Die Bahn kommt auch nach London

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Gestern waren der Chef der Bahn Rüdiger Grube und der Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer in London, um dort die Ankunft eines ICEs zu feiern, der erstmals den Eurotunnel unter dem Ärmelkanal durchquerte. Künftig soll es eine dauerhafte Verbindung zwischen Frankfurt a.M. und London geben. In fünf Stunden wäre man dann in der britischen Hauptstadt. Eine echte Alternative zum Flugverkehr, meint Bahn-Chef Grube. Großbritannien und Deutschland würden somit näher zusammenrücken.

Aber was ist mit Deutschland? Deutschland rückt immer weiter auseinander, weil sich die Bahn aus der Fläche zurückzieht, Regionalbahnhöfe verrotten lässt und Züge immer öfter Verspätungen haben, weil sie entweder defekt sind oder irgendwo warten müssen, bis die Strecke wieder frei ist. Dafür ist man künftig in fünf Stunden in London. Toll. Bisher dauerte der Trip mindestens sechs Stunden. Ein echter Fortschritt. Da wird es sicherlich einen Run auf die Tickets geben, sofern die Fahrgäste den Startpunkt Frankfurt a.M. pünktlich erreichen.

An dem (w)irren Projekt, der ICE musste übrigens in den Bahnhof von London geschoben werden, können sie erneut sehr schön den Größenwahn einer Börsenbahn erkennen. Wieso muss die Bahn in Konkurrenz zum Flugzeug treten? Das ist doch bescheuert. Die Aufgabe ist doch eine ganz andere. Und zwar die Beförderung von Menschen in der Fläche. Schnelle Verbindungen gehören zwar auch dazu, aber doch nicht auf Kosten des Regionalverkehrs.

Demnächst werden wir wohl nur noch Fernbahnhöfe in größeren Städten haben bei gleichzeitiger Abnahme regionaler Haltepunkte und auf der anderen Seite eine Ausbreitung von Regionalflughäfen in der Provinz. So wird sich das Verkehrsaufkommen von Gegenwart und Zukunft aber nicht bewältigen lassen. Die Folge wird eine weitere Zunahme des Straßenverkehrs sein. Und die Politik vernachlässigt ihre Aufgabe im Sinne der Öffentlichekeit regulatorisch einzugreifen. Stattdessen unterstützt man einmal mehr private Profitinteressen.

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Der Spiegel und der Sparwahnsinn

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Gerade bin ich über einen Artikel bei Spiegel Online (Marode Länderhaushalte) gestolpert, der sich mit dem Thema Sparen in den Länderhaushalten beschäftigt. Es geht dabei um die skandalöse Aufdeckung, dass die Länder mit dem verfassungstechnisch vorgeschriebenen Sparen erst nach den jeweiligen Wahlen beginnen wollen. Wie überraschend übrigens. Der erste Satz im Artikel beschreibt mal wieder eine Situation, die angeblich zu einem alternativlosen Handeln zwingt.

Es wird ernst: Ab dem Jahr 2020 sind die Bundesländer zu ausgeglichenen Haushalten verpflichtet – sie müssen bis dahin teils gigantische Neuverschuldungen reduzieren. Das schreibt die Schuldenbremse vor, die im Grundgesetz verankert ist.

Hier steckt ein logischer Fehler drin. Die Konsequenz aus der Tatsache, dass es eine Schuldenbremse gibt, die die Länder dazu zwingt, ihre gigantischen neuen Schulden, deren Herkunft den Spiegel Redakteur nur am Rande interessiert, drastisch zu reduzieren, besteht doch nicht in der Erfüllung dieser scheinbar rechtfertigungslosen Verpflichtung, sondern in deren Abschaffung. War es denn überhaupt richtig, in Zeiten des Aufspannens milliardenschwerer Bankenrettungsschirme eine Schuldenbremse ins Grundgesetz zu schreiben? Im Nachhinein müsste man doch zu dem Ergebnis kommen, dass das eine total bescheuerte Idee gewesen ist?

