Keine Schlichtung beim Stresstest

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Die Deutsche Bahn, die ihnen, mir, uns allen gehört, will herausgefunden haben, dass der von ihr geplante unterirdische Tiefbahnhof für viel, zu viel Steuergeld, leistungsfähiger sei, als sein bestehendes, hässliches Pendant an der Oberfläche, mit Namen Kopfbahnhof. Georg Schramm hat einmal gesagt, seit der Schlichtung um Stuttgart 21 wisse er nun, warum die Bahn den Kopfbahnhof so verrotten ließ. Das Auge fährt halt mit.

Jetzt geht es in die “schein”entscheidende Phase. Der Stresstest, den Heiner Geißler der Bahn zur Auflage machte, habe ein Ergebnis geliefert. Bestanden, alles laufe wie am Schnürchen, ließ man über zahlreiche Agenturen verbreiten. Der neue Bahnhof sei 30 Prozent leistungsfähiger als der bestehende Kopfbahnhof. Die baden-württembergische Landesregierung sieht es anders. Verlässliche Daten lägen noch gar nicht vor, hieß es aus dem grünen Verkehrsministerium, das einst von der schwarzen Tanja Gönner besetzt gehalten wurde.

Die Bahn kontert wiederum und behauptet, das Verkehrsministerium in einem Arbeitskreis stets zeitnah über die Ergebnisse und aktuellen Daten der Simulation informiert zu haben. Und weil die unterirdische Simulation wie auch immer erfolgreich gewesen sein soll, simulieren die politischen Befürworter des Projekts schon mal präventiv Wutanfälle in Richtung der Gegner.

„Sollte der Stresstest ergeben, dass der geplante Tiefbahnhof die während der Schlichtung von allen Seiten akzeptierte Leistungssteigerung erbringt, gibt es für die Grünen endgültig keinen Grund mehr, weiter auf den Barrikaden zu bleiben“, sagte er dem Tagesspiegel. „Es wäre eine grobe Missachtung des Schlichterspruchs, wenn die Grünen jetzt immer neue Hürden aufbauen – nur um ihren Wählern nicht eingestehen zu müssen, dass sie Erwartungen geweckt haben, die sie nicht erfüllen können“, sagte Gröhe. Der CDU-Fraktionschef im Stuttgarter Landtag, Peter Hauk, forderte Hermann auf, „seinen sinnlosen Widerstand sofort einzustellen“ .

Quelle: Tagesspiegel

Man fühlt sich in die Schlichtungsgespräche zurückversetzt. Vielleicht könnten sich Gegner und Befürworter darauf einigen, dass es einen Stresstest gegeben hat und entsprechende Ergebnisse, nein, Unterlagen, über deren Inhalt an dieser Stelle keine nähergehende oder für beide Seiten verfängliche Aussage getroffen wird, von der Bahn an das Verkehrsministerium übergeben, nein, gesandt wurden. Können beide Parteien diesem Satz zustimmen? Öhm…, Herr Geißler übernehmen sie, ein Schlichter wird benötigt.

Interessant wäre natürlich, mit welchem Fahrplan die Bahn gerechnet hat. In der Schlichtung hieß es ja immer, den könne man gar nicht präsentieren, weil die zukünftige Verkehrsentwicklung bis zur Fertigstellung des Projekts niemand abschätzen könne. Die Steigerung der Leistungsfähigkeit ergäbe sich vielmehr daraus, dass die Verfahren zur Realisierung des Projekts erfolgreich abgeschlossen wurden, sei es vor Gericht, bei der Planfeststellung oder bei der Erteilung von erforderlichen Genehmigungen. Das war für mich das gönnerhafte Kefer-Argument, das zu verkünden, sich der Bahnvorstand in die Niederungen einer öffentlichen Diskussionsrunde begeben hat.

Unter welchen Bedingungen nun geheim getestet wurde, ist nicht bekannt. Die Bahn deutet das Ergebnis nach ihren Vorstellungen. Wahrscheinlich wird die Steigerung der Leistungsfähigkeit schon dadurch erhöht, dass unter der Erde defekte Klimaanlagen in ICE-Zügen als Ausfallgröße ausgeschlossen werden können.

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Tanja Gönner und der letzte Stand, der keiner ist

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Eine Beteiligung der Öffentlichkeit wird von Seiten der Befürworter von Stuttgart 21 nach wie vor abgelehnt. Es ist schon toll, dass eine sachliche Auseinandersetzung bereits daran scheitert, dass die Fakten, wie ein Fahrplan und ein Fahrbetrieb im neuen Bahnhof, gar nicht festgestellt werden können, weil die Bahn und die Landesregierung gar nicht wissen, wie das Verkehrsaufkommen aussehen wird, wenn die Milliarden erst einmal versenkt wurden.

