Der nächste "alternativlose" Schritt

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Seit gestern geistert ein angebliches Sparprogramm aus dem Schäuble Ministerium durch die Medien. Neben den üblichen Kürzungen wird jetzt genau das vorgeschlagen, was absehbar war und auch als nächster alternativloser Schritt den Menschen verkauft werden wird. Eine Erhöhung der Mehrwertsteuer. Jetzt beginnt die Diskussion und das Spiel über Bande. Besonders widerlich mal wieder das Auftreten der FDP, die vordergründig Kritik übt und eine weitere Belastung der Bürger ablehnt, obwohl sie eine Erhöhung der Mehrwertsteuer im Grundsatz und ohne mit der Wimper zu zucken mittragen würde.

FDP-Fraktionsvize Volker Wissing sagte der „Welt am Sonntag“, eine Reform mit Mehrbelastungen für die Bürger sei mit seiner Partei nicht zu machen. Wenn es, etwa durch eine Mehrwertsteuer-Erhöhung, zu Mehreinnahmen komme, müsse man diese an anderer Stelle zurückgeben. Na klar. Und zwar über eine Senkung der Einkommenssteuer, die vor allem den Besserverdienenden und dem Wahlkampf der Liberalen nutzt. Sie profitieren bekanntlich durch eine Flat-Tax, weil sie ihr Einkommen nur zu einem Teil verkonsumieren. Eine Anpassung würde absolut der neoliberalen Dogmatik entsprechen. Der Anteil der indirekten Steuern am Gesamtsteueraufkommen liegt seit einigen Jahren schon über 50 Prozent.

Eine etwas ältere Grafik zeigt die Entwicklung der Zusammensetzung des Steueraufkommens:

Anteil direkte und indirekte Steuern am Steueraufkommen

Wenn nun aber insgesamt weniger Steuern aus Einkommen zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben herangezogen werden, ist auch klar, dass die höheren Einkommensbezieher auch nicht absolut mehr an Steuern zahlen als andere, wie das die FDP und zahlreiche Medien immer wieder behaupten. Gemessen an ihren Einkommen, sind Gering- und Normalverdiener über die Mehrwertsteuer sehr viel mehr belastet, als Spitzenverdiener und Vermögende.

Wer also über die Erhöhung der Konsumsteuern nachdenkt, will ein Konjunkturgift verabreichen und die Massenkaufkraft schwächen. Wie das nun aber mit der angeblich steigenden Konsumlaune der Haushalte und dem immer wieder beschworenen privaten Verbrauch als verlässliche Stütze der Konjunktur zusammenpassen soll, bleibt ein Regierungsgeheimnis. Selbst das Bundesfinanzministerium rechnet mit einem Einbruch des privaten Konsums.

Die Verunsicherung der Konsumenten hinsichtlich der weiteren konjunkturellen Entwicklung ist jedoch weiterhin sehr hoch. Dies dürfte – zusammen mit den bereits erkennbaren Auswirkungen der konjunkturellen Abschwächung auf dem Arbeitsmarkt – die Konsumneigung belasten. Ein Anzeichen könnte bereits der deutliche Rückgang der realen Einzelhandelsumsätze (ohne Kraftfahrzeuge) zu Beginn des Schussquartals sein.

Deshalb ergibt es auch Sinn die Mehrwertsteuer zu erhöhen. Schon klar. Es ist immer noch erstaunlich, dass Schäubles Beamte den „deutlichen Rückgang der Einzelhandelsumsätze“ nur als Zeichen betrachten, die bekloppte Messung der Verbraucherstimmung aber für bare Münze nehmen.

Solche Aussichten und Analysen, die von Dogmatik geprägt sind, können nur finanzpolitische Taliban verfassen.

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Jubelmeldung: Exporte ziehen an

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Die deutschen Ausfuhren sind im 3. Quartal um 3,6 Prozent gestiegen, lautet die Jubelmeldung des statistischen Bundesamtes, die natürlich Eingang in die Nachrichtensendungen gefunden hat. Interessant ist aber, dass im gleichen Zeitraum die Einfuhren um 0,4 Prozent abgenommen haben. In Zahlen ausgedrückt heißt es nicht nur, Deutschland habe Waren im Wert von 275,4 Milliarden Euro abgesetzt, sondern zudem einen ziemlich schädlichen Überschuss von rund 50 Milliarden Euro in nur einem Quartal angehäuft.

