Irres Deutschland

Geschrieben von: am 13. Sep 2011 um 21:42

Was ist eigentlich aus den Terrorverdächtigen geworden, die in Berlin neulich festgenommen worden sind? Die sollen ja angeblich Chemikalien bestellt haben, die zum Bau von Bomben geeignet seien. Gemäß Paragraph 89a Strafgesetzbuch ist die Vorbereitung eines Terroranschlags bereits strafbar. Wir wissen jetzt nicht, welche Chemikalien die angeblichen Terroristen bestellt haben und wofür, sondern nur, dass die Verdächtigen einen Migrationshintergrund besitzen und auf Kühlpads und Salzsäure stehen. Nach der albernen Regelung im Strafgesetzbuch ist jeder grundsätzlich terrorverdächtig. Okay, ein Chemielehrer mit Migräne, der sich Arbeit mit nach Hause nimmt, vielleicht nicht.

Aber jeder Mensch ist doch im Besitz von Salzsäure. Sie kommt im Magen vor und dient dem Abtöten von Mikroorganismen vor dem Eintritt in den Verdauungstrakt. Jetzt müssen sie nur noch aufpassen, dass sie das Kühlpad auf die Stirn und nicht auf den Magen legen, ansonsten könnte ihnen der Versuch der Herstellung einer schmutzigen biologischen Bombe unterstellt werden.

Das glauben sie jetzt nicht? Wieso? Gerade gestern hat doch das Findelkind aus der FDP gemeint, es dürfe keine Denkverbote mehr geben. Lassen wir die Griechen doch in die Pleite gehen, wollte er sagen. Nur hat der Rösler nicht bedacht, dass er damit gerade jenen Sandsack von der Decke holt, auf den er und seine Parteigenossen gerne einschlagen, um den Anschluss an die NPD zu halten. Denn wenn die Griechen tatsächlich Pleite wären, müssten die deutschen Steuerzahler das Geld direkt an die Banken überweisen, anstatt den Umweg über das griechische Finanzministerium zu nehmen.

Aber für diese Erkenntnis hätte der Rösler seine Fachausbildung zum Augenarzt nicht abbrechen dürfen. Zum Glück haben die Liberalen mit Christian Lindner den absoluten Durchblicker in ihren Reihen. Der Mann hat Erfahrung mit Pleiten. Im Jahr 2001 hat er seine Firma Moomax gegen die Wand gefahren, weil er glaubte, dass die Nachfrage nach Avataren, also einer Art von Abbildern, besonders hoch sein würde. 1,2 Millionen Euro Fördergelder erhielt der liberale Freikopf für diesen Kinderquatsch. Natürlich hat er das Geld nie zurückgezahlt, sondern ist jetzt Generalsekretär der FDP. Also jener Partei, in der Abbilder vom gleichen miesen Typ Mensch offenbar biologisch gezüchtet werden.

Das konnte sich die Kanzlerin natürlich nicht bieten lassen. Aber was hat sie wieder gesagt? Richtig. Nichts. Also inhaltlich jetzt. Gesprochen hat sie schon, aber gesagt, im Sinne von kommuniziert, hat sie nichts. Nachdem es ja vergangene Woche hieß, Deutschland gehe es gut, meinte sie heute in Reaktion auf Röslers Forderung nach einer Denkfreiheit kurz:

“Jeder sollte seine Worte vorsichtig wägen.”

Donnerwetter. Sie hätte auch sagen können, im Grundsatz hat er Recht, aber weil wir die Finanzmärkte nicht beunruhigen dürfen, behalten wir die Sache lieber für uns. Komischerweise redet der Schäuble im Bundestag andauernd davon, dass es kein Geld für die Griechen geben werde, wenn die ihren Verpflichtungen nicht nachkämen. Das hat er vor einem Jahr gesagt und zuletzt am 8. September im Bundestag. Aber Schäuble ist ja auch nicht in der FDP, sondern sitzt im Rollstuhl und gilt trotz seines schlechten Gedächtnisses als integerer Finanzakrobat. 

Die FDP-Mitglieder will hingegen keiner mehr hören. Ihr Rat ist nicht mehr erwünscht. Gebraucht werden sie auch nicht mehr. Die Arbeitsagentur müsste eigentlich eine neue Statistik erfinden. Und zwar die, der überbezahlt Unterbeschäftigten. Apropos beschäftigt. Demnächst sollen in Griechenland wieder 20.000 Menschen ihren Job verlieren, weil der Staat noch mehr sparen muss, um die strengen deutschen Vorgaben zu erfüllen. Vielleicht könnten die unterbeschäftigten liberalen Abbilder den Griechen, die bereits im Freien wohnen, mal erklären, wie man mit der gesparten Miete einen Aufschwung finanziert. Dabei sollten sie aber darauf achten, ihre Worte vorsichtig zu wägen.

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Über den Autor:

André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.
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Kommentare

  1. der-olli  September 13, 2011

    Wer braucht die FDP?

    „Die Fragen sind nicht mehr eindeutig zu beantworten. Für eine repräsentative Auswertung, teilt die Forschungsgruppe Wahlen mit, sei die Zahl der verbliebenen FDP-Anhänger inzwischen zu gering.“

    Oh!