Frau Gönner sprach vom Eindruck eines letzten Standes, den die Öffentlichkeit gewinnen könne, wenn alle Dokumente zugänglich gemacht würden. Es sei vielmehr so, dass es sich um Planungen handele, die weiterentwickelt würden. Ja toll. Was soll man mit so einem Scheiß anfangen. Wir bauen einen Bahnhof und gucken dann, ob die Züge auch abgewickelt werden können? Das ist doch Blödsinn. Mit der Aussage von den Befürwortern, man würde auf die Verkehrsentwicklung reagieren, heißt doch konkret, dass die Kosten für S21 weiter steigen werden. Jedenfalls haben die Bahn und die Landesregierung nicht begründet darlegen können, dass mit Stuttgart 21 ein Gewinn an Kapazität einherr geht. Sie haben auch nicht den Vorwurf der Gegner entkräften können, dass nach den bisherigen Planungen, die Kapazitätsgrenze bereits erreicht sei.

Dafür hat Herr Kefer im Sinne eines PR-Fachmanns und nicht in seiner Funktion als Technik-Vorstand der Bahn stets gelächelt und die Verfahren als Begründung für die Fakten angeführt. Man könnte da auch von Zirkelschlüssen sprechen, wenn man die lange Dauer der Planung, die nachweislich von falschen Projektionen und Simmulationen ausgegangen ist, anführt, um die Unumstößlichkeit des Gesamtprojekts zu beweisen. Das ist krank.

Wenn man die berechtigten Kritikpunkte der Gegner ernst nähme, müsste man als neutraler Beobachter zu dem Ergebnis kommen, dass sich die Voraussetzungen grundlegend geändert haben. Das konnte man sehr schön an der Diskussion um Haltezeiten sehen. Die Befürworter gehen in ihrer theoretischen Annahme davon aus, dass die Züge künftig nur eine Minute halten werden. Damit hatte sogar der Geißler Probleme, da so eine Annahme vollkommen realitätsfern sei. Dennoch ist diese Größe in die absurde Effizienz-Berechnung der Gutachter eingeflossen und hat somit zu dem Ergebnis geführt, dass S21 wirtschaftlicher sei als der bisherige Kopfbahnhof. Bahn und Landesregierung meinten darauf nur, dass es sich hierbei um einen Prozess handeln würde und es gar nicht darauf ankäme, wie lange die Züge nun tatsächlich hielten.

Daran können sie sehr schön sehen, wie bewusst manipuliert wurde, um die bisher vorhandene Infrastruktur zu dikreditieren und die Öffentlichkeit mit falschen Modellannahmen in die Irre zu führen. Einmal hat Herr Kefer als es ihm zu bunt wurde, auch wieder betont, dass der Beschluss pro S21 nicht zur Debatte stünde. In diesem Sinne hilft es kaum, wenn die begeisterte Medienöffentlichkeit von einem demokratischen Ereignis fabuliert. Man müsste vielmehr nüchtern festhalten, dass hier die Demokratie grandios gescheitert ist, weil Entscheidungen getroffen wurden, die vor dem Hintergrund einer Unschärfe stattfanden, die der Öffentlichkeit aber bisher als klare Faktenlage verkauft wurde.

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Die "Fachschlichtung", eine Farce mit Ansage

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Der Technik-Vorstand der Bahn und gleichzeitiger Teilnehmer der Geißler-Schlichtung in Stuttgart Volker Kefer spricht im Interview über den Sinn der gerade stattfindenden Schlichtung von einer Fachschlichtung. D.h., es gehe gar nicht um ein Für oder Wider von S21, sondern nur darum, die Öffentlichkeit und die Gegenseite von dem in aller Heimlichkeit beschlossenen Für mit angeblichen Fakten zu überzeugen.

Eine tolle Veranstaltung. Wem nützt das eigentlich? Wem nützt der von Geißler beschworene „Faktenchek“. Die Fakten sind klar und zwar nicht im Sinne der Befürworter. Stuttgart 21 ist fachlich und sachlich falsch und die Veranstaltung in Stuttgart nur eine Show, die dazu dient, die hässlichen Köpfe von Mappus und seiner Regierungstruppe zu retten.

Es ist schon ein starkes Stück, das die beteiligten Politiker und Planer im Nachhinein anbieten, die Öffentlichkeit und die Gegner des Projekts an den von den Befürwortern zuvor zurückgehaltenen und unterschlagenen Fakten teilhaben zu lassen. Was für eine Großzügigkeit. Warum diskutiert eigentlich niemand über die kriminelle Energie, die offenbar nötig ist, um die Öffentlichkeit jahrelang durch Unterschlagung von Informationen bewusst zu täuschen. Sollte das absichtliche Versäumnis, die Öffentlichkeit angemessen zu beteiligen, tatsächlich folgenlos bleiben?

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