Rechnet man alle Quartale zusammen beläuft sich der Exportüberschuss jetzt schon auf 143,5 Milliarden Euro. Im Vergleichszeitraum 2011 waren es zu diesem Zeitpunkt 119,1 Milliarden Euro.

Diesen Überschüssen stehen zwangsläufig Defizite gegenüber. Doch wer Defizite abbauen will, so wie die Bundesregierung das von den Eurozonenländern verlangt, muss zwangsläufig auch Überschüsse reduzieren. Im Moment sieht es so aus, als könne das einseitige deutsche Exportmodel durch Länder außerhalb der Eurozone getragen werden (Die Einbrüche der Ausfuhren in die Eurozone werden in den Nachrichten natürlich verschwiegen). Die Frage ist nur, wie lange das gutgehen kann. Diese Länder werden Defizite auf Dauer nicht hinnehmen und da sie nicht in Euro abrechnen, werden sie währungspolitisch zurückschlagen müssen.

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Tichy meint, es gibt keine Armut

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Warum reden, rechnen und politisieren wir uns so zwanghaft arm, fragt WiWo Chefredakteur Roland Tichy.

„Denn nur Arbeit schafft neben Lohn auch jene Wertschätzung, die die Menschen so dringend brauchen.“

Quelle: WiWo Blog

Genau, der Lohn ist gar nicht so wichtig. Wer glaubt, dass eine Wirtschaft dauerhaft von Exportüberschüssen leben kann, der glaubt auch, dass man sich von der Wertschätzung, deren Existenz man erst noch beweisen müsste, etwas zu essen kaufen kann.

Angesichts dieser geistigen Armut fällt es leicht, Deutschland als sozialpolitisches Musterland zu erkennen, in dem sogar die Jugendarbeitslosigkeit „trotz des Versagens der Bildungspolitik“ im Vergleich zu anderen Ländern geringer sei. In Frankreich, Italien und Spanien gelten Mindestlöhne und starre Arbeitsmärkte, die jeden zweiten Jugendlichen aussperren, so Tichy.

Es kommt halt immer darauf an, wie genau man hinschauen will. Die internationalen Statistiken zur Jugendarbeitslosigkeit sind seltsamerweise immer höher als die Datenerhebungen hierzulande. Das interessiert Tichy freilich nicht. Bei der Bundesagentur werden Jugendliche, die nur eine Ausbildungsstelle suchen nicht als arbeitslos gezählt. Das ist jetzt noch nichts Besonderes und wird auch in anderen Ländern so gehandhabt, allerdings hätte der Chefredakteur der Wirtschafts Woche schon darauf kommen können, dass Jugendliche einem hohen Risiko ausgesetzt sind. Sie werden schneller arbeitslos, kommen aber auch relativ zügig wieder in Beschäftigung, wenn die volkswirtschaftlichen Rahmenbedingungen stabil bleiben.

Ein gebildeter Mensch würde jetzt diese leicht festzustellenden Fakten nehmen, anschließend auf die Realität übertragen und sich die Frage stellen. Was passiert, wenn die Wirtschaft stagniert oder schrumpft? Obwohl die deutsche Jugendarbeitslosigkeit vergleichsweise niedrig ist, würde auch sie beim Einbrechen der Wirtschaft als erste rasant zunehmen. Gerade das lehrt uns die Entwicklung in den europäischen Südländern. Tichy müsste eigentlich alarmiert sein, da die Exportfixiertheit Deutschlands direkt von der Performance der Südeuropäer abhängig ist.

Die detaillierten Daten zur Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts im 3. Quartal müssten Herrn Tichy ebenfalls erschrecken, da sie seine Theorie, die Statistik weise kein Elend aus, Lügen straft. Die Zunahme des BIP ist nur noch gering. Die Ausrüstungsinvestitionen der Industrie gehen bereits zurück und nehmen damit auch den Einbruch der Wirtschaft insgesamt vorweg. Die realen Arbeitnehmereinkommen stagnieren seit Jahren und damit auch die Konsumausgaben, wohingegen die Exportüberschüsse neue Rekordstände erreichen. An diesen werden die Arbeitnehmer aber nicht beteiligt.

Folglich nehmen die Ungleichgewichte, die als Ursache der massiven Verschuldung in Südeuropa gelten müssen, innerhalb der Eurozone immer noch zu statt ab. Das wiederum hat aber überhaupt nichts mit Mindestlöhnen in den jeweiligen Ländern zu tun, wie Tichy insinuiert. Er bedient sich eines Tricks und verdreht Ursache und Wirkung. Gerade die Lohndrückerei Deutschlands hat zu ungerechtfertigten Wettbewerbsvorteilen geführt. Auf dieser Grundlage war es möglich die Beschäftigungssituation insgesamt zu beschönigen, obwohl weitestgehend Unterbeschäftigung und Einkommensarmut herrscht.

