Die Kanzlerin bleibt ihrer Linie treu

Geschrieben von: am 26. Sep 2010 um 18:08

Bundeskanzlerin Angela Merkel kommentiert den jüngsten Hartz-IV-Kompromiss. Fünf Euro mehr soll es pro Monat und erwachsenen Bezieher von Arbeitslosengeld II geben. Kinder gehen hingegen leer aus. Völlig überraschend habe man im Kuschelministerium der Frau von der Leyen festgestellt, dass die Regelsätze für Kinder bisher schon zu hoch waren. Großzügigerweise habe man aber von einer wirklichkeitskonformen Kürzung der Bezüge Abstand genommen, weil das der Bevölkerung nicht vermittelbar gewesen wäre, so die siebenfache Mutter.

Dabei liefert doch die bestellte emnid-Umfrage via Bild am Sonntag die passenden Ergebnisse. Über 50 Prozent der Bundesbürger würden eine Erhöhung der Sätze kategorisch ablehnen, heißt es da. Das wundert mich eigentlich nicht. Stutzig macht mich nur, dass emnid lediglich 502 Personen befragt haben will. Ich habe in den Statistikseminaren jedenfalls noch gelernt, dass eine repräsentative Stichprobe gemessen an der Bevölkerungsgröße der Bundesrepublik bei etwa 1000 Leuten liegen müsse. Da hat sich anscheinend etwas geändert. Ich finde leider auch keine exakte Fragestellung, daher unterstelle ich einfach mal Manipulation, schließlich halten über 70 Prozent derselben Bevölkerung einer anderen Umfrage zufolge die Hartz-Gesetzgebung schlicht für falsch und wünschen sich eine Rücknahme dieser Reform.

Aber nun zur Kanzlerin. Was sie zuzm Thema meint, können sie unter anderem auf Spiegel Online nachlesen.

Merkel gab sich demonstrativ gelassen. Die Karlsruher Richter hätten den Spielraum für politische Entscheidungen gegeben, was in die Grundsicherung für Langzeitarbeitslose hineingehöre und was nicht, betonte die CDU-Vorsitzende am Abend vor Beginn der gemeinsamen Präsidiumssitzung von CDU und CSU. Die Neuberechnung nannte sie „sachbezogen“ und „rational“, alles käme nun auf den Tisch, „und dann kann jeder sich das anschauen“.

Der Karikaturist Klaus Stuttmann bringt es mal wieder ganz aktuell auf den Punkt. Dieses Bild sollten sich vielleicht auch die vielen Springermüll-Leser anschauen, die morgen wieder fröhlich mithetzen werden, wenn sie zur Arbeitspause ihrer zunehmend schlechter bezahlten Jobs schreiten und nicht verstehen können, warum sie für immer weniger Geld malochen müssen, während andere zu Hause auf dem vermeintlich warmen Sofa herumliegen.

Karikatur von Klaus Stuttmann
Quelle: Klaus Stuttmann

Vielleicht schafft es aber doch der ein oder andere zu kapieren, dass nicht die Hartz-IV-Empfänger ein Problem verursachen, sondern Lobbyisten, die ihre eigenen Gesetze schreiben dürfen. So heißt es dann auch Milliarden für die Banken, Milliarden für die Pharmaindustrie und Milliarden für die Energiekonzerne und halt weniger für Rentner, Malocher, Arbeitslose und Kinder. Wenn man sich nun aber überlegt, welcher Aufstand um ein paar Hundert Millionen Euro für Hartz-IV-Empfänger veranstaltet wird, während an anderer Stelle Milliardenbeträge einfach so durchgewunken werden, muss es doch endlich einmal klingeln in den Köpfen der Massen.

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Über den Autor:

André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.
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Kommentare

  1. Ormuz  September 27, 2010

    Glaub mir, die kapieren es NICHT da klingelt gar nichts, die sind schon zu verBILDet.

  2. Manfred Corte  September 27, 2010

    … das mit der Umfrage ist leicht zu erklären: Abgelehnt wird nicht d i e Erhöhung der Hartz IV-Sätze von einer Mehrheit, sondern d i e s e Erhöhung um lediglich 5 Euro. Eine Anpassung auf 420 oder 500 Euro aber würde begrüßt und fände mehrheitliche Zustimmung, weil sie angebracht wäre. Ansonsten: Menschenverachtend, was sich die Politiker da wieder einfallen haben lassen, böswillig und unvergleichlich skandalös. Hoffentlich haut ihnen das Bundesverfassungsgericht so schnell wie möglich auf die Finger – und das Wahlvolk auch. Man könnte den Eindruck haben, sie provozieren geradezu Widerstand und Aufruhr. Das wäre nämlich schon längst angesagt: Generalstreik und Ziiviler Ungehorsam gehören längst organisiert!