Aber nicht für den Spiegel und weite Teile der Öffentlichkeit. Die glauben ja noch immer, dass die gesetzlich vorgeschriebene Schuldenbremse endlich ein Mittel sei, Verschuldung einzudämmen. Dabei ist das grober Unfug. Neuverschuldung lässt sich nicht durch eine restriktive Ausgabenpolitik zurückführen. Das ist historisch mehrfach widerlegt. Und schon gar nicht in einer Wirtschaft, die gerade im Begriff ist, ihren Einbruch aus dem letzten Jahr wieder wettzumachen. Was passiert denn, wenn der Staat seine Ausgaben kürzt? Er verschiebt die Finanzierung von Dingen gerade auf diejenigen, die mit ihren Einkommen gleichzeitig für den Aufschwung sorgen sollen. Die werden sich dann aber eins von beiden sparen, weil sie den Euro nur einmal ausgeben können.

Das Ganze funktioniert also nicht. Die Schuldenbremse steuert im Prinzip nur einen Beitrag zur Handlungsunfähigkeit des Staates bei. Das gibt der Spiegel-Artikel ja auch zu, wenn er davon berichtet, dass die Entscheidungen über Sparmaßnahmen hinter Wahltermine verschoben werden. Wieso macht man denn das? Weil es unpopulär ist und weil jeder weiß, dass öffentliches Sparen übersetzt einen großen Griff in die Geldbörsen der Menschen bedeutet.

Dennoch wird so getan, als ob ein ausgeglichener Haushalt jenes erstrebenswerte Ziel sei, dem sich alles unterzuordnen habe. Dabei wird dann auch arglistig getäuscht und gelogen.

Nur Bayern hat es gut: Als einziges West-Land besitzt es bereits einen ausgeglichenen Haushalt.

Für diesen Satz gehört der Redakteur mit dem Kürzel fdi wegen Schlampigkeit und Ahnungslosigkeit hochkant rausgeschmissen. Bayern besitzt nur deshalb einen ausgeglichenen Haushalt, weil man die zehn Milliarden Finanzspritze für das BayernLB-Desaster als Sonderkapitel im Haushalt verbucht hat. Mit anderen Worten, es taucht in der Bilanz nicht auf. Man könnte daher auch von Bilanzfälschung und Bilanzfälschern da unten in München sprechen. Bis in die Hamburger Spiegelredaktion scheint das aber noch nicht vorgedrungen zu sein.

Den Griechen hat man übrigens das Fälschen von Haushaltszahlen permanent zum Vorwurf gemacht.

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Ein Kurzschluss zum Strompreis

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Die Welt steht schon wieder Kopf. Die Strompreise steigen nämlich, obwohl die Versorger das noch gar nicht angekündigt haben. Man geht aber davon aus, weil eine feste Einspeisevergütung für Strom aus erneuerbaren Energien auf die Verbraucher umgelegt werden muss. Das war bisher auch schon so. Nur steigt diese Umlage nun zum Jahreswechsel. Das könnte dazu führen, dass der Strompreis um bis zu 70 Prozent steigt, wenn ich das richtig verstanden habe.

Könnte, muss aber nicht, wenn man berücksichtigt, dass die Beschaffungskosten für Strom dank der Erneuerbaren selten so günstig waren wie gegenwärtig. An der Strombörse in Leipzig kommt es gelegentlich vor, dass Strom verschenkt werden muss, weil die vorhandenen Kapazitäten keine Abnehmer mehr finden. Manchmal zahlen die Stromanbieter sogar noch etwas dazu. Diesen Preisvorteil beim Einkauf müssten die Versorger eigentlich an die Verbraucher weitergeben, so dass die Erhöhung der Umlage nicht so sehr ins Gewicht fällt.

Aber werden die großen vier Versorger dies auch freiwillig tun? Wahrscheinlich nicht. Und so steigt der Strompreis immer weiter und weiter. Besonders ulkig ist die Meldung vor allem auch deshalb, weil die Bundesregierung einmal mehr behauptet hat, dass durch die längere Nutzung der Kernkraft der Strompreis stabil bleiben oder sogar sinken würde. Aber das nur als Randnotiz.

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Die Krise dauert an, keine Erholung in Sicht

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Die US-Notenbank FED erwägt offenbar eine weitere Lockerung der Geldpolitik, um die Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen.