Das geistige Elend führender Wirtschaftsjournalisten ist erschreckend. Das kann aber auch Absicht sein.

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Versorgungssicherheit heißt, jemanden sicher versorgen

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Energieintensive Unternehmen erhalten bisher einen Mengenrabatt, weil sie viel Strom verbrauchen. Das bleibt auch so. Neu ist aber, dass dieselben Unternehmen auch Prämien kassieren können, wenn diese mal kurz auf Strom verzichten. In beiden Fällen zahlt  der normale Verbraucher indirekt über seine Stromrechnung die Geschenke an die Industrie. Während also die Bürger ständig aufgefordert werden, Strom zu sparen und gegebenenfalls den Anbieter zu wechseln, kann sich die Industrie weiterhin über Rabatte, Prämien und eine Deckelung der Haftung freuen. 

Damit ist auch klar, was mit “Versorgungssicherheit in Deutschland” gemeint ist. Die Konzerne und deren Besitzer müssen sicher mit dem Geld der Nichtbesitzenden versorgt werden. Die dürfen müssen dann freilich einen der vielen schlechtbezahlten Jobs annehmen. Aber wie wir aus der neuesten Version des Armutsberichts wissen, ist diese Entwicklung keinesfalls schädlich für eine Gesellschaft, sondern ein “Ausdruck struktureller Verbesserungen”.

Es ist schon erstaunlich, mit wie viel Verve sich der liberale Wirtschaftsminister für staatliche Eingriffe in einen Markt einsetzt, der doch eigentlich alles von alleine regeln soll. Es konnte ja auch keiner ahnen, dass Windmühlen auf dem Meer ihren produzierten Strom nicht durch die Luft katapultieren, sondern wie gewöhnlich per Kabel an ein Transportnetz angeschlossen werden müssen. Aber so ist das in einer Leistungsgesellschaft. Da riesige Windparks theoretisch viel leisten, nämlich Megawatt um Megawatt, müssen stinknormale Verbraucher, die ja nichts produzieren, tiefer in die Tasche greifen. Leistungslosen Wohlstand dürfe es aus Sicht von Rösler ja nicht geben.

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Ökonomischer Analphabetismus II

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Auf WDR5 gibt es das Echo des Tages, das auch auf NDR Info zu hören ist. Als ich vorhin in der Badewanne lag, hörte ich einen Kommentar von Wolfgang Landmesser zu dem europäischen Aktionstag gegen die Kürzungspolitik.

Auch viele der in Brüssel beschlossenen Reformen müssen sein, um die Volkswirtschaften fit zu machen für den globalen Wettbewerb. Das hat weniger mit Neoliberalismus zu tun als mit gesundem Wirtschaftsverstand. In den ersten zehn Jahren der Währungsunion haben die niedrigen Zinsen im Euroraum die strukturellen Schwächen überdeckt. Die Schere der Lohnstückkosten ging immer weiter auseinander zwischen den Ökonomien im Norden und im Süden. Das bedeutet: die Menschen in Portugal oder Spanien verdienten im Vergleich zu viel, um dort zu wettbewerbsfähigen Kosten produzieren zu können. Dadurch hatten es die Unternehmen immer schwerer gegen die internationale Konkurrenz zu bestehen. Während die Importe stiegen, bröckelten die Exporte. Das kann ein Land, das kann eine gemeinsame Währung nicht auf Dauer durchhalten. Deswegen müssen die Länder ihre Arbeitsmärkte und Sozialsysteme an den richtigen Stellen zu reformieren. Dazu gehört aber ganz sicher auch eine stärkere soziale Balance der Antikrisenpolitik. Die Wut der Demonstranten ist verständlich – ob in Athen, Lissabon, Madrid oder Brüssel. Gerade die Höher- und Höchstverdiener sollten ihren Anteil leisten müssen.

Was Landmesser unter einem gesundem Wirtschaftsverstand versteht, ist allenfalls eine Teilwahrheit. Zur ganzen Wahrheit müsste dem Text folgender Absatz hinzugefügt werden:

Viele der in Brüssel beschlossenen Reformen müssen sein, um die Volkswirtschaften fit zu machen für den globalen Wettbewerb. Diese Perspektive hat viel mit Neoliberalismus zu tun, deren Anhänger immer vorgeben, viel gesunden Wirtschaftsverstand zu besitzen. In den ersten zehn Jahren der Währungsunion hätten die niedrigen Zinsen im Euroraum die strukturellen Schwächen überdeckt. Warum ist den Menschen mit dem vermeintlich gesunden Wirtschaftsverstand so etwas erst nach zehn Jahren aufgefallen?

