Georg Schramms Solo in: Neues aus der Anstalt – Folge 30

Geschrieben von: am 17. Dez 2009 um 12:42

Georg Schramm sollte eigentlich einen Stollen für das Krippenspiel in der Anstalt beisteuern, lieferte stattdessen aber einmal mehr eine messerscharfe Zusammenfassung der aktuellen Lage, die ihn nach destruktiven Kräften sehnen ließ. Gott sei dank war mit Leo Bassi der „gefährlichste Clown der Welt“ in die Anstalt gekommen, um mit einem Hammer ein paar Bankerfiguren zu zertrümmern und die Weihnachtseinrichtung gleich mit.

Aber zurück zur Lage. Schramm verstand es köstlich, den als „ehrbar“ geltenden Namen Guttenberg, gehörig durch den Kakao zu ziehen, als er somalische Piraten mit dem geölten bayerischen Adelsgeschlecht verglich. Die Piraten müssten ihren Lebensunterhalt eben mit eingefangenen Schiffen verdienen, weil die großen, sich auf ihren Menschenrechten ausruhenden, „ehrbaren“ Nationen, die afrikanischen Küsten leerfischen und billige Lebensmittel aus der europäischen Überproduktion nach Afrika exportieren würden und damit den dort lebenden Menschen jede Möglichkeit nähmen, eine eigene wirtschaftliche Existenz zu begründen und zu behalten. Dann hat man sich halt dazu entschlossen Pirat zu werden.

Bei den Guttenbergs lief das ja ähnlich ab, so Schramm. :>>

Die sollen im Mittelalter als Raubritterbande angefangen haben – als mittelständisches Familienunternehmen, die sich mit Wegelagerei und mit Lösegeld für gekidnappte Kaufleute in der damals schweren Zeit über Wasser gehalten hätten. :>>

Damals gab es eben keinen starken Staat so wie auch heute in Somalia, der mit ordnender Hand hätte eingreifen können. Damals in Bayern wie heute in Somalia herrschte und herrsche ein Zustand wie ihn sich die FDP idealerweise vorstellt. Um das auch an einem konkreten Beispiel aus der westlichen Welt zu demonstrieren, verwies Schramm auf Kalifornien, dem US-amerikanischen Vorzeigestaat bisher. Dort sei die konsequenteste FDP-Steuersenkungspolitik betrieben worden, die man sich überhaupt nur vorstellen konnte. Das wurde so extensiv getrieben, dass nicht einmal Terminator Schwarzenegger das verottende Gemeinwesen noch retten könne.

Und bei uns gäbe es dagegen ein anderes Phänomen zu beobachten. Die Landesbank der bayerischen Einheitspartei CSU hat unter der Woche mal eben vier Mrd. Euro versenkt, weil man mit der österreichischen Bank Hypo Alpe Adria vor zwei Jahren tief ins Klo gegriffen hatte. Neben dem hemmungs- und hirnlosen Steuersenken komme nach Schramm in Deutschland auch noch hirn- und hemmungsloses Geld aus dem Fenster raus und in die nächste Bank reinwerfen. Für einen symbolischen Euro hatte man die Bank am Montag verkauft. Die vier Mrd. sind futsch bzw. lasten auf den Schultern der Steuerzahler. Schramm sehr treffend dazu:

„Für das Geld kann Bayern seinen gesamten Nachwuchs von Kinderkrippe bis zum Examen ganztags in Kleingruppen betreuen lassen, inklusive einer Schulspeisung von Feinkost „Käfer“!

Was da getrieben wurde und wird, dagegen ist sozialistische Misswirtschaft in seinen besten Zeiten nur mühsam drangekommen. Aber alles immer unter der Führung der christlichen Union, die sonst immer so stolz drauf ist, dass man ihr die größte Kompetenz in Wirtschafts- und Finanzfragen zubilligt.“

Doch die Abrechnung komme eine Tages, so Schramm weiter. Und zwar genau an dem ersten Tag nach der NRW-Wahl. Für diesen Tag hat Schwarz-Geld nämlich die Verkündung der nächsten Steuerschätzung anberaumt. Und dann passiere statt einer Klage vor dem Verwaltungsgericht wegen Wahlbetrugs, wie neulich bei der OB-Wahl in Dortmund geschehen als die SPD einen ähnlichen Trick probierte, möglicherweise etwas ganz anderes:

„Wenn die wahren Ausmaße unserer Schuldenmisere erstmal zusammengekommen und offen auf dem Tisch liegen und wir dann noch im afghanischen Morast versunken sind, dann endlich die Umfragewerte abstürzen, wissen sie was dann passiert? Dann kommt der große Befreiungsschlag der Kanzlerin.