  2. Manfred Corte  September 14, 2011

    Also stellen wir uns mal folgendes Szenario vor: Griechenland erfüllt die geforderten und zugesagten Spar-Kriterien natürlich nicht. Wie denn auch? Die bestehende Vereinbarungen mit der EU dazu werden krummgebogen und eine weitere Tranche von 8.000 Millionen Euro wird trotzdem ausgezahlt – und natürlich von den Griechen gerne noch abgegriffen und vereinnahmt. Kurz danach erklären die Griechen, daß sie die Sparmaßnahmen leider gegen alle Widerstände nicht durchziehen können und darauf verzichten müssen. Das Land ist insolvent und versinkt in Armut und Chaos. Deshalb werden die bisherigen Griechen-Bonds natürlich auf „Zahlugnsausfall“ herabgestuft. Viele Europäische Banken müssen deswegen ihre Bilanzen berichtigen und griechische Anleihen endgültig abschreiben. Damit stehen die meisten vor der Pleite. Die Regierungen, auch die deutsche, können die Banken aber nicht refinanzieren und stützen und müssen deren Konkursen passiv zusehen. Auch die Europäische Zentralbank kann nicht mehr helfen und gerät selbst ins Wanken, weil sie selbst 143 Milliarden Staatsanleihen in den Büchern hat. Zugriff auf die einzelnen Nationalbanken und eine Refinanzierung durch sie ist nicht mehr möglich. Die Finanzmärkte sind zusammengebrochen, Interbankenhandel und jegliche Kreditvergaben eingestellt. Die Italienischen Banken sind die ersten, die Zahlungszusagen an die EZB nicht mehr einhalten können und als Bürgen für die EU-Rettungsschirme ausfallen. Sie werden herabgestuft, das Land auch, und gleitet in die Pleite ab. Sogar die Mafia sieht in Italien keine Verdienstmöglichkeiten mehr und verläßt das Land.

    Frankreich und Deutschland kämpfen mit den Folgen der italienischen Zahlungsausfälle und müßten eigentlich ihre Bürgschaften und Einlagen bei der EZB und für die Rettunsschirme erhöhen und entsprechend Gelder nachschießen. Wegen eigener Finanzschwäche ist dies aber nicht mehr möglich. Bundeskanzlerin Merkel erklärt, daß sie das schon immer so vorausgesehen habe und vor Rettungsschirmen ohne Straf-Automatik ausdrücklich gewarnt habe. Mann müsse nun andere Wege gehen. Die Finanzmärkte müßten an dem Schaden, den sie angerichtet haben, beteiligt und streng reguliert werden, wie sie es schon immer verlangt habe. Weil dies aber in dieser Situation mangels Masse nicht möglich sei, müßten die Steuerzahler nun kurzfristig und nur kurzzeitig einspringen. Die würden die gezahlten Gelder aber mit Zins und Zinseszins zurückerhalten und sogar noch daran verdienen. Deutschland würde aus dieser Krise gestärkt und gesund hervorgehen.

    Durch den Ausfall französischer Banken wegen des 100-prozentigen Zahlungsausfalls bei Griechenland- und Italien-Anleihen wird Frankreich als erstes von den Rating-Agenturen herabgestuft. Deutschland wird der einzig verbleibende Bürge für alle bisherigen EU-Rettungsschirme. Weil Deutschland dies aber natürlich nicht alleine tragen kann, sinkt auch die deutsche Kreditwürdigkeit. Auch Deutschland wird herabgestuft und kann sich auf den Finanzmärkten nicht mehr refinanzieren, ohne sich weiter erhebliche Zinslasten aufzubürden. Die USA, Japan sowieso und der Westen insgesamt fallen als Kreditgeber völlig aus, weil sie selbst in allerlei, auch wirtschaftlichen Schwierigkeiten sind. Deutschland sucht daraufhin eine enge Kooperation mit China. China ist bereit zur langfristigen Kreditvergabe an Deutschland, macht dies aber von einer dauerhaft kontrollierbaren politischen Situation in Deutschland abhängig. Mit einem demokratischen System ist dies aber ohne rigiros dirigistische Wirtschaftspolitik nicht durchführbar. Daher wird in Deutschland die Demokratie für den ökonomischen Sektor vorläufig zeitweise ausgesetzt. Das Parlament stimmt dem zu und das Bundesverfassungsgericht erklärt es, zumindest für einen absehbaren Zeitraum und im Hinblick auf die faktische Notlage für vorläufig verfassungskonform. Deutschland ist jetzt auch de fakto eine Wirtschafts-Diktatur mit gleichgeschalteter Politik und für alle Zukunft unumkehrbar verschuldet. Die Deutschen arbeiten ganzjährig nur noch für den eigenen Lebensunterhalt und für den EU-einheitlichen, uniformen und bescheidenen Lebensstandard.

    Satire? Nein, eine Agenda, die derzeit nur auf ihre Verwirklichung wartet ….

  3. ludischbo  September 15, 2011

    wiedereinmal ein sehr gelungender Beitrag ;)

  4. Teja552  September 15, 2011

    Ein sehr gelungener Beitrag, danke!