Treffen ohne Ergebnisse

Geschrieben von: am 07. Okt 2016 um 8:56

Quelle: ARD Deutschlandtrend

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Der Koalitionsausschuss am gestrigen Donnerstag ist harmonisch verlaufen. Schon wieder. Alle haben sich lieb und lassen jene Themen wortlos liegen, die sonst zwischen den Treffen im Kanzleramt die Schlagzeilen dominieren.

Da war doch was mit Obergrenze und einem Seehofer, der drohte, mit Merkel endgültig zu brechen, falls die sich in der Flüchtlingsfrage nicht bewege. Ein heißer Herbst wurde angekündigt. Doch zum Popcorn-Kino reichte es auch dieses Mal nicht. Große Aufgaben zu meistern, heißt inzwischen, sich auf eine strengere Bestrafung von Einbrechern zu verständigen. Wie langweilig. Dietmar Bartsch schreibt auf Facebook, die Große Koalition sei spürbar in ihrem Trennungsjahr angekommen. Was für ein Irrtum. Die machen doch gemeinsam weiter.

Merkels Zustimmungswerte legen schon wieder zu, Seehofer verliert, das macht aber nix. Die Fortsetzung der GroKo ist derzeit die einzige Option im Bund. Mission also erfüllt. Dass die Zeichen nicht auf Trennung stehen, zeigt unter anderem eine Einigung zwischen Finanzminister Schäuble und Familienministerin Schwesig, die bereits im Vorfeld des Gipfeltreffens bekannt wurde. Demnach soll das Kindergeld um satte 2 Euro und der Kinderzuschlag für Familien mit niedrigen Einkünften um 10 Euro steigen. Damit ist weiterhin klar. Familien und Kinder, die arm sind, bleiben es auch. Eigentlich ist das ja ein Skandal oder wie Sigmar Gabriel zu sagen pflegt: „Mit den Schwatten war leider nicht mehr drin.“

Dafür kann die SPD als weiteren Erfolg die Einigung auf ein Gesetz zur Lohngerechtigkeit von Männern und Frauen verbuchen. Nach nur zehn Monaten. So lange liegt der fertige Entwurf von Familienministerin Schwesig schon auf dem Tisch. Durch das Gesetz sollen Arbeitnehmer in Betrieben mit mehr als 200 Beschäftigten ein Auskunftsrecht erhalten und zwar darüber, was Kollegen mit vergleichbaren Aufgaben im Unternehmen durchschnittlich verdienen. Die Regelung hat also mit der Herstellung von Lohngerechtigkeit herzlich wenig zu tun und müsste deshalb auch anders heißen.

Trotzdem meinte SPD-Fraktionschef Oppermann im Anschluss an das Treffen: „Ich freue mich ganz besonders, dass wir heute einen Durchbruch erreicht haben beim Thema gleicher Lohn für gleiche Arbeit. Das hat lange gedauert, aber jetzt haben wir einen Kompromiss und das ist ein guter Kompromiss.“ Möglicherweise musste er so dick auftragen, weil es auf anderen Politikfeldern eben nichts zu verkünden gab. Bei Themen wie der Rentenpolitik etwa, hatten die Beteiligten nichts zu erzählen. Das sei dann wohl doch zu viel für einen Nachmittag gewesen, erklärte Unions-Fraktionschef Volker Kauder.

Von wichtigen Dingen ist keine Rede

Was in dieser Legislaturperiode noch machbar ist, will die Koalition in den kommenden Wochen klären. Darunter auch die Frage, wer neuer Bundespräsident werden soll. Die Zeitung mit den vier großen Buchstaben will erfahren haben, dass sich Merkel, Gabriel und Seehofer zu einem Sechsaugengespräch verabredet hätten. Wie spannend. Doch all das lenkt im Grunde genommen ab, von den wirklich wichtigen Dingen. Der heimgekehrten Bankenkrise zum Beispiel. Nicht nur italienische Institute haben ein riesiges Problem in ihren Bilanzen, sondern auch die Deutsche Bank, die eine Milliardenstrafe in den USA fürchten muss. Ein dringendes Thema für die Koalition scheint das aber nicht zu sein.

Das macht ja auch der Schäuble. Und der war beim Koalitionsgipfel gar nicht dabei, sondern in Washington bei der Jahrestagung von IWF und Weltbank. Dort durfte er sich Kritik anhören, nicht nur zur Deutschen Bank, sondern auch zu Griechenland und natürlich zur deutschen Haushaltspolitik. IWF-Chefin Lagarde flehte den deutschen Finanzminister förmlich an, endlich Abstand von der Schwarzen Null zu nehmen und die vorhandenen Spielräume für mehr Investitionen zu nutzen, damit die Weltwirtschaft wieder wachsen kann. Doch Schäuble bleibt weiterhin stur und behauptete sogar, dass Deutschland schon genug getan hätte.

Dabei müsste viel stärker über mehr Investitionen geredet werden. Doch das Thema Konjunktur wird von der Bundesregierung und den Koalitionsfraktionen nicht mal als ein Problem erkannt. Dafür ist so etwas Albernes wie Majestätsbeleidigung auf der Tagesordnung des Koalitionsausschusses zu finden. Vielleicht kann Jan Böhmermann ja mal etwas zu den schädlichen Folgen der Schwarzen Null und immerzu steigender Exportüberschüsse machen, damit sich die Bundesregierung auch mal für Volkswirtschaft interessiert.

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Über den Autor:

André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.
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