Versicherung an Eides statt

Geschrieben von: am 11. Feb 2013 um 7:41

So verschieden werden eidesstattliche Versicherungen bewertet. Bei Schavan spielt sie keine Rolle, bei Gysi schon. Springers Welt hat mit dem alten Stasi-Vorwurf gegen Gysi ein Thema besetzt, das mal wieder zu einer Top-Nachricht in allen Medien reicht. Dabei sind außer einer Anzeige keine neuen Erkenntnisse in diesem Fall erkennbar. Die Welt selber gibt an, richtig lange und intensiv recherchiert zu haben. Das Ergebnis, so die nebulöse Aussage, sei für die Journalisten des Springer Blattes zumindest verdächtig. Das drückt sich dann auch in dem giftigen Kommentar von Torsten Krauel aus. Er schreibt “Gregor Gysi mangelt es an Respekt vor der Justiz”, weil er nicht wie Wulff und Schavan einfach zurücktrete. Er schreibt:

Der Immunitätsausschuss des Deutschen Bundestages verzichtet nicht leichtfertig auf Einwände gegen Ermittlungen. Die Immunität von Abgeordneten ist ein Schutzrecht gegen Willkürakte, kein protokollarisches Privileg. Die Ausschussmitglieder wägen genau ab, ob bei Ermittlungen ein politisch motivierter Schachzug vorliegt oder eine juristisch relevante Frage.

Die Relevanz ist in der Tat gegeben. Hat ein Spitzenpolitiker durch falsche Angaben die Öffentlichkeit jahrzehntelang juristisch einschüchtern wollen? Das wäre ein Faktum, das bei jedem anderen Politiker genauso untersucht und kritisch gewertet würde.

Quelle: Welt Online

Mir ist nicht bekannt, dass Frau Schavans Immunität, sie ist ja weiterhin Abgeordnete des Deutschen Bundestages, wegen ihres Meineids in ihrer Dissertation aufgehoben wurde. Im Gegenteil. Ihr Rücktritt gilt als würdevoll und bedauerlich, weil sie als Ministerin angeblich Großes geleistet habe. Ferner mangelt es ihr freilich nicht an Respekt, wenn sie den eindeutigen Entschluss des Fakultätsrates zu ihrer wissenschaftlichen Leistung brüsk zurückweist und die gerichtliche Auseinandersetzung sucht.

Aber wenn sich Gysi immer wieder juristisch gegen den Stasi-Vorwurf zur Wehr setzt und jeden Prozess gewinnt, ist das schäbig oder ermüdend, wie Vera Lengsfeld gestern im heute journal vor sich hin säuselte. Er muss ein Spitzel gewesen sein, egal was die Gerichte sagen. Und irgendein Richter wird sich doch wohl finden lassen, der den unbequemen und rhetorisch sehr begabten Linkspolitiker kaltzustellen vermag.

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Über den Autor:

André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.
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Kommentare

  1. Arnold  Februar 11, 2013

    Diese Meinungsmache gegen Gysi ist mir heute auch schon aufgestoßen. Nachdem die Vorwürfe gegen Schavan offensichtlich berechtigt waren, stellt man nun Gysi in die selbe Ecke. Gysi beteuert seine Unschuld. Schavan beteuert ihre Unschuld aber ebenso. Also kann der Stammtisch nur zum Schluss kommen: „Ist doch ein Politiker wie jeder andere“.
    Wenn sich dann am Schluss heraustellen sollte, dass Gysi zu unrecht beschuldigt wird, ergibt das eine kurze Meldung in den Medien, die schnell vergessen ist. Im Gedächtnis der Wähler bleibt dann eine wochenlange Serie von Berichten in denen Gysi ständig mit dem Verdacht auf Stasimitarbeit in Verbindung gebracht wird. Und wer will schon die Stasi wählen?

  2. ScherzBischof  Februar 11, 2013

    Verjährt nach fünf Jahren …

  3. Einhard  Februar 11, 2013

    Komisch ist nur, das stets die Immunität von Abgeordneten der Linken auf Bundes- und Landesebene aufgehoben wird.

    Und das die ehemalige FDJ-Sekretärin für Agitation und Propaganda nach wie vor keinen Blick auf Ihre Stasi-Akte zuläßt…

    Ach ja, eines noch, wie ja auch shcon von Dir angemerkt: überall ist von neuen Vorwürfen die Rede, dabei sind es immer noch dieselben, die bislang noch niemand beweisen konnte…

  4. grauschleier  Februar 12, 2013

    Mir ist in diesem Zusammenhang das Buch „Fast alles über Fussball“ von Christoph Biermann eingefallen, das sich mit Statistiken und Kuriositäten beim Fussball beschäftigt. Dort gibt es einen Abschnitt, der sich mit „zu Recht vergessenen Spielern“ des 1 FC Köln beschäftigt. Nun, diese Liste ist in der Zwischenzeit beim dortigen als Fussballclub getarnten Karnevalsverein (Zitat Volker Pispers) wohl noch länger geworden und das ist der fliessende Übergang zum Merkel-Kabarett äh Kabinett.
    Vielleicht findet sich ja ein Autor, der in Anlehnung an dieses Buch den Titel „Fast alles über die Merkel-Jahre“ auf den Markt bringt. Ein Kapitel sollte sich mit zu Recht vergessenen Ministern, Staatssekretären und Ex-Doktoranden beschäftigen:-)

  5. oce  Juli 5, 2014

    Hervorragender Beitrag! Danke jetzt ist man wieder ein bisschen schlauer!! Hierfür vielen Dank!! Es ist schön zu sehen wenn sich jemand mit einem Thema wirklich „beschäftigt hat“ DANKE! Mit freundlichen Grüßen
    OCE