Sie tritt feierlich ans Rednerpult des Bundestages, zieht eine Regierungserklärung aus der Tasche und sagt:

‚Meine sehr veehrten Damen und Herren, wir müssen ehrlich gegenüber dem deutschen Volk sein und zugeben, wir stehen im Krieg in Afghanistan. Das sind wir unseren tapferen Soldaten und unseren amerikanischen Verbündeten schuldig. Ich bitte sie deshalb, mir die Zustimmung zu geben, dass wir offiziell den Kriegsfall für Afghanistan erklären.‘

Und wenn dann die Kanzlerin dafür eine Mehrheit bekommt, wird automatisch § 114 des Grundgesetzes in Kraft treten (gemeint war aber Artikel 115 h des GG, Anm. at), das da sagt, dass fortan sämtliche Bundestags- und Landtagswahlen abgesetzt werden, bis der Krieg zu Ende ist.

Auf diese Art und Weise könnte Frau Merkel unter Kriegsrecht zusammen mit der FDP noch viele Jahre weiter machen, verteidigt von unseren tapferen Soldaten, die dann endlich wüssten, wofür sie kämpfen.“

Und hier der Video zur besprochenen Szene:

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Über den Autor:

André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.
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Kommentare

  1. Naamah  Dezember 17, 2009

    „Für das Geld kann Bayern seinen gesamten Nachwuchs von Kinderkrippe bis zum Examen ganztags in Kleingruppen betreuen lassen, inklusive einer Schulspeisung von Feinkostkäfern!“

    Feinkostkäfer? Wohl eher „Feinkost Käfer“: http://www.feinkost-kaefer.de/home/?start=home
    Ansonsten gut!

    • adtstar  Dezember 17, 2009

      Danke für den Hinweis. Ich habe es mal geändert…

  2. Hen  Dezember 17, 2009

    Schwarz-Gelb führt bereits einen Vernichtungs-Krieg im Landesinneren: gegen die soziale Sicherheit der eigenen Bevölkerung und gegen die Zukunft unserer Kinder.

  3. Megahoschi  Dezember 17, 2009

    Nabend

    Schramm hat es mal wieder auf den Punkt gebracht, das mit dem Kriegsrecht ist mir so noch gar nicht in den Sinn gekommen, eine erschreckende Vorstellung.

    Der Clown war ja gut, aber das Spiel Whack a Banker gibts schon :) guckst Du: http://www.timhunkin.com/a152_whackabanker.htm

  4. Careca  Dezember 18, 2009

    Der Hinweis auf Artikel 115 ist nicht ohne Häme (wobei Wahlen nicht abgesetzt sondern ausgesetzt werden). Aber wer sich den ganzen Artikel durchliest, weiß auch wo die Problematik liegt. „Verteidigungsfall“ ist nicht gleich „Krieg“. Das Wort „Krieg“ findet dort auch nicht eine Verwendung. Somit kann sich auch Frau Merkel keinen „Kriegsfall“ vom Bundestag absegnen lassen. Sollte Frau Merkel es mit „Verteidigungsfall“ versuchen, droht ihr Justitia einen knalligen Strich durch die Rechnung zu machen.

    Anders sieht es aber aus, sollte sie die gleiche populistische Strategie wie G.W.Bush fahren und sich aufgrund terroristischer Angriffe in Deutschland auf Artikel 115a beziehen. In solch einem Falle wäre allerdings auch eine Wut und Panik (egal, ob manipuliert oder nicht; dann vergleichbar wie mit jener Stimmung Ende der 70er gegen die RAF, die Böll mit seinem Blum-Roman thematisiert hatte) im Volk zu erwarten, so dass ein „Verteidigungsfall“ von nur wenigen in Frage gestellt würde.

    Zu Guttenberg nutzt diesen Unterschied bei weitem konsequenter aus als Jung und spricht schon von „kriegsähnlichen“ Zuständen. Verfassungsrechtlich darf die Bundeswehr keinen „Angriffskrieg“ führen, was sie in Afghanistan a priori bei deren Einstieg in das Desaster auch nicht geführt hat. Die Kunst der Regierung der nächsten Zeit wird es werden, sich durch diese verfassungsrechtlichen Begriffe zu lavieren und trotzdem ihren Krieg am Kundus weiter zu führen. UND bei bester Gelegenheit ohne internationalen Gesichtsverlust dort auszusteigen. Aber wann das letztere passieren wird können, das setzt einen international gemeinsam geführten Rückzug (so wie damals bei der sowjetischen Staatengemeinschaft) voraus. Bis dahin wird das militärisch organisierte und veranlasste Morden und Töten (a la Tankkfahrzeugbombardement) fortgeführt.
    Nebenbei, ich habe immer mehr den Eindruck, dass der Diebstahl der Tankkfahrzeug möglicherweise von der ISAF eingefädelt sein könnte. Eben um nachher mit diesem Speck deren Mäuse fangen „vernichten“ zu können.

  5. Susan  Dezember 19, 2009

    Für mich muss ich da widersprechen. Ein Schramm ist sehr weit unter seinen Möglichkeiten geblieben. Das bisschen Kritik, das kann er wesentlich besser. „Neues aus der Anstalt“ gleitet nun schon zum 2. Mal in die Schiene Comedy ab. Politisches Kabarett sieht anders aus. Und Schramm hat so ganz nebenbei darauf aufmerksam gemacht, dass sie nicht mehr machen können, was sie wollen, nur so in einem Nebensatz zu Priol.