Quelle: ARD

Viele Mitglieder des geldpolitischen Ausschusses hätten sich auf der Sitzung am 21. September dafür ausgesprochen – falls das Wachstum zu gering sei, um die Arbeitslosigkeit zu senken oder falls die Inflation weiter fallen sollte. Im Fed-Jargon heißt das: „Eine weitere Lockerung der Geldpolitik könnte in nächster Zeit angemessen sein.“

Die Frage ist halt nur, wie locker die Geldpolitik eigentlich noch betrieben werden kann. Wenn man sich die Entwicklung der Leitzinsen anschaut, wird man unweigerlich feststellen, dass da nach unten überhaupt kein Spielraum mehr besteht. Die Notenbank hat also geldpolitisch ihr Pulver schon längst verschossen. Sie kann eigentlich nur noch zuschauen, wie die Wirtschaft weiter in den Keller rauscht. Vor allem auch deshalb, weil Deutschland und die EU prozyklische Sparpolitik betreiben, anstatt ihre Konjunktur mit einer Ausweitung staatlicher Programme zu stützen.

Leitzinsen_USA
Quelle: www.leitzinsen.info

Es ist doch arg zweifelhaft, dass die us-amerikanische Wirtschaft es schafft, sich selbst zu stabilisieren. Schätzungsweise seit zwei Jahren betreibt die FED eine Nullzinspolitik ohne Erfolg. Die Arbeitslosenquote bleibt bei 10 Prozent und die Wachstumsraten hinter den Erwartungen zurück. Darüber freuen sich ja besonders deutsche Medien, weil die heimische Wirtschaft höhere Wachstumsraten aufweise als die amerikanische und die Arbeitslosenzahlen hierzulande auch geringer seien.

Dabei ist die von infantiler Sandkastenüberheblichkeit gekennzeichnete Freude deutscher Journalisten ein Ausdruck von Ahnungslosigkeit und Dummheit zugleich. Denn fallen die Amerikaner als globaler Nachfrager aus, wäre das auch das Ende für das deutsche Exportmodell. Die Weltwirtschaft kühlt sich bereits wieder ab, während der Bundeswirtschaftsminister vom Aufschwung XL schwadroniert.

Über der amerikanischen Wirtschaft schwebt noch immer die Gefahr eines double dips, einem Rückfall in die Rezession. Dies und die Gefahr einer Deflation sind dann mit Geldpolitik nicht mehr zu kontrollieren. Das Japan-Szenario wäre somit für viele Volkswirtschaften bittere Realität. Davor verschließt der, von der Bundesregierung für die Nachfolge des EZB-Chefs Trichet, erwählte Kandidat und amtierende Bundesbankpräsident Axel Weber die Augen. Er fordert für die europäische Geldpolitik ein restriktiveres Vorgehen, obwohl die Inflationsrate innerhalb der EU immer noch deutlich unter der Zielrate von zwei Prozent liegt, wie übrigens in den USA auch.

Den Börsen ist das aber total egal. Dort werden schon wieder Rekordboni gezahlt und auf dem Frankfurter Parkett freut man sich sogar darüber, dass die Zahlen eines Chipherstellers den DAX zu neuen Höhenflügen verhelfen. Mit realer Wirtschaft hat das alles nichts zu tun und mit einer realistischen Einschätzung der Lage auch nicht.

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Wie wird "Basel III" buchstabiert?

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Ich habe keine Ahnung. Vielleicht bedeutet „Basel III“ mehr Geld für die Pleite-im Quadrat-Bank HRE? Wie heute zu hören ist, muss der Steuerzahler noch einmal 40 Milliarden Euro an Garantien zur Verfügung stellen. Bürgschaften in Höhe von 102 Mrd. Euro sind schon hinterlegt worden und acht Milliarden Euro Cash bei der umstrittenen Verstaatlichung bereits an die Altaktionäre geflossen. Man könnte so etwas auch ein Fass ohne Boden nennen. Aber diese bösen Zuschreibungen werden heute lieber für Langzeitarbeitslose und Zuwanderer verwendet, die dem Steuerzahler angeblich noch viel mehr auf der Tasche liegen würden.

