Gysi droht Schäuble mit Kauf von Anliegerstraße

Geschrieben von: am 10. Sep 2014 um 17:16

Während die Regierung im langweiligen Selbstlob verharrt und glaubt, solide Kosten eingespart zu haben, weist der Oppositionsführer im deutschen Bundestag mit launigen Worten auf die verursachten Schäden hin.

Für Wolfgang Schäuble könnte es teuer werden, sollte es stimmen, dass er sein Ministerium darüber nachdenken lässt, ob und wie eine Privatisierung von Straßen realisierbar ist. Dann, so drohte Gregor Gysi heute im Bundestag, werde er die Straße kaufen, in der Schäuble wohnt und erstens eine hohe Benutzungsgebühr einführen und zweitens die Straße nach sich selbst benennen.

Gysi

Dieses amüsante Bild wählte der Oppositionsführer, um zu verdeutlichen, wie absurd die Gedankenspiele der Regierung inzwischen geworden sind. Für die Schwarze Null, einem zweifelhaften Denkmal, würden Investitionen verschoben oder ganz unterbleiben. Das und die Schuldenbremse führen schließlich zu abenteuerlichen Finanzierungsideen.

Quelle: Stuttmann Karikaturen

Teure Anreize für Investoren

Klar ist, die Infrastruktur ist marode. Doch statt Geld in die Hand zu nehmen, das der Staat zu historisch niedrigen Zinsen bekommen könnte, sollen private Anleger mit Anreizen dazu bewogen werden, ihres zur Verfügung zu stellen. Sie sollen durch das Versprechen höherer Renditen oder zuverlässiger Mauteinnahmen, selbst in den Ausbau von Straßen investieren oder sich über einen Fonds daran beteiligen.

Das muss man sich mal vorstellen. Derzeit mangelt es an Schuldnern weltweit. Die Geldbesitzer haben also ein Problem und müssen selbst Zugeständnisse machen, um Abnehmer für ihr Kapital zu gewinnen. Es gab sogar schon Fälle, da akzeptierten die Geldgeber einen negativen Zins, nur um Teile ihres Vermögens verleihen zu dürfen. Und in dieser für den Finanzminister eigentlich komfortablen Situation bietet die Regierung nach den Steuergeschenken der Vergangenheit ein weiteres Präsent für Vermögende an.

Das alles geschieht aber nur, um den Anschein zu vermeiden, selbst neue Schulden machen zu müssen. Diesen Anschein, der einen Gewinn an Wählerstimmen verspricht, wird teuer erkauft, die Rechnung aber erst dann präsentiert, wenn die Schwarzen Nullen längst Geschichte sind und ihren Lebensunterhalt mit Pensionen und Beraterhonoraren verdienen. Schon heute ist aber klar, dass öffentlich private Partnerschaften für die Privatwirtschaft einen unerhörten Gewinn bedeuten und für die Allgemeinheit nur Verluste und Kosten übrigbleiben.

Dabei können beide Seiten gleichzeitig gewinnen, wenn der Staat nur selbst seine Schulden machen würde und begriffe, dass sich nur so Sparerfolge realisieren lassen. Überdies könnten auch die Zinsen für Sparer wieder steigen, wenn es gelänge, mehr Schuldner zu gewinnen. Die leihen sich das Geld für Investitionen aber nur dann, wenn sie davon ausgehen können, dass auch eine Nachfrage nach Produkten und Dienstleistungen zu erwarten ist.

Die Bilanz ist eindeutig

Gysi wies in seiner Rede aber darauf hin, dass die gegenwärtigen Bedingungen, riesiger Niedriglohnsektor in Deutschland, hohe Arbeitslosigkeit durch Kürzungspolitik in Südeuropa und Sanktionen gegen Russland, alles andere als optimal sind. Wie soll eine Wirtschaft auch wachsen, wenn dieser Unfug das politische Handeln bestimmt?

Während die Unternehmen 1991 rund 40 Prozent ihrer Gewinne investierten, sind es 2013 nur noch neun Prozent und das trotz der vielen Milliarden Euro, die es in der Zwischenzeit an Steuergeschenken gab. Alle Bundesregierungen hatten damit die Hoffnung verknüpft, eine erhöhte Investitionstätigkeit auslösen zu können. Stattdessen stiegen aber nur die Vermögenseinkommen seit dem Jahr 2000 um 60 Prozent während die Arbeitnehmereinkommen im gleichen Zeitraum real um 3,7 Prozent sanken.

Wenn der Staat die Steuergelder hätte, auf die er seit Jahren verzichtet, wären Investitionen in Bildung und Infrastruktur auch problemlos möglich, rechnete Gysi mit Verweis auf Erkenntnisse des IWF vor. Doch die Regierung beklage sich lieber über einen seit Jahren anhaltenden Investitionsstau, weigere sich aber anzuerkennen, dass sie diesen selbst zu verantworten hat. Sie nehme ihn sogar bereitwillig hin, nur um eine Schwarze Null der Öffentlichkeit präsentieren zu können.

Gregor Gysi: Rede im Bundestag, 10. September 2014

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Über den Autor:

André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.
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Kommentare

  1. Hartmut Beyerl  September 10, 2014

    Danke for den treffenden Beitrag. Habe mit die Debatte angesehen. Merkel, oppermann, Göring unterirdisch. Gysi der einzige Klartextredner.