Ein typisches Interview mit einer Linken

Geschrieben von: am 18. Apr 2012 um 20:10

Die berühmte Wochenzeitung „Die Zeit“ hat mit Sahra Wagenknecht ein Interview geführt. Gleich die erste Frage an Wagenknecht beschäftigt sich mit einem möglichen Scheitern der Linkspartei bei den kommenden zwei Landtagswahlen in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen. Sollte die Partei unterhalb der Fünfprozenthürde bleiben, wäre die Partei tot, wird behauptet, nicht gefragt! Das ist schon komisch, da gerade eine offensichtlich tote Partei wie die FDP von allen Medien wiederbelebt und in die Landtage geschrieben wird.

Sehr schön auch der Hinweis darauf, dass die von den Medien ebenfalls sehr geliebten Piraten den Tatbestand fortwährender Widersprüchlichkeit erfüllen.

„Was haben die, was sie nicht haben?“, fragen die von der Zeit, die offenbar das Klingeln des Weckers nicht gehört haben. Die Piraten haben einfach eine gute Presse, die ihnen gegenüber wohlwollend auftrete und statt Aufklärung lieber dabei helfe, Imagepflege zu betreiben.

„Sie werden nicht als Partei wahrgenommen, sondern als Gegenprogramm zum Politikbetrieb“, antwortet Wagenknecht gewohnt scharfsinnig. Man könnte auch sagen, dass die Verpackung der Piraten als Marke wunderbar und gewinnbringend verkauft werden kann. Da spielt es für die PR-Strategen eben keine Rolle, welche Qualität der angebotene Inhalt hat.

Tatsächlich seien die Piraten mit ihrer programmatischen Beliebigkeit den etablierten Parteien viel ähnlicher als die Linke, sagt Wagenknecht. In einer Demokratie ist es aber eher von Nachteil, wenn der Öffentlichkeit permanent weisgemacht wird, dass sich Parteien unterscheiden, obwohl sie für die gleiche Politik eintreten. Das kann nur dann funktionieren, wenn zum Beispiel alle der Überzeugung sind, dass Schulden abgebaut würden, weil ein Gesetz den Namen Schuldenbremse trägt oder Sparprogramme zu einem Abbau von Schulden führen.

Immerhin erkennt die Zeit an, dass sich die politischen Gegner warm anziehen müssen, wenn sie Sahra Wagenknecht in Sachen Finanzpolitik das Wasser reichen wollen. Gemeint ist sicherlich ihr volkswirtschaftlicher Sachverstand, den zu erwähnen das Blatt vermeidet und stattdessen lieber ein vergiftetes Lob platziert, um sie für die Übernahme der Parteiführung ins Spiel zu bringen.

Hauptsache der Streit an der Spitze der Linken erhält bis zum Parteitag weiter Nahrung. Auch das ist natürlich eine Form von Imagepflege, der sich die hiesige Medienlandschaft bereitwillig verschrieben hat.

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Über den Autor:

André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.
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