Mit „Basel III“, also nicht „Hartz IV“, wird nun den Banken vorgeschrieben oder empfohlen, ich weiß es nicht so genau, bestimmte Eigenkapitalregeln einzuhalten. Für die deutschen Institute heißt das ganz konkret Geld beschaffen. Denn die sind chronisch unterkapitalisiert. Das sagt zumindest der EZB-Vorstand Jürgen Stark, der nebenberuflich kein Experte in Rassefragen ist. Laut seiner Aussage müssten die zehn größten deutschen Banken etwa 105 Mrd. Euro zusätzliches Kapital aufnehmen, um den strengeren Eigenkapitalvorschriften zu genügen. Die deutsche Bank hat schon reagiert und nimmt eine Kapitalerhöhung um rund 10 Mrd. Euro vor. Bei einem Börsenwert von 30 Mrd. Euro ist das schon eine ordentliche Hausnummer. Da fragt man sich einmal mehr, was mit dem Stresstest vor einiger Zeit eigentlich getestet werden sollte.

Aber egal, so schlimm wird es schon nicht werden für die Institute. Anders als bei „Hartz IV“ gilt für „Basel III“ eine scheinbar variable Übergangsfrist zwischen fünf und zehn Jahren. So genau wollte man sich da nicht festlegen. Man will ja niemanden überfordern oder gar zum „Hartz IV“ Fall machen müssen. Ich habe gehört, dass schon Wetten laufen, ob die nächste Finanzkrise vor oder nach Ablauf der Frist zur Erhöhung der Eigenkapitalquote stattfinden wird. Banker und Politiker scheinen sich ja sehr sicher zu sein, dass bis 2020 erstmal Ruhe ist. Deren Glaskugel scheint diesbezüglich prächtig zu funktionieren.

Man könnte sich nämlich einmal die Frage stellen, was eigentlich passieren muss, wenn Josef Ackermann trotz Verdreifachung des Eigenkapitals weiterhin 25 Prozent Eigenkapitalrendite pro Jahr erzielen will. Wird er vielleicht das Risiko erhöhen? Wer will ihn denn daran hindern?

Quellen: FAZ und Michael Schlecht, MdB

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Zwei sind nicht zu bremsen: Schmickler und Pispers im Kabarett-Duett

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Wilfried Schmickler hat jetzt auch ein Buch heraus gebracht. Und zwar mit dem Titel „Deutschland: Ein Abwasch“. Das gab der polternde Schlussredner der Mitternachtsspitzen am letzten Samstag bekannt. Es steht zwar nix drin in dem neuen Buch, aber dafür können sie selber etwas reinschreiben, was sie schon immer einmal sagen wollten, aber nicht durften, was aber mal gesagt werden müsste. Das Buch ist übrigens auch fünf Euro billiger als das von Sarrazin. ;)

Und Volker Pispers befasst sich heute mit der neuen Zeitrechnung und der soeben stattgefundenen Revolution nach dem Atomkompromiss(t)es vom Montag. Danach schossen die Börsenkurse der Energiekonzerne in die Höhe. Wer es nicht mitbekommen haben sollte. Das waren die Böllerschüsse der Revolution. Nun strahlen alle um die Wette und zwar mit dem Atommüll. Doch worin besteht die Veränderung, fragt sich Pispers. Werden jetzt etwa alle Stammtischrassisten gezwungen das Licht in ihrem geistigen Dark-Room anzuschalten? Hören sie selbst. Die Schluss-Pointe ist mal wieder genial. :>>

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Neue Wirtschaftsdaten: Manipulationen und Dummheiten wohin man schaut

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Heute meldete das statistische Bundesamt in manipulativer Weise:

Bruttoinlandsprodukt im 2.Quartal 2010 mit Rekordzuwachs

Die deutsche Wirtschaft holt rasant auf: Im zweiten Vierteljahr 2010 war das Bruttoinlandsprodukt (BIP) – preis-, saison- und kalenderbe­reinigt – um 2,2% höher als im ersten Vierteljahr, teilt das Statistische Bundesamt (Destatis) mit. Ein solches Wachstum zum Vorquartal gab es noch nie im vereinigten Deutschland. Zudem wurde auch das Ergebnis für das erste Quartal 2010 deutlich nach oben korrigiert auf nun + 0,5%. Der zum Jahreswechsel 2009/2010 ins Stocken geratene Aufschwung der deutschen Wirtschaft hat sich damit eindrucksvoll zurückgemeldet.

Und Springers Märchen-Welt macht daraus:

Was wurde Deutschland beschimpft. „Dumm“ sei die Bundesregierung, wetterte Wirtschafts-Nobelpreisträger Paul Krugman. Die größte Wirtschaft der Eurozone müsse ihr Modell umstellen, mehr auf Pump konsumieren, weniger exportieren.

