Die Aufgabe des Staates

Geschrieben von: am 23. Feb 2021 um 12:08

Die Aufgabe des Staates ist es, die bestmögliche Gesundheitsversorgung für die Bevölkerung sicherzustellen, nicht diese vor jeder Infektionen zu schützen. Die Politik pendelt aber immer wieder diffus zwischen unklaren Zielen hin und her. Mal hat es oberste Priorität, das Gesundheitssystem nicht zu überlasten, dann spielen plötzlich wieder ein oder mehrere Inzidenzwerte die entscheidende Rolle. Behauptet wird auch, das eine hänge mit dem anderen zusammen. In Wirklichkeit soll das Festhalten am Inzidenzwert nur von der Hilf- und Planlosigkeit ablenken, aber auch davon, dass die Leistungsfähigkeit des Gesundheitssystems sowie das Pandemiemangagement einfach besser sein könnte.

Die Bundeskanzlerin hatte immer wieder betont, dass es erst ab einem Inzidenzwert von 50 den Ämtern wieder möglich sei, die Kontakte nachzuverfolgen. Warum werden die Behörden dann aber nicht einfach in die Lage versetzt, auch bei höheren Inzidenzen diese Aufgabe erledigen zu können? Dass das funktioniert, beweisen viele Landkreise und Städte, in denen sogar bei Inzidenzwerten von bis zu 100 Fällen pro 100.000 Einwohner auf sieben Tagen problemlos eine Kontaktnachverfolgung möglich ist. Andere können das wiederum nicht, aus welchen Gründen auch immer, meist fehlen Kapazitäten oder eine vernünftige Organisiation und Strategie beim Umgang mit dem örtlichen Infektionsgeschehen.

Aber gerade dann müsste man auch Abstufungen nach Risiko vornehmen können, so, wie es mittlerweile von den Berliner Amtsärzten gefordert wird. Sie sagen, dass es einen Unterschied macht, ob die Inzidenzen nun bei den Älteren oder bei den Jüngeren hoch sind. Notwendig sei vielmehr eine nach Altersgruppen ausgerichtete Inzidenzanalyse. Schulkinder sind eben nicht von erhöhten Erkrankungs- oder Sterberisiken betroffen, müssen also anders behandelt werden. Es ist daher auch widersinnig, Kitas und Schulen zu schließen oder Freizeitmöglichkeiten, zum Beispiel in Vereinen zu beschränken. Es ist widersinnig, Kindern und Jugendlichen ohne ersichtlichen Grund über Wochen und Monate Schaden zuzufügen, nur weil man der irrigen Ansicht ist, dadurch vielleicht Infektionen bei den Älteren zu verhindern.

Es ist auch widersinnig, mit Ordnungskräften auf Rodelhängen oder an Strandpromenaden Ausschau nach Maskenmuffeln zu halten oder die Einhaltung von Abständen zu überprüfen, um dann empfindliche Bußgelder zu verhängen, während in den Pflegeheimen aus Personalmangel nicht einmal simple Schnelltests erledigt werden können. Widersinnig ist auch, nun wieder mit der hilflosen Holzhammermethode Verbote zu reaktivieren, wie das Absperren von Spielplätzen, weil es dort wegen des schönen Wetters wieder voller und damit unübersichtlicher wird. Warum wird dann nicht die Öffnung von Freizeiteinrichtungen erwogen, die eben eine viel bessere Kontrolle aufgrund von Hygienekonzepten erlauben?

Der Lockdown und dessen absurder Verordnungsfetischismus haben sich eindeutig nicht bewährt. Als ersichtlich wurde, dass die Strategie der allgemeinen Senkung von Inzidenzen mittels Maßnahmen und deren ständiger Verlängerung und Verschärfung nicht aufging, weil sich die Alten in den Risikogruppen trotzdem deutlich häufiger mit dem Virus ansteckten und starben, erfanden dieselben virologischen Einflüsterer, die behaupteten, dass ein separater Schutz von Risikogruppen gar nicht möglich sei, den absurden NoCovid-Plan, dem sich dann auch noch viele Haltungs-Linke anschlossen, sofern sie nicht schon von der noch absurderen Mutante Zero-Covid befallen waren. Beides sind Ablenkungsmanöver, bei dem das eigene intellektuelle Versagen durch das Zurschaustellen von moralischer Überlegenheit (wir folgen der Wissenschaft) kaschiert werden soll.

Bei diesen religiös anmutenden Ideen kommt dann auch sehr viel Hybris und autoritäres Denken zum Vorschein, was wiederum Folgen in anderen Diskussionsrunden hat. Gestern sagte die Leiterin des Instituts für Virologie am Universitätsklinikum Leipzig, Corinna Pietsch, in der Sendung hart aber fair: „Wir impfen ja nicht, um jemanden lustig in den Urlaub zu schicken.“ Der Journalist Frank Lübberding schrieb auf Twitter eine treffende Replik: „Eine Impfung soll eine Erkrankung verhindern. War noch nie anders. Wie jemand sein Lebensumfeld gestaltet, bleibt weiterhin ihm selbst überlassen. Ob er in den Urlaub fährt, oder auf dem Sofa sitzt, kann deshalb jeder selbst entscheiden. Sogar eine Virologin bei #hartaberfair.“

Oder anders ausgedrückt: Es ist nicht Aufgabe des Staates, Infektionen zu verhindern und die Bürger als potenzielle Gefahr zu betrachten oder sie wie Kleinkinder zu behandeln. Es reicht, wenn es ihm gelingt, eine Impfung zu organisieren, mit der schwere Krankheitsverläufe verhindert werden können, der Staat im Prinzip also das einlöst, was die Verfassung von ihm in Wirklichkeit verlangt. Den Schutz der Gesundheit in Abwägung zur Freiheit der Person, die unverletzlich ist. Das heißt eben nicht, dass sich niemand mehr infizieren darf. Es heißt, dass eine verantwortliche Regierung die Schlamperei bei der Impfstoffbeschaffung korrigieren, den Gesundheitssektor besser ausstatten und die fortschreitende Privatisierung öffentlicher Leistungen umgehend beenden muss.


Bildnachweis: Carola68 Die Welt ist bunt…… auf Pixabay

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Über den Autor:

André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.
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Kommentare

  1. Dieter  Februar 24, 2021

    „Der Staat ist das Machtinstrument der jeweils herrschenden Klasse !“
    Karl Marx

    Das ist im aktuellen Fall die Finanzindustrie.
    mehr
    „Die Gewinner der Krise – BlackRock und Co. kassieren gleich doppelt“
    https://www.nachdenkseiten.de/?p=59569

    Der Staat als Machtinstrument der herrschenden Klasse, erfüllt seine Aufgabe, stets zur vollsten Zufriedenheit !

    Das wir ein marode Infrastruktur, Lehrer-, Pflegekräfte-, Ausbilder-, Polizisten-, Staatsanwalts-, Richter-, Ärztemangel u.a. haben, ist so gewollt. So etwas kostet Geld und würde den Profit der Finanzzocker schmälern.