Die Schere der Lohnstückkosten ging immer weiter auseinander zwischen den Ökonomien im Norden und im Süden. Das bedeutet: die Menschen in Deutschland verdienten im Vergleich zu wenig, und haben deshalb zu wettbewerbsfähigen Kosten produzieren können. Dadurch hatten es die Unternehmen immer leicht, gegen die internationale Konkurrenz zu bestehen. Während die Exporte stiegen, bröckelten die Importe. Das kann ein Land, das kann eine gemeinsame Währung nicht auf Dauer durchhalten. Deswegen muss das Land seine Arbeitsmarktpolitik an den richtigen Stellen überdenken und beispielsweise einen Mindestlohn einführen. Dazu gehört aber ganz sicher auch eine stärkere soziale Balance der Antikrisenpolitik. Der Zorn der Demonstranten ist verständlich – ob in Athen, Lissabon, Madrid oder Brüssel. Die Menschen dort haben einfach recht. Gerade die Höher- und Höchstverdiener sollten nicht bloß einen Anteil, sondern die gesamten Kosten, der von ihnen verursachten Krise tragen.

Soviel zum gesunden Wirtschaftsverstand in den Hörfunkanstalten der ARD.

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Ökonomischer Analphabetismus

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Während sich die deutsche Journaille hauptsächlich um den Gemütszustand von Claudia Roth Gedanken macht, fallen punktuell auch Bemerkungen über die Eurokrise. Zwei der dämlichsten will ich mal nennen:

“Nötig sind die schmerzvollen Einschnitte gleichwohl. Sie dienen ja nicht als Selbstzweck, sondern zur Sanierung des portugiesischen Haushalts.“ (Quelle: Neue Osnabrücker Zeitung)

Das ist in etwa so, als würde man es richtig finden, mit dem Auto vor die Wand zu fahren, damit es zurück in die Spur findet. Sollte es nach dem Crash nicht mehr funktionieren, liegt das aber nicht an dem Aufprall, der zur Zerstörung von Motorraum und Fahrwerk führt, sondern an der geringen Geschwindigkeit, mit der gefahren wurde. Falls die Insassen den ersten Aufprall überlebt haben, wird man ihnen genau das vorwerfen, nachdem man sie für ihre Leidensfähigkeit kurz bewundert hat. Merkel sprach sogar von allergrößter Hochachtung.

“Dass die Kreditgeber ihre Milliardenhilfen an Sparauflagen knüpfen, ist nachvollziehbar.“ (Quelle: Neue Westfälische aus Bielefeld)

Wenn man so einen Scheiß liest, ist nur allzu nachvollziehbar, warum Zeitungen hierzulande Insolvenz anmelden müssen. Das liegt nicht an wegbrechenden Anzeigenkunden, sondern an der erschreckenden Inkompetenz, die durch Sparauflagen in den Redaktionen geradezu inflationär befördert wird. Das Denken wird abgeschafft und durch Sprechblasen ersetzt. Einfachste Zusammenhänge werden nicht mehr verstanden. Es ist doch nicht nachvollziehbar, Kredite an Sparauflagen zu knüpfen, die nachweislich zum Crash ganzer Volkswirtschaften führen und damit das Risiko des Kreditgebers offenkundig erhöhen. Es sei denn, der Kreditgeber wettet an anderer Stelle auf den Ausfall seiner eigenen Forderungen.

Aber die Solvenz des Schuldners, die jeder Gläubiger zwingend braucht, ist gar nicht das Ziel, sondern eine perfide Lust an der Zerstörung oder Unterwerfung anderer.

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Kurzarbeit steigt spürbar an

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In Niedersachsen nehme die Kurzarbeit wieder zu. Gemeint ist natürlich eine Zunahme der Nichtarbeit, die weder kurz noch lang ist. Das will NDR1 herausgefunden haben und nennt als Quelle die Arbeitsagentur für Niedersachsen und Bremen. Demnach hätten im Oktober 175 niedersächsische Betriebe angekündigt, Kurzarbeit zu planen. Rund 2.700 Mitarbeiter wären dann betroffen. Laut Aussage der Arbeitsagentur seien damit die Anzeigen für Kurzarbeit zum ersten Mal in diesem Jahr spürbar gestiegen.