Die heute veröffentlichten Wachstumszahlen sagen daher vor allem eines: Das deutsche Geschäftsmodell ist richtig. Furios hat sich die Bundesrepublik an die Spitze des Wachstums in den Industrieländern gestellt. Sie erholt sich schneller als alle anderen von der Finanzkrise. Der Grund liegt vor allem im Export in die Schwellenländer, die wieder boomen. Deutsche Unternehmen haben frühzeitig darauf gesetzt, das kommt ihnen jetzt zugute.

Die deutsche Bundesregierung ist immer noch „dumm“ und ich füge hinzu, zahlreiche Journalisten auch, die der Jubelmeldung des statistischen Bundesamts auf den Leim gehen. Vergessen ist noch immer der tiefe Einbruch im Jahr 2009, den man doch als Basis des aktuellen Konjunkturpluses im Blick behalten muss. Natürlich erholt sich Deutschland schneller als alle anderen. Herr Gott noch mal, das ist kein Zauber. Deutschland ist doch auch am deutlichsten in den Abgrund gerauscht. Vergleicht man die Zahlen, wird man feststellen, dass die deutsche Wirtschaft im Vergleich zum Vorjahresquartal zwar deutlich gestiegen ist, aber zum Vorkrisenquartal Q2/2008 immer noch im Minus liegt – mit 2 Prozent (siehe Joachim Jahnke). Das verschweigt das statistische Bundesamt im Text. Dagegen kann sich jeder anhand der beigefügten Tabelle selbst ein Bild machen.

Im Augenblick geht es rasant nach oben, aber nicht so rasant, wie es im Jahr 2009 nach unten ging. Und da liegt der Hase im Pfeffer. Denn es stellt sich die Frage, was passiert, wenn die schönen weltweiten Wachstumsmotoren, von denen Deutschland schon wieder brutal abhängig ist, abermals ihre Kraft verlieren, weil der Sprit ausgeht? Nach gegenwärtigem Stand müsste Deutschland genauso schnell wieder nach unten rutschen, vielleicht sogar noch tiefer als 2009. Warum? Weil es außer dem Export nichts weiter gibt, das die deutsche Wirtschaft tragen könnte. Zwar deuten die Statistiker an, dass Investitionen sowie privater und staatlicher Konsum zum Wachstum beigetragen hätten, es ist aber klar, dass vor allem der Außenhandelsbeitrag für das Wachstum entscheidend war und damit die Tatsache, dass Deutschlands Wirtschaft von der Verschuldung anderer Staaten abhängig ist.

Zur Erläuterung noch einmal die sehr schöne Grafik von Michael Schlecht, Chefvolkswirt der Partei die Linke im Bundestag, über die Verwendung des BIP im ersten Quartal 2010:

Wachstumsbeiträge
Quelle: Michael Schlecht, MdB

Sollte der schöne blaue Balken „Außenhandel“ wie im Jahr 2009 plötzlich ins Minus drehen, wäre nichts mehr da, dass einen Absturz aufhalten könnte. Das zeigt die Grafik im Vergleich zum Vorjahr sehr schön. Im Übrigen wird der gelbe Balken „staatlicher Konsum“ in diesem Jahr einfach weg- oder deutlich kleiner ausfallen, weil die Konjunkturmaßnahmen auslaufen. Deutschland verlässt sich also nur auf den Export und damit auf die Konjunkturprogramme anderer Länder, denen es aber gleichzeitig einen Konsolidierungskurs empfielt und aufzwingt.

Deutschland verlässt sich aber auch darauf, dass der alte Weltwachstumsmotor USA wieder kräftig brummen wird. Immerhin hängt die amerikanische Wirtschaft zu 70 Prozent vom Konsum der eigenen Leute ab. Aber hat einer der jubelnden Journalisten einmal auf die aktuellen Arbeitsmarktdaten geschaut? Die gab es doch gestern und haben den DAX nach unten gedrückt. Das ist aber dann auch alles was Journalisten bedrückt, wenn der DAX einen Knicks nach unten macht. Was nun aber die amerikanischen Arbeitsmarktdaten konkret für unser deutsches „Geschäftsmodell“ bedeuten, bleibt unerklärt.

