie mit Milliarden Steuergeldern vollzupumpen? Was spricht denn dagegen, diese Banken für insolvent zu erklären? Die Systemrelevanz? Was ist das denn? Das hat bis heute keiner erklären können.

Doch ziemlich genau können wir uns vorstellen, welche Zeitbomben in den Bilanzen der betroffenen Banken versteckt sind. Galbraith zu den amerikanischen Banken:

„Als allererstes müssen diese Wertpapiere, die aus den Büchern der Banken verschwinden sollen, geprüft und bewertet werden. Bisher habe das Minimum an Prüfung gezeigt, dass bei einem großen Anteil dieser Papiere Täuschung und Betrug in den Dateien zu finden ist. Kein Außenseiter, der diese Papiere angemessen überprüft, würde sie ihren Kunden empfehlen. Das ist das Problem.

Daher könne man schließen, dass diese Banken nicht mehr gerettet werden können, denn sie seien insolvent.“

Quelle: NachDenkSeiten

Was Galbraith für Amerika fordert, kann man auch auf die deutschen Banken übertragen. In deren Bilanzen lagert derselbe Giftmüll – immer noch. Anstatt das Management von Banken anzubetteln, staatliches Geld zu nehmen und ansonsten darum zu bitten, eine geistig moralische Wende zu vollziehen, sollte man diese Versager und Verbrecher einfach rausschmeißen und wenn möglich auch jene Anleger/Eigentümer bestrafen, die sich an den riskanten Geschäften beteiligt haben und nunmehr so tun, wie im Enteignungsprozess bei der HRE geschehen, als würde man ihnen einen wertvollen Besitz wegnehmen.

So verdient am Ende auch Schäubles Pointe keinen Beifall. Eher fassungslos lässt er den Leser mit den Worten stehen:

„Aber die Erfolgreichen haben auch eine besondere Verantwortung den Nicht-so-Erfolgreichen gegenüber: Sie müssen vermitteln, dass dieses System fair und gerecht ist. Und dafür braucht es ein gewisses Maß an Zurückhaltung. Damit unsere Gesellschaft zusammenhält, müssen ‚die da oben‘ auch Verständnis für ‚die da unten‘ haben. Das Gefühl, dass es in der Welt gerecht zugeht, darf nicht immer schwächer werden.“

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Über den Autor:

André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.
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Kommentare

  1. Careca  November 23, 2009

    Der Finanzminister appellierte an die deutschen Banken, ihr in der Krise geschrumpftes Eigenkapital zu erhöhen, um in der jetzt einsetzenden Aufwärtsbewegung der Wirtschaft den Unternehmen ausreichend Kredite geben zu können.

    Hatten das die Banken nicht auch schon vor der Krise als Ziel gehabt? Also zurück zu den 30%-Rendite-Zielvorgaben? Und den Incentive- und Bonus-Zahlungen an die Banker, damit diese entsprechend motiviert das Eigenkapital erhöhen? Oder meint Schäuble, die werden das aus purem Iealismus machen? Oder wegen Schäubles so blaue Augen?

    Vorwärts, Leute, zurück in die Zeit vor der Krise.
    Oder wie Sepp Herberger schon sagte:
    „Nach der Krise ist immer auch schon vor der Krise.“
    Schäubles Weitsicht ist schon eine Brille bei Fielmann wert … (damit er nicht unsere Staatskasse mit seiner Kurzsichtigkeit belastet …)

  2. Anonymous  November 23, 2009

    „Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hat keinen genauen Überblick über seine eigenen Kontostände. Seit Urzeiten verwalte die Volksbank Offenburg sein Vermögen, sagte er der „Bild am Sonntag“. Er wolle auch gar nicht wissen, wie sein Geld angelegt sei.“

    Na dann ist er als Finanzminister genau an der richtigen Position…