Das politische Klima – ein Tief nach dem anderen

Geschrieben von: am 24. Mai 2010 um 16:48

Pünktlich zum Ende des langen Wochenendes bläst einem der Wind wieder stärker ins Gesicht. Zumindest bei uns ist das so und es soll noch schlimmer werden. Ab Mittwoch müssen wir uns auf eine Wetterumstellung gefasst machen. Auf der Seite des deutschen Wetterdienstes heißt es:

Zaza, das Skandinavientief bringt uns nun eine Wetterumstellung. Zazas Kaltfront hat den Norden und Osten Deutschlands erreicht. In der Nacht zu Dienstag wird die Kaltfront über die Mitte Deutschlands hinweg nach Süden ziehen.

Wieso heißt das Tief eigentlich Zaza und nicht Angela? Schließlich fürchten sich die Meteorologen ebenso vor genauen Prognosen wie Journalisten vor genauen Deutungen des Merkelschen Neusprechs. Im Wettertext heißt es nämlich weiter:

Ein Problem dabei ist, dass man zwar vorhersagen kann, dass sich die Tiefs bilden, die Vorhersage aber für eine präzise Warnung viel zu ungenau ist.

Ungenau, unsicher, Kaltfront. Diese Begriffe beschreiben recht gut auch das politische Klima in Deutschland. Am Freitag wurde eilig ein Milliarden Ermächtigungsgesetz durch Bundestag und Bundesrat verabschiedet, ohne dass die Volksvertreter genau wissen konnten, welche Konsequenzen ihr Ja haben würde, weil nicht einmal die vertragliche Grundlage bekannt ist, auf der die Milliardenhilfen im Bedarfsfall verteilt werden. Aber noch etwas anderes ist hoch interessant. Denn wie heißt es im Gesetzestext, den ich auszugsweise bei Egon W. Kreutzer fand:

Gesetz zur Übernahme von Gewährleistungen im Rahmen eines europäischen Stabilisierungsmechanismus

§ 1 Gewährleistungsermächtigung

(1) Das Bundesministerium für Finanzen wird ermächtigt, für Kredite, die eine von den Mitgliedsstaaten des Europäischen Währungsgebietes gegründete oder beauftragte Zweckgesellschaft zur Finanzierung von Notmaßnahmen zum Erhalt der Zahlungsfähigkeit eines Mitgliedsstaates des Euro-Währungsgebietes aufnimmt, Gewährleistungen bis zur Höhe von insgesamt 123 Milliarden zu übernehmen.

(…)

(5) Der Gewährleistungsrahmen nach Absatz 1 kann unter den Voraussetzungen des § 37 Absatz 1 Satz 2 der Bundeshaushaltsordnung mit Einwilligung des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages um bis zu 20 Prozent der in Absatz 1 genannten Summe überschritten werden.

Mit anderen Worten, Deutschland beteiligt sich nicht nur mit den oft zitierten 123 Mrd. Euro an den Hilfen, sondern mit 148 Mrd. Euro. Wieso man da noch von einem Gewährleistungsrahmen spricht, erschließt sich mir nicht. Da passt doch überhaupt kein Rahmen mehr drum. Und weil die Parlamentarier mit dem Vertrauen, das ihnen vom Volk geschenkt wurde, wie Westerwelle einmal schwülstig anmerkte, gut umzugehen wissen, schenken sie es einfach einer noch zu gründenden – also nicht bekannten – Zweckgesellschaft weiter. Tolle Demokratie!

Übrigens hat die bekannte Zweckgesellschaft, in die ebenfalls viel geschenktes Vertrauen investiert wurde, der Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung, kurz SoFFin gennant, über vier Milliarden Verlust für das Jahr 2009 angemeldet (siehe FTD). Sie wissen schon, das ist die Einrichtung, die über die 480 Mrd. Euro entscheidet, die im Jahr 2008 ebenfalls binnen einer Woche vertrauensvoll locker gemacht und übertragen wurden, um allein den deutschen Finanzplatz zu retten.

Geht das jetzt immer so weiter?, wäre eine berechtigte Frage. Kommt jetzt ein Tief nach dem anderen? Es ist einfach unfassbar. Fürchten sie weder Sturmböen noch Starkregen, fürchten sie lieber das Dauertief Angela mit eisiger Kälte und kräftigen Erdbeben. Wie tief können wir mit dieser Regierung eigentlich noch sinken?

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Über den Autor:

André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.
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Kommentare

  1. Zwischen nach der Geburt & vor dem Tod  Mai 24, 2010

    BDI-Chef Keitel warnt vor drohender Inflation…
    …und ist damit ja nicht allein:

    „Wir müssen auf der Hut sein. Ein stark verschuldeter Staat kann versucht sein, durch eine Geldentwertung seine Schulden leichter loszuwerden (…) Die Idee, eine kontrollierte Inflation zuzulassen, um die Haushalte…

  2. Teja552  Mai 24, 2010

    Entweder es hindert sie jetzt jemand daran, der müsste aber auch Eier in der Hose haben oder es geht eben noch tiefer!

    Denke letzteres wird zutreffend sein!