Quelle: Reuters

Nach enttäuschenden Daten vom Arbeitsmarkt haben die US-Börsen ihre Talfahrt am Donnerstag fortgesetzt.
Ein überraschender Anstieg der Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe schürte die Sorgen, dass die US-Wirtschaft in die Rezession zurückfallen könnte.

Die Lage am US-Arbeitsmarkt verschlechterte sich weiter: In der Woche bis 7. August meldeten sich dem Arbeitsministerium zufolge so viele Bürger arbeitslos wie seit einem halben Jahr nicht mehr. Ihre Zahl stieg auf 484.000. Analysten hatten lediglich 465.000 erwartet. In den zurückliegenden vier Wochen lag der Schnitt bei 473.500. Auch das ist der höchste Wert seit Februar. „Die Regierungshilfen sollten eigentlich jetzt richtig greifen. Die Erstanträge entwickeln sich aber in die falsche Richtung. Sie bestätigen, wie schlecht die Dinge geworden sind“, sagte Marktexperte John Brady von MF Global.

Und was hat die deutsche Exportwirtschaft nun davon, wenn die amerikanische Arbeitslosenquote steigt? Richtig. Nichts oder zumindest weniger. Sollten die USA erneut einbrechen, ist Deutschlands erfolgreiches „Geschäftsmodell“, wie es oben in der Märchen-Welt schon wieder gefeiert wird, abermals am Ende. Ob es dann zu einem Umdenken reichen wird, hängt maßgeblich von der Absturztiefe ab… Ich fürchte aber, dass auch dieses drohende Szenario kaum etwas an dem vorherrschenden Dogma ändern wird.

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Die Geschichte der Bahnprivatisierung

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Auf Jens Bergers Blog Spiegelfechter findet sich heute ein Gastbeitrag von Markus Weber zum Thema Bahn-Privatisierung. Den sollten sie sich unbedingt durchlesen. Aus meiner Sicht gibt es nur eine Anmerkung zu folgender Passage:

2005 schrieb die Große Koalition im Koalitionsvertrag fest, bald eine Entscheidung zum Börsengang der Bahn treffen zu wollen. Obwohl es in der SPD eine fast vollständige Ablehnung gab, stimmten die SPD-Mitglieder im Kabinett schließlich einem Börsengang zu. Dieser wie auch die meisten der dann folgenden Vorgänge zeichneten sich kaum durch einen hohen politischen Anstand oder ein faires und transparentes Vorgehen aus – vielmehr war den Betreibern des Börsengangs fast jedes Mittel recht.

Das ist soweit richtig. Nur sollte man unbedingt hinzufügen, dass in dem ersten Entwurf zum schwarz-roten Koalitionsvertrag von 2005 nicht nur das „Wie“, sondern auch das „Ob“ einer Teilprivatisierung festgehalten wurde. Dieses „Ob“ wurde dann in kleiner Runde unter Beteiligung von Gerhard Schröder aus dem Koalitionsvertrag gestrichen.

Quelle: NachDenkSeiten

Ursprünglich hatte im Entwurf der Koalitionsvereinbarung gestanden, dass im Laufe der gemeinsamen Regierungsarbeit nicht nur das Wie der Privatisierung, sondern in erster Linie das Ob einer Teilprivatisierung geprüft werden soll. Dann ist in einer Schlussrunde im kleinen Kreis unter Beteiligung des noch amtierenden Bundeskanzlers Gerhard Schröder das „Ob“ gestrichen worden. Von Schröder wissen wir, dass ihm die Interessen der Finanzindustrie eine Herzensangelegenheit sind. Die Spitzen der CDU sind eng verbunden mit entscheidenden Personen der Privatisierungslobby. (Siehe die Verbindungen von Dr. Dirk Notheis von Morgan Stanley, früher Junge Union BW und Spendensammler für die CDU.)

Die Information über diese eigenartige Entfernung des „Ob“ müsste es unseren Abgeordneten leichter machen, die Hürde einer unter diesen Umständen zustande gekommenen Koalitionsabrede zu überwinden.

Wir sollten speziell die SPD-Abgeordneten auch fragen, wie sie sich den plötzlichen Sinneswandel ihrer Spitzenleute in Sachen Börsengang der Bahn erklären. Reihenweise wurden aus Gegnern Befürworter. Was war da passiert? Geht es um indirekte Parteienfinanzierung?

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Ungarn, der IWF und die EU

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Vor zwei Jahren stand das EU-Mitglied Ungarn vor einer Staatspleite. Relativ geräuschlos reagierte die EU im Zusammenspiel mit dem IWF auf diese Krise. Schließlich ging es ja nicht um die Eurogruppe, also jene Länder wie Griechenland, Spanien, Portugal usw., die aufgrund ihrer Währung von Natur aus stabil zu sein hatten. Deshalb wurde wie immer in solchen Fällen, das übliche Vorgehen praktiziert. Der IWF gab Geld und das Land musste im Gegenzug einen rigorosen Sparkurs akzeptieren. Damit ist nun Schluss.

Da bei finanziellen Hilfen, die der IWF bereitstellt, auch ständig über die Ergebnisse der Sparbemühungen des Schuldners beraten und verhandelt wird, stellte sich auch dieses Jahr die Frage nach weiteren Ausgabenkürzungen. Im Prinzip ist das ja keine Frage, sondern ein Diktat. Denn für den IWF, die Weltbank und die EU gibt es gar keine andere Alternative, um ein Haushaltsdefizit abzubauen, als zu sparen.

Da machen die Ungarn nun nicht mehr mit. Die wollen nämlich zur Verminderung des Haushaltsdefizits eine fette Bankensteuer einführen. Das hat Anja Kohl eben in den Tagesthemen bei ihrer Analyse vom Börseparkett mal wieder vergessen zu erwähnen. Ungarn will also die zur Kasse bitten, die die Krise verursacht und durch sie bereits wieder profitiert haben, um die Verschuldung und den Haushalt in den Griff zu bekommen. Das passt natürlich weder den Banken, noch der EU und auch nicht dem IWF.

Die Banken aber, lieferten die tollste Begründung für die Ablehnung des ungarischen Vorschlags:

Der Chef von Raiffeisen International, Herbert Stepic, hatte die Bankensteuer, die rund 200 Milliarden Forint (etwa 700 Millionen Euro) in Ungarns Staatskasse spülen soll, vor kurzem als große Bürde kritisiert. Stepic äußerte die Befürchtung, dass andere Länder Osteuropas dem Beispiel Ungarns folgen könnten.

Quelle: Focus Online

Das geht natürlich nicht. Man stelle sich nur vor, andere Länder würden dem Beispiel Ungarns folgen und einfach eine Bankensteuer erheben, die die Institute zwingt, Geld dem Staat zurückzugeben. Aus Sicht der Banken muss das wie der Weltuntergang aussehen. Deshalb werden auch alle Hebel in Bewegung gesetzt, um die ungarische Regierung von ihrem Kurs wieder abzubringen und das zu tun, was alle anderen Regierungen in Europa auch willig zu tun bereit sind. Nämlich Sparen! Das schadet zwar der Wirtschaft, aber solange es die Märkte beruhigt und die wieder Vertrauen fassen, ist doch alles im Lot. So würde es Anja Kohl von der ARD wohl formulieren. Koste es, was es wolle.

Den neuen rechtsgerichteten ungarischen Regierungschef Viktor Orbán, der schon einmal die Macht in Ungarn inne hatte, muss man wirklich nicht mögen, aber seine Haltung den Finanzmärkten gegenüber ist zu begrüßen.

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Die Beschwichtigungen der Börsenbahn

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Im heute-journal kam gestern der Bahnsprecher Jürgen Kornmann zu Wort. Jeden Tag gäbe es 1400 Fernverkehrsverbindungen, so der Sprecher. Wenn da nur drei Klimaanlagen defekt seien, sei das doch eine gute Quote. Der absolute Großteil der Reisenden würde eben sicher, bequem und komfortabel ans Ziel gelangen. Offensichtlich sollte man da nicht so einen Aufstand veranstalten.

Im Sommer ist es halt heiß und da haben die ICEs genauso ihre Probleme wie im Winter, wenn es kalt ist. Was ist daran nun ungewöhnlich? Da muss man Verständnis haben mit einem Unternehmen, dass profitabel wirtschaften will. In Berlin ist es sogar völlig egal, welches Wetter gerade aktuell ist. Da fahren bisweilen überhaupt keine Züge. Nein, die Deutsche Börsenbahn hat überhaupt keine Probleme und natürlich auch kein Spardiktat, dass vor allem dem Fahrbetrieb Kostenreduktionen abverlangt.

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