Betroffen ist vor allem die Automobilindustrie, deren Zulieferer und die Bau-Branche, in der sich eine schwächere Nachfrage abzeichne. Nun wissen wir, dass solche Meldungen am Rande erscheinen und immer einen beruhigenden Hinweis enthalten. In Kurzarbeit steckt das ja schon drin. Man kennt aber auch Formulierungen wie, das Beschäftigungswachstum nimmt ab (gemeint ist ein Anstieg der Arbeitslosigkeit) oder einen kräftigen Anstieg bei der Beschäftigung, der immer dem leichten Rückgang vorausgehe. In diesem Fall wird gesagt, dass die Lage längst nicht so schlimm sei wie 2009, als zeitweise mehr als 20.000 Menschen in Niedersachsen wegen Kurzarbeit mangels Aufträgen in den Büchern ihrer Arbeitgeber eben nicht arbeiteten.

Man kann die Zeichen richtig deuten und angesichts der starken Einbrüche auf den Gütermärkten von einer Rezession sprechen oder aber weiterhin so tun, als sei das Ganze nur eine vorübergehende Schwächephase im Winterhalbjahr, die der private Konsum schon ausgleichen werde, obwohl gleichzeitig die Einführung eines Mindestlohns weiterhin verweigert wird.

„Mit Blick auf den deutschen Arbeitsmarkt warnt der Sachverständigenrat ausdrücklich davor, das Rad zurückzudrehen. Forderungen nach Mindestlöhnen sieht er als kontraproduktiv an.“

Stattdessen erhöht die Bundesregierung die Minijob-Verdienstgrenze auf 450 Euro und steigert damit weiter die Attraktivität des Niedriglohnbereichs. Hoppla, da ist sie ja wieder, die positive Umschreibung eines an sich katastrophalen Zustands.

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Merkels Frechheiten im Affekt

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Merkels geistlose Frechheiten nehmen kein Ende. Nach dem Herbstgutachten der Wirtschaftspfeifen ließ sich die Regierungschefin zu einer, sagen wir mal, Reaktion im Affekt hinreißen. Sie wolle den Konsum ankurbeln, hieß es heute überall in den Nachrichten. Doch das war nur der erste Teil der Meldung. Beim zweiten Teil, dem Wie, hat man bei den Liberalen die Sektkorken knallen hören. STEUERSENKUNGEN. So selten dämlich kann doch keiner mehr sein, frage ich mich. Doch einer ist noch blöder. Dieter Hundt. Er forderte die Regierung auf, zur Ankurbelung des Konsums die Rentenbeiträge zu senken.

Dumm nur, dass die noch Arbeitenden mit den dann zusätzlich zur Verfügung stehenden Mitteln von vielleicht aufgerundeten zwei Euro im Monat nicht nur den Konsum kräftig ankurbeln sollen, sondern gleichzeitig auch Geld privat versichert zurücklegen müssen, um die bevorstehende Altersarmut ein wenig abzumildern. Diese Milchmädchenrechnung vom Arbeitgeberpräsidenten wird garantiert aufgehen.

Doch den letzten Sockenschuss lieferte die Kanzlerin persönlich ab, als sie die einprozentige Wachstumsprognose für 2013 vergleichend zum Erfolg erklärte. Deutschland liege damit im Eurobereich recht weit vorne, verkündete die Bleierne. In Sachen Doofheit liegt die Kanzlerin mit Verlaub auch recht weit vorne. Geradezu geistesgegenwärtig stellte sie dann noch fest, dass Deutschland als Exportnation von den Abschwächungstendenzen in der Eurozone und in Asien betroffen sei, nein, sich nicht entkoppeln könne. Doch jetzt kommt’s:

„Aber insgesamt kann Deutschland auch nur so gut Motor sein, wie die anderen dann nachziehen.“

Die anderen sollen nachziehen, damit sich die deutsche Exportwirtschaft auch weiterhin auf Kosten jener anderen bereichern kann, die gerade von der Bundeskanzlerin zum Sparen und Kürzen genötigt werden. So lautet das Merkelsche Naturgesetz. Vor so viel offen vorgetragenen Frechheiten kannst du nur noch kapitulieren. Die Vernunft ist tot.

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Vorsicht, Experten

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Sogenannte Experten kündigen mal wieder ihr Herbstgutachten an. Dabei handelt es sich bei diesem Papier bloß um eine umfangreiche Korrektur ihres Frühjahrsgutachtens, was wiederum eine Berichtigung der Irrtümer aus dem vorangegangenen Herbstgutachten war und so weiter und sofort. Wie sich aber die deutsche Wirtschaft tatsächlich entwickeln wird, wissen diese Experten freilich nicht, da sie nicht auf Prognosen, sondern auf Prophezeiungen setzen. Das ist eine Vorgehensweise, der sich auch die Bundesregierung regelmäßig anschließt.

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Nachrichten von gestern

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Vor ein paar Tagen ließen die Kaffeesatzleser von der GfK mit ihrem Konsumklimaindex wieder viel Raum für Interpretation. Die einen sprachen nach der Veröffentlichung des angeblichen Pulsfühlers von ungetrübter Kauflaune, die anderen davon, dass die Deutschen ihr Geld lieber in Sicherheit brächten. Wiederum andere behaupteten forsch, dass die Anlage von Geld in Immobilien das Konsumklima stabilisiere.

Hinter diesem Blödsinn steckt mal wieder der “Konsumexperte” der GfK Rolf Bürkl, der noch immer nicht den Unterschied zwischen Konsumausgaben und Investitionen verstanden hat. Wer sich eine Immobilie kauft, konsumiert nicht, sondern investiert im volkswirtschaftlichen Sinne. Natürlich brauchen die Schwachköpfe der GfK diese Daten, um ihr Klima irgendwie konstant halten zu können. Konsequent ignorieren sie jenen Anteil der privaten Konsumausgaben, der zu 30 Prozent in die Rechnung einfließt. Die Einzelhandelsumsätze, die inklusive mit dem Versand- und Internethandel Monat für Monat real vom statistischen Bundesamt gemessen werden.

Heute gab es wieder eine aktuelle Pressemeldung über den Rückgang der Umsätze im August. Generell lässt sich festhalten, dass die Deutschen stabil schlecht konsumieren.

Einzelhandel bis August 2012

Die Ausgaben für Immobilien, sei es für Mieten oder Instandhaltungen – weil auch hier macht die GfK ein Fass auf, das es gar nicht gibt (siehe energetische Gebäudesanierung) – sind mit 20 Prozent an den Konsumausgaben statische Größen, die wenig über das Konsumverhalten aussagen.

Wäre noch die Feststellung einer gesunkenen Sparneigung, die den privaten Konsum befeuern würde. Richtig ist, dass die Sparquote im Vergleich zum 1. Quartal gesunken ist. Grundsätzlich hat sich aber daran seit dem Jahr 2000 überhaupt nichts geändert. Rund 10 Prozent der verfügbaren Einkommen werden durchschnittlich gespart. Dabei sollte man schon genauer hinsehen und nach Einkommensgruppen differenzieren. Denn nicht jeder kann 10 Prozent seines verfügbaren Einkommens auf die hohe Kante legen.

Menschen mit einem Nettoeinkommen von unter 900 Euro – und dazu zählen ja dann auch die angeblich armutsfesten Renten von 850 Euro – haben eine negative Sparquote von rund –12 Prozent. Das heißt, hier ist gar kein Vermögen vorhanden, das zusätzlich in den Konsum fließen könnte. Selbst bei einem Nettoeinkommen von 900 bis 1300 Euro liegt die Quote bei –0,5 Prozent. Erst ab Nettoeinkommen zwischen 1300 und 2600 Euro bewegt sich die Quote zwischen 0,5 und 4,4 Prozent. “Bei Haushalten mit einem monatlichen Nettoeinkommen von 2600 bis 3600 Euro, 3600 bis 5000 Euro, 5000 bis 18.000 Euro betragen die Sparquoten jeweils zwischen 9,0 Prozent und 21,8 Prozent.”

Jetzt müsste man halt nur noch wissen wie Einkommen und Vermögen in diesem Land verteilt sind. Dazu reicht ein Blick in die Meldungen, die zuhauf in den letzten Tagen und Wochen erschienen sind.

Richtige Schlüsse werden daraus aber nicht gezogen. Im Grunde genommen ist die Feststellung eines schwachen deutschen Binnenkonsums eine Nachricht von gestern. Nichts Neues also. Da aber auch Beinah-Abstürze von Flugzeugen aus dem Jahr 2010 gerade hochaktuell sind, wäre eine entsprechende Würdigung der katastrophalen Einzelhandelsumsätze angebracht, zumal die Konsumpropaganda der GfK und der Bundesregierung konsequent das Gegenteil